Antwort A
Von dem hier vom HERRN genannten Abraham und vielen anderen Männern und Frauen heißt es in Hebr. 11,13: „Diese alle sind im Glauben gestorben und haben die Verheißungen nicht empfangen, sondern sahen sie von ferne und bekannten, dass sie Fremdlinge und ohne Bürgerrecht auf der Erde seien.” So sah m. E. auch Abraham Seinen Tag von ferne, als von ihm, dem Gestorbenen (Hebr. 11,12), Isaak, der verheißene Same, aus dem Christus dem Fleische nach hervorgehen sollte, geboren wurde, und er denselben, nachdem er ihn Gott geopfert hatte, im Gleichnis aus den Toten zurückerhielt (Hebr. 11,17-19).
Durch diese wunderbaren Wege Gottes mit ihm wurde Abraham befähigt, mit erleuchteten Augen des Glaubens Christi Tag und Sein herrliches Erlösungswerk greifbar vor sich gerückt zu sehen und mit Frohlocken zu begrüßen, während jene Juden in Joh. 8, die sich damit brüsteten, Abrahams Söhne zu sein, in ihrer geistlichen Blindheit sich an Ihm stießen (Mt. 21,42-45), obwohl sie Ihn und Seine herrlichen Werke mit leiblichen Augen sahen und Seine geistgewaltigen Reden hörten.
K. Hch.
Antwort B
Eine Erklärung dieser Stelle gibt uns meines Erachtens Hebr. 11. „Der Glaube ist eine Verwirklichung dessen, was man hofft, eine Überzeugung von Dingen, die man nicht sieht. Denn in diesem haben die Alten Zeugnis erlangt” (V. 1 und 2), nämlich in der Kraft des Glaubens.
Abraham war ein Mann des Glaubens. Gott gab ihm zu wiederholten Malen die größten Verheißungen für sich und seine Nachkommenschaft (vergl. 1. Mose Kap. 12, 13 und 17!). Als Fremdling im Lande der Verheißung genoß Abraham die Erfüllung der Verhei ßung nicht, er wartete auf etwas Besseres, auf das, was Gott droben für ihn bereitet hatte, „er erwartete eine Stadt, die Grundlagen hat” (Hebr. 11,10; vergl. Off. 21,10!), aber er sah die Erfüllung der Verheißung von ferne, „begrüßte sie” und freute sich. In den dem Abraham gegebenen Verheißungen lag die ganze Zukunft Israels verborgen, aber eingeschlossen bis zum Anbruch des Morgens ohne Wolken: des Tausendjährigen Reiches und seiner Herrschaft unter dem von Gott auf Zion, Seinem heiligen Berge, eingesetzten Konig Israels (Ps. 2,6). Er sah in dieser Verheißung den Tag Christi, Sein Kommen in diese Welt als Retter und König Israels, er sah den herrlichen Tag, wo viele kommen werden von Osten und Westen, um mit Abraham, Isaak und Jakob zu Tische zu sitzen im Reiche Gottes (Lk. 13,29).
Ich möchte noch hinweisen auf die vielen Glaubenszeugen in Hebr. 11! Von Henoch schreibt Judas V. 14: „Siehe, der HERR ist gekommen” usw.; er schreibt nicht: „Er wird kommen.” Henoch war so mit Gott vertraut im Glauben, dass er dieses Gericht tausende von Jahren voraussah! Diese Glaubensmänner hatten alle Zeugnis erlangt von Gott durch Glauben, dass diese Dinge, die sie leiblich nicht sahen, doch für sie Wirklichkeit seien. Alle diese Zeugnisse sind aber zu unserem Nutzen und Segen geschrieben. Haben wir, die Glaubenden, nicht auch solche kostbaren Verheißungen zum Beispiel in Eph. 1,3; 2,6: „Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesu Christi, der uns gesegnet hat mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern in Christo. ... und hat uns mitauferweckt und mitsitzen lassen in den himmlischen Örtern in Christo Jesu.” Alle geistlichen Segnungen stehen uns zur Verfügung, unser Platz ist jetzt schon droben. Wie verwirklichen wir in unserem Glauben diese Dinge? Verweilen wir jetzt schon droben? Dies Verweilen droben hat gesegnete Folgen für unseren Wandel hienieden. Der Glaube Abrahams befähigte ihn, als Fremdling, getrennt von der Welt, hienieden zu gehen, und da unser Bürgertum in den Himmeln ist (Phil. 3,17-21), so werden wir in der Welt durch den Glauben als Fremdlinge wandeln und Gott mit uns haben.
