Antwort
Das Problem des Händeauflegens hat stets viele Christen beschäftigt, und auch heute in dieser geistig und geistlich bewegten Zeit hat man diesen Gegenstand häufig erörtert. Leider sind bei diesen Abhandlungen die Grenzen und der Geist des Wortes Gottes oft wenig berücksichtigt worden. Möge der HERR uns vor dem leisesten Abweichen vom Worte bewahren, damit wir auf keine falsche Bahn gelangen!
Natürlich sind mit dem Händeauflegen verschiedene Gedanken Gottes verbunden. Obwohl sie miteinander geistlich verwandt sind, werden wir auch große Verschiedenheit wahrnehmen. Auch können wir uns in unserer Beantwortung nicht auf Apg. 6,6 beschränken, sondern wir möchten vielmehr versuchen, einen kleinen Überblick über die Art und das Wesen des Händeauflegens zu geben.
Hebr. 6,2 steht von der Lehre des Händeauflegens geschrieben. Aus dieser Stelle erkennen wir, dass es eine israelitische, biblische, göttliche Einrichtung war, die bei dem Volke Gottes im Alten Testament gehandhabt wurde.
So lesen wir 1. Mose 48,14-20 von dem Händeauflegen Israels (Jakobs) auf seine Enkelsöhne, um sie zu segnen. Also eine Mitteilung des Segens wird uns in dieser Stelle, wo wir wohl das Händeauflegen zum ersten Male in der Bibel finden, wenn wir keine Stelle übersehen haben, vorgestellt. Der erste Gedanke wäre der des Segens, den die Schrift uns vorstellt. Wie lieblich ist dies, wenn man noch andere Stellen heranzieht, die uns ähnliche Handlungen vorstellen (vgl. Lk. 24,50!). Dies scheint der Hauptgedanke beim Händeauflegen zu sein. Nur dass der Segen sich verschiedentlich offenbarte, wie wir dies besonders im Neuen Testament sehen.
Weiter finden wir in 2. Mose 29,10-16 und 3. Mose 1,4; 3,2.8.13; 16,21 mehr den Gedanken des Sicheinsmachens mit dem Opfertier, welches an ihrer Statt starb. Hier haben wir den Gedanken der Stellvertretung. 4. Mose 27,18-23 (vgl. 5. Mose 34,9!) dürfte eine Parallelstelle von 2. Tim. 1,6 sein. - Im Neuen Testament wird das Händeauflegen und das Berühren von Personen mit Händen zuerst vom Herrn Jesus berichtet. Als ob die Schrift uns dadurch die Dringlichkeit, ja die unbedingte Notwendigkeit wirklicher Geistesverbindung mit dem HERRN als Voraussetzung des Segensempfangens ans Herz legen wollte. Andererseits finden wir durchweg, dass dem Händeaufgelegten die Abhängigkeit von und die Gemeinschaft mit dem Händeaufleger ebenfalls eine naturgemäße und geistliche Notwendigkeit ist. Wie wenig verspüren wir von diesem Geist heutzutage!
Wir finden mit dem Händeauflegen im Neuen Testament sieben Dinge verbunden:
1. Reinigung von Aussatz. Mt. 8,3; Mk. 1,41. Die erste Segenswirkung der Berührung mit dem HERRN ist wohl, daß
die Sünde beseitigt und die Macht der Sünde gebrochen wird. Dies ist wohl die erste Erfahrung des Sünders mit dem Heiland.
2. Heilung. Vgl. Mk. 6,5; 7,32; 8,23; Lk. 4,40; 13,13. Von den Aposteln finden wir nur einzelne Fälle berichtet, wo Gebet, d. h. Einverständnis Gottes, die Voraussetzung war. Apg. 9,17; 28,8 (14,3; 19,11); vgl. dazu Mk. 16,18! Heilung ist der zweite Segensgedanke.
