Antwort A
Es ist zum Staunen, dass die Natur uns an die Hand geht zur Beantwortung dieser Frage. Wir dürfen nur an die Elektrizität denken. Die Männer der Wissenschaft sagen uns, dass Elektrizität in jeder Materie, überhaupt überall, vorhanden ist, dass sie alles durchdringt. Was sie ist, vermag aber keiner zu sagen. Um sie sich dienstbar zu machen, muss der Mensch gewisse Apparate herstellen, grobe oder feine, also etwas Körperliches. Es ergibt sich dann die Wirkung in Form von Licht- und Kraftäußerung. Also ein Dreifaches: Die Elektrizität, d. i. die geheimnisvolle Kraft, ein Körper; die Kraftentfaltung. Zudem: der Lichtkörper und Kraftentwicklungskörper, die in ihm gefangene Elektrizität und deren Wirkung bilden ein Ganzes; die Ausschaltung des einen bedingt das Außerkurssetzen der beiden anderen. Ohne den Körper, um eins zu nennen, keine Kraftentwicklung und kein Licht (außer in atmosphärischen Selbstentladungen der Elektrizität beim Gewitter).
Verhält es sich nicht genau so mit dem Menschen seinem Sein nach? „Geist”, und zwar außerhalb seiner, ist das Ursprüngliche, alles Durchdringende. Was Geist ist, vermögen wir nicht zu bestimmen. Dies Ursprüngliche, „Geist”, und zwar nach der Schrift genau bezeichnet als „Geist Jehovas” (Ps. 104,29.30), in stoffliche Körper unserer Welt gegeben, schafft in demselben eine Ichheit und bringt dadurch den Stoff in selbstbestimmte Tätigkeit. Diese auf tausenderlei Weise sich in Tätigkeit kundgebende Ichheit ist „Leben, Seele” (1. Mose 1,20ff. mit Fußnote, Elbf. Übers., und 2,7); beides in den Ursprachen der Schrift zum Teil ein Begriff; z. B. Mt. 10,39 und Parallelstellen.
Danebenher geht aber, wie oben von der Elektrizität gesagt, dass der alles durchdringende Geist Gottes sich in freier Wirksamkeit ergeht, ohne im Körper gegeben zu sein: 1. Mose 1,2: „Der Geist Gottes schwebte über den Wassern.” Bei der Ichheit „Mensch” ist die Seele ein Sichoffenbaren in Funktionen und in Tätigkeit mit gottgegebenem und ursprünglich gottwärtsgerichtetem Bewußtsein. Beim Geschöpf „Tier” sind es Funktionen und ein In-Tätigkeit-treten ohne dies Bewußtsein.
Das Ursprüngliche, „Geist”, von seinem Urquell, Jehova, „dem Gott der Geister alles Fleisches”, ausgesandt, wird in dem Einzelwesen Mensch oder Tier „sein”, d. i. des Geschöpfes Geist, Odem, siehe Ps. 104,29 mit Fußnote zu Vers 30 (Elbf. Übers.). Wenn hiernach, wie wir später sehen werden, dem Geist dasselbe Tun oder dieselbe Eigenschaft zugeschrieben wird wie der gewordenen Ichheit, der Seele, so brauchen wir nur festzuhalten, dass der Geist das Lebensprinzip ist, ohne welche es keine Seele gäbe, um über den Unterschied oder die Übereinstimmung zwischen Seele und Geist nicht im Zweifel zu sein.
Das beim Menschen genannte „Sichoffenbaren in Funktionen und in Tätigkeit mit gottgegebenem und ursprünglich gottwärtsgerichteten Bewußtsein” - „die Seele” - macht den Menschen zu einer Gott verantwortlichen Persönlichkeit. Daher sagt die Schrift kurzweg „Seele” für Persönlichkeit oder Person. „Geist” kann sie nicht für Person sagen, weil der Geist die lebenwirkende und treibende Kraft, nicht die gewordene Ichheit, die Persönlichkeit ist, solange der Körper mit der Ichheit, der Seele, verbunden ist. Es könnte beispielsweise 1. Mose 14,21 nicht heißen: „Gib mir die Geister”; wohl aber kann es heißen: „Gib mir die Seelen” - Personen. Aus demselben Grunde spricht die Schrift auch vom Sterben einer Seele, d. i. Person, weil es die Trennung vom Körper der durch den Geist gewordenen Ichheit ist. Die Ichheit - Seele - Person besteht weiter. Aber gerade da tritt klar die Unterscheidung (nicht Trennung) zwischen ihr und dem Geist, dem sie ihren Ursprung verdankt, hervor: „Der Geist kehrt zu Gott zurück”, sagt die Schrift (Pred. 12,7), wenn vom Erlöschen des Lebens die Rede ist. Sie sagt nicht: „Die Seele kehrt zurück”; die entstand ja erst, als Gott dem Erdenkloß den Geist, Odem, einblies. Wohl aber kann die Schrift vom Ausgehen der Seele oder des Geistes beim Sterben reden, weil mit der Seele deren Lebensprinzip, der Geist, ohne welches sie nicht gedacht werden kann, ausgeht. Eben darum und geradeso spricht die Schrift von der Wiederbelebung. Beispiele für beides: „Als ihr die Seele ausging” (1. Mose 35,18); „sein Geist geht aus” (Ps. 146,4); „Jehova, lass die Seele dieses Kindes wieder in dasselbe zurückkehren” (1. Kön. 17,21); „sein Geist kehrte zurück” (Richter 15,19).
