Vermengung von Eisen und Töpferton

Was bedeutet die Vermengung von Eisen und Töpferton in Dan. 2,33 und: „Sie werden sich mit dem Samen der Menschen vermischen“? (V. 43) Ist damit die Vermischung der lateinischen Völker mit den slawischen und germanischen gemeint? Ist esrichtig, dass - wie oft behauptet wird - das römische Reich ganz genau in seinen früheren Grenzen (Rhein und Donau) wiedererstehen wird? (Off. 13,3.)

Antwort A

Eine bessere Deutung der beiden ersten Fragen als die in Frageform gegebene gibt es nicht. Es ist überhaupt nur eine Frage, wie Vers 43 deutlich zeigt. Die bildhafte Ausdrucksweise: Vermischung von Eisen und Ton, entspricht der auf Menschen übertragenen: die Vermengung der „sie”, die mit dem Eisen gemeint sind, mit „dem Samen der Menschen”, was nach der Sprechweise der Schrift meint: mit gewöhnlichem Menschenmaterial im Gegensatz zu höher stehenden Klassen. Hat das vielhundertjährige Bestehen des römischen Imperiums, - die Schenkel -, rein das römische Wesen - Eisen - aufgewiesen, so muss das neue Element - Ton - etwas von außen Hereingekommenes, in seinem Wesen direkt Gegenteiliges sein. Symbolisiert Eisen unbeugsame Härte, die Entgegenstehendes einfach zertrümmert, so symbolisiert Ton Schmiegsamkeit, Nachgiebigkeit Druck gegenüber, Anpassungsfähigkeit, neben Minderwertigkeit. Letztere kommt besonders zum Ausdruck in dem ein paarmal hinzugefügten „lehmig”, eigentlich „von Dreck”. Deutlich tritt der Gegensatz zutage: das römische, aristokratische, keine Rücksicht kennende, auf fest organisierte militärische, mit Skrupellosigkeit gepaarte Macht sich stützende Herrschaftssystem und das nur auf Sippenverwandtschaft und Stammeszugehörigkeit fußende, noch barbarische Germanentum. (Das Slaventum kann hier außer Betracht bleiben!)
Zwei so grundverschiedene Elemente können nicht ineinander aufgehen. Das Eisen bleibt starr; der Ton kann sich ihm anschmiegen. Dabei bleibt's aber, und die Geschichte bestätigt es bis heute. In den zersplitterten Teilen des einstigen westlichen Römerreiches (denn nur dieses kommt in Frage, wie wir sehen werden) hat sich einerseits der oben skizzierte Charakter des römischen Herrscherwesens erhalten, wie auch der des Germanentums. Die Schrift kann wunderbar treffend kennzeichnen. 1. „Es wird ein geteiltes Königreich sein”, d. i. gemäß dem oben Gesagten. 2. „Zum Teil wird das Königreich stark sein”, d. i. soweit der römische Wesenscharakter sich in den Regierungsformen durchsetzt; „und ein Teil wird zerbrechlich sein”, d. i. soweit die Sippen- und Stammesschwächen, die Rivalitäten unter ihnen, das Erbübel der Germanen, in Frage kommen. Denn: „zerbrechlich” geht nicht mehr auf den bildhaft gebrauchten Ton, sondern gemahnt, als Königreich, an etwas Zusammengeschweißtes, das bei Belastung auseinanderbricht. Ich wüßte nicht, welch treffendere Deutung der Prophezeiung gegeben werden könnte.
Und doch scheint noch etwas drin zu liegen, das mehr gefühlsmäßig empfunden wird, als geschichtlich gedeutet werden kann. Nämlich: Das ursprüngliche Römertum schloß wohl schon Adel und gewöhnliches Volk in sich, die oft unter sich in Fehde lagen; eigentliche plebejische Masse entstand aber erst zur Zeit der Cäsaren, nachdem Rom angefangen hatte, das Sammelbecken von Menschen aus allen Teilen des Reiches zu sein. Da ergab sich's, dass die „sie”, welche das Eisen repräsentierten, die echt römisches Wesen jeweilig verkörpernde Herrscherschicht, ob sie nun Cäsaren, Senat, Präfekten oder was sonst waren, immer mehr von der Gunst der Masse, sogar der militärischen, abhängig waren. Und doch konnte sich beiden nicht vermischen. So ging dies Doppelsystem im Laufe der Zeit und der Schwächung der Staatsgewalt über auf die zuerst als Gäste, dann als Eroberer eindringenden Fremdstämmigen, auf die Germanen. Das führt zur Endzeit hinüber.
Die Zehen entsprechen den 10 Hörnern des Tieres in Dan. 7 und Off. 13, und die Hörner, also die Zehen auch, den 10 Königen in Off. 17, wodurch wir erfahren, wer die in Dan. 2,44 ohne Vorstellung eingeführten Könige sind. Sie, „die noch kein Königreich empfangen haben, aber Gewalt wie Könige empfangen eine Stunde mit dem Tiere” (dem Haupte des wiedererstandenen Reiches; Off. 17,12), sind in der Endzeit das Eisen, Dan. 2,43. Das westliche römische Reich bestand zwar unter germanischer Herrschaft nominell fort bis zum Jahre 1806, aber nur in Bruchteilen. Doch werden die 10 Zehen = Hörner - Könige erst in jetzt noch ausstehender Zukunft in Erscheinung treten. Das Meer, d. i. die brodelnden Völkermassen, aus denen das Tier aufsteigt und wohl auch die eines Sinnes mit letzterem seienden „Wie-Könige” (Off. 17,12), und „der Same der Menschen” legen nahe, dass da erst so recht seine Auswirkung haben dürfte, was sich vor unseren Augen in der gegenwärtigen, dem Ende nahen Zeit in Anfängen anbahnt: es erstehen Männer, die mit der Fähigkeit begabt sind, autoritär zu wirken und zu regieren in demselben Charakter, der Rom einst kennzeichnete. Das begeistert die Menge. Und wenn noch, wie im alten Rom, für „panem et circenses”, gleichsam die leiblichen und seelisch-geistigen Bedürfnisse der Menschen, ausreichend gesorgt wird, so können die jeweils führenden Männer mit dem Volke rechnen, und es folgt ihnen hingebend; so vermischt sich Eisen und lehmiger Ton, ohne doch ineinander aufzugehen; denn Masse bleibt Masse in ihrem Wesen, und Eisen bleibt Eisen in dem seinen. Aber sie gehen miteinander.

