Was muss in den Himmeln versöhnt werden?

Was sind die Dinge in den Himmeln nach Kolosser 1,20 und Hebräer 9,23, die versöhnt bzw. gereinigt werden mussten?

Antwort A

Der deutsche Leser oder Hörer wird durch den Begriff „Dinge” verführt, nur an materielle Sachen zu denken, die im Himmel wären. Er fällt dabei einem Irrtum anheim. Es gibt auch geistige Dinge und Gedanken-Dinge. Das werden wir besonders nachher bei Hebr. 9 sehen. Zudem steht „Dinge” im griechischen Text nicht. Es ist im Deutschen nur die notwendige Ergänzung zu dem sächlichen Mehr-Zahlwort „alle”. Alles Geschaffene in Bausch und Bogen, ob auf der Erde, ob in den Himmeln, ob Unpersönliches, ob Persönlichkeiten, legt der Apostel im Kolosserbrief und anderswo mit dem im Deutschen in diesem Falle ungebräuchlichen Mehrzahlartitel „die” fest: „die alle (Dinge)”: eine sächliche Mehrheit einheitlich zusammengefaßt. Das Sichtbare sind die materiellen Dinge auf der Erde, das Unsichtbare ist das, was in den Himmeln ist. In bezug auf letzteres sagt er in V. 16 deutlich, was er meint: Die Gesamtheit der Engelwesen, die hauptsächlichsten nach Rangordnungen aufgezählt. Seine weiteren Ausführungen im zweiten Kapitel zeigen, warum er sie aufzählt: nämlich, weil es ihm darum zu tun ist, die Kolosser vor Spekulationen über die Engelwelt zu warnen; denn diese führen zu fleischlichen Religionsübungen und verdrängen Christum. Der Gegenstand, den Paulus vor den Augen der Kolosser groß machen will, ist „der Sohn der Liebe des Vaters”. Er hebt dessen Vorrangstellung als Schöpfer allem Geschöpflichen gegenüber hervor. Gegen Ihn verschwindet alle Größe der höchsten Würdenträger der Engelwelt, mögen sie eine noch so erhabene Stellung in den himmlischen Regionen bekleiden oder eine noch so große Rolle in den Beziehungen Gottes zu Israel gespielt haben. Er rückt ins Licht, daß, „die alle (Dinge)” aus ihrem richtigen Verhältnis zu Gott gerissen worden sind, die im Himmel, wie wir wissen, zu allererst. Denn es war eine Persönlichkeit aus der Mitte dieser Lichtfürsten, die durch Auflehnung gegen den Schöpfer die Harmonie störte, Feindschaft hervorrief. Er ist wohl aus seiner überragenden Stellung gestürzt worden, doch ist er noch nicht aus den Himmeln geworfen. „Auserwählte”, d. i. nicht in Abfall geratene, Engel (1. Tim. 5,21) und in Empörung stehende sind beide in den Himmeln. So ist es einfach zu begreifen, dass der Apostel kurzerhand sagt: „Die alle (Dinge)” müssen zurecht gebracht werden; und der Grund dazu ist dadurch gelegt, dass der Mensch gewordene Sohn, der Schöpfer selbst, Sein Blut und Leben gab, um zur gegebenen Zeit die Disharmonie, die Feindschaft zum Verschwinden zu bringen. Dass Er es, Mensch geworden, für Menschen tat, ist nicht schwer zu begreifen. Dass es aber auch sein mußte, um die ganze Schöpfung, auch die Himmel samt der dort beheimateten Engelwelt, auf gerechter Grundlage, durch eine vollgültige Sühnung, aus dem Banne der Disharmonie und Feindschaft zu befreien, das ist dem Menschen nicht selbstverständlich; darum betont es der Apostel so sehr. Und doch ist es einleuchtend, wenn gekannt ist, dass (Vers 16) „Die alle (Dinge)” nicht nur in Ihm, d. h. in der Seiner Person innewohnenden Kraft, nicht nur durch Ihn, d. i. als Werkzeug, erschaffen wurden, sondern auch „im Hinblick auf Ihn”, d. i. „für Ihn”; Er soll darüber verfügen können. Siehe darüber Eph. 1,9.10.
Darum (Vers 17.18), und weil „die alle (Dinge)” auch nur in der Seiner Person innewohnenden Kraft bestehen (s. auch Hebr. 1,3a), war es das Wohlgefallen der ganzen Fülle der Gottheit, im Sohne zu wohnen und durch Ihn als Werkzeug „die alle (Dinge)” im Hinblick auf sich selbst zu versöhnen. Siehe für dies wieder Hebr. 1,3b, wo außer dem „durch sich selbst” die Form des Zeitworts „machen” rückbezügliche Kraft hat. Er machte die Reinigung der Sünden uns zu gut, freilich; aber in erster Linie ohne sich auf uns zu beziehen: um der Reinigung überhaupt willen zu Seinen eigenen Gunsten. Im Deutschen geht dieser Gedanke leider verloren. Es sei darauf hingewiesen, dass es dem Apostel nicht einfällt, von Versöhntwerden der abgefallenen Engel zu reden, heißt es doch ausdrücklich Hebr. 2,16: „Er nimmt fürwahr sich nicht der Engel an.

