Verantwortung des Gottesdienstes

Wie ist 1. Kor. 14,26 zu verstehen? Soll bei allen Zusammenkünften der Gemeinde dieses beachtet werden, oder kann man sagen, z. B.: am 1. Sonntag im Monat hat Br. X, am 2. Br. Y die Verantwortung? Oder kann ein Bruder beauftragt werden, stets dafür zu sorgen, dass einer da ist, der die Verantwortung für den Dienst trägt? Wenn eine örtliche Gemeinde regelmäßig (etwa sonntäglich) evangelisiert, hat dann dies Wort (1. Kor. 14,26) uns etwas zu sagen, oder müssen die Redner im voraus bestimmt werden?

Antwort A

Soweit wir diese in verschiedene Unterabteilungen zerfallende Frage verstehen, handelt es sich um Belehrung über die Zusammenkünfte irgendeiner Ortsgemeinde, und sicher ist das eine wichtige Sache, die man nicht übersehen darf. Wir sind gläubigen Männern begegnet, die behaupten, dass das Wort nichts darüber sagt, und darum stehe es uns ganz frei, uns einzurichten, wie es uns am besten und zweckmäßigsten vorkomme! Doch sind wir überzeugt, dass das eine irrige Ansicht sei, und wenn das Wort in dieser Hinsicht uns keine strengen Regeln und Vorschriften aufweist, so gibt es doch richtige Auskunft darüber, und zwar in breiteren, doch bestimmten Linien. Die landläufige Idee einer Gemeinde ist, dass sie aus einem Prediger und Mitgliedern, vielleicht mit etlichen (entgegen der Schrift gewählten) Ältesten, die vielfach Diakonen genannt werden, bestehe; bei einer Zusammenkunft einer solchen Gemeinde, meistens „Gottesdienst” genannt, hat nur der Prediger allein das Recht und die Verantwortung, alles zu tun, und die Mitglieder hören nur andächtig zu. Wenn nun die Schrift uns keine Anweisung darüber gäbe, so wäre eine solche Ordnung, von außen gesehen, gar nicht schlecht, denn im allgemeinen läuft ein solcher Gottesdienst ruhig und würdevoll ab, ohne irgendwelche peinlichen oder unangenehmen Zwischenfälle. Doch die Erfahrung lehrt uns, dass diese schöne, doch menschliche Ordnung dazu führt, dass die Gabe des Predigers als eines Redners sich entwickelt, wenn er auch keine tiefe Erkenntnis der Schrift besitzt, doch die Gemeindemitglieder bleiben das ganze Leben lang unmündig, denn schwerlich kommt es zur geistlichen Entwicklung, weil von solchem Mitglied nur verlangt wird, dass es pünktlich und regelmäßig dem Gottesdienste beiwohnt, freigebig bei der Kollekte beisteuert und ein ordentliches Leben führt.

Zunächst möchten wir feststellen, dass jede örtliche Gemeinde ein kleines Bild der ganzen Gemeinde oder des Leibes Christi sein sollte; wie Paulus der Versammlung Gottes in Korinth schreibt: „Ihr aber seid Christi Leib, und Glieder insonderheit.” (1. Kor. 12,27) Gewiß war die Gemeinde zu Korinth nicht der ganze Leib Christi, aber sie sollte in jener Stadt eine Darstellung dieses einen Leibes sein; denn in dem ganzen Leibe Christi sollte jedes Glied seine ihm bestimmte Tätigkeit ausüben und seine Gabe entwickeln, wie Paulus an einer anderen Stelle schreibt: „lasst uns in allem heranwachsen zu Ihm hin, der das Haupt ist, der Christus, aus welchem der ganze Leib, wohl zusammengefügt und verbunden durch jedes Gelenk der Darreichung, nach der Wirksamkeit in dem Maße jedes einzelnen Teiles für sich das Wachstum des Leibes bewirkt zu seiner Selbstauferbauung in Liebe.” (Eph. 4,15.16) Diese gegenseitigen Dienste und Handreichungen können wohl zu allen Zeiten geübt werden, ob die Gemeinde im versammelten Zustand sich befindet oder nicht, d. h. auch wenn die Glieder zu Hause oder bei der täglichen Arbeit sind, doch am stärksten kommen diese geistlichen Hilfsleistungen zum Ausdruck, wenn die Gemeinde an einem Orte zusammenkommt, denn die Zusammenkünfte einer Gemeinde müssen größere Bedeutung haben, als wir geneigt sind zu denken, sonst hätte die Schrift nicht so ernst ermahnt, „unser Zusammenkommen nicht zu versäumen, wie es bei etlichen Sitte ist”. (Hebr. 10,25) Wir kommen also zu dem Schluß, daß, wenn die Zusammenkünfte einer Gemeinde ihr gewünschtes Ziel erreichen sollen, es nötig ist, dass sie nach der Weisung der Schrift geführt oder geregelt seien, damit die Gläubigen zum Besseren und nicht zum Schlechteren zusammenkommen, wie es leider bei den Korinthern war. (1. Kor. 11,17) Wir stoßen nun ziemlich oft auf die Spuren von Zusammenkünften der Gläubigen in der Apostelgeschichte; es scheint, als ob die erste Gemeinde - nämlich die in Jerusalem - nach der Ausgießung des Heiligen Geistes beständig im versammelten Zustande gewesen sei. „Alle aber, welche glaubten, waren beisammen - indem sie täglich einmütig im Tempel verharrten” (Apg. 2,44-47); eine große Menge hatte sich zum HERRN bekehrt, so waren genug Heilige dort, um immer eine Versammlung zu haben; die Schrift aber berichtet uns nichts über die Ordnung dieser Zusammenkünfte, sondern sie hebt mehr die besondere gehobene Stimmung der in der ersten Liebe begeisterten Gläubigen hervor, denn große Gnade war auf ihnen allen.