Was die Frage nach den Grenzen des neuerstehenden römischen Reiches angeht, so ist zu bedenken, dass sie fließend waren, je nach geglückten oder verfehlten Kriegszügen und je nachdem die eroberten Gebiete einverleibt oder nur behauptet oder nicht gehalten werden konnten. Jedenfalls ist keine Stelle in der Schrift vorhanden, die von genauen Grenzen spricht, weder für früher noch für später. Warum dann viel Wesens daraus machen? In Sachen der Prophezeiung ist Beschränkung auf das, was die Schrift zu erkennen gibt, am Platze. Auf die Frage z. B., ob auch die asiatischen Länder in Frage kommen, lässt sich sagen, dass das nicht der Fall ist, trotz gegenteiliger Meinung gewisser Ausleger. Denn die Füße und Zehen, so wie sie beschrieben und gedeutet sind, existieren in West-Rom. Und an den Füßen, an West-Rom, wird die Statue vom Gericht getroffen. Nach Dan. 7,12 wurde den drei ersten Reichen aufeinanderfolgend die Herrschaft zwar genommen, sie hatten aber in Unterworfen- oder Aufgesogensein durch das jeweils nächstfolgende völkischen Bestand, so daß, indem die Füße getroffen werden, doch das Gesamte getroffen wird, wenn der Stein an die Füße schlägt, an den, zeitlich gesehen, letzten Teil des Ganzen. Wenn von diesem letzten Teil die Rede sein soll in seinen nördlichen Grenzen, wird wohl das, was nicht innerhalb derselben lag, als nicht in Frage kommend betrachtet werden dürfen. Und, wie oben gesagt, sei hier die Anwendung auf das innerhalb Liegende gemacht: Die Schrift schweigt darüber, gibt nur die allgemeine Feststellung des Wiedererstehens des Reiches unter dem Haupt und 10 Mitverbündeten, die nachher auf 7 reduziert werden nach Dan. 7,8: So schweigen auch wir und wahren dadurch die Würde der Schrift, indem wir eingedenk sind, dass die politischen Ereignisse sich in dauerndem Wechsel ablösen, so daß, was jetzt feststeht, in späteren Tagen verändert sein kann. So lassen wir uns nicht durch starke, hoffnungsvolle Worte betr. der irdischen Zukunftsherrlichkeit der Reiche dieser Welt beirren, sondern warten geduldig ab, was werden wird, indem wir „erwarten die glückselige Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Heilandes Jesus Christus” (Tit. 2,13), und lassen Rhein und Donau Grenzen sein oder nicht.

