Aus Johannes 5,24 geht hervor, dass der Gläubige nicht ins Gericht kommen wird. „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer mein Wort hört und dem glaubt, der mich gesandt hat, hat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht [es heißt nicht: Verdammnis], sondern ist aus dem Tod in das Leben übergegangen.“ Anstatt gerichtet zu werden, sollen die Heiligen die Welt und die Engel richten (1. Kor 6,2.3). Wie er ist, so sind wir. Wir sind dem Richter völlig gleich. Das Gericht über Könige, Fürsten, Völker und Nationen wird „allen seinen Frommen“ als eine Ehre übergeben (Ps 149,9). Für den Gläubigen ist daher das Gericht vorüber; Christus hat es an seiner Stelle auf dem Kreuz vollkommen ertragen, und der Wert Seines fleckenlosen Opfers ist so groß und unendlich, dass wir mit Ihm jetzt und für alle Ewigkeit in die innigste Verbindung gebracht sind.
Aber steht denn nicht geschrieben: „Wir müssen alle vor dem Richterstuhl des Christus offenbar werden“ (2. Kor 5,10)? Allerdings; alle, welche irgend eine Rolle in dem großen Drama des Lebens gespielt haben, werden vor dem Richterstuhl des Christus erscheinen müssen, aber sicherlich nicht alle zum Gericht. Viele werden, wie wir gesehen haben, dort sein, um zu richten. Was die Stelle sagen will, ist, dass alle – Heilige und Sünder – erscheinen oder offenbar werden (es ist dasselbe Wort wie in Vers 11) werden müssen vor dem Richterstuhl des Christus. Es ist ein sehr ernster Gedanke, dass wir völlig und rückhaltslos vor Christus offenbar werden müssen, und er ist wohl geeignet, auf unser Gewissen und auf unsere Wege einen mächtigen Einfluss auszuüben. Aber kein Gläubiger, der stärkste genau so wenig wie der schwächste, braucht dadurch beunruhigt zu werden. Unsere Personen, unsere Handlungen, unsere Wege, unsere verborgenen Gedanken werden alle offenbar werden an jenem Tag, aber es wird dies in Gegenwart einer unendlichen Gnade und einer wunderbaren Herrlichkeit geschehen. Diese persönliche Offenbarwerdung umfasst natürlich alle Menschen, wenn sie auch nicht zu ein und demselben Zeitpunkt stattfindet. Für den Gläubigen gibt es jedoch kein Gericht. Seine Person kann nicht in Frage gezogen werden, wohl seine Werke (1. Kor 3). Die Wirkung unserer Offenbarwerdung wird sein, dass wir unsere Kronen vor den Füßen unseres anbetungswürdigen Herrn niederwerfen und sagen werden: „Du bist würdig, Herr Jesus; ja du allein bist würdig.“
Quelle: Botschafter des Heils in Christo, Jahrgang 1878, Seite 229