3. Auferstehungsleben. Mt. 9,18(.25). Leben ist der dritte (die Zahl 3 ist die Auferstehungszahl) Segensgedanke.
4. Segensspendung. Mt. 19,15. Wenn wir wie die Kinder sind, wird sich der Segen dementsprechend vermehren. Der Segensstrom wird dem ständig fließen, der sich ein kindliches Gemüt und kindliches Vertrauen in dieser hochmütigen Zeit bewahrt. -
5. Apostolische Vermittlung des Heiligen Geistes. Apg. 8,17; 19,6. Die Samariter mußten lernen, dass der Heilige Geist kein Unabhangigkeitsgeist ist, sondern der alle Gläubigen, auch die Samariter, mit den Juden, die von Natur feindlich gesinnt waren, für ewig verband. Welch eine Lehre für die Samariter, dass sie erst nach dem Auflegen der Hände der Apostel, welche Juden waren, den Heiligen Geist empfingen! Jene Jünger in Ephesus mußten lernen, dass nur ein gestorbener, auferweckter und verherrlichter Christus uns die Fülle des Geistes erschließt. Welch ein Segen ist in der Gabe des Heiligen Geistes uns gegeben - wer kann ihn ermessen? Obwohl niemand mehr den Heiligen Geist durch Händeauflegen bekommen kann, sind doch die Belehrungen dieser beiden Begebenheiten ebenso wahr wie damals, dass der Heilige Geist die natürliche Feindschaft beseitigt, weil Christus, der verherrlichte Mensch, uns die Fülle des Geistes, die Fülle göttlicher Freude in Ihm und an Ihm schenkt.
6. Apostolische Mitteilung einer besonderen Gabe. 2. Tim. 1,6 und 1. Tim. 4,14. Beide Stellen beziehen sich auf dieselbe Sache. Nur mit dem Unterschiede, dass in 1. Tim. die Ältestenschaft die besondere Gabe des Timotheus anerkennt und Gemeinschaft in dem Händeauflegen ausdrückt (s. u.!), während 2. Tim. uns zeigt, dass der Apostel Paulus und nicht die Ältestenschaft die Gabe dem Timotheus verlieh durch vorhergegangene Weissagung, d. h. göttliche Anordnung. Wenn wir im Geiste wandeln, werden wir auch - ein jeder von uns - unsere Aufgabe - Gabe -, unseren besonderen Dienst kennen und ihn auch in der Furcht des HERRN ausüben. Wie würden die Gemeinden blühen, wenn dies der Fall wäre! Welcher Schaden ist angerichtet worden dadurch, dass man Dienste an sich riß, die einem nicht zukamen! Obwohl es keine solche Sonderstellungen eines Timotheus mehr gibt, weil keine Vertreter der Apostel von Gott durch Weissagung mehr verordnet sind, können wir doch ungemein vieles lernen, wenn wir im Geiste der Demut suchen, dem HERRN zu dienen mit der uns von Ihm zugeteilten Gabe.
7. Gemeinschaft und der Gnade Gottes Befehlen. Das ist wohl bei weitem das am meisten Geübte. Es ist der Segen des Sichfreuens über den geistlichen Erfolg anderer. - Hier kommen wir auf ein sehr heikles Gebiet. Vgl. Apg. 6,6; 13,3; 1. Tim. 4,14; 5,22.
Wir haben es zuletzt genannt, nicht nur darum, weil es - geistlich genommen - wohl das einzige ist, was heute besondere gehandhabt wird - ach, möchte es mehr geistlich geübt werden! -, sondern weil zur Ausübung dieser besonderen Gemeinschaft die größte Forderung an den geistlichen Zustand des Kindes Gottes gestellt und die größte Selstverleugnung erheischt wird. Es sei kurz gesagt: Nur geistliche Männer, die die Herrlichkeit Christi, das Wohl der Gemeinde und das Wachstum der Kinder Gottes im Auge haben und es zur Aufgabe ihres Lebens gemacht haben, sind fähig, diese Gemeinschaft von Herzen zu betätigen. -
Wir sind nicht imstande, dies in einer würdigen und dem Ernst des Gegenstandes entsprechenden Weise zu behandeln, doch flehen wir zum HERRN, dass Er Sein Wort an unser aller Herzen lebendig und machtvoll machen möge, dass wir mehr fähig werden, diese spezielle und zeitgemäße Gemeinschaft ausgiebig zu üben.
