Antwort A
Zweifellos handelt es sich hier zunächst nicht um großen oder kleinen Glauben, sondern um die rechte Art des Glaubens. Ausschlaggebend ist die Qualität desselben.
Das Senfkorn ist klein, aber trotzdem kommt es zu einer Entwicklung, die ins Auge fällt; das kleine Senfkorn hat eben in sich Leben. So auch der Glaube rechter Art; er hat in sich Leben, er rechnet mit Gott, er findet deshalb Antwort und Erhörung; die Entwicklung bleibt nicht aus, sie fällt als solche ins Auge.
Martha wird in Joh. 11,26 nach ihrem Glauben gefragt; sie hat Glauben, aber keinen Senfkornglauben, keinen Glauben, mit dem sie jetzt für den Augenblick mit dem HERRN rechnet. Ihr Glaube war so groß - dass sie mit demselben hinausschweift auf den letzten Tag (V. 24), und wiederum war ihr Glaube so klein, dass sie, das Unangenehme ihrer Situation erkennend, dem HERRN ausweichend zu der Maria läuft, von der sie weiß, dass sie befähigt ist, auf des HERRN Frage Antwort zu geben.
Der Senfkornglaube, der Glaube rechter Art, hätte jetzt im kritischen Augenblicke mit dem HERRN gerechnet, Antwort erwartet und erhalten.
Wie ganz anders sah es bei dem Hauptmann von Kapernaum aus in Lk. 7. In V. 7 finden wir seinerseits ein demütiges, aber bestimmtes, unbedingtes Rechnen mit dem HERRN, und zwar im gegenwärtigen Augenblick. Sein Glaube war rechter Art, Senfkornglaube. Er wurde darum auch nicht zuschanden.
W. W.
Antwort B
Die Jünger baten um die Vermehrung des Glaubens. In der Antwort zeigt ihnen der HERR, dass es sich nicht um ein Maß des Glaubens, sondern um die praktische Ausübung des Glaubens handle, und die Erfüllung ihrer Bitte damit zusammenhänge. Der Glaube, lebendig und wachsend wie ein Senfkorn, kann große Taten tun. Der Glaube verbindet alles mit Gott, und da sind alle Dinge möglich dem, der da glaubt. Der HERR zeigt ihnen das Bild des Knechtes (V. 7-10). Die praktische Ausübung des Glaubens muss in der Knechtes-Abhängigkeit sein. Ihre Arbeit richtet sich nach dem Auftrage des HERRN - und ihr Dienst erstreckt sich so lange, bis alle Aufträge ausgeführt sind, und zwar in dem Geiste der Selbstverleugnung: „Wir sind unnütze Knechte.”
Wie gesagt, sie baten um Vermehrung des Glaubens. Der HERR zeigt ihnen, auf diesem Wege der Treue würde es geschehen, d. h. wenn sie als Knechte, unter Aufgabe der eigenen Bequemlichkeit, im Glaubens-Gehorsam wandelten. Sind wir nicht bereit, Glaubens- und Gehorsamswege zu gehen, so lasst uns nicht denken, dass uns die Vermehrung des Glaubens einfach auf unser Gebet hin zufällt. So wie das Senfkorn sich nur unter gegebenen Wachstumsbedingungen (in der Erde unter Regen und Sonnenschein) entfaltet, so wächst auch der Glaube nur unter den Wachstumsbedingungen (2. Thess. 1,3.4). Solche Bitte muss mit dem Knechteswandel im Glauben verbunden sein.
v. d. K.
Anmerkung des Herausgebers
Jesus weist hin auf die Kraft auch des kleinsten Glaubens, wenn er nur wirklich da ist („wenn ihr habt”). Zum Verständnis ist Mt. 13,32 heranzuziehen. Dies Wort sagt uns, dass der Same des Senfes kleiner ist als der aller Gartengewächse, dass aber die Senfstaude größer ist als alle Gartenpflanzen. (Die im Orient gebaute Senfstaude erreicht eine Höhe von 3-4 Metern und gleicht einem Baum.) Jesus sagt uns hiermit nicht, dass der Senfsame das kleinste von allen Samenkörnern sei, sondern dass er im Verhältnis zur Größe des daraus Hervorwachsenden kleiner ist als alle Samen. Solch einen Glauben sollten Seine Jünger haben. Ein solcher Glaube ist ja nur aus Gott, und darum eine Gotteskraft, die im entscheidenden Augenblick unverhältnismäßig Großes vollbringt (weil eben Gott auf den Glauben, auch den geringsten, wenn er nur wahr ist, also wenn er nur wirkliches Vertrauen zu Gott enthält, antwortet). Der Nachsatz: „so würdet ...” enthält etwas für die rein natürlich-menschliche Erfahrung ganz Unmögliches: der Feigenbaum soll in einen für sein Wachstum ungeeigneten Boden augenblicklich verpflanzt werden. Dies ist ein Bild für den wahren, gottgewirkten Glauben: nichts ist ihm unmöglich! „Habt Glauben an Gott”! (Mk. 11,22).