Antwort A
In der angeführten Stelle wird uns gesagt, „dass Gott ein unzugängliches Licht bewohnt und dass Ihn kein Mensch gesehen hat noch sehen kann”. Ähnliches lesen wir in Joh. 1,18: „Niemand hat Gott jemals gesehen, der eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoß ist, hat Ihn kundgemacht” (vgl. Joh. 6,46 und 1. Joh. 4,12). Dagegen lesen wir Mt. 18,10, dass „die Engel droben allezeit das Angesicht des Vaters sehen”. Nach meiner Auffassung werden wir Ihn, unseren Gott, als Vater schauen, denn wenn es die Engel tun, so dürfen wir wohl annehmen, dass wir es als Kinder Gottes auch tun werden. Auch werden wir Ihn in Christo schauen in vollkommener Weise. Im Alten Bunde sahen die Söhne Israels Gott, d. h. Jehova, z. B. 2. Mose 24,10 „wie den Himmel selbst an Klarheit”; so sahen sie Ihn, und im 17. V. heißt es, dass dies Ansehen der Herrlichkeit Jehovas wie ein verzehrendes Feuer war. Und 2. Mose 33,20 sagt der HERR zu Mose: „Nicht kann ein Mensch Mich sehen und leben.” Nach allen diesen und anderen Schriftstellen werden wir Gott nie sehen in Seiner Heiligkeit, weil diese für uns wie ein verzehrendes Feuer sein wird. Dagegen werden wir Ihn, wie oben gesagt, sehen in Christo und auch als liebenden Vater.
Ph. W.
Antwort B
Es ist von großer Wichtigkeit, von welchem Standpunkt aus man diese Frage stellt und behandelt. Die Schrift spricht von einem äußeren und inneren, alten und neuen Menschen usw. (vgl. Eph. 4,22.24; 1. Kor. 15,44 u. a.). Der natürliche Mensch (d. h. „Fleisch und Blut”) wird Gott nie sehen. Moses wollte Gott sehen, aber es wurde ihm nicht gewährt (2. Mose 33,20). Weil Gott Unsterblichkeit hat, ist es einfach ausgeschlossen, dass der natürliche durch die Sünde verderbte Mensch Ihn sehen kann. Der natürliche Leib fällt dem Tode anheim. Nach Röm. 1,18ff. gibt Gott Sich den Menschen durch die Schöpfung zu erkennen, dass sie an Ihn glauben können; aber Gott als Gott erkennen liegt außer uns und bedarf einer Offenbarung von Ihm (Mt. 16,16.17; vgl. noch 1. Kor. 15,50; Joh. 3,3.6 u. a.). Das Fleisch nützt nichts (Joh. 6,63). Es ist wohl fähig, alles Heilige in den Schmutz zu ziehen, aber nicht, vor Gott zu stehen.
Aber der geistige, von Gott geschaffene und erneuerte Mensch hat als höchstes Ziel, nach der Schrift, dass er Gott gleich sein wird, weil er Ihn (Gott) sehen wird, wie Er ist (1. Joh. 3,2). Gott zu sehen ist nur durch das von Christus auf Golgatha vollbrachte Opfer möglich. Wer dieses im Glauben annimmt, befindet sich von Stund' an auf dem Wege, Gott ähnlich zu werden (vgl. Joh. 17,24; 1. Kor. 13,12; 2. Kor. 3,18; Hiob 19,26; Ps. 17,15; Mt. 5,8).
Wie ist es doch für ein Kind Gottes so tröstlich, in allen Lebenslagen zu wissen: wenn ich diese Hülle (das Fleisch) ablege, werde ich Den sehen, zu dem meine Hoffnung steht!
....k.
Antwort C
Mit der Frage ist doch gemeint, ob wir einst Gott in irgendwelcher Gestalt sehen werden. Wenn unter Gestalt eine unseren menschlichen Begriffen wahrnehmbare Form verstanden wird, wie die eines Menschen oder irgend eines anderen Wesens, so ist die Frage zu verneinen, da Gott eine solche Form nicht hat, denn „Gott ist Geist” (Joh. 4,24) und ist „unsichtbar” (1. Tim. 1,17).
