Antwort A
Bei der Beantwortung dieser Frage dürfen wir nicht die zweite Hälfte des Verses vergessen, sondern müssen sie vielmehr voranstellen. Sie lautet: „Denn Gott ist es, der in euch wirket beides, das Wollen und Vollbringen nach Seinem Wohlgefallen.”
Weil denn Gott solches in uns wirket, so sollen wir Ihm einerseits stillehalten, dass Er durch uns wirken kann als durch gefügige Instrumente, andererseits sollen wir die Kraft, die Er uns darreicht, nämlich den Heiligen Geist mitsamt Seinem teuren Wort, annehmen und in und mit derselben unter Furcht und Zittern unsere Seligkeit schaffen. Gott macht uns gerecht ohne unsere Werke, Er macht uns gewissermaßen heilig durch unsere Werke, d. h. unser ganzes Leben soll ein fortgesetztes gutes Werk, ein angenehmes Opfer sein, indem wir uns Ihm Selbst auf Seinem Altar darbringen, wie Er Sich für uns dargebracht hat und unsere Seligkeit geschafft.
Dies ist nicht anders geschehen, als dass Er mit großer Angst und Zittern in Gethsemane Sich unter Gottes Willen beugte und dann als das Lamm Gottes unter Höllenqualen am Kreuze für uns starb; aber - Gott sei gelobt - so erniedrigend dieser Tod war, um so herrlicher war Seine glorreiche Auferstehung, Himmelfahrt und Sitzen zur Rechten Gottes samt der Ausbreitung Seines Reiches als der Frucht Seines Todes. Auf diese selbstverleugnende Weise hat Er unsere Seligkeit erworben, auf diese selbstverleugnende Weise sollen wir Seine Nachfolger sein, indem wir unser eigenes Leben mit Ihm am Kreuze in den Tod geben, damit wir mit Ihm auferstehen, um gute Früchte zu bringen. Diese völlige Selbstvernichtung, die durch Gott in uns gewirkt wird, ist und bleibt eine Tat der Selbstverleugnung, die wir immer mehr lernen sollten, damit Gott uns mehr mit Seiner Kraft erfüllen kann, die wir in Seinem Dienste zu Seiner Verherrlichung verwenden und so unsere Seligkeit mit Furcht und Zittern schaffen.
Die Kehrseite ist folgende: Widersteht der Mensch dieser Kraft, so bleibt er in der Knechtschaft des Teufels und wirkt seine Verdammnis. Es ist dann seine eigene Schuld, wenn er verloren geht, wie es nur Gottes Gnade und Huld ist, wenn der Mensch errettet wird.
L. Th.
Antwort B
Mir scheint, wenn wir kindlich sind, die Sache sehr einfach zu sein.
1. Gott hat alles für alle getan, Wir haben zu der Seligkeit nichts mehr, rein nichts mehr zuzufügen. „Es ist vollbracht”. Gott ist es auch, der nach V. 13 alles wirket, wirklich alles. Aber Gottes Wille kommt in mir soweit zur Ausführung, als
2. mein Wille will. Mein Wille in Seinen Willen gelegt, mein Wille von Seinem Willen umfangen, und alles ist gut. „Jawohl, Er blickt hernieder auf mich, Sein schwaches Kind, zu Ihm schau ich auch wieder und Kraft und Frieden find'. Ich lege meine Hände (Willen und Leben) in Seine starke Hand und weiß, Er führt am Ende mich heim ins Vaterland.” Mit Furcht tue ich das, nicht als Knecht, sondern als Kind; mit Zittern, nicht als in sklavischer Pein, sondern in heiligem Michausstrecken und großem Ernst.
K. E.
Antwort C
Phil. 2,12.13 mahnt die Gläubigen, dass sie auf ihrer Errettung nicht ausruhen sollen, als wenn ein treuer und lebenskräftiger Wandel nicht nötig sei, weil wir ja in Christus alles haben. Ja, wir haben alles in Christus, aber nicht, damit es unbeachtet liegen bleibt, sondern damit wir es in einem Leben der Tat auswirken. Die Errettung, das Heil wird in diesem Wort deutlich als vorhanden bezeugt. Und den angeredeten Gläubigen wird ihr treuer Gehorsam ausdrücklich anerkannt. Und doch werden sie aufgefordert: „Wirket eure Errettung aus in einem tadellosen Leben unbescholtener Gotteskinder, als Lichter in der Welt, die das Wort Gottes durch ihr tatsächliches Verhalten darstellen!” (14-16.) Die Errettung ist kein totes Gut, sondern sie ist Leben! Der HERR als das Leben ist unser Heil. Die Eigenart des Lebens ist die Betätigung, und zwar im besonderen die Lebenswirkung. Wo wahre Errettung ist, da betätigt sie sich in einem gereinigten, geheiligten Leben, das den Todeshauch und das Todesgift der Sünde überwindet. Ja, sie beweist ihre Lebenswirkung, indem sie das Leben, wie ein Licht die Helligkeit und Wärme, um sich her verbreitet. Und es gibt kein anderes Licht in dieser Welt als das Wort, so dass alles wahre Leben sich mehr und mehr dem Worte entsprechend gestaltet und so zu einem lebendigen Brief Christi wird.