Es braucht keine Schwierigkeit zu machen, dass die Schrift vom Geiste sagt, er kehre zu Gott zurück, und von der Ichheit, Person, Seele: sie fahre hinab in den Scheol, sei im Scheol, im Hades, als ob da von einer Trennung zwischen Geist und Seele die Rede wäre. „Scheol” oder „ Hades” bezeichnet den Zustand der Seele, des Ichs, als vom Körper getrennt, wie „Tod” den Zustand des Körpers als der Seele verlustig gegangen bezeichnet. Nicht kann eine umgrenzte Örtlichkeit gemeint sein, weder in dem einen Falle noch in dem anderen. Sonst ergäbe sich aus Off. 20,14 die Ungereimtheit, dass ein Zustand, der Tod, und eine Örtlichkeit, der Hades, miteinander in eine andere Örtlichkeit geworfen würden! Es ist dort vielmehr so: indem alle noch tot Seienden auferweckt werden, hören die Zustände Tod und Hades auf, und es wird gesagt, sie werden in den Feuersee geworfen, weil die nun auferweckten Personen dorthin geworfen werden. Oder Off. 6,7.8: Die Getöteten kommen dem Leibe nach in den Zustand „Tod”, der Seele nach in den Zustand „Hades”. Beide werden personifiziert, und es wird begrifflich dargestellt: der Tod reitet durch die Lande, und der Hades folgt mit ihm. So wird anderwärts der Zustand „Hades” verörtlicht, um ihn recht begrifflich zu machen, weil vom Ins-Grab-gelegt-werden ausgegangen wird. 5. Mose 32,22: „... ein Feuer wird brennen bis in den untersten Scheol ...”
Unter dem „Sterben” wird entweder einerseits der Urheber der Seele (der Geist) und der Körper oder anderseits das durch den Geist Entstandene und Bestehende (die Seele) und der Körper in ihrem gegenseitigen sich auflösenden Verhältnis in Betracht gezogen. Daher „Seele”, wenn der Betrachtungsweise der Zustand der Trennung zugrunde liegt (die Seele ist im Hades); anderseits „Geist”, wenn man die Herkunft im Auge hat (Gott hat ihn gegeben: er kehrt zu Ihm zurück). „Vater, in Deine Hände befehle Ich Meinen Geist”; „meine Seele wirst Du dem Scheol nicht lassen” (Ps. 16,10); „nicht im Hades zurücklassen” (Apg. 2,27); „Herr Jesus, nimm meinen Geist auf” (Apg. 7,59); „wir ... ausheimisch vom Leibe, ... einheimisch beim HERRN” (2. Kor. 5,8); „ich ... habe Lust abzuscheiden und bei Christo zu sein” (Phil. 1,23), zeigen, dass nach dem Sterben der Geist und das Ich eins und gleichbedeutend mit der Seele sind.
Es decken sich infolge der Tatsache, dass der Geist das Lebensprinzip, die treibende Kraft der Seele ist, bei beiden die Ausdrücke für verschiedene Empfindungen: Kummer und Betrübnis, Langmut und Ungeduld, Sehnsucht und Freude, Wissen, Denken, Erinnerung usw., ob sie nun der Seele oder dem Geist zugeschrieben werden. („Er erquickt meine Seele” [Ps. 23,3]; „Sein Geist ist erquickt worden” [2. Kor. 7,13]; „Der Geist würde vor Mir verschmachten und die Seelen, die Ich ja gemacht habe” [Jes. 57,16]; im hebr. Grundtext hier das Wort für „Odem”, Lebensprinzip des menschlichen Körpers, ein Wort, das im Grundtext an manchen Stellen gleich dem Wort für „Seele” ist).
