Antwort A
Paulus will die Gläubigen vor gefährlichen Verirrungen bewahren. Sie betrachten sich mit Recht als Glieder des Gottesreiches im Gegensatz gegen die heidnische Welt. Dieser Gegensatz bezieht sich aber nur auf die Herzensstellung, nicht auf die in der Welt bestehenden Verhältnisse. In diesen nur das Reich des Satans zu sehen ist falsch und irreführend. Vielmehr bestehen auch in der Welt göttliche Ordnungen, denen sich alle Menschen, auch die Christen, zu unterwerfen haben. Das gilt besonders von der staatlichen Obrigkeit und den damit verbundenen gesetzlichen Ordnungen.
Die hier ausgesprochene Lehre von der Obrigkeit und dem gottwohlgefälligen Verhalten gegen sie war damals allen Heiden- und Judenchristen ganz neu und unerhört und wird leider auch heute von vielen Gläubigen nicht verstanden. Der Apostel zeichnet hier in gewaltigen Zügen das wahre Verhältnis der Christen zu ihrer Obrigkeit und beider Verhältnis zu Gott.
Die Obrigkeit, welche bei anderen Menschen, welche keine Christen sind, als etwas Menschliches gilt, das in der Willkür der Menschen seinen Grund habe und durch diese Willkür auch wieder verändert und aufgehoben werden könne, ist dem Christen etwas ganz anderes, nämlich eine Anstalt Gottes zur Beförderung der menschlichen Wohlfahrt und also etwas Heiliges, Unverletzliches, Unveränderliches. Das Wort Gottes befiehlt Gehorsam in allen Dingen, die nicht nachweisbar gegen das Wort Gottes sind, und es erklärt die Widersetzlichkeit und Untreue gegen die Obrigkeit für ein Widerstreben gegen Gott, das er nicht ungestraft lassen werde. Sogar von der damaligen (Kaiser Nero in Rom) wie von jeder anderen Obrigkeit gilt das Wort: „Sie ist Gottes Dienerin”, sie hat ihre Macht und Autorität von Gott, selbst wenn sie auf ungerechte Weise zur Herrschaft gelangt ist und ungerecht handelt. Sie ist dafür Gott verantwortlich - eine sehr ernste Verantwortung! -, und Kinder Gottes sollen für sie beten (1. Tim. 2,1), dass sie sich dieser Verantwortung bewußt werde und Gott wirklich diene, dürfen ihr aber nicht um ihrer Unvollkommenheit und Ungerechtigkeit willen, etwa, weil sie die Christen verfolgt, den Gehorsam verweigern, es sei denn in Dingen, welche gegen Gottes Wort sind (Apg. 4,18.19; 1 Petr. 2,13.14).
Zu diesen Dingen wird nun von vielen Gläubigen der Militärdienst gerechnet. Sie sagen, ein gläubiger Christ dürfe nicht Soldat sein, weil Gott sage: Du sollst nicht töten!
Dass aber dieses Gebot sich nicht auf das Töten im Kriege beziehen kann, geht schon daraus hervor, dass Gott Selbst Seinem Volke den Ausrottungskampf gegen die Kanaaniter befiehlt (z. B. 4. Mose 33,52.55; Jos. 6,17; 7,24 bis 26; 1. Sam. 15,1-3). Gott kann Sich ja nicht Selbst widersprechen. Vielmehr bezieht sich dies Gebot auf das Verhalten des einzelnen zu seinem Nächsten, wie auch Mt. 5,39. Die Pflicht und das Recht der Obrigkeit, die Todesstrafe zu vollziehen, geht aus Röm. 13,4 hervor: „sie trägt das Schwert nicht umsonst”, vergl. 1. Mose 9,6.
Wie aber ist Mt. 26,51.52 zu verstehen? Manche sagen, dies Wort bedeute, dass ein Jünger Jesu überhaupt keine Waffe in die Hand nehmen, also auch nicht Soldat werden dürfe. Hat Jesus das sagen wollen? Keineswegs! Joh. 18,11 zeigt, welche Bedeutung das Wort Jesu hat: „den Kelch, den Mir der Vater gegeben hat, soll Ich den nicht trinken?” Petrus hatte seinen geliebten HERRN mit dem Schwert befreien wollen. Das musste der HERR ihm wehren. Er musste und wollte ja leiden und sterben. Hätte er dem Tod entgehen wollen, so hätten die himmlischen Heerscharen zu Seiner Verfügung gestanden, aber er bedurfte zu Seiner Rettung und zur Wahrung Seiner Ehre keines menschlichen Schwertes. Die Seinen aber sind berufen, Seinen Fußstapfen nachzufolgen: 1. Petr. 2, 21-24.