F. B.
Antwort C
Nehmen wir 1. Petr. 1,3-9 als Schlüssel für diese Stelle: Die „volle Gewißheit”, dass Gott das zu tun vermag, was Er verheißen hat, und Tote lebendig macht (Röm. 4,17.21; Hebr. 11,19; in 1. Petr. 1,3 die lebendige Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi), die Erwartung einer Stadt, die Grundlagen hat, deren Baumeister und Schöpfer Gott ist, das Suchen eines Vaterlandes (Hebr. 11,10.14; Gal. 4,26; im 1. Petr. 1,4 das Erbteil) haben bei Abraham Freude bewirkt; er frohlockte (Joh. 8,56; vergl. „ihr frohlocket” in 1. Petr. 1,6), dass er dies alles sehen sollte. Wie in 1. Petr. 1,6.7 wurde der Glaube (Hebr. 11,1) Abrahams erprobt, bewährt, und er sah in der Probe selbst die Wirklichkeit dessen, was er glaubte: er empfing Isaak aus den Toten (Hebr. 11,19), und wenn wir beachten, dass Abraham in Isaak den ihm verheißenen Samen, Christum, sah, so verstehen wir, warum Jesus sagte, Abraham habe Seinen Tag gesehen. Abraham hat in den Erfahrungen, den Proben seines Glaubens, die Verheißung von ferne gesehen und begrüßt (Hebr. 11,13), und jede derselben füllte sein Herz mit neuer Freude, so dass sein Pilgerlauf dadurch gekennzeichnet wird: „Er baute Jehova einen Altar” (1. Mose 12,8; 13,4.18; 22,9; 21,33). Im Opfer Isaaks und in der Einholung Rebekkas durch Elieser für denselben sah Abraham wie die Propheten (vergl. Joh. 8,53) die Leiden, die auf Christum kommen sollten und die Herrlichkeiten danach (z. B. die Bildung der Gemeinde durch den Heiligen Geist, ihre Entrückung - 1. Mose 24,67 - und die Hochzeit des Lammes). In Joh. 8, 56 sehe ich die Wirksamkeit des Glaubens in Abraham. Man lese noch dazu Röm. 4,13-25; Gal. 3,16; Hebr. 11,8-19!
Sind wir nicht gegenüber Abraham schwach im Glauben, zweifelnd an den Verheißungen? Darum so wenig Freude und große Armut zum Anbeten im Geiste und in der Wahrheit! Der HERR stärke uns im Glauben!
R. W. D.
Antwort D
Der Herr Jesus sagt „Meinen Tag”; es handelt sich also um den Tag des HERRN. Von diesem spricht das Wort Gottes viel, und zwar in verschiedener Beziehung, aber immer als zukünftig. Im Alten Testament ist er der „Tag Jehovas” genannt. Ich muss dem Leser überlassen, im Worte selbst nachzulesen, und nenne zu diesem Zwecke nur eine Anzahl von den vielen Schriftstellen, die von diesem Gegenstande reden: Jes. 13,6.7.9-13; Jer. 30,7-10; Hes. 30,2-9; Joel 1,15; 2,1-3.11 bis Schluß; Amos 5,18-20; 9,11-15; Mal. 3,2-4.6; Lk. 17,24.25; Röm. 13,12; 1. Kor. 1,8; 5,5; 2. Kor. 1,14; Phil. 2,16; 1.Thess. 5,2; 2.Thess.2,2.3; 2. Petr. 3,10.12; Jud. 6. Beim Lesen dieser Schriftstellen finden wir, dass es sich nicht um einen Tag nach unserer Zeitrechnung handelt, sondern dass durch das Wort „Tag” ein gewisser Zeitpunkt bezw. Zeitraum bezeichnet ist und dass dieser den letzten Teil der Zeitrechnung, den Abschluß Gottes mit dieser Erde bildet. Dabei treten besondere Züge vor unser Auge: Im Alten Testament ist mit dem „Tage” besonders der Gedanke des Gerichtes über alles Böse und - daran anschließend - der Errettung und Segnung für die Seinen verbunden - alles auf dieser Erde -, und im Neuen Testament neben dem Gedanken des Gerichtes über die ungläubige Welt besonders noch der Gedanke der Verantwortlichkeit und der Belohnung für die Gläubigen. Wie wir aus dem Worte