Wie ist Lukas 10,18 zu verstehen?

Wie ist Luk. 10,18 zu verstehen? Auch was den Zusammenhang anbelangt?

Antwort A

Wer mit der Prophetie des Wortes Gottes ein wenig vertraut ist, hat beim Lesen des erwähnten Verses ohne weiteres das Empfinden, dass in den dort uns wiedergegebenen Worten der HERR etwas ausspricht, was Er im Geiste vorausblickend geschaut hat - etwas, was in der Zukunft einmal geschehen wird, und dass dieses im Zusammenhang steht mit dem, was Seine Jünger Ihm soeben berichtet hatten (V. 17), und zu dem diesem Bericht Vorausgegangenen - dem, wozu der HERR sie ausgesandt gehabt hatte und was sie getan hatten (V. 1-16). Wir bezweifeln nicht, dass dies in der Tat so ist.

Die Worte des HERRN in V. 18 öffnen uns den Blick dafür, dass in den V. 1-17 uns prophetische Züge jener noch zukünftigen Zeit gezeigt werden, die nach der Entrückung der Versammlung sein wird, und zwar in zweifacher Beziehung: erstens in bezug auf die Zeit, welche zwischen der Entrückung und dem Erscheinen des HERRN in Macht und Herrlichkeit liegt und mit dem Gericht der Lebendigen abschließt, und zweitens in bezug auf das darauf folgende Tausendjährige Reich. In ersterer Beziehung sehen wir, wie der in den vom HERRN ausgesandten Jüngern dargestellte „Überrest” des Volkes Israel (Jes. 10,20-22; Röm. 9,27), der immer auf der Erde vorhanden war und ist und sein wird - damals in den Jüngern und anderen an den HERRN glaubenden Juden, nach der Ausgießung des Heiligen Geistes in den in die Versammlung (Gemeinde) eingeschlossenen Gläubigen aus den Juden und nach der Entrückung in den dann an den HERRN als ihren Messias glaubenden und Ihn erwartenden Juden -, die frohe Botschaft des dann bald als das im Alten Testament soviel verheißenen Friedens- und Segensreiches des Messias in Erscheinung tretenden „Reiches Gottes” verbreitet (V. 3.9-11.16); und in letzterer Beziehung sehen wir Charakterzuge des „Reiches” selbst in den Jüngern verkörpert bzw. mit ihnen verbunden: den Charakter der Sanftmut (V. 3); das vollkommene Versorgtwerden von Gott und Leben für Gott (V. 4); den Frieden (V. 5 und 6); Gerechtigkeit (V. 7: der Arbeiter wird seinen Lohn bekommen - siehe dagegen Jak. 5,4!); Gericht (V. 10-12: die Sein Wort nicht aufnehmen, offenbaren damit ihren bösen Zustand, und deshalb trifft sie Gericht!); die Macht des Lebens - Befreiung von den Folgen der Sünde (V. 9: Heilung der Kranken); Freude (V. 27a); Gebundensein des Satans (V. 17b) (vgl. Ps. 37,11; 99; 101; Jes. 2,2-4; 11,3-9; 35,5-10; 61,1; 65,17-25; Off. 20,1-3).

