Antwort
Obige Frage ist schon oft gestellt worden, zumal viele Ausleger gerade aus den Sendschreiben der Offenbarung das Verlorengehenkönnen der Kinder Gottes abgeleitet haben. Wir wollen damit nicht sagen, dass in der Schrift, besonders aber im letzten Buche der Bibel, nicht Schriftstellen zu finden wären, die scheinbar dieser Auffassung gerecht würden. Aber wenn wir den Charakter des jeweiligen Buches berücksichtigen, dann werden wir zu anderen Ergebnissen gelangen. Das letzte Buch der Bibel ist ausgesprochen ein Buch der Gerichte und der besonderen Verantwortlichkeit der Menschen dem HERRN als Richter gegenüber. So ist das letzte Sendschreiben an die letzte Gemeinde, die uns im Worte Gottes genannt wird, prophetisch mit dem letzten Zustand der bekennenden Gemeinde auf Erden beschäftigt.den Gemeinden sagt! Wie wichtig aber auch, dass jede einzelne derzeitige Ortsgemeinde sowie auch die ganze Gemeinde des HERRN, wie sie heute ist, sich in dem Lichte dieser Gerichtsschreiben betrachte und sich hüte, diesen Urteilen zu verfallen - Urteilen, die im Laufe der Geschichte der christlichen Gemeinde, also der Kirchengeschichte bis heute hin, ihre unzweifelhafte Bestätigung gefunden haben! (Anmerkung des Schriftleiters F. K.)> Die volle Reife des abschließenden Zustandes der bekennenden Kirche ist noch nicht eingetreten, da sonst ein Bußruf, eine Warnung, ein göttlicher Rat, liebende Zucht und selbst eine Überwinderverheißung nicht mehr am Platze wären. Denn die Form der Gottseligkeit ohne Kraft von Laodicea, das Bekenntnis ohne Leben von Sardes, die Anmaßung ohne Treue von Thyatira finden wir in diesem Buche der Offenbarung im 17. und 18. Kapitel in der vollendetsten und ausgereiftesten Weise wieder. Darum Gericht ohne jede Gnade. Nichtsdestoweniger sind die Umrisse der Zustände bereits klar zu erkennen, und wir sind in der Lage, durch Gottes Wort und Geist die Dinge zu beurteilen, um uns von ihnen zu trennen und fern zu halten. Vor allem ist uns in jedem Sendschreiben, also siebenmal, das Wort: „Wer ein Ohr hat, höre, was der Geist den Gemeinden sagt!” aufs Herz und Gewissen gelegt: Dass der Geist Gottes an der Gemeinde Kritik übt und sie mithin nicht mehr als zuverlässig in göttlichen und geistlichen Dingen anzuerkennen ist. Für uns ist jetzt das Wort und der Geist Gottes allein maßgebend und nicht mehr die Gemeinde. Aus der rein persönlichen Ermahnung: „Wer ein Ohr hat” usw. muss man schließen, dass der Geist Gottes mit dem Ohr und mit dem Herzen der einzelnen Gläubigen rechnet und nicht mehr mit der Gesamtgemeinde. Dies zeigt uns den Verfall der Gemeinde als Ganzes und die ernste Verantwortlichkeit des Einzelnen. Wir halten das betende Studium der sieben Sendschreiben am Ende der Verwaltung der Gnade für besonders wichtig und zeitgemäß. Das letzte Buch sollte nur aus dem Verlangen heraus studiert werden, den Willen unseres Herrn in allem zu erkennen und zu tun. Seine Wege mit der Gemeinde, mit Israel, mit der Völkerwelt und der gesamten Schöpfung: welch klare Anweisungen finden wir für uns da aufgezeichnet! Mit Ausnahme von Smyrna und Philadelphia, wo wir nur Anerkennung finden und keinen Tadel, wird in den vier vorhergehenden Schreiben beides gefunden. Laodicea macht auch in diesem eine Ausnahme zu ihren Ungunsten, da nichts für das Auge und Herz des HERRN Liebliches zu finden war und Er nur Tadel aussprechen mußte.
Laodicea ist gekennzeichnet durch drei bestimmte Züge:
1. Durch Gleichgültigkeit dem HERRN gegenüber, der darum außerhalb der Gemeinde ist. Einen schauerlicheren Zustand kann man sich wohl kaum vorstellen. Ephesus ohne erste Liebe; Pergamus ohne Kraft; Thyatira ohne Treue; Sardes ohne Leben; Laodicea aber ohne Ihn, den HERRN Selbst. Er - draußen! Schrecklich!