Die Dinge in den Himmeln nach Kol. 1,20 sind also die Engelwelt und deren Verhältnis zu ihrem Schöpfer.
In Hebr. 9 denkt der Verfasser, wie seine Abhandlung von 8,1 an zeigt, an Urbilder, an etwas Ur-Bestehendes im Himmel, von dem das in der Wüste anfertigte Zelt mit seinem In und Drum und Dran eine Nachahmung war; 8,1.2: „... In den Himmeln ... das Heiligtum und die wahrhaftige Hütte, welche der HERR errichtet hat, nicht der Mensch”. In Kap. 9 die Gegensätze: Verse 1-5: „...

Das Heiligtum, ein weltliches. Eine Hütte ... die vordere ..., hinter dem zweiten Vorhang eine Hütte, welche das Allerheiligste genannt wird ...” Verse 11.12: „... die größere und vollkommenere Hütte, die nicht mit Händen gemacht, d. h. nicht von dieser Schöpfung ist ... Das Heiligtum ...” Verse 23.24: „... Die Abbilder der Dinge in den Himmeln ... die himmlischen Dinge selbst aber ..., nicht in das mit Händen gemachte Heiligtum, ein Gegenbild des Wahrhaftigen, sondern in den Himmeln selbst ... jetzt vor dem Angesicht Gottes ...” Aus der Zusammenstellung geht hervor, dass die Antwort lauten muß: Die Dinge in den Himmeln sind die Originale von dem, was die Stiftshütte und ihre Einrichtung darstellen sollen.

Der Fragesteller wird sich das aber selber schon gesagt haben und wird weiter wissen wollen: Sind die Originaldinge in den Himmeln eine materielle Hütte mit desgleichen dazugehörigen Gerätschaften? Die Schrift sagt m. W. nicht Ja und nicht Nein. Wir sind auf entsprechende Vergleiche angewiesen. Der Antwortgeber achtet es als ein kühnes Unterfangen, seine Gedanken darüber bloßzulegen. Irrt er sich, so ist er für Berichtigung dankbar. Jedenfalls aber faßt er Mut, nach dem Worte in 1. Kor. 2,10: „Der Geist erforscht alles, auch die Tiefen Gottes.