Unterscheidung findet statt im folgenden: Da die Seele ein Sichoffenbaren durch Körperfunktionen ist, so werden ihr im allgemeinen zugeschrieben: hungern, dürsten, fasten, sich sättigen, Ekel empfinden, sich reinigen und verunreinigen, Begierden hegen, kämpfen usw. („Einem treuen Schöpfer ihre Seele befehlen” [1. Petri 4,19]; „da ihr eure Seelen gereinigt habt” [1. Petri 1,22].)
Dem Geist hingegen, als der Antriebskraft, werden zugeschrieben: Festigkeit, Mannhaftigkeit, Treue, Bereitwilligkeit. („Ich diene Gott in meinem Geiste” [Röm. 1,9].) - Es ist die Rede vom Geist des Hochmuts, der Eifersucht, der Verkehrtheit, der Hurerei usw. (Seele des Hochmuts, der Eifersucht, der Hurerei usw. kann man nicht sagen!)
Dies einerseits dem Geiste und anderseits der Seele Zugeschriebene findet sich in ein und demselben Satz in Phil. 1,27: „... dass ihr feststehet in einem Geiste, indem ihr mit einer Seele mitkämpfet ...”
Das Bestehen absoluter Gegensätzlichkeit zwischen Geist, dem Lebensprinzip, und der Leiblichkeit wird hervorgehoben, wenn die Leiblichkeit in ihrer in der Sünde begründeten Ohnmacht dem Kraftprinzip, dem Geist, gegenübergestellt oder ihre, der sündigen Natur, Feindschaft gegen dasselbe ins Licht gerückt wird. Die Leiblichkeit heißt dann „Fleisch”. „Ihre Rosse sind Fleisch und nicht Geist” (Jes. 31,3). „Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach” (Mt. 26,41; Mk. 14,38). „Das Fleisch gelüstet wider den Geist, der Geist aber wider das Fleisch” (Gal. 5,17). Die Gegensätzlichkeit löst sich in Nebeneinanderstellung auf, wenn die Ichheit, die Seele, eingeführt wird: „lasst uns uns selbst reinigen von jeder Befleckung des Fleisches und des Geistes” (2. Kor. 7,1; siehe oben die Stelle aus Petrus vom „Seelen reinigen”).
Weil der Mensch eine Dreiheit ist (drei die Zahl der Gottheit und der Auferstehung), so liegt darin, dass er göttlichen Geschlechts ist, wie jene heidnische, griechischen Dichter sagten (Apg. 17,28), und dass Gott ihn nach dem Sündenfall auf dem Boden der Auferstehung wieder zu sich bringen will. Bei den Engeln kommt weder Sterben noch Auferstehung in Frage, weil sie keine Dreiheit sind. Die Schrift nennt sie einfach „Geister”. Die Tiere sind eine Zweiheit: Leib und Seele, und zwar eine Seele anderer Art als die durch Einhauchen des Geistes gewordene des Menschen. (Vgl. 1. Mose 1,20-25 mit V. 26ff. und 2,7!) Fein hat Scofield in seiner „Reference Bible” den Menschen also definiert: Weil der Mensch Geist ist, ist ergottesbewußtseins- und gottesgemeinschaftsfähig. Weil er Seele ist, hat erSelbstbewußtsein. Weil er Leib ist, hat er Weltbewußtsein.
Wie ist es aber nach der Auferstehung? „Es wird gesät ein seelischer Leib,” d. h. der jetzige, dessen Tun und Lassen sich als Kundgebung der Seele erweist, „es wird auferweckt ein geistiger Leib” (1. Kor. 15,44). Gibt es dann keine Seele mehr? Gegenwärtig dürstet, ja lechzt die Seele nach Gott (Ps. 63 und 42). Für die Zeit nach der Auferstehung, nach dem Erwachen erwartet sie „Sättigung” (Ps. 17,15); und sie wird ihr zuteil werden (Off. 21,4). Dürfen wir nicht sagen, dass die jetzige Dreiheit in eine Einheit übergeht, wenn der Leib selbst, obwohl immer Leiblichkeit, ein geistiger, d. h. doch „von Geist” ist, wie auf Erden „von Fleisch”? Der HERR in Seinem Auferstehungsleibe (und wir werden Ihm gleich sein!) konnte Speise nehmen und war doch durch keine Materie am Erscheinen und Verschwinden gehindert, wie wir's von den Engeln wissen, die doch auch eine Leiblichkeit haben und doch „Geister” sind. So heißt ja auch der HERR „ein Geist”, mit dem Unterschiede, dass Er wie in allem so auch da einzig dasteht, denn Er ist ein „lebendigmachender” Geist (1. Kor. 15,45).