2. Ist sie charakterisiert durch Neutralität, die sich vor allem in dem lauen Zustand ausdrückt. Neutralität in göttlichen Dingen gibt es nicht. Wer sie lehrt, ist ein Laodicäer, ein Betrüger, ein falscher Prophet, der Wolf im Schafskleid. Überall, wo man dem Herrn gegenüber gleichgültig ist, da ist Laodicea. Nicht für Ihn und nicht gegen Ihn. Weder kalt noch warm. Es ist die Gemeinde, wo alles geduldet wird und ein jeder denken, glauben, lehren kann, was er will. Es ist die Weltkirche, die jeden aufnimmt und jedem gerecht wird. Sie trägt den Namen in der Tat: „Die Volksgerechte”.
3. Wir finden bei ihr Selbstzufriedenheit und Selbstgenügsamkeit. Sie ist zufrieden mit sich, weil sie meint, alles zu besiten. Sie ist eine Nachahmung von Philadelphia. „Du sagst” Vers 17 zeigt nur zu deutlich ihre Einbildung. Sie ist zufrieden ohne Christus, hat genug ohne Ihn und ist reich, getrennt von Ihm, in dem alle Schätze und Reichtümer Gottes verborgen sind. Jede Gemeinde, die von sich sagt, dass sie reich sei, zeigt nur ihre große Armut. Wenn der HERR dies von einer Gemeinde sagt, wie Er es tut bei Smyrna, dann ist dies wirklicher, göttlicher und ewiger Reichtum. Da wir hier nur Tadel finden und gar keine Anerkennung, sind wir gezwungen, in Laodicäa die bekennende und leblose Masse zu erblicken. Wenn der HERR auch ihr entsprechend ihrem Bekenntnis als Gemeinde begegnet, so ist sie doch in Wirklichkeit keine Gemeinde Gottes, weil der HERR nicht mehr in ihrer Mitte gefunden wird. Nicht, dass einige Kinder Gottes in irgend einem Kreis gefunden werden, macht jenen zu einer Gemeinde Gottes, sondern dass der HERR dort gefunden wird. Laodicäa ist eine christuslose Gemeinde. Können wir uns dann wundern, dass der HERR sie mit der abscheulichsten Verachtung und Strafe bedroht? „So werde Ich dich ausspeien aus Meinem Munde.” Zwei sehr ernste Worte werden von dem HERRN in dem ersten und letzten Sendschreiben gebraucht. In Ephesus: „Die auch Ich hasse”. Das einzige Mal in der Offenbarung, dass der HERR Seinen Haß gegen irgend etwas ausspricht. Kap. 17,16 und 18,2 wird es nicht vom HERRN gesagt. Was müssen das für Werke sein, dass der Herr Jesus sie haßt! Es ist ohne Zweifel eine Verdrehung und ein Mißbrauch der unumschränkten Gnade Gottes, durch die das Christentum vor allen anderen Segenskreisen anderer Zeitabschnitte ausgezeichnet ist. In dem letzten Sendschreiben finden wir, dass Er „ausspeien” werde. Vgl. 3. Mose 18,28; 20,22. Wenn wir nicht irren, ist es das einzige Mal im Worte Gottes, wo der Herr der Ausführende dieser Handlungen ist. Die bekennende Masse ist Ihm ein Gegenstand solcher Widerlichkeit, dass Er nie wieder etwas mit diesem abscheulichsten aller antigöttlichen Systeme zu tun haben will. Wir finden darum, dass die ausgespiene falsche Kirche als ein solches ekelerregendes Weib und System uns in Kapitel 17 und 18 vorgestellt wird, welches der HERR nicht persönlich, sondern durch das römische Tier richten und vernichten wird, ehe Er kommt als Weltenrichter. So ist der größte Schandfleck, Greuel und Abscheu der Welt aller Zeiten hinweggetan. Auch nichts darf davon übrig bleiben nach dem Worte des HERRN. Niemand vermag den Schrecken des Endes der falschen Kirche zu schildern. Habe du nichts zu tun mit der Weltkirche! Geh heraus aus ihr, damit du ihrer Sünden nicht teilhaftig wirst (Off. 18,4). Gern hätten wir noch etwas über die Unterschiede der Gemeinde als Leib, Tempel und Haus Gottes geschrieben, da diese Unterschiede zu wenig verstanden werden. Doch ist der Raum für diese Antwort erschöpft. Nur eines möchten wir besonders hervorheben, dass in der Offenbarung, besonders in den sieben Sendschreiben, die Gemeinde als Haus in seinem verantwortlichen Charakter vorgestellt wird. Denn das Gericht fängt an bei dem Hause Gottes. (1. Petr. 4,17.) Darum finden wir, dass Gott in dem Buche Seiner Gerichte mit Seinem Hause beginnt. Denn „Seinem Hause geziemt Heiligkeit auf Länge der Tage” (Ps. 93,5). Alles, was nicht diesem
Charakter entspricht, verfällt dem Gericht des heiligen Gottes. Mögen wir durch Gottes Gnade aus all diesem lernen!
K. O. St.