Er meint nun, dass von Materiellem in irdischem Sinne nicht die Rede sein kann. Die Beschreibung der Stiftshütte im 2. Buch Mose in Verbindung mit verschiedenen Belehrungen des Neuen Testamentes setzen uns in den Stand zu verstehen, dass in der Hütte die Person und die Fülle Christi selber ihre Darstellung findet. Sie zeigt uns in ihrem Aufbau auch die Himmel. Die Schrift, Gott in der Schrift, nennt die Ausdehnung „Himmel”; nennt das All der Gestirne „Himmel”; wir lesen vom „dritten Himmel”, der gleich gesetzt wird dem Paradies, also der unmittelbaren Gegenwart Gottes: 2. Kor. 12. Der altbekannte Vergleich der drei Himmel mit dem Vorhof, dem Heiligen und dem Allerheiligsten ist wohl nicht abzuweisen. Denn Christus ist vom Kreuz und Grab aus durch die drei Himmel gegangen, wie der Hohepriester am großen Versöhnungstag von außen her bis ins Allerheiligste ging: Hebr. 4,14. Er ist „höher als die Himmel geworden”, 7,26; „hat sich gesetzt zur Rechten des Thrones der Majestät in den Himmeln”: 8,1; wie auch Eph. 4,10 sagt: „der niedergestiegen ist, ist derselbe, der auch aufgestiegen ist über alle Himmel, auf dass Er alles erfüllte”. Die Stiftshütte deutet daher auch den ganzen Schauplatz an, wo sich die Herrlichkeit Gottes entfalten wird: Die Herrlichkeit Jehovas erfüllte sie, nachdem sie vollendet war. So wird die Herrlichkeit im kommenden Zeitalter durch Christum und die Versammlung, die Seine Fülle ist, Himmel und Erde, das ganze All erfüllen. Denn auch das All ist in der Stiftshütte angedeutet: Hebr. 3,1-5. Die Hütte war das Haus Gottes, dieses ist aber nur ein Teil des Alls, das Gott bereitet hat. „Christus ist Sohn über das Haus Gottes, dessen Haus wir sind”. Die Gegenstücke sind: Das eine: Im Allerheiligsten wohnte und thronte Gott über den Cherubim auf dem Gnadenstuhl, welcher Christum versinnbildlicht; die ganze Stiftshütte war der erweiterte Bereich der Wohnung mit ihren Geräten, in denen allen Christus sinnbildlich geschaut wird. Das andere: Die Gläubigen der Jetztzeit, wir, in Christo, dem Sohne, das Haus Gottes inmitten des Weltalls, des weiten Bereiches der Gegenwart Gottes. Denn wo wäre Gott nicht? siehe Psalm 139,7ff. Das steht in Verbindung mit der schon genannten Stelle im Epheserbrief (1,23) „auf das Er alles erfüllte”, und mit der in Kap. 3,18: „Auf dass ihr völlig zu erfassen vermöget mit allen Heiligen, welches die Breite und Länge und Tiefe und Höhe sei”, nämlich des unabsehbaren Bereiches des Ratschlusses Gottes und der mit diesem verbundenen Herrlichkeit, deren Mittelpunkt Christus ist; und dieweil wir in Ihm sind und Er in uns ist, stehen auch wir im Mittelpunkt und fangen jetzt schon an, bei der Betrachtung der Vorbilder uns um- und auszuschauen nach deren Tragweite, hingenommen von anbetender Bewunderung.
Der Leser überlege und sage nun selber, ob das alles, das in der Stiftshütte vorbildlich zur Darstellung kam, materielle Dinge in den Himmeln sein können.
In den Gedanken Gottes war das alles schon so, ehe die Verwirklichung da war. Die geistige Substanz (Wesenheit, Wesenhaftigkeit) der werdenden Tatsachen war stets vor Gott. Als Er dem Mose diese geistige Substanz menschenverständlich zur Kenntnis geben wollte, ließ er sie wie materialisiert (gegenständlich) vor den Augen Moses erscheinen, und zwar auf dem Berge, nicht im Himmel: Hebr. 8,5; 2. Mo. 25,40. Das materialisiert (gegenständlich)-erscheinen-Lassen ist nichts Verwunderliches. Denn was ist das ganze Weltall anderes als materialisierte Gedanken Gottes? „So Er spricht, so geschieht's; so Er gebeut, so stehet's da.” Er könnte es ebensogut durch ein Wort wieder verschwinden lassen, wenn es Ihm gefiele. Er drückt Seine Gedanken durch das Wort aus, und die Gebilde stehen da. Daher heißt der Sohn, in welchem vermöge der Seiner Person innewohnenden Kraft „die alle (Dinge)” geschaffen wurden und zusammen bestehen (Kol. 1,16.17; Hebr. 1,3), „Das Wort”, „Der Logos”. Logos = Gedanken und deren Ausdruck durch Wort. Was in der Stiftshütte und in dem dazugehörigen, in den Opfern und in den amtierenden Priestern, als Gedanken Gottes zur Darstellung kam, war „Der Logos (das Wort) vom Anfang des Christus”. Hebr. 6,1. Das meint: Da begann die Gott im Himmel stets gegenwärtige geistige Substanz dessen, was Christus vor Ihm war und sein würde, auf dieser Erde in Vorbildern materielle Gestalt anzunehmen. Die Vollendung war, dass Er in Person auf der Erde erschien, Sein Werk vollbrachte und vor dem Angesicht Gottes wieder erschien als ein für den Hohepriesterdienst „Vollendeter”, d. i. passend, fähig Gemachter und Geweihter. Hebr. 5,7-9; 9,24. Der Ausdruck „vollendet worden” ist hergenommen aus der griechischen Übersetzung des Alten Testamentes. Dort steht 2. Mose Kap. 29 für das „weihen”, die „Einweihung” der Priester, immer „vollenden” und „Vollendung”: Verse 9.22.26.27.29ff. Der Verfasser des Hebräerbriefes gebraucht das Wort auch Kap. 2,10 und 7,11.19.28.

