Antwort des Schriftleiters
Der Apostel gibt den gläubigen Römern noch ganz gegen Ende seines kostbaren Briefes (16.17ff.) eine sehr ernste Ermahnung im BIick auf Irrlehren, die innerhalb der Gemeinde Zwiespalt anrichten und zum Abfall verführen könnten. (Dies der Sinn der Stelle!) Mit solchen sollen sie durchaus nichts zu tun haben, sondern sich ernstlich von ihnen wegwenden. Die Kennzeichnung dieser Leute nach Vers 18 ist durchschlagend deutlich. Gibt's nicht heute solcher Geister genug, die durch „süße Worte” (Miniatur: „Schönrednerei”) und dergl. die Herzen der Arglosen verführen?! Aber „sie dienen nicht unserem Herrn Christus” (nur hier und in Kol. 3,24 steht meines Wissens diese Verbindung: „der Herr Christus”!), „sondern ihrem eigenen Bauche” (vgl. Phil. 3,19: „deren Gott der Bauch ist”). Demgegenüber kann Paulus sich der Römer halben freuen, dass die Kunde von ihrem Glaubensgehorsam überall hingelangt sei (V. 19; vgl. 1,8). Sie waren also bis jetzt noch nicht solchen Verführern erlegen, doch tat die Warnung not. Der Apostel wußte - z. B. von den Galatern her! -, wie leicht und schnell Irrlehrer Eingang finden können, wenn man nicht auf der Hut ist, und darum warnt er so eindringlich und fügt dann im zweiten Teil des V. 19 die Bekundung seines Willens hinzu mit „aber”: „Ich will aber, dass ihr weise seid zum Guten, jedoch einfältig zum Bösen.” Und wenn sie so sind, dann würden sie die Macht des „Gottes des Friedens” bald erfahren, der den Satan, d. h. hier die vom Satan gebrauchten Friedensstörer, in kurzem überwältigen werde. - Dies in kurzen Zügen der kleine Absatz!
Nun zurück zu der erfragten Stelle! Sie ist nicht zu besprechen ohne die erste Hälfte: „Ich will aber, dass ihr weise seid zum Guten.” Paulus hatte Grund zur Freude ihretwegen, aber das genügte nicht für die Zukunft! Es ist oft so, wie oben schon angedeutet, dass der Feind Eingang findet, wenn man nicht eine gewisse Weisheit oder geistliche Reife hat und bezeigt, um das, was gut ist in den Augen Gottes, zu sehen oder zu unterscheiden vom Gegenteil, das aber ja leicht ein schillerndes, betrügliches Gewand trägt. Die geistliche Weisheit ist ein höchst notwendiges Stück auch in heutiger Zeit, wo die religiösen Verführer in solcher Schlauheit vorgehen, dass manches einfältige Gotteskind schon dadurch schweren Schaden an der Seele genommen hat, dass es vielleicht an der Haustür Schriften anbietende Irrlehrer (wie die der Adventisten [Sabbatharier] oder Apostolischen oder gar der fälschlich sogenannten „Ernsten Bibelforscher”) ruhig angehört und ihnen ihr Gift abgekauft und genossen hat. Und dann kam man, vergiftet mit diesem Gift, in die Gemeinde und verkündete dort die neue „Wahrheit” - andere wurden angesteckt und ein nicht wieder gut zu machender Schade entstand! - Der Apostel lobt den Glaubensgehorsam der Römer, aber ohne geistliches Unterscheidungsvermögen sind sie in vielleicht ihnen noch unbekannten, darum aber um so größeren Gefahren: also „weise zum Guten” sollen sie sein! Wie kann man's? Indem man das Gute kennt! Das Gute ist uns gegeben in Christo, im Wort der Wahrheit! „Wer weitergeht” (2. Joh. 9), d. h. wer mit der erkannten Wahrheit nicht zufrieden ist und sich ausstreckt nach „tieferen Wahrheiten” (den „Tiefen Satans” gar? Off. 2,24!!), die ihm von solchen Irrgeistern angepriesen werden, wer Blendwerk der Hölle, „Lehren der Dämonen” (1. Tim. 4,1ff.) mehr schätzt als die nicht verführerischen, schmucklosen Lehren des göttlichen Wortes, - der wird gar bald verführt und zum Abfall geneigt sein, wenn Gott in Seiner Gnade ihn nicht bewahrt und zurückreißt. Aber dazu bedarf es eben der geistlichen Weisheit, um das Gute zu kennen und sich daran genügen zu lassen. Denn wer das Gute kennt und hat - kann man dem mit „Besserem”, „Tieferem” die Augen verblenden?