Das alles ist nur möglich in heiligem Ernst, mit Ehrfurcht und Zittern. Je tiefer wir die Nähe Gottes und die Innewohnung des HERRN erfahren, um so ehrerbietiger und ernster wird unser Leben - Sein Wirken - alles Eigne zurücktreten lassen. Denn wie die Tatsache der Errettung selbst, wie jeder ernste, gute Wille (der von uns gefordert wird), so ist auch jede Tat des Lebens, jedes Wirken im Geiste Christi nie und nimmer aus uns, sondern einzig und allein aus Gott, der allein die Kraft ist.
E. A.
Antwort D
Das Wörtchen „eigene” sagt uns, dass es sich um eine Seligkeit handelt, welche wir schon in dieser Welt besitzen und genießen können. Was für eine Seligkeit oder Glückseligkeit das ist, sagt uns Joh. 14,23. Es ist die Gemeinschaft mit dem Vater und mit Seinem Sohne Jesu Christo. Das ist es, was Satan uns so gerne raubt, und ich fürchte, dass viele Gläubige diese Seligkeit nicht genießen. Wer sein eigenes, schwaches, menschliches Herz und auch die Welt mit ihren Eitelkeiten und die List Satans, ihres Fürsten, kennt, der wird mit Furcht und Zittern danach trachten, in dieser persönlichen Gemeinschaft mit seinem HERRN im Himmel zu bleiben. Drei Dinge sind wichtig zu beachten: 1. Habe acht auf dich selbst und auf die Lehre (1. Tim. 4,16). 2. Halte fest das Bild gesunder Worte (2. Tim. 1,13). 3. Halte im Gedächtnis Jesum Christum, auferweckt aus den Toten (2. Tim. 2,8).
A. F. S.
Anmerkung des Herausgebers
Wir haben mehrere Antworten verschiedener Auslegung aufgenommen, die, wie wir glauben, einander ergänzen. Doch in keiner scheint uns das berücksichtigt zu sein, wodurch Paulus zu diesen Ausdrücken, die vielen Gläubigen ganz ohne Grund Schwierigkeiten machen, Veranlassung hat. Er schreibt ihnen diese Worte, soweit wir sehen, keineswegs nur als ernste Ermahnung, deren Nichtbeachtung böse Folgen nach sich ziehen würde - obwohl das wahr sein mag -, sondern als lebendigen Trost. Sie bedurften dessen sehr, nachdem Paulus, der bisher in ihrer Mitte gewirkt und zu ihrem Heil gearbeitet hatte, sie hatte verlassen müssen, wodurch sie sich gewissermaßen „auf eigene Füße gestellt” sahen. Sie mußten jetzt ihr Heil selbst „auswirken”. Aber wenn Paulus auch nicht da ist - Gott ist da; Gott wirkt alles in ihnen, während Paulus nur für sie wirken konnte. Welch ein Vorrecht für uns, Ihn wirken lassen zu dürfen! Doch schließt dieses Vorrecht die Verantwortung für uns in sich, unsern Wandel in solcher Weise zu führen, dass das Wirten Gottes nicht verhindert werde. Nur durch diese beständige Wechselbeziehung zwischen Gottes Wirken in uns und unserem dementsprechenden gebührenden Gehorsam, der verbunden ist mit heiliger Ehrfurcht gegen Gott, werden wir befähigt, „Darsteller des Wortes des Lebens” - d. i. des Christus! - zu werden (V. 16). Wie die Schauspieler Darsteller der Gedanken des Dichters sind, so sind wir berufen, die Darsteller des Wesens Dessen zu sein, welcher der geliebte Gegenstand unserer Herzen ist. Welch erhabene Verantwortung und welch ein Trost, dass Er Selbst in uns wirkt nach Seinem Wohlgefallen!