Es erhebt sich nun die Frage: Wieso kann von Reinigung nicht materieller Dinge in den Himmeln die Rede sein? Antwort: Zum ersten, insofern die Himmel, welche das wahrhaftige Heiligtum sind (Hebr. 9,24), durch die Gegenwart Satans und seiner Engel sittlich verunreinigt sind. Zum andern, weil die geistige Substanz (Wesenheit) der irdischen Stiftshütte die in Christo Seienden einschließt, die Sünder sind, solange sie als auf Erden Lebende nicht als Gläubige geoffenbart sind. Wozu kommt, dass in der Stiftshütte, also auch im Urbilde, dies und jenes andere ist, das in Beziehung zu Christo steht, ohne Seine „Fülle, das ist die Gemeinde”, zu sein. Die Schaubrote z. B. stellen im Grunde die Verbindung Gottes in Christo mit der Menschheit dar, zu Speise (Brot), und in Macht zu Verwaltung (Zahl 12). Zunächst entsprachen aber die zwölf Stämme diesen Gedanken, also haben wir auch Israel vor uns. Oder: Der Altar im Vorhof und die die Opfer Herzubringenden spricht vom Herzunahen des sündigen Menschen im Werte des Opfers. Da konnte den Erfordernissen der Heiligkeit Gottes nur das Opfer des Sohnes Gottes entsprechen. Er hat es getan. Er ist dort in der Kraft Seines eigenen vergossenen Blutes, welches reinigt, was durch die Sünde verunreinigt ist; in vorliegender Frage also die Gott gegenwärtige geistige Substanz alles Kreatürlichen in der Stiftshütte. Satan ist übrigens auch in der Luft und auf der Erde und versucht die zum Sündigen zu bringen, die einen Teil dieser geistigen Substanz (Wesenheit) darstellen. Um so mehr ist es eine Notwendigkeit, dass bessere Opfer vorhanden seien dort, wo die auf Erden Weilenden in geistiger Substanz (Wesenheit) vor Gott sind.

Nach Hebr. 8,2 wird gesagt werden können, dass die dort vor Gott stets gegenwärtige geistige Substanz (Wesenheit) zu ihrer vollen Gewichtigkeit gelangt ist, seit der HERR im Himmel ist. Denn was sollte der Verfasser des Briefes sonst meinen, wenn er von der wahrhaftigen Hütte spricht als „vom Herrn errichtete, nicht vom Menschen”? „Der Herr”, das ist Jesus, zum „Herrn” gemacht bei Seiner Erhöhung, Apg. 2,36. Er hat einerseits sozusagen alles in geistiger Substanz (wie es schon stets vor Gott war) mit hinaufgenommen, was einst in der irdischen Hütte beschlossen lag, und hat es dort, wo Er weilt, vor sich aufgebaut, um es zu betreuen. D.h., einfach ausgedrückt: Er tut, was noch dem Werke auf Erden am Kreuze, nach dem Vergießen Seines Blutes, noch zu tun ist: sich um die an Ihn Glaubenden und noch zum Glauben Kommensollenden zu mühen, solange sie auf dem Wege sind; sich zur gegebenen Zeit mit Israel zu beschäftigen, dass der neue Bund in Kraft treten könne; denn „Er hat außerhalb des Tores gelitten, um die Sünden des Volkes (Israel) zu sühnenHebr. 8,6 ff; 13,12.