Off. 13,1 u. 3 hat aber damit nichts zu tun. Die 7 Köpfe sind nach Kap. 17,10 sowohl 7 Berge als auch 7 Könige: Rom, die sogenannte „Sieben-Hügel-Stadt” (ihre Gründung war auf 7 Hügeln!), und 7 Regierungsformen. Letztere heben sich, als Festgesetztes und Hochragendes, aus den landläufigen Gepflogenheiten des Lebens heraus wie Berge aus der niederen Landschaft; und in der griechischen Sprache wurde „Basileus”, König, auch gebraucht für jeden Vornehmen irgendwelcher Art, ja sogar für Gesetze als Königen des Staates. Jeder Geschichtskundige kennt die 6 bis zur Zeit, da die Offenbarung gegeben wurde, dagewesenen, aufeinandergefolgten Regierungsformen in Rom: 1. Könige, 2. Konsuln oder Zweimännerkollegium, 3. Dezemvirn oder Zehnmännerkollegium, 4. Kriegstribunen, 5. Diktatoren, 6. Kaiser. Letztere Regierungsform bestand damals. Der 7. würde erst noch kommen, aber nur eine kleine Weile bleiben, was in Napoleon I. erfüllt wurde, dessen Absichten und der Beginn der Erfüllung derselben bekannt sind. Der 8. ist eben das kommende Tier, eine aus den 7 Regierungsformen und doch, in ihrem Wesen einzigartig, der Abschluß.
F. Kpp.

Zusätze des Schriftleiters

Obwohl ich zu der Frage nichts Wesentliches hinzuzusetzen für nötig halte, glaube ich einiges Grundsätzliches beifügen zu sollen.
Mit mir werden manche, vielleicht nicht alle, Leser es dem Verfasser obiger Antwort Dank wissen, dass er getreu dem Rahmen des Blattes, der in seinem Namen „Handreichungen aus dem Worte Gottes” gegeben ist, nicht oder höchstens leise andeutungsweise eine Berührung „aktueller Zeitereignisse” gewagt hat. Als ich diese Frage vor mehreren Monaten aus der Schweiz erhielt, war ich mir durchaus nicht klar darüber, ob ich sie zur Beantwortung bringen lassen würde, da ich begreiflicherweise fürchtete, dass der eventuelle Beantworter den Rahmen unseres Blattes überschreiten würde, liegt das - heute - doch gar zu sehr nahe für uns deutsche Blätterschreiber. Aber das schien mir wie eine Herabwürdigung unseres Blattes! Ich finde es, nebenbei, sehr leicht und einfach, auf Zeitereignisse einzugehen und sie im Lichte des Wortes Gottes zu betrachten, aber ob sie dabei stets richtig beleuchtet werden, ob nicht vielmehr das Wort Gottes oftmals geradezu vergewaltigt wird - das ist doch eine andere Frage! Es gibt große christliche Blätter in unserem Lande, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, die Zeiten in biblischer Belichtung zu sehen, aber ich, der ich seit etlichen Monaten mehrere solcher Blätter zugesandt bekomme, kann nicht sagen, dass ich durch diese Betrachtungen sonderlich angezogen würde bzw. dass mir das Wort Gottes dadurch klarer würde. Wenn nun noch die Grundeinstellung solcher Blätter eine ist, welche wir als unbiblisch stets und entschieden ablehnen, wie u. a. die der sogen. „Allversöhnung” (vgl. u. a. Jahrb. 17, Lief. 5!), so sehe ich nicht ein, dass durch solche Zeitbetrachtung, die oftmals zu gesucht und dadurch sogar aufdringlich wirkt, der Gemeinde Gottes in der Gegenwart nur genützt wird, wenngleich ich auch wiederum gern zugeben will, dass man als Arbeiter im Werk des HERRN durch solche Blätter hin und her Anregungen im Blick auf die Zeit empfangen kann: „Alles ist euer!” Aber die „Handreichungen” - das sei hier grundsätzlich gesagt, vor allem denen, die mehr Zeitgeschichtliches in ihr suchen - sollen (mit den Worten unseres lieben Mitarbeiters, die er mir schrieb auf meine Anfrage, ob er sich getraue, vorliegende „Frage” unpolitisch zu beantworten) sich nicht „auf das schlüpfrige Gebiet der Politik” begeben, sondern sie sollen das Wort bringen, und zwar als erstes; nicht so, dass das Wort herhalten muß, um die verschiedenen Meinungen der Leser und Mitarbeiter in politischer Hinsicht zu stützen oder als richtig zu „beweisen”, sondern das Wort soll der Gegenstand, die Hauptsache sein und bleiben, solange uns der HERR erlaubt, es auf diese Weise zu verkünden, und die Zeitereignisse mögen in der Betrachtung des Wortes selbst gefunden werden, ohne dass sie besonders genannt und berührt werden. Denn das Wort ist ja stets zeitgemäß, und so wird jede biblische Auslegung, dem einen so, dem anderen so, nützen zur Beurteilung der Dinge des Lebens.
2. Tim. 3,15-17; 2. Petr. 1,19-21; 1. Kor. 2,12-16; Eph. 5,13-17.