Dagegen spricht das Wort vom Schauen Gottes in anderer Weise. Ich beschränke mich hierbei auf den eigentlichen Gegenstand der Frage, das einstige Schauen Gottes in Herrlichkeit. Da sagt uns das Wort in 1. Thess. 2,12, dass Gott uns berufen hat „zu Seiner eigenen Herrlichkeit”, und in Joh. 17,24, dass der Herr Jesus will, dass wir dort sein sollen, wo Er ist, auf dass wir Seine Herrlichkeit schauen, das ist Seine göttliche Herrlichkeit. Hieraus, wie auch schon vorbildlich aus 2. Mose 33,18-23 und anderen Schritstellen, ersehen wir, dass wir die Herrlichkeit Gottes schauen werden. Das ist es auch, was mit „Gestalt Gottes” in Phil. 2,6 gemeint ist: die Herrlichkeit Gottes als das von Ihm Sichtbare, wie wir von der Gestalt eines Menschen reden in bezug auf das Bild, welches sein Äußeres unserem Auge darbietet. - Wir werden aber Sein Bild noch in anderer - ich darf wohl sagen vollkommenerer - Weise sehen: in Christo Jesu, unserem verherrlichten Heiland und HERRN. Von Ihm sagt das Wort Gottes in 2. Kor. 4,4, dass Er „das Bild Gottes ist”, und Kol. 1,15, dass Er „das Bild des unsichtbaren Gottes ist”, sowie ferner Hebr. 1,3, dass Er „der Abglanz Seiner Herrlichkeit und der Abdruck Seines Wesens” ist, und 1. Joh. 3,2, dass wir „Ihn sehen werden, wie Er ist”. Er, der eingeborene Sohn, der hienieden Gott kundgemacht hat (Joh. 1,18) und den Seinen sagen konnte: „Ich und der Vater sind eins” (Joh. 10,30), „wer Mich sieht, sieht Den, der Mich gesandt hat” (Joh. 12,45, vgl. Joh. 14,9), Er wird auch in Ewigkeit das wunderbare, unaussprechlich herrliche Bild Gottes sein, in welchem wir den „unsichtbaren” Gott in Vollkommenheit schauen werden. Gepriesen sei Sein Name für diese wunderbare Gnade, die schon jetzt, wenn wir nur daran denken, unser Herz mit verherrlichter Freude erfüllt!
Th. K.
Antwort D
Die obige Schriftstelle befaßt sich mit Tatsachen und Eigenschaften, die nur Gott eigen und innewohnend sind. Z. B. das Wort: „Der allein Unsterblichkeit hat!” zeigt uns klar, dass Unsterblichkeit nur Gott eigen ist, uns aber als Seinen Geschöpfen gegeben.
Es ist ohne Zweifel auch von Nutzen, bei dieser Gelegenheit darauf hinzuweisen, dass wir unterscheiden müssen zwischen den Segnungen und Vorrechten, die wir als Kinder Gottes durch den Herrn Jesus empfangen: einerseits - vergl. Röm. 8,17.29; Eph. 2,6; und andererseits - was Ihm eigen ist als eingeborenem Sohne Gottes, woran wir keinen Teil haben, worin Er uns mit Sich nicht eins machen kann. Joh. 17,22 spricht der HERR von einer von Ihm uns gegebenen Herrlichkeit, in Vers 24 aber von einer Herrlichkeit, welche nicht mitgeteilt werden kann, da sie allein dem Sohne eigen ist. Er will aber, daß, wo Er ist, auch wir seien, auf dass wir Seine Herrlichkeit schauen. Welche Gnade! Christus kann und hat uns mit Sich vereinigt in dem, was Ihm als dem letzten Adam und zweiten Menschen vom Himmel eigen ist, vergl. 1. Kor. 15,45-50, aber niemals in dem, was Ihm als einer göttlichen Person zukommt (z. B.: Thron Gottes, Herrlichkeit Gottes; Anbetung, HERR der HERRen, usw.).
In diesem Sinne, glaube ich, kann wohl die in Frage kommende Stelle verstanden werden.