So wäre die auf zwei verschiedene Stellen sich beziehende Frage beantwortet, ob zur Zufriedenheit des Fragers, steht bei ihm zu beurteilen. Die Abhandlung mag vielen im philosophischen Denken ungeschulten Lesern un- oder schwer genießbar sein. Der Antwortgeber bedauert das. Aber im griechischen Altertum war das philosophische Denken Trumpf. Der Feind benutzte das, wie die Briefe der Apostel zeigen, um den Christen zu schaden, indem er gewissen Menschen unter Gläubigen und Scheingläubigen eingab, die Person und die Gottheit Christi zum Gegenstand philosophier Spekulation zu machen. Die Briefe des Apostels Paulus selber tragen bei Behandlung tiefer göttlicher Wahrheiten den Stempel philosophischer Schulung im guten (geistlichen) Sinne an der Stirn. So lässt sich eben auch die hier vorgelegte Frage ihrem Gegenstand nach nicht anders als auf die gleiche Weise beantworten.
F. Kpp.

Anmerkungen des Schriftleiters

Ich glaube keine Veranlassung nehmen zu sollen, diese Antwort unseres altbewährten Mitarbeiters zu erweitern (wozu ich viel Raum haben müßte, wollte ich gründlich sein, noch auch nur zur Erklärung einiger Partien etwas hinzuzufügen! Vielmehr möchte ich sagen: Die Antwort ist, gerade wie sie gegeben, gut und in sich abgeschlossen, wenn es vielleicht auch praktisch gewesen wäre, einige Abschnitte ein klein wenig ausführlicher zu geben; die Wahrheit hätte darunter nicht gerade gelitten!

Aber ich fühle die Verantwortung, zum letzten Absatz noch einiges sagen zu sollen. Ich hätte ihn - als „Schriftleiter”! - streichen können, hab's auch erwogen, aber ich denke, es ist besser, wenn auch „im philosophischen Denken Ungeschulte” (wie oben gesagt) diesen Schluß mitlesen, damit sie wenigstens versuchen, sich in jene ihnen z. T. fremden Gedankengänge hineinzuarbeiten, und zwar ohne Furcht vor der„Philosophie”, vor der Paulus gerade in Kol. 2 (vgl. auch 1. Kor. 1 und 2. Kor. 10,4.5!) so ernstlich warnt. Es könnte sonst sein, dass (mit Recht in diesem Sinne) ängstliche Leser sagen: „- aber das ist doch Philosophie, was die Antwort da bringt, und wie konnte das aufgenommen werden in die Handreichungen aus dem Worte Gottes”, die so oft schon vor der Philosophie (z. B. bekannter Irrlehren!) warnten?! Darum: Nein, geliebte Geschwister, diese Art Betrachtung, wie sie oben gegeben, ist wirklich „Philosophie im guten Sinne” (wie Verf. sagt), wie sie auch dem Paulus und dem Johannes durchaus nicht fremd war und wie sie einem in derartigem Denken ein wenig „Geschulten” gar nicht schwer verständlich ist. Ich habe mir nur erlaubt, die Worte „Substanz” und „Materielles” durch eine Verdeutschung zu erklären. Die Worte dafür: „Wesenheit” oder „Wesenhaftigkeit” und „gegenständlich” (für „materialisiert”) sind nicht schön (und für „Geschulte” sogar unangenehm - überflüssig), aber sie halfen m. E. manchem doch über die Schwierigkeit der Vorstellungen ein wenig hinweg.