Vielleicht war auf dem Obersaal, wo sie auf die „Kraft aus der Höhe” geharrt hatten, ein immerwährendes Beisammensein; dort scheinen wenigstens die Apostel vielfach geblieben zu sein; vielleicht waren sie dort, als Ananias einen gewissen Teil von dem Kaufpreis seines verkauften Gutes brachte und den Betrag zu dem Füßen der Apostel legte; denn sie waren noch versammelt, als drei Stunden später die Sapphira hereinkam. (Apg. 5) Von allen Spuren solcher Zusammenkünfte in der Apostelgeschichte können wir hier ja nicht sprechen, das würde zu weit führen, wir finden aber z. B. eine besondere Gebetsversammlung in dem Hause der Maria in Kap. 12. Und in Kap. 11 lesen wir von einer bestimmten Ortsgemeinde in Antiochien, und in dieser Gemeinde kamen Barnabas und Paulus für ein ganzes Jahr zusammen und lehrten eine zahlreiche Menge; dann sehen wir, wie in der dortigen Versammlung oder Gemeinde Propheten und Lehrer waren, die ihre Gaben ausübten, indem sie dem HERRN dienten und fasteten (Apg. 13,1.2), aber der Heilige Geist hatte in Macht Seinen Ihm gebührenden Platz in der Mitte. Lukas berichtet in Apg. 20,7, wie die Gläubigen in Troas an dem ersten Tage der Woche versammelt waren, um Brot zu brechen, er selbst war dabei, und dass Paulus sich mit ihnen unterredete und das Wort erst bis Mitternacht verzog und dann bis zum Tagesanbruch (V. 11), da er an diesem folgenden Tage abreisen wollte.
In diesen verschiedenen erwähnten Zusammenkünften haben wir wohl manche wichtige Fingerzeige für uns.

Zunächst aber dürfen wir feststellen, dass der HERR Selbst in Mt. 18,20 etwas sehr Beherzigenswertes über das Zusammenkommen der Seinigen zu sagen hat, nämlich, dass man in Seinem Namen versammelt sein solle und die herrliche Verheißung habe, dass Er dann in der Mitte sein werde. In der Apostelgeschichte haben wir nun verschiedene Erwähnungen solcher Zusammenkünfte. Dann endlich finden wir in 1. Kor. 11,17 - 14,40 die geistliche Gesetzgebung oder die biblische Anordnung für solche Zusammenkünfte, und zwar für das Hauptzusammenkommen einer solchen örtlichen Gemeinde. Wohl war es ein Werk des Feindes, dass eine solche bedauernswerte Unordnung in dieser Zusammenkunft der Gemeinde Gottes zu Korinth herrschte, Gott aber in Seiner unendlichen Weisheit benutzte dieses so wunderbar, dass für alle Zeiten die Gläubigen bestimmte Anleitung über ihr Verhalten in der Versammlung durch die inspirierte Feder des Paulus erlangen sollten!