Der Blick auf diese in der Aussendung der Jünger und ihrer Stellung, ihrem Verhalten, ihren in Seiner Kraft getanen Werken und ihren Empfindungen und Erfahrungen bei der Ausführung ihres Auftrages vorgebildete Zeit vor der Aufrichtung Seines Reiches auf der Erde und auf Sein Reich selbst war es, was den HERRN zu den Worten V 18 veranlaßte, denn dann, wenn die hier vorgebildeten Dinge da sein werden, wird auch dieser Ausspruch des HERRN Seine Erfüllung finden. Wir wissen, dass der letzte Teil der Zeit vor dem Kommen des HERRN zum Gericht und zur Aufrichtung Seines Reiches auf der Erde die an den siebzig Jahreswochen nach Dan. 9 noch fehlende letzte, siebzigste Jahreswoche ist und die letzte Hälfte dieser Jahreswoche, also die letzten dreiundeinhalb Jahre, die „große Drangsal” sein wird (Dan. 9,24-27; 12,11; Mt. 24,15-21; Off. 11; 12; 13; 19,11-21). Und Offenbarung 12,7-17 (in Verbindung mit Kap. 13,5b und Dan. 9,27b) zeigt uns, dass die „große Drangsal” ihren Anfang damit nimmt, dass der Satan, der jetzt noch Zutritt hat in den „himmlischen Örtern” (Eph. 6,11.12 verb. mit Hiob 1,6; 2,1), aus dem Himmel auf die Erde herabgeworfen wird, wo er dann während dieser dreiundeinhalb Jahre seine Macht in einer nie dagewesenen Weise entfalten wird. Seine Hauptwerkzeuge hierbei werden uns in Off. 13 in dem dann vorhandenen Oberhaupt des dann wiedererstandenen Römischen Reiches und dem Antichristen, der hier „der falsche Prophet” genannt wird, gezeigt. Dieses Herabgeworfenwerden des Satans aus dem Himmel auf die Erde ist es, was der HERR schaute. Aber nicht nur dieses, sondern mehr. Er sah das volle Ergebnis Seines - damals noch zu vollbringenden - Sieges am Kreuze über den Satan: auch dessen Gebundensein während des Tausendjährigen Reiches (Off. 20,1-3) und nach diesem seine endgültige, ewige Beseitigung durch sein In-den-Feuer-und-Schwefelsee-Geworfenwerden (Off. 20,10) - wie ein Blitz vom Himmel auf die Erde herabfahrt: plötzlich, gewaltig, zerstörend -, und dann ist er verschwunden! Dass des HERRN Blick weiter ging, ergibt sich aus dem in den folgenden Versen Gesagten. Da sehen wir, dass Er die herrliche Frucht Seines Werkes vor Seinem inneren Auge sah: Seine Erlösten, deren Namen in den Himmeln angeschrieben sind, und das, was der Vater den Seinen offenbart - und dass dieses Seinem Herzen so groß und so herrlich ist, dass Er im Geiste „frohlockt” und den Vater preist! Ja, es ist groß: Der Satan aus dem Himmel geworfen - die Namen der Seinen in den Himmeln angeschrieben! Und an Stelle der durch die Sünde verdorbenen und durch das Böse verunreinigten Schöpfung eine neue Schöpfung, die der Herrlichkeit Gottes entspricht und ewig so bleiben wird, weil der Satan und alles Böse für immer hinweggetan sein wird! So wird „das Reich” sein, das Er „dem Gott und Vater übergibt” (1. Kor. 15,24); das wird der ewige Zustand sein, wie er uns Off. 21,1-8 geschildert wird.

Durch den Geist Gottes ist uns mittels Seines kostbaren Wortes das geistliche Auge für diese herrlichen Dinge geöffnet, und wir freuen uns nicht nur darüber, dass „unsere Namen in den Himmel angeschrieben sind”, sondern wir „frohlocken” gleichsam mit dem HERRN und sagen: „Vater, wir preisen Dich!” - Ja, bald wird das Wort erfüllt werden: „Der Gott des Friedens aber wird in kurzem den Satan unter eure Füße zertreten” (Röm. 16,20a) - bald wird alles zur herrlichen Vollendung gebracht werden! -
Th. K.

Bemerkungen des Schriftleiters

Eigentlich hatte dem Frager nur der Vergleich mit dem Blitz Schwierigkeiten gemacht, aber der nachträglich erweiterte Wortlaut der Frage hat es mit sich gebracht, dass uns eine so schöne, klare Antwort gegeben wurde, die weit über den Kernpunkt des Erfragten hinausgeht und sicher jedem, der die Antwort studiert, Segen bringt.
Ehe ich noch einiges hinzufüge, möchte ich der Ähnlichkeit des Gegenstandes wegen auf Frage 13 im Jahrbuch 16 hinweisen.