Der Sinn der Worte des HERRN zu Petrus ist also der, dass Seine Jünger nie mit irdischen Waffen ihren Glauben verteidigen, nie mit dem irdischen Schwerte für die Wahrheit Gottes und das Zeugnis des Evangeliums kämpfen, sondern in den Fußstapfen des HERRN unschuldig leidend Gott alles anheimstellen sollen, im Vertrauen, dass Er Seine Sache zum Siege führen werde. Dies war der Weg aller wahren Glaubenszeugen. Auch Off. 13,10 warnt vor der Verteidigung des Glaubens mit irdischen Waffen. Das Schwert der Gläubigen ist das Wort Gottes. Wo die Gläubigen zur Verteidigung ihres Glaubens zum irdischen Schwert griffen, sind sie durchs Schwert umgekommen. Dies lehrt die Kirchengeschichte.
Dies Wort Mt. 26,52 hat also gar keinen Bezug darauf, ob ein gläubiger Christ irdischen Kriegsdienst tun darf. Hier ist nicht die Rede von Schwert und Kampf für das irdische Vaterland. Wäre letzteres der Fall, so hätte der HERR sicherlich dem Hauptmann von Kapernaum und dem Hauptmann Cornelius kundgetan, dass sie ihren militärischen Platz aufgeben sollten. Jedoch davon weiß die Bibel nichts.
Die Meinung, dass ein Christ nicht Soldat werden oder bleiben dürfe, rührt meines Erachtens daher, dass man sich unter Gesetz stellt und seine Stellung in Christo noch nicht versteht. Denen, die in Christo sind, gilt das Wort: „alles ist euer, ihr aber seid Christi”, und sie haben das Vorrecht, alles für Jesum zu tun. Kol. 3,17.23-24.
Noch leben wir nicht in dem Zeitalter der Herrschaft des Messias, in welchem die Völker ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Speere zu Winzermessern schmieden werden, wo nicht mehr Nation wider Nation das Schwert erheben und sie den Krieg nicht mehr lernen werden (Jes. 2,4); sondern wir leben noch in dem „Zeitalter des Menschen” oder der Herrschaft des Fürsten dieser Welt, wo die Christen als Lichter scheinen sollen inmitten eines verdrehten und verkehrten Geschlecht, darstellend das Wort des Lebens - auch als Soldaten in der Armee und im Kriege - bis der HERR kommt!
Chr. K.
Anmerkung des Herausgebers
Wie klar, wie einleuchtend ist dies alles für ein nur noch die Schrift gelten lassendes Kind Gottes! Aber wie schwierig wird diese Frage, wenn man sie betrachtet in - leider von vielen Gläubigen aus ihrer Zeit „ohne Gott in der Welt” mit hinübergeretteter - sozialdemokratischer Gesinnung! Wir hörten kürzlich von einem sonst treu zum Wort stehenden Bruder, dass er gesagt habe: „wohl die meisten Kinder Gottes sind mehr oder weniger Sozialdemokraten”. Wie entsetzlich ist solch ein Wort! Welch ein Widerspruch gegen Röm. 13,1ff.; 1. Petr. 2,13ff.; Lk. 20,25 und auch gegen Mt. 5,14ff. Wie wenig entspricht dies der Gesinnung von 1. Tim 2,2ff.! Denn wie kann man dies Gebot erfüllen, wenn man seine eigene Verantwortung für die Aufrechterhaltung der von Gott eingesetzten staatserhaltenden Einrichtungen (Königtum, Obrigkeit, usw.) nicht kennt oder gar ableugnet, was ja eines der Merkmate der Sozialdemokratie ist, ganz abgesehen davon, dass sie auch gott- und christentumsfeindlich ist. Und da bis jetzt noch jeder ganze oder halbe Sozialdemokrat sich für unendlich viel klüger und - für besser hält als die Männer sind, „die in Hoheit sind”, so sollte schon diese Tatsache es den Christen unmöglich machen, auch nur innerlich dieser staatsverderblichen und das Wohl des Landes, in das Gott uns hineingestellt hat, untergrabenden Geistesrichtung - aber nicht des Heiligen Geistes! - sich anzuschließen! Und man vergesse doch nicht, dass es gegenwärtig irgendwo nicht leicht schlimmer aussehen und zugehen kann, als es unter der Herrschaft eines Nero zuging, und doch wurden gerade damals obige Schriftworte den Gläubigen gegeben! Freilich ist die Sünde heute nicht weniger mächtig, und daher lässt jede obrigkeitliche Verwaltung zu wünschen übrig, aber gibt uns dies ein Recht, uns, wenn auch meistens wohl innerlich, dagegen aufzulehnen? (Mancher spielt gleichsam mit dem Gedanken, er sei sozusagen Sozialdemokrat!) Der HERR sieht das Herz an, Bruder! Was sieht Er in Deinem Herzen in puncto Stellung zur gottgegebenen Obrigkeit und ihren Anordnungen? „Seid nicht gleichförmig dieser Welt” (Röm. 12,2)!