1. Tim. 5,22 hat nichts mit Heilung zu tun, sondern mit Einsmachung. Der Zusammenhang müßte jedem dies zeigen.
Apg. 6,6 (wonach gefragt wurde) zeigt, dass die Apostel mit der Wahl der Brüder einverstanden waren. Es waren Männer, die ein gutes Zeugnis hatten, voll Glaubens und Heiligen Geistes. Doch erst nachdem die Apostel gebetet hatten, d. h. Gott darum angefleht, um Gewißheit zu erlangen, legten sie ihre Hände auf sie. Dass es von Gott war, zeigt uns Stephanus. Obwohl auch dies nicht mehr in der Gemeinde geübt werden kann, weil wir eben keine Apostel mehr haben, sind doch die Belehrungen außergewöhnlich tief und ernst. Das Murren der Hellenisten gegen die Hebräer brachte einen neuen Schatten (nach dem von Apg. 5) in die Gemeinde. Doch wurden gerade diese sieben Männer von der Schar, die gegen die Hebräer murrte, gewählt - obwohl sie sich nicht des Murrens mit schuldig gemacht hatten. Sie waren zumeist Hellenisten. Die anderen hatten ein solches Vertrauen zu ihnen, dass sie in der Versorgung auch der hebräischen Witwen durch sie keinen Nachteil für sie erblickten. Können wir hier die Weisheit und Gnade Gottes nicht erkennen? O, dass wir immer so weise wären! Und die Apostel, die alle Hebräer waren, erkannten sie an. Der Sieg war errungen durch die Macht des Geistes, der Feind geschlagen, und die Frucht der Liebe reifte, wie uns V. 7 zeigt. lasst uns also handeln, und Gott wird mit uns sein!
K. O. St.
Anmerkung des Schriftleiters
Ohne diese reichhaltige Antwort erweitern zu wollen, möchte ich doch um derer willen, die die Handauflegung zum Zwecke der Heilung (verg. Punkt 2 der obigen Antw.!) sehr betonen und in der heutigen Zeit mehr betont wissen wollen, einiges hinzufügen.
Obige Antwort zeigt, dass in der Schrift solche Heilungen einen ganz besonderen Charakter tragen. Darf man das übersehen? Ich meine nicht. „Aber Mk. 16,16-18?” wird sofort eingewendet, „diese Stelle trägt doch einen ganz allgemeinen Charakter und ist anwendbar auf uns alle?!” - Es ist selbstverständlich, daß, wenn wir mit Recht auf Vers 16 Gewicht legen, mit dem gleichen Recht Vers 17.18 beachtet und angewendet werden müssen. Gewiß, aber nur gemach, ihr lieben Brüder, die ihr glaubt, nach dieser Stelle handeln zu sollen und zu dürfen! In dem kürzlich in den „Handr.” gedruckten, demnächst in Sonderdruck erscheinenden Aufsatz von Dr. G. H. „Krankheit und Heilung” wird darauf hingewiesen, dass „die Bibel sehr sparsam ist mit Äußerungen auf diesem Gebiet”, wie es denn auch sehr bemerkenswert ist, dass Paulus z. B. den Trophimus 2. Tim. 4,20 nicht durch Handauflegung heilt, gleichfalls nicht den Timotheus (1. Tim. 5,23), und ganz offenbar auch nicht den Epaphroditus (Phil. 2,26ff.) - und zwar, obwohl Paulus als Apostel sehr wohl bei anderer Gelegenheit die Hände auflegte (vgl. obige Antw.!).
Also hier sehen wir sehr deutlich eine weise Zurückhaltung, eine Beschränkung, die jene Brüder, die dem „Handauflegen zum Zwecke der Heilung” breiteren Boden einräumen zu sollen glauben, ernstlich zu denken geben sollte!
Aber haben die Apostel jenes Wort des HERRN aus Mk. 16 denn nicht verstanden? O wohl, besser - das glauben wir hoffentlich! - als wir es heute, wo die Gemeinde auf Erden so zerrissen ist, verstehen können! Und sie haben diese Stelle darum auch in dem Charakter, den sie trägt, anwenden können, dürfen und müssen, wo der HERR es wollte, wie z. B. Apg. 9,17! Und in welchem? In dem einzigen, den sie offenbart: in dem des Zeichens! „Diese Zeichen werden folgen denen, die da glauben!” Und sie folgten, wie V. 20 noch mitteilt!