Was nun insbesondere Dinge der Zukunft anbelangt, so stehe ich ganz und gar auf dem Standpunkt unseres Mitarbeiters: „In Sachen der Prophezeiung ist Beschränkung auf das, was die Schrift zu erkennen gibt, am Platze.” Ganz ähnlich sprach einst unser geliebter entschlafener Bruder, Freund und Mitarbeiter K. O. St., als man ihn um seine Meinung fragte wegen eines Konferenzthemas aus den mittleren Kapiteln der Offenbarung. Er betonte damals, dass man solche Themen lieber nicht wählen sollte, denn einmal seien die Anschauungen über ein und dieselbe Sache jener Kapitel leicht auch unter sonst sich nahestehenden Brüdern zu verschieden, und dann seien es eben Dinge der Zukunft, die wir nur perspektivisch sähen und daher nicht unbedingt sagen könnten, wie bei vergangenen und vorbildlichen Dingen: „so ist es zu verstehen und nicht anders!” Darum seien solche Themen für eine allgemeine Konferenz unfruchtbar, so gut und wichtig es sei, sich in kleinen Kreisen über derlei auszusprechen.

Unser lieber Mitarbeiter geht auf die Schlußfrage absichtlich nicht zu ausführlich ein, aber das betont er ungemein deutlich, dass es sich nur um West-Rom handeln könne, obwohl neuere Ausleger hier andere Erkenntnisse zu vermitteln trachten. Es liegt für mich kein Grund vor, diesen Auslegungen hier Raum zu geben, doch scheint mir - durch das bedrohliche Anwachsen des Islams in Asien, der Religion des falschen Propheten Mohammed - die Meinung wenigstens erwägenswert, welche das Gebiet von Ost-Rom - Konstantinopel! (Ende 1453) - mit in den Kreis der Prophetie der Endzeit einzubeziehen sucht. Ich erwähne dies nur, um zu zeigen, dass in der Prophetie manchmal mehrere Linien nebeneinander laufen, aber am Ende der Tage werden die Erfüllungslinien sich ganz scharf kristallisieren in den Brennpunkten der biblischen Prophezeiungen, und daher kommen wir nach Daniel 2 und 7 immer wieder auf das eigentliche Rom, West-Rom, zurück, auf das, wie unser Mitarbeiter nachweist, das über die Zehen und Hörner Gesagte genau zutrifft. Vielleicht aber werden die Grenzen doch weiter zu fassen sein, als sie ursprünglich waren und in der Frage angedeutet sind, denn in seiner Blütezeit erstreckte sich das römische Weltreich ja sehr weit hinein nicht nur nach Mittel- und Nordeuropa, sondern auch nach Süden (Afrika) und Osten (Asien).

Wie gut, dass die Schrift keinen Zweifel darüber läßt, dass diese Dinge der Zukunft vorbehalten sind, d. h. wohl einer nahen, aber jetzt nicht auszurechnenden Zukunft, indem zuerst die für uns unbestimmte Zeit der Gemeinde abgeschlossen sein muss (mit der Entrückung der Gläubigen, 1. Thess. 4), ehe „die Zeiten der Nationen” sich vollenden können. Aber „es ist nahegekommen das Ende aller Dinge, seid nun besonnen und nüchtern zu den Gebeten! Vor allen Dingen habt untereinander eine inbrünstige Liebe ...!” (1. Petr. 4,7.8) Mögen wir nicht so sehr nach „Zeichen des Ende” - was eher Israel gilt denn uns - ausschauen, als vielmehr der Schrift gemäß uns so benehmen, wie es sich für Wartende geziemt, Wartende aber auf das erste demnächstige Zukunftsereignis: das Kommen des Herrn Jesus für die Seinen! (Off. 22,7.12.20)
F. K.


Beantwortet von: Team Handreichungen
Quelle: Handreichungen - Band 19 (1934)