Gottes wissen, wird Gott, nachdem „die Vollzahl der Nationen eingegangen sein wird” (Röm. 11,25), also die Gemeinde des HERRN vollendet und entrückt sein wird, mit dieser Erde insgesamt und mit Israel im besonderen in besonderer Weise handeln: eine große Drangsal, „dergleichen von Anfang der Welt bis jetzthin nicht gewesen ist, noch je sein wird” (Mt. 24,21), wird über diese Erde kommen; und dann wird der Herr Jesus in großer Macht und Herrlichkeit kommen, alle Völker richten (Mt. 25,31-46) und dann das Seinem Volke verheißene Reich des Friedens und wunderbarer Segnung auf dieser Erde aufrichten (s. Ps. 94-101; Off. 19 und 20), von dem in den Propheten und Psalmen so viel geredet ist und welches nach Off. 20,4-6 einen Zeitraum von tausend Jahren umfassen wird und deshalb das „Tausendjährige Reich” genannt wird. Nach demselben ist der endgültige gerichtliche Abschluß mit dieser Erde und das „Jüngste Gericht”
(s. Off. 20, 7-15; vergl. Band III, 1915, Frage 35, Antwort C! D. Herausg.). Dieses alles ist eingeschlossen in den „Tag des HERRN”, wie die oben erwähnten Schriftstellen zeigen. Mithin war dieser „Tag” auch die Erfüllung der dem Abraham gegebenen Verheißung: „In deinem Namen sollen gesegnet werden alle Völker der Erde” (1. Mose 22,18; 26,4), und dieses ist es, was Abraham durch Glauben vorausblickend „sah” und worüber er frohlockte. -
Für uns persönlich ist sehr vieles mit diesem „Tage” verbunden, sowohl sehr Ermahnendes als auch sehr Ermunterndes und Herrliches. Gepriesen sei der HERR!
Th. K.
Antwort E
Dieser Vers lautet: „Abraham, euer Vater, frohlockte, dass er Meinen Tag sehen sollte, und er sah ihn und freute sich.”
Aus diesen Worten geht klar und bestimmt hervor, dass Christus die Person des Glaubens, der Hoffnung und der Freude der alttestamentlichen Heiligen war. Wenn man die Schrift sorgfältig liest, so kann dies leicht festgestellt werden (vergl. 1. Kor. 10,4; Hebr. 11,26; usw.). In diesem Kapitel wird des Abraham Erwähnung getan, da die Juden von ihm sprachen, und ihn sogar mit dem HERRN verglichen (siehe Verse 52.53). Wir wissen ja genügend aus der Schrift, dass der Gott und Vater unseres Herrn Jesu nie Vergleiche oder besser gesagt: Gleichstellungen mit dem Herrn Jesu duldete. Mt. 17,1-8 gibt uns über diesen Gegenstand göttliche Belehrung. Als Petrus drei Hütten bauen wollte, wurde er vom Vater unseres HERRN schnell zurechtgewiesen, indem eine Stimme aus der Wolke kam, welche sprach: „Dieser” - neben Ihm kann in dieser Beziehung kein anderer stehen - „ist Mein vielgeliebter Sohn, an welchem Ich Wohlgefallen gefunden habe; Ihn höret. ... Sie sahen niemanden als Jesum allein.” In der Epistel an die Hebräer, wo wir mehr Gegensätze als Vergleiche finden, wird uns in wunderbarer Weise gezeigt, dass alle und alles der Herrlichkeit Seiner göttlichen Person Platz machen muß, und alles nur genannt wird, um zu zeigen, dass Christus es unendlich weit überstrahlt. Wie die Sterne vor der aufgehenden Sonne gleichsam erlöschen, so erlischt auch in dieser Epistel ein Stern nach dem anderen vor der wahrhaftigen und ewigen Sonne, bis Er alles erfüllt mit dem Lichte Seiner Liebe und dem Glanz und der Pracht Seiner Herrlichkeit und wir anbetend vor Ihm niederfallen, da wir niemand sehen als Jesum allein!
