Warum redete der Herr Jesus in Gleichnissen?

Warum redete der Herr Jesus in Gleichnissen? In Markus 4,10-12 steht dazu: «Als er aber allein war, fragten ihn die, welche um ihn waren, samt den Zwölfen über das Gleichnis. Und er sprach zu ihnen: Euch ist es gegeben, das Geheimnis des Reiches Gottes zu erkennen, denen aber, die draussen sind, wird alles in Gleichnissen zuteil, ‹damit sie mit sehenden Augen sehen und doch nicht erkennen, und mit hörenden Ohren hören und doch nicht verstehen, damit sie nicht etwa umkehren und ihnen die Sünden vergeben werden.›» Weshalb?

Bei der Auslegung des Wortes Gottes ist es grundsätzlich wichtig, die Zusammenhänge des Textes zu beachten. Um Ihrer Frage gerecht zu werden, müssen wir darum in Markus 1,1 beginnen, wo wir lesen: «Anfang des Evangeliums von Jesus Christus, dem Sohn Gottes.» Mit dieser Aussage will uns der Evangelist Markus sagen, dass sich nun die Prophezeiungen des Alten Testaments erfüllt haben. Der lang ersehnte Messias war da! Entsprechend berichtet Markus dann weiter und zeigt uns den Messias selbst.

«Er (Johannes der Täufer) verkündigte und sprach: Es kommt einer nach mir, der stärker ist als ich, und ich bin nicht würdig, ihm gebückt seinen Schuhriemen zu lösen. Ich habe euch mit Wasser getauft; er aber wird euch mit Heiligem Geist taufen. Und es geschah in jenen Tagen, dass Jesus von Nazareth in Galiläa kam und sich von Johannes im Jordan taufen liess. Und sogleich, als er aus dem Wasser stieg, sah er den Himmel zerrissen und den Geist wie eine Taube auf ihn herabsteigen. Und eine Stimme ertönte aus dem Himmel: Du bist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe!» (Mk 1,7-11).

Die Stimme vom Himmel war die öffentliche Bestätigung Gottes, dass Jesus Sein Sohn war, und gleichzeitig auch der Auftrag an alle, Ihn zu hören! Damit begann Jesus, der Messias, Seinen Dienst. Dieser wurde durch Zeichen und Wunder öffentlich bestätigt. Selbst die Dämonen mussten Ihm gehorchen. Jeder, der wollte, konnte nun sehen, hören und erleben, dass der verheissene Messias gekommen war. Dabei sprach Jesus klar und deutlich, für jeden verständlich. Er verwendete anfänglich weder Gleichnisse noch Bilder. Er sprach auf öffentlichen Plätzen, in den Synagogen oder auch auf einem Weg, der durch die Felder führte. Seine Botschaft war klar, Gottes Reich war nun in Seiner Person da. Doch was geschah? Jesus wurde abgelehnt (vgl. Joh 1,11)! Dies, obwohl offenkundig war, dass Er die Erfüllung der alttestamentlichen Verheissung war. Er war der Messias! Doch je mehr sich Jesus ihnen als Messias zu erkennen gab, desto ablehnender wurden die Pharisäer und Schriftgelehrten (vgl. Mk 2,6-7). Und deshalb fing Jesus an, in Gleichnissen zu reden. Je deutlicher die Beweise Seiner Messianität wurden, desto deutlicher wurde die Ablehnung seitens der Pharisäer und Schriftgelehrten. Schliesslich erreichte diese Ablehnung ihren Höhepunkt: «Als die, welche um ihn waren, es hörten, gingen sie aus, um ihn zu ergreifen; denn sie sagten: Er ist von Sinnen! Und die Schriftgelehrten, die von Jerusalem herabgekommen waren, sprachen: Er hat den Beelzebul! und: Durch den Obersten der Dämonen treibt er die Dämonen aus!» (Mk 3,21-22).

Jesu Messianität war erwiesen. Er lehrte vollmächtig (Mk 1,21-22), hatte Macht über die Dämonen (Mk 1,23-26), heilte eine fiebrige Erkrankung (Mk 1,30), heilte Aussatz (Mk 1,42), heilte einen Lahmen (Mk 2,11-12), vergab Sünden (Mk 2,5), offenbarte sich als Herr über die Gebote Gottes (Mk 2,28) usw. Doch tragischerweise wollten die meisten Menschen – allen voran die Pharisäer und Schriftgelehrten – Seine Messianität nicht anerkennen und schrieben Seine Wunder dem Teufel zu! Sie leugneten bewusst und wider jegliches bessere Wissen die Person und das Werk Jesu! Darum sprach Jesus dann zu ihnen: «Wahrlich, ich sage euch: Alle Sünden sollen den Menschenkindern vergeben werden, auch die Lästerungen, womit sie lästern; wer aber gegen den Heiligen Geist lästert, der hat in Ewigkeit keine Vergebung, sondern er ist einem ewigen Gericht verfallen. Denn sie sagten: Er hat einen unreinen Geist» (Mk 3,28-30).

Weil sie Jesus bewusst ablehnten und Nein zu Ihm sagten, kam es so weit, dass auch Jesus sich ihnen gegenüber verschloss. Er fing an, in Gleichnissen zu den Juden zu reden mit der Begründung: «Damit sie mit sehenden Augen sehen und doch nicht erkennen, und mit hörenden Ohren hören und doch nicht verstehen, damit sie nicht etwa umkehren und ihnen die Sünden vergeben werden» (Mk 4,12).

So sehen wir, dass das Nein des Menschen zwangsläufig auch das Nein Gottes zur Folge hat. Israel hatte sich entschieden, seinen Messias abzuweisen. Die letztendliche Folge war, dass Israel zur Seite gestellt und von der Gemeinde abgelöst wurde. Das wird so bleiben, bis die Vollzahl der Heiden eingegangen sein wird. Danach wird Gott sich wieder Israel zuwenden (was sich in unseren Tagen vor unseren Augen zu erfüllen begonnen hat!). Dann wird sich der Überrest Israels bekehren und wieder das Heilsorgan Gottes auf Erden sein, zum Segen für die ganze Welt.


Beantwortet von: Samuel Rindlisbacher
Quelle: Zeitschrift Mitternachtsruf, Mai 2009, Seite 29