Gewiß, wer sich auf philosophisches Denken nie einläßt, entgeht vielen Gefahren, aber - diese und jene Herrlichkeit der Schrift geht ihm auch für jetzt verloren, und ein Buch wie das unten empfohlene bleibt ihm dann auch großenteils verschlossen, sind doch in demselben manche ähnliche (u. a.) Gedanken, wie in obiger Antwort, nur noch viel weiter entwickelt, enthalten. - Kol. 2,8 (vgl. vorige Fußnote!) warnt freilich sehr eindringlich vor der „Philosophie”, aber doch auch wieder nicht in der Weise, dass diese an sich bekämpft würde (Paulus hat Besseres zu tun!), sondern vielmehr insofern, als und wenn sie „eitlen Betrug” „nach den Überlieferungen der Menschen”, „nach den Elementen der Welt” begünstigt und verbreitet, indem sie nicht Christo gemäß die Leute, die Gläubigen führt, sondern sie „wegführt”, nämlich von der Wahrheit weg und weg von dem Glauben an den, „in dem die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig wohnt” (V. 9). Tut sie das, so ist sie unbedingt und unter allen Umständen abzulehnen und für uns Gläubige durchaus verwerflich! Wie aber, wenn sie das Gegenteil tut, wenn sie versucht - sie, deren griechische Bezeichnung zu deutsch „Weisheitsliebe” (allerdings mit dem Hintergrund der Weltweisheit!) bedeutet! -, uns vielmehr in die Tiefe der in der Schrift geoffenbarten göttlichen Gedanken und in ein wenn auch immer noch nur unsagbar schwaches Schauen Seiner Herrlichkeit hineinzuführen?! Und eben das versucht doch obige Antwort (nicht wahr?) - drum sei diese zu eingehendem Studium, zur Hilfe für das Verständnis der erfragten Dinge herzlichst empfohlen! Man muss sie freilich öfter lesen und auch unter Gebet (was stets geschehen sollte beim Forschen in der Schrift und beim Lesen über die Schrift und über Schriftstellen usw.!). Jedenfalls hatte ich (als vor dem HERRN!) keine innere Erlaubnis, sie wegen ihrer z. T. „philosophisch” erscheinenden Ausführungen zurückzuweisen.
Geliebte Geschwister, wenn Hebr. 11,1 (wörtlich!) beginnt: „Der Glaube ist eine Verwirklichung” - d. h. noch wörtlicher: „eine Wesenhaftmachung” - „dessen, was man hofft usw.”, so ist das für philosophisch Geschulte, die aber vorgeben, nicht glauben zu können, auch Philosophie (in ihrem Sinne!), und wenn wir ihnen erzählen von Dingen, „die kein Auge gesehen, kein Ohr gehört usw., die uns kundgemacht” seien (1. Kor. 2,9), so sieht ein Weltweiser, ein weltlicher, ungläubiger (es gibt auch gläubige!!) Philosoph darin ganz gewiß eine „Metaphysik” (Übersinnlichkeit und die Lehre davon), die ihm entweder lächerlich ist oder die ihn „philosophisch anmuten” muß, - und doch sind diese Dinge, z. B. auch jenes Wort über den Glauben von Hebr. 11 (ja, das ganze Kapitel!) usw., für uns, die Glaubenden, geistige und geistliche Tatsächlichkeiten ohnegleichen! Wir, die gläubigen Schriftforscher, sind somit gewissermaßen „Philosophen im höchsten, göttlichen Sinne”, wir suchen tastend, ahnend hinter den Vorhang der ewigen Weisheit zu schauen, und zwar nur auf Grund des Wortes Gottes und in ungeteilter Gemeinschaft mit Ihm. Und wir, denen „Christus gemacht ist von Gott zur Weisheit” (1. Kor. 1,30)! -, wir, ja wir werden einmal „erkennen, wie wir erkannt sind” (1. Kor. 13,12). Welche Kostbarkeiten liegen vor uns! Aus was für einem Strom der Weisheit werden wir trinken! Und tun's schon jetzt!

Darum, wie die Angst vor weltlicher Philosophie, hinter der der Feind, „der Lügner von Anfang” (Joh. 8,44), steht, für uns Gläubige (und zwar für alle!) voll berechtigt ist und bleibt, so ist kein Grund vorhanden, uns zu fürchten vor dem, was der Verf. obiger Antwort „Philosophie im guten Sinne” nennt und was er deckt mit dem Worte 1. Kor. 2,10.

Dazu lasst uns glücklichen Herzens lesen 1. Kön. 10,8 und 1. Kor. 2,12.13! - Und „alles ist euer!” (1. Kor. 3,21), alles muss und kann uns dienen!
Die Dinge in den Himmeln” (Kol. 1,20 und Hebr. 9,23) - bald werden wir sie, wie sie sind - versöhnt und gereinigt - schauen in Herrlichkeit! Preis sei Ihm, „dass Er es getan hat”! (Ps. 22,31) Anbetung sei unserem Gott und Vater, der uns würdigt, in solche Dinge jetzt schon ein wenig hineinblicken zu dürfen!
F. K.


Beantwortet von: Team Handreichungen
Quelle: Handreichungen - Band 17 (1932)