Und zu dieser geistlichen Weisheit, dieser Reife des Urteils und diesem Unterscheidungsvermögen, das Paulus bei ihnen zu sehen wünscht, kommt als zweites das „Einfältigsein zum Bösen”. Ja, was heißt das? Das Wort, das da für „einfältig” im Grundtext steht, ist das gleiche wie in Mt.10,16: „einfältig wie die Tauben” oder wie Phil. 2,15 „tadellos und lauter (einfältig)”, und in allen drei Stellen ist die Grundbedeutung die, welche die „Miniaturbibelübersetzung” von den vielen Übersetzungen, die ich nachgesehen habe, allein hat: „unvermischt”, also etwa „lauter”, „echt”! Und wir könnten unsere Stelle so wiedergeben: „... dass ihr unvermischt bliebet mit dem Bösen” (Min.). Der Sinn ist dann leicht zu sehen. Der Apostel will, dass sie nicht nur (durch das Wort) geistlich-weise sehen möchten, was gut ist in Gottes Augen (vgl. übrigens dazu Kap. 12,2 und siehe dazu auch 1. Kor. 14,20!), sondern sie sollen auch (vielleicht geistlicherweise ängstlich nach Phil. 2,12: „mit Furcht und Zittern”) bemüht sein, sich allem Bösen gegenüber rein zu erhalten, sich gar nicht damit einzulassen, von vornherein sich nicht damit zu vermischen, so dass sie unzugänglich für dasselbe bleiben und darum gesichert gegen dasselbe; denn in nichts auf Böses eingehen macht unsere Stellung am sichersten! Die Verführer auf allen Gebieten sagen zwar: „Man muss alles mal kennen lernen, sonst kann man ja nicht mitreden; man ist ja gar kein rechter Mann, wenn man feige die Augen verschließt vor diesem und jenem” usw.!! (Wie so viele junge Leute - Gott sei's geklagt! - sind in das Netz der Unsittlichkeit geraten durch solche Worte!) Aber der geistlich unvermischte, lautere, reine, einfältige Charakter sagt: „Ich kenne das Gute, Gottwohlgefällige, darum weiß ich auch, was böse ist, auch wenn ich es nicht kennen lerne, davon koste und es genieße - und ich will nichts davon! Ich will einfältig bezüglich des Bösen bleiben, dann habe ich Gottes Wohlgefallen auf meiner Seite - und was brauche ich das Wohlgefallen der Verführer, wenn mir Gottes Angesicht leuchtet?! Fort mit dem, was Ihm nicht lieb ist!” - Das sind die Einfältigen, in der Welt oft Verspotteten, aber die in Gott Reichen (Lk. 12,21) und Glücklichen. Gehören wir, lieber Leser, dazu? Dann werden wir die friedevolle Gegenwart des „Gottes des Frieden” kennen und genießen. (Röm. 16,20.)
Paulus sagt: „Ich will aber ...” Dies inspirierte (gotteingehauchte) Wort ist lebendig! Darum: Willst du auch, wollen wir auch, dass wir „weise zum Guten und einfältig bezüglich des Bösen” seien, so können wir es auch! Die Kraft, die Gnade ist da für alle, die ihrer benötigen! (Phil. 4,13; Joh. 1,16 u. a.) Wie wichtig ist diese Stelle schon fürs tägliche Leben des einzelnen, wie wichtig aber auch für das Leben innerhalb der Gemeinde Gottes (der örtlichen wie der gesamten!), in welcher nur deshalb heute so manche Irrlehrer ihr verderbliches Wesen treiben können, weil viele Gläubige spielen mit der Wahrheit, nicht gehorsam sind und diese zweite Hälfte von Röm. 16,19 nicht ernstlich zu verwirklichen trachten (wie traurig ist das!): „Ich will aber, dass ihr weise seid, wenn es sich um das Gute, einfältig aber, wenn es sich um das Böse handelt” (nach Wiese). - Der HERR gebe uns Gnade dazu, nach dieser Stelle zu leben zu Seines Namens Preis!
F. K.