Die Juden, welche sich ihrer Abstammung von Abraham rühmten, hatten nichts gemein mit dem Glauben Abrahams. Er sah durch Glauben den Tag des HERRN, darum heißt es: Seinen Tag! Es ist der Tag Seiner Herrlichkeit und Annahme von seiten Israels und der Heiden. Er wird allein erhaben sein an jenem Tage (vergl. Jes. 2,11.17). Es ist nicht der Tag Seiner Erniedrigung und Seiner Verwerfung. Wie hätte sich auch Abraham darüber freuen können? Ja, wir alle wissen und fühlen es, dass weder damals noch jetzt Sein Tag ist. Jetzt hat der erste Mensch seinen Tag, dann aber der zweite Mensch aus dem Himmel, welcher nach dem Herzen Gottes ist, dasselbe völlig und vollkommen befriedigt hat; aber nicht nur dies, sondern Er hat es uns geoffenbart. Alle Gläubigen, die im rechten Verhältnis zum HERRN stehen, sehnen mit Abraham Seinen Tag herbei und lieben Seine Erscheinung (siehe 2. Tim. 4,8). An Seinem Tage werden alle Verheißungen, die dem Abraham und seinem Samen gemacht wurden, durch Christum buchstäblich erfüllt werden. Der erste Teil des Verses: „Abraham frohlockte, dass er Meinen Tag sehen sollte,” steht, soweit ich es verstehe, mit den ihm gemachten Verheißungen in Verbindung (vergl. 1. Mose 17,1-22; bes. V. 17 und 19). Verstehen wir recht: Er sollte ihn sehen; es heißt nicht, dass er ihn sah. Der zweite Teil des Verses besagt, dass er Seinen Tag sah, d. h. er glaubte, was ihm verheißen war, und durch Glauben sah er die Erde erfüllt mit der Herrlichkeit des HERRN und alle ihm und seinem Samen gemachten Verheißungen verwirklicht und hinausgeführt durch Christus, den wahrhaftigen Isaak (Mt. 1,1; Gal. 3,16). Dieses gründet sich zum Teil auf 1. Mose 22,1-19; bes. Vers 17.18. Abraham lernte Gott kennen als den Gott der Auferstehung (Hebr. 11,17-19), der, nachdem Er den Tod zunichte gemacht, Leben und Unverweslichkeit ans Licht gebracht, diese Erde zu erfüllen vermochte mit dieser Seiner Herrlichkeit zum Segen aller Nationen. Abraham ehrte den HERRN durch Glauben und sah in Ihm den „Ich bin”. Dies glaubten die Juden nicht, dadurch gaben sie sich Zeugnis, dass sie nichts gemein hatten mit dem gläubigen Abraham. Was haben wir mit ihm gemein? Er wurde Fremdling und war ohne Bürgerschaft in dieser Welt (Hebr. 11,13). Seine Augen sahen eine zukünftige Welt, sein Herz lebte darin, und sein Leben zeugte davon. Möge uns Christus, die Sonne der anderen Welt, ganz erfüllen, so dass auch wir bezeugen, dass unser Teil mit Ihm ist und nicht in dieser Welt!
K. O. St.
Anmerkung des Herausgebers
In vorstehenden Antworten ist - obwohl sie nicht alle gleichen Sinnes sind - sehr viel Köstliches gesagt worden, und sie verdienen, gründlich geprüft zu werden. Wir weisen bez. der Hauptauffassung, dass dem Abraham durch bestimmte Vorgänge in seinem Leben die Verheißung des Sehens von „Meinem Tage”, wie der Herr Jesus sagt, gegeben wurde, noch darauf hin, dass auch in der Begegnung des Abraham mit Melchisedek (1. Mose 14,18-20) ein solcher vorbildlicher Vorgang gesehen werden kann, in dem Abraham - im Glauben - jenen verheißenen Tag sah, d. h. den Tag der Herrlichkeit. Dass dieser Tag nicht eintreten kann ohne das Kommen des Herrn Jesu ins Fleisch, ist selbstverständlich, weswegen wir zwischen den Anschauungen von Antwort A oder (etwa) von E keinen grundsätzlichen Gegensatz sehen möchten. Warum soll Abraham sich nicht haben freuen können über das Kommen Jesu ins Fleisch, wenn hiermit doch die Rettung der Glaubenden (also der wahren „Söhne Abrahams”) verbunden war? Es ist gesagt, er hätte sich nicht freuen können, weil jenes Kommen Jesu ins Fleisch den Tag Seiner Erniedrigung zur Folge hatte, ja. den Tag Seiner Verwerfung in sich schloß. Gewiß kann kein „Freund Gottes” frohlocken über unseres geliebten HERRN Verwerfung, und doch - was schloß diese wiederum in sich?! und musste nicht die Schrift erfüllt werden, dass der Sohn des Menschen leiden sollte? und ist diese Erfüllung der Schriften nicht etwas unsagbar Köstliches, wenn man nur den HERRN allein im Auge hat, d. h. von den Menschen und ihrer Bosheit absieht? Außerdem aber bekam Abraham die Hauptverheißung im Anschluß an die oder vielmehr gerade in der Zurückgabe des von ihm geopferten Isaak, worin doch die Auferweckung des HERRN vorgebildet ist, und diese im Geiste durch Glauben zu sehen war gewiß ein vollwertiger Gegenstand (sehnsüchtigen) Frohlockens! Jedenfalls bitten wir alle Leser herzlich, obige Antworten nicht oberflächlich, sondern gerade wegen ihrer bemerkenwerten Verschiedenheiten gründlich an Hand der Schrift zu prüfen.