Die Handauflegung zum Zwecke der Heilung gehört zu den Zeichen! Nicht zu den Wundern, obwohl sie in Wundern bestehen, wie es z. B. Apg. 14,3 und 19,11 auch zeigen. Zeichen sind Wunder, aber Wunder nicht immer Zeichen! Durch die Zeichen wurde einer ungläubigen Welt, zunächst dem zu überführenden Volke Israel angekündigt, dass eine neue Zeit angebrochen war, dass der Messias, der Christus Gottes, lebte und dass Er durch Seinen Geist Macht hatte, mehr noch als ehedem bei Seinem leiblichen Weilen auf Erden, alle Mächte der Finsternis zu durchbrechen. Das Christentum ward eingeleitet und beglaubigt durch Zeichen! Das möge man doch bitte beachten bei dem skrupellosen Anwendenwollen dieser Markusstelle! Denn heute bedürfen wir der Zeichen ebensowenig mehr, wie sie damals unbedingt nötig waren! Vielleicht wird man dann ein wenig zurückhaltender und vorsichtiger, indem man dann auch noch besser die Warnung jenes Aufsatzes „Krankheit und Heilung” versteht, dass „der Fürst der Finsternis (leicht) das Ansehen und die Sprache eines Kindes des Lichts annimmt”. Und der Verfasser warnt noch, und wie sehr mit Recht: „Erfolge beweisen da gar nichts.”
Gewiß: wir können auch heute noch kostbare, wahrhaft göttliche Wunder erleben, auch in Krankheitsfällen - aber in Mk. 16,16-18 ist nicht von Wundern die Rede.
Doch dann wird gern noch hingewiesen auf die „Gabe der Heilungen”. Nun, ich will, da dies nicht mehr zur vorliegenden Frage gehört, darauf nicht mit mehr eingehen als mit dem einen kurzen, aber nicht minder ernsten Hinweis, dass die Schrift nirgends die Meinung zulässt oder stützt, dass die „Gnadengaben der Heilungen” (1. Kor. 12,9.29.30) mittels „Handauflegung” wirkten. Es wird zwar im allgemeinen behauptet, aber der Beweis fehlt, die Schrift sagt es nicht. (Auch sind die Gnadengaben nicht abhängig vom „Gebet des Glaubens”!)
Auch in Jak. 5,14ff. (vgl. Handr. Jahrb. 3, Frg. 31), einer Stelle, die außerdem noch sonst recht beachtliche Punkte enthält (z. B. wo sind die „Ältesten der Gemeinde” heute in den Tagen der Zerrissenheit der Gemeinde?!) - auch hier ist, streng genommen, nicht von Handauflegung - dem Sicheinsmachen - die Rede! O, dass wir keuscher und treuer umgingen mit dem Worte Gottes! Dass wir doch nicht in das Wort hineinlegen, was nicht darin steht, und Stellen und Dinge miteinander verwechseln oder vertauschen möchten, die jede und jedes für sich beachtet und betrachtet sein wollen! „Gnadengaben des Geistes” sind nicht dasselbe wie „Handauflegung” - und umgekehrt! Der HERR gebe uns Licht, „Sein Wort recht zu teilen”! (2. Tim. 2,15.)
Noch eins! Wieviel Schaden entsteht fortgesetzt im Werke des HERRN dadurch, dass man im Gegensatz zu 1. Tim. 5,22 sich zu eilig mit Brüdern eins erklärt (also gleichsam ihnen „die Hände auflegt”), die noch nicht erprobt und - wenn sie anderswoher kamen - nicht von dorther oder sonst empfohlen sind! Dann gibt es nachher schmerzliche Erfahrungen und Schädigungen, die leicht hätten vermieden werden können, wenn man - nicht lieblos, aber um der Ehre des HERRN willen ernst-zurückhaltend gewesen wäre, ehe man die Betreffenden leichthin etwa öffentlich reden oder sonstwie hätte dienen lassen. Wie mancher „fremde Bruder” tritt höchst gewandt auf und - lässt man sich täuschen durch sein Auftreten, so wird man nachträglich dessen inne, dass man sich durch das eilige Sich-mit-ihm-Einserklären „teilhaftig gemacht hat fremder Sünden”!
Zum Schluß unterstreiche ich das in obiger Antwort über Apg. 6,6 Gesagte noch einmal mit der Mahnung, auch stets so, wie dort die Apostel taten, ehe sie die Hände auflegten, zu handeln, ehe wir ernste, wichtige Dinge in der Gemeinde tun - nämlich: zu beten! Kein wirklich gottgesegnetes Handeln persönlich und in der Gemeinde ohne Gebet und Flehen, d. i. Sicheinsmachen mit Gottes Gedanken und Willen, um danach zu tun!
lasst uns Gnade haben, Sein kostbares Wort immer besser zu verstehen!
F. K.