Ihre Vermutungen sind ganz richtig. Luther übersetzte Römer 2,22 mit "Du raubst Gott, was sein ist". Darauf antwortet Maleachi 3,8 ja genau. Man kann auch Maleachi 1 anführen, wo Gott sich beklagt, dass Israel Ihm statt das Beste, das Mindeste opfere, ferner Jesaja 1, wo der ganze heuchlerische und unwahre Dienst gegeißelt wird, Matthäus 15, wo der Herr nachweist, wie die Juden das, was sie ihren Eltern schuldig seien dem Tempel geben, also sozusagen Gestohlenes, Johannes 2 usw., wo der Herr den ganzen betrügerischen Handel und Geldwechsel im Tempel hinausschafft mit den Worten: "Ihr habt mein Haus zu einer Räuberhöhle gemacht". Alles dies bedeutete doch Entweihung des Tempels Gottes und widerrechtlichen Entzug der Ehre und dessen, was Gott für sich beanspruchte, Gott selbst gegenüber.
Die erwähnte Übersetzung von Römer 2, 22 ist also unrichtig. Im griechischen Urtext gibt es zwei Ausdrücke für Tempel. Der eine ist "naos", der z.B. in Apostelgeschichte 19,24 vorkommt, wo es sich deutlich um heidnische Tempel handelt. In Römer 2,22 wird der andere gebraucht: "hieron" (genau: "Heiligtum"), welcher überall da gebraucht wird, wo es sich um Gottes Haus, um den Tempel in Jerusalem, handelt, auch im Wort Jerusalem selbst (heiliges Haus des Friedens) und in allen Ableitungen und Zusammensetzungen des Wortes "heilig". Auch in Römer 2,22 handelt es sich nur um den Tempel in Jerusalem, da wird ja auch nur zu den Juden geredet.