Es ist sehr wichtig, dass es sich bei dem „Ich sah” des HERRN, wie oben gesagt, um ein „Schauen im Geiste” handelt und auch dass es ein Vorausblicken andeutet. Gerade die angeführten Stellen aus der Offenbarung, z. B. Kap. 12 usw., zeigen, dass das Hinabgeworfenwerden des Satans in Wirtlichkeit noch zukünftig ist. Und nur die Augen des Herrn Jesus vermochten diese gewaltige, endgültige Wirkung Seines Todes und Seiner Auferstehung als des Siegel über die Mächte der Finsternis zu sehen, und zwar in einer Zeit, als selbst der eigentliche Sieg noch zukünftig war. Jedoch in Mt. 4 (Versuchungsgeschichte) und in Mt. 12,22ff. (vgl. oben Frage 13 in Jahrb. 16!) waren schon handgreifliche Beweise dafür, dass der Stärkere gekommen war und dass der Sieg unzweifelhaft sein würde, gegeben, und so musste die Heeresmacht Satans, so mußten die Dämonen denen untertan sein, die in der Autorität des Siegers, der sie ausgesandt, auftraten (V. 17). Der HERR, der Seine treuen Boten im Geist begleitete - ähnlich wie und vollkommener als einst Elisa den ungetreuen Gehasi bei seinem sündigen und unzeitgemäßen Verhalten im Geiste beobachtete (2. Kön. 5,25.26: „ging mein Herz nicht mit?”) -, sah gleichsam die zukünftige Macht Seines Reiches verwirklicht, das erst dann in Erscheinung treten kann, wenn die Macht des Feindes endgültig vernichtet ist. Das, was jetzt geschehen war, wovon jene 70 eine Erfahrung gemacht hatten, war eine Art Vorerfüllung, und demgemäß war auch das, was der HERR innerlich sah, eine Art Vorerfüllung, oder soll ich lieber sagen: eine Art geistlicher Vorwegnahme dessen, was in Vollkommenheit erst an einem späteren Tage geschehen konnte, vor allem ja auch erst nach dem am Kreuz vollzogenen „Triumph”, wo Er tatsächlich „die Fürstentümer und Gewalten völlig entwaffnet und öffentlich zur Schau gestellt hat”. (Kol. 2,15) Gepriesen sei Er!

Warum gebraucht nun der HERR den Vergleich mit dem Blitze? Sicher nicht in folgender Bedeutung, die ich vor vielen Jahren einmal jemanden bei einer Ansprache sagen hörte und die in keiner Hinsicht dem Sinn des Zusammenhanges gerecht wird. Der Satan sei, als er diese Eingriffe in seinen Machtbereich (seitens der Boten des HERRN) gemerkt habe, wie ein Blitz herunter und dazwischen gefahren, um den Einfluß jener zu hemmen (!). Bei dieser den Zusammenhang nicht beachtenden „Auslegung” ist der Satan als aktiv handelnd und (noch) handeln könnend angesehen, nicht etwa als passiv (d. h. als leidend, als hinuntergeworfen, weil es mit seiner Macht aus sei). Im Gegenteil, jene Anschauung sieht den Feind noch im Vollbesitze seiner ganzen Macht an, also gerade nicht seiner Gewalt beraubt! -
Nein, diese Meinung kann nicht berechtigt sein, und zwar auch ganz abgesehen vom oben in Antwort A genügend behandelten Zusammenhang schon aus dem Grunde, weil die Anwendung des Bildes vom Blitz nach dem Schriftganzen nicht wohl stimmt. Denn die Blitze werden in der Schrift als Vollstrecker göttlicher Gerichte oder Züchtigungen angesehen (vgl. z. B. Hiob 37,3.4.11-13, so überhaupt die Naturgewalten im allgemeinen (siehe das ganze Kapitel 37!). Und diese „Gerichtsvollstrecker” treten dann nicht Gott gegenüber als selbsthandelnd auf - wie könnten sie auch! -, sondern sie werden eben gesandt, sind ganz und gar abhängig von dem Willen und der Hand Dessen, der sie als willfährige Mittel, um Seine Macht kundzutun, gebraucht. Wenn daher das Bild des Blitzes vergleichsweise herangezogen wird, so kann damit nur gemeint sein, daß, wie der Blitz plötzlich, unberechnet, ohne dass ihm ein Hindernis in den Weg treten und ihn aufhalten könnte, kommt, daß, sage ich, so Satan von seiner Höhe herabgeschleudert wird und, nachdem er kaum einen Augenblick sein Werk ausgerichtet hat - auch dies wie der Blitz nur unter der Kontrolle Dessen, der ihn herabschleuderte! (siehe wieder Hiob 37,11-13!) -, seine Macht und Bedeutung für diese Welt, plötzlich verlöschend, verliert. Herrlich für die arme Erde, die jahrtausendelang unter seiner unheimlichen Macht geschmachtet, wenn in einem Nu diese Macht zu Ende ist! Und das sah der HERR im Geiste als geschehen! Jenen herrlichen Zeitpunkt, da Sein Sieg in das endgültige Stadium getreten sein würde, wovon alles Gegenwärtige, auch das der „70”, nur ein Abbild, eine Vorschattung, ein Angeld sein konnte - ein praktischer Hinweis auf die dereinstige Herrlichkeit Seines Königreiches, das aber immerhin in Ihm, d. h. in der Person des Königs, schon da war (vgl. „Mitten unter euch!Lk. 17,21).