Zu diesen Anordnungen gehört aber unseres Erachtens auch die Militärdienstpflicht. Wir unterschreiben durchaus, was in der vorigen Antwort über das Töten gesagt ist. Und man bedenke doch, dass die Verantwortung für alles, was König und Obrigkeit anordnen, sie auch nur selber tragen. Wenn z. B. die vom Volk gezahlten Steuern falsch verwendet werden, wir Christen brauchen uns darüber nicht aufzuregen! Denn wir geben diese Gelder aus Gehorsam gegen die uns von Gott verordnete Obrigkeit; andere, z. B. politische Gründe sollen für uns keine Rolle spielen. Und wenn ein Krieg geführt wird, so erfüllen wir unsere Dienstpflicht wiederum aus Gehorsam gegen eine gottgegebene Obrigkeit, die diesen Krieg für wichtig um des Staates Wohlfahrt willen ansieht. Wir geben dem Staat und dem uns von Gott gesetzten Oberhaupt derselben unsere Kräfte moralischer Art - z. B. bei den für die Wohlfahrt des Staates, in den Gott uns hineinstellte und dessen Vorteile wir genießen, nötigen Wahlen! (Politik, auch Sozialpolitik, brauchen wir Christen trotzdem nicht zu treiben und sollen es nicht! (2. Tim. 2,4!) Wir geben unsere Stimme einem Manne statserhaltender Richtung. Unterlässt der einzelne dies, so haben um seinetwillen die staatsniederreißenden Mächte eine Stimme Vorsprung! Der Herausgeber.) - wie auch körperlicher Art. Und wenn gesagt wird, die Schrift rede nicht vom Militärdienst, so ist dieser Einwand hinfällig, wie schon Antwort A zeigt. Und außerdem gab es in römischer Zeit keine allgemeine Dienstpflicht, die vom Staat eingeführt war; im Söldnerheere dienen braucht nur, wer will! Röm. 13,1ff. und 1. Petr. 2,13 reden so deutlich, dass es für geistlich Gerichtete nicht schwer sein sollte, zu sehen, was alles zu den obrigkeitlichen Verordnungen gehört, denen ein Christ sich zu unterziehen hat, und zwar demütig („unterwerfet!”), also ohne auch nur im Herzen sich zu widersetzen oder zu murren. Und wenn einer kürzlich Mt. 26,52 heranzog als Wort gegen den Militärdienst, so zeigt er nur, dass man mit der Melhode des Herausreißens von Schriftworten aus dem Zusammenhang alles beweisen kann, was man will. Geistlich ist dies nicht!
Wir danken unserem Gott für jede Möglichkeit, die heute im Zeitalter der Sünde und des Menschen noch vorhanden ist, um auch im Soldatenstand den HERRN zu verherrlichen. Und es tut uns im Interesse des von uns geliebten Herrscherhauses und Vaterlandes leid, wenn etwa gläubige Offiziere nicht in allen Stücken ihrer christlichen Erkenntnis gemäß leben können, „Gott mehr gehorchend als den Menschen”, ohne mit der Wahrscheinlichkeit ihrer Verabschiedung rechnen zu müssen. Aber dessenungeachtet vertreten wir, entgegen der Meinung mancher teurer Leser, [von denen aber keiner eine Antwort eingesandt hat!!] furchtlos die Überzeugung, dass der Militärdienst ein Stück der obrigkeitlichen Einrichtungen ist, denen ein wahrer Christ sich aus einer göttlicheren Gesinnung heraus, als sie bei den meisten Untertanen besteht, zu fügen hat, nämlich „um des HERRN willen” (1. Petr. 2,13)!