Wir tun wohl, es bei diesen Erwägungen bewenden zu lassen, weil es vom Übel ist, über das hinauszugehen, was die Schrift klar sagt. Es ist früh genug, die Wirklichkeit festzustellen, wenn wir darinnen sind!
F. Kpp.
Anmerkung des Schriftleiters
Ich sehe es nicht als meine Aufgabe an, die kostbaren, gerade auch im Hinblick auf bekannte Irrlehren der fälschlich sogenannten „Ernsten Bibelforscher”, außerordentlich einleuchtenden Darlegungen obiger Antwort noch zu ergänzen oder zu erweitern! Gar zu leicht möchte in diesem Falle eine Abschwächung derselben zu befürchten sein. Aber ich glaube, einige kleine Hinweise geben zu sollen, die schon manchem geholfen haben.
Ich bin auf meinen Reisen, wie andere Brüder gewiß auch, oft gefragt worden nach dem Verhältnis dieser 3 - Geist, Seele und Leib - zueinander, und ich habe dann unter anderem gesagt: ... wie wir in der Einheit Gottes eine Dreiheit zu unterscheiden haben, so auch im Menschen. - Wie wirklich und offenbar jeder Teil dieser Dreiheit seine besondere, einzigartige Bedeutung hat, erhellt aus der Tatsache, die jeder an sich selbst beobachten kann: Ich sitze mit meinem Körper (d. i. in meiner Leiblichkeit) hier fern von zu Hause in diesem Zimmer, kann zugleich mit meinen inneren seelischen Empfindungen, meinem Mitfühlen bei meiner kranken Frau daheim sein und ebenso gleichzeitig in und mit meinem Geiste zu Gott, unserem Vater in Christo, beten für sie und ihre Gesundheit nach Geist, Seele und Leib. Ist das nicht klar? -
Meines Erachtens sehr schön und treffend stellte auch Br. v. d. K., der Mitherausgeber der „Handreichung”, das Verhältnis von Leib, Seele und Geist mehrfach in folgender Weise dar, was ich auch nie verfehle, den mich Fragenden mitzuteilen - darum sei's auch hier geschehen (wenn auch in meinen Worten):
In jedem Menschen sind diese 3 vorhanden, Leib, Seele und Geist, aber wir sehen diese Tatsachen unseres Seins nicht immer gleich stark vertreten, im Gegenteil! Wir haben z. B. einen mächtigen Ringkämpfer vor uns, und wir sagen: „Was für ein gewaltiger Herkules!” - und, da das Hervortretende, in die Augen Fallende bei ihm sein Leib ist, meinen wir den Menschen in seinem Leibe; wir reden über einen unserer großen Dichter und sagen bewundernd: „Welch großer Geist!” - und meinen, was wir sagen, den Menschen in seinem Geist, mit seinen Geisteskräften; wir sehen im Park auf einer Bank ein altes Mütterlein, wie es sich liebevoll beschäftigt mit den vor ihr im Sande spielenden Kinderchen, und sagen mit herzlichem Lächeln: „Welche gute, liebe Seele!” und meinen, was wir sagen. Könnte man in den angegebenen Fällen eine Vertauschung vornehmen? Könnte man z. B. von dem Ringkämpfer sagen: Welch großer Geist oder welch gute Seele! Sicher nicht - und doch zeigt jeder Punkt eine andere Seite derselben Sache gleichsam, nämlich des Menschen, dieser Einheit in deutlich gegebener Dreiheit!
Vielleicht dienen diese kleinen Hinweise aus der Praxis dem einen oder anderen Leser! Aber vor allem mögen jedem dienen die überaus wertvollen, klar-biblischen Ausführungen obiger Antwort, für die wir dem HERRN sehr dankbar sein dürfen. Möchte uns auch mit durch dieselben der innige Lobpreis ins Herz und über die Lippen kommen:
„Ich preise Dich darüber, dass ich auf eine erstaunliche, ausgezeichnete Weise gemacht bin. Wunderbar sind Deine Werke, und meine Seele weiß es sehr wohl.” (Ps. 139,14.)
F. K.