Wie ein Blitz”! In Mt. 24,27 wendet der HERR dies so deutlich redende Bild auf Sich Selbst und Seine Ankunft an, die - wie der Blitz - gleichsam unbeschränkt in bezug auf seine Sichtbarkeit sein wird. Auch diese Anwendung dieses Werkzeuges in Seiner Hand zeigt, dass Er der Handelnde ist. So auch in unserer Stelle! Und mag auch der Satan dann toben und wüten auf der Erde - er kann's nicht anders, nicht länger, nicht in eigener Machtvollkommenheit, sondern nur gleichsam wie ein Blitz, dessen Zeitdauer beschränkt und dessen Macht und Gewalt reguliert ist von Dem, dem alles dienen muß, gern oder ungern, gutwillig oder nicht! Dann wird diese Erde gereinigt und befreit sein von dem bösen Einfluß dessen, der herabgestürzt ist aus den himmlischen Regionen, von woher er heute noch soviel Gewalt ausübt, obwohl er auf Golgatha besiegt ist, - weswegen wir trotz seiner über ihn Sieger sein können laut Eph. 6,10-20! (Man vgl. zu dem Ganzen auch Hesekiel 29!)
Was die herrliche Tätigkeit jener „70” anbelangt, so erleben wir heute in gewisser Weise Ähnliches, wenn wir dem Feinde teure Menschenseelen abringen durch den Dienst des Evangeliums, und wieder und wieder sehen wir bei solchen Wirkungen des Wortes Gattes, dass der Teufel im Grunde genommen besiegt ist, und indem wir uns auf die Seite des die Wirklichkeit schauenden HERRN, unseres HERRN, stellen, dürfen wir in unserer Seele etwas auch davon verwirklicht sehen, was es einmal sein wird, wenn der große Widersacher tatsächlich „wie ein Blitz vom Himmel” gefallen ist und damit sein Besiegtsein selber hat zugeben müssen!

lasst uns treu sein in dem großen Kampf der Gegenwart, bis der HERR kommt, und lasst uns beherzigen, was Jak. 4,7 steht: „Unterwerfet euch nun Gott, widerstehet dem Teufel, und er wird von euch fliehen!” Bald, ja bald wird dieser Kampf beendet sein, und dann werden wir, „deren Namen im Himmel angeschrieben sind” - das vor allem soll unsere Freude sein! (Lk. 10,20!) - Ihn Selber sehen, der Seinen Vater preist, dass Er „dies ... den Unmündigen geoffenbart hat” (V. 21!). Zu diesen dürfen auch wir gehören! Welche unfaßbare Gnade und Herrlichkeit, schon jetzt! Ihm sei ewig Dank, Lob, Preis und Ehre! Amen.
F. K.


Beantwortet von: Team Handreichungen
Quelle: Handreichungen - Band 17 (1932)