Die obige Auffassung, als habe Abraham den Tag des HERRN, ob den Seiner Erscheinung im Fleische (vergl. übrigens Lk. 17,22!) oder den Seiner Verherrlichung, im Glauben. vorausgesehen und sich gefreut, hat gewiß viel für sich, gerade in Verbindung mit Hebr. 11 und Phil. 3,17ff., und dadurch ist uns dann das Leben des Glaubens überaus köstlich und wichtig gemacht. Ja, möchten wir die kurze Spanne unseres Lebens nur auskaufen und das Leben des Glaubens, das mit unserer Aufnahme zu Ihm für immer beendet ist, also nur noch auf Erden von uns gelebt werden kann, in Treue und Gehorsam verwirklichen - wie Abraham im Gegensatz zu Lot, wie auch Moses, „der standhaft aushielt, als sähe er den Unsichtbaren” (Hebr. 11,27)! -
Aber es scheint uns doch nicht unbedingt festzustehen, dass die Stelle so auszulegen sei, und zwar des Zusammenhangs wegen. Der HERR will den Juden doch nichts sagen über den Glauben des Abraham, sondern über Seine eigene die ihres Stammvaters weit überragende Größe, ja, die Ewigkeit Seiner eigenen Person. Daher scheint uns der Sinn am einfachsten so zu sein: dem Abraham wurde, wodurch auch immer, bei seinen Lebzeiten die Verheißung gegeben, den Tag Jesu zu sehen. Wenn also dies ihm zuteil wurde, so beweist das wohl, dass er - wie die Juden ihn einschätzten - eine besonders begnadigte Person wir, aber vor allem, dass der Herr Jesus ihn unendlich überragte. Doch ist denn diese Verheißung erfüllt? d. h. hat Gott die mit dieser Verheißung bezeugte Gnadenbevorzugung der von den Juden geschätztesten Person weiterhin wahrgemacht? Ja! denn Abraham lebt (vor Gott), wenn er auch leiblich gestorben ist. Die Juden erkannten die Wahrheit von V. 51 nicht an, aber Abraham tat es, er glaubte Gott, er bewahrte Sein Wort im Glauben und lebte darum, wenn auch noch nicht auferstanden (1. Kor. 15,23; vergl. Band III, 1915, Frage 11!), so doch im Paradiese, und von dort aus hat er, vielleicht kraft besonderer Gnade, das Kommen des HERRN Jesu ins Fleisch (womit die Vorbedingung für den späteren Tag der Herrlichkeit erfüllt war) gesehen und sich gefreut [ebenso wie sich Simeon freute, der das Kommen Jesus ins Fleisch allerdings leiblich erlebte und die hiermit in Verbindung stehenden Dinge prophetisch schaute und sich überströmend freute (Lk. 2,25ff.)]. - Kurz zusammengefaßt: Nach dieser Deutung fallen die Aussagen des Vorder- und Nachsatzes in ganz verschiedene Zeiten, die des Vordersatzes in die Zeit des Erdenwandels Abrahams, die des Nachsatzes in die Zeit, da der Tag des Herrn Jesu auf dieser Erde begann. Und sowohl durch die dem Abraham gegebene Verheißung wie auch durch die Erfüllung derselben wurde den Juden, die nur den damals gegenwärtigen von ihnen mißachteten Tag Jesu (einer Person, die sie nicht anerkannten als ewig, als Sohn) kannten und sahen, bewiesen- wenn sie nur glauben wollten! - dass Er der Größere war, ja, dass von Ihm wahr ist: „Ehe denn Abraham ward, bin Ich” (V. 58).
Wir legen neben obigen auch diese Deutung, die nicht etwa den Anspruch erhebt, unfehlbar richtig zu sein, zur Prüfung vor. Wir glauben, dass die einzigartige Stelle Joh. 8,56, die gar keine vergleichbaren Stellen in der Schrift hat, weswegen wir in der Erklärung auch überaus vorsichtig sein müssen, verschiedene Deutungen, die einander nicht zu beeinträchtigen brauchen, in sich schließen kann. Übrigens wollen auch wir selbst uns gern belehren lassen und aus den übrigen Antworten lernen! - Der HERR gebe uns allen tiefes Verständnis Seinem kostbaren Wortes, zu Seiner Ehre!