Wir können Gott nur durch Offenbarung erkennen, wie Joh. 1,18 uns deutlich genug sagt: „Niemand hat Gott jemals gesehen, der eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoß ist, hat Ihn kundgemacht,” Er, der Sohn Seiner Liebe, ist das Bild des unsichtbaren Gottes (Kol. 1,15). Wer Ihn gesehen hat, hat den Vater gesehen (Joh. 14,9). Aber nur im Sohne offenbarte Sich Gott Seinem Wesen nach, wie Er Sich in der Schöpfung Seiner ewigen Kraft und Göttlichkeit nach offenbarte (Röm. 1,20).
In Christo werden wir Gott schauen! Welche Gnade! Ihm sei Dank, dass wir Ihn erkennen, sehen und schauen im Sohne, wie es Ihm wohlgefiel, Sich uns zu offenbaren. Aber vergessen wir nicht, dass Gott ein für den Menschen unzugängliches Licht bewohnt, wo nur Gott als Gott zu Hause ist, wenn ich mich so ausdrücken darf, ein Licht, welches nur Gott eigen ist, mithin unzugänglich für das Geschöpf, welches endlich ist, Er aber ist unendlich für das Geschöpf, welches erforschlich ist, Er aber ist unerforschlich. Welchem Ehre sei und ewige Macht! Amen. Ich glaube nicht, dass diese Stelle Bezug hat auf die Tatsache, dass Gott nicht gesehen wird, weil Er ein Geist ist, was auch wahr ist, sondern vielmehr, dass dem Geschöpf als solchem Schranken gesetzt sind, die niemals von dem Endlichen (Geschöpf) überschritten werden können, selbst in alle Ewigkeit nicht. Denn dies würde bedeuten, Gott gleich zu werden, was selbstverständlich unmöglich ist.
K. O. St.
Antwort E
In unserem Leibe der Verweslichkeit und der Sünde nicht. „Du vermagst nicht, Mein Angesicht zu sehen, denn nicht kann ein Mensch Mich sehen und leben” (2. Mo. 33,20) antwortet der HERR dem Moses, der Sein Angesicht zu schauen begehrt. So ist es auch nur ein Anschauen Gottes in Form einer Vision, nicht aber von Angesicht zu Angesicht, wenn Jesaja „den HERRN sitzen sah auf hohem und erhabenem Throne” (Jes. 6,1) oder Johannes den Sohn des Menschen in seiner Gottesherrlichkeit (Off. 1,10-16); und doch ist schon hier die Wirkung des Geschauten so vernichtend gewaltig, dass Jesaja sich verloren sieht und Johannes wie tot niederfällt. - Dennoch werden nach 1. Joh. 3,2 Gotteskinder Gott sehen, wie Er ist, aber erst zu der Zeit, wo sie „Ihm gleich” sein werden, d. h. wenn ihr Leib der Niedrigkeit umgestaltet sein wird zur Gleichförmigkeit mit Christi Leib der Herrlichkeit (Phil. 3,21) und ihre Herzen tadellos in Heiligkeit befestigt sind vor unserem Gott und Vater (1. Thessal. 3,13), „ohne welche niemand den HERRN schauen wird” (Hebr. 12,14), denn nur „die Reinen im Herzen werden Gott schauen” (Mt. 5,8).
M. Fr.
Anmerkung des Herausgebers
Man hüte sich, diese und andere Stellen als Beleg anzuführen für die Lehrmeinung, dass wir Gott nicht sehen werden, höchstens Gott als Vater! Man wird die Erfahrung machen, dass diesem Dogma auch andere Schriftstellen entgegengehalten werden können, und zwar, wie oben bewiesen, mit einem gewissen Recht. - Die Stelle gibt unseres Erachtens keine Veranlassung, eine solche Lehre aufzustellen. Wer diese Lehre auf sie stützen zu können meint, der könnte auch versuchen, aus ihr zu beweisen, dass wir nicht unsterblich würden! lasst uns stets so vorsichtig wie möglich umgehen mit dem Wortlaut von Schriftstellen!