Vielleicht haben wir schon zuviel als Einführung zur Frage geschrieben, doch mußten wir den Grund etwas vorbereiten. Nun, zunächst wird gefragt, wie 1. Kor. 14,26 zu verstehen sei? Wir stellen uns nun eine versammelte biblische Gemeinde vor; in dem Namen des Herrn Jesus Christus ist man zusammengekommen, Er ist gegenwärtig; der Heilige Geist hat die Leitung in Seiner Macht, denn Er teilt die verschiedenen Gaben aus; kein menschlicher Vorsitzender ist da, es gibt kein Vor- oder Zurücksitzen (ausgenommen, wenn Unbekehrte anwesend sind). Man will auch das Abendmahl des HERRN feiern, denn der Geist hat gerade dieses als erstes gesetzt in dieser göttlichen Gesetzgebung betreffs einer Zusammenkunft der Gemeinde (1. Kor. 11,20-34), und das führt zu Anbetung, Lob und Dank. Dann aber handelt es sich um die Erbauung der Gemeinde. (Es würde zu weit führen, wenn wir etwas über die Unordnung, die auch in diesem Punkte unter den Korinthern waltete, schrieben, darum unterlassen wir es.) Also nun kommen die verschiedenen Gaben zur Geltung, und unter der Zucht des Heiligen Geistes dienen einige Brüder nacheinander, und zwar auf keusche, zurückhaltende Weise. Einer hat einen Psalm, den man gemeinschaftlich singt; ein zweiter eine Lehre, noch einer eine Sprache (doch soll dieser schweigen, wenn kein Ausleger gegenwärtig ist); andere haben Offenbarungen oder Auslegungen, doch alles soll zur Erbauung geschehen. Wenn bei einem Bruder eine Neigung vorhanden sei, seine Stimme gern hören zu lassen, so soll er lieber länger warten, bevor er seinen Mund auftut; auch soll der lieber schweigen, der die Schwachheit hat, mit seiner Erkenntnis oder Beredsamkeit imponieren zu wollen, denn so etwas dient nicht zur Erbauung, sondern es ärgert die übrigen Geschwister und verscheucht die heilige, stille Weihe, die wie ein süßer Duft über der Gemeinde weht. „Während der König an seiner Tafel war, gab meine Narde ihren Duft.” (Hohel. 1,12; Ev. Joh. 12,3) Heutzutage ist die Sache etwas anders, denn nun hat ein jeder die ganzen heiligen Schriften in der Hand, damals in Korinth war das nicht der Fall, und man wartete auf ein unmittelbares Wort vom HERRN ohne die Bibel; wir hingegen erlangen Erbauung vom HERRN nur durch das fertiggeschriebene Wort, nämlich die Lehre oder Offenbarung aus den heiligen Schriften. Wenn jemand vorgäbe, eine neue unmittelbare Offenbarung als vom HERRN ohne das Wort oder eine „Sprache” zu haben, so würden wir dieses entschieden ablehnen.

Der Fragesteller möchte nun wohl wissen, ob bei allen Zusammenkünften der Gemeinde dies beachtet werden soll. Nun, in der Gebetsstunde z.B. könnte dies wohl beachtet werden im kleineren Maße. Weiter wird gefragt, ob man einen gewisse Plan machen könnte, indem Br. X. für einen bestimmten Sonntag und Br. Y. für einen anderen Sonntag die Verantwortung für den Dienst übernähme; oder ob einer immer sorgen könnte, dass jemand da ist, der die Pflicht für den Dienst der Erbauung auf sich habe? Wir können nur sagen, dass das ein Abweichen vom biblischen Ideal einer Zusammenkunft der örtlichen Gemeinde wäre, es wäre die erste Etappe auf dem Wege zum Einpredigertum! Und wenn eine solche Ordnung in irgendeiner Gemeinde eingeführt werden sollte, so sollten doch die Aufseher der Gemeinde mitteilen, dass diese Einrichtung nur eine Krücke sei, weil sie sich ihrer Unfähigkeit, Untüchtigkeit und Schwachheit stark bewußt seien!! Nein, jeder Bruder soll an seinem Platz sein, besonders die die Aufsicht führenden Brüder, wenigstens ¼ Stunde, bevor die Versammlung anfängt; jeder soll ein geübtes Herz, ein zartes, geistliches Empfinden und ein gut funktionierendes Gehirn haben; und wenn man in Schwachheit die inneren Blicke auf den HERRN richtet und alles von Ihm erwartet, so wird es wohl ohne solche menschliche Einrichtung gehen. Wir haben aber noch solche Gemeinde zu suchen, wo alles vollkommen in dieser Sache „klappt”, wo alles wie auf geölten Rädern läuft, wo kein Mißton gehört wird, denn fehlerhafte Menschen sind wir ja alle noch. Viele Geschwister haben hier und da darunter gelitten, dass Brüder auf plumpe Weise versucht haben, etwas zu tun, ohne den Grundton des Geistes wahrgenommen zu haben, und die harmonische Melodie wurde unterbrochen; doch darf man nicht „das Kind mit dem Bade wegschütten”, darum ist Geduld miteinander so notwendig, obwohl es sehr schwer zu tragen ist, wenn eine sonst gesegnete Versammlung verdorben wird durch die ungeistlichen Versuche irgendeines Bruders, etwas zu tun oder in Selbstgefälligkeit zu dienen. Und wenn ein Bruder „mit den Sprachen der Menschen und der Engel redet und nicht Liebe hat, so ist er ein tönendes Erz geworden oder eine schallende Zimbel” (1. Kor. 13), denn „die Liebe erbaut” (1. Kor. 8,1). Ach, dass wir alle nur praktisch wüßten, was es heißt, im Geiste zu sein in Seiner Gemeinde! Dann würden alle lernen, sachte zu walten wie Jehiskiah nach seiner Genesung, und so würden alle ihr Saitenspiel rühren alle Tage ihres Lebens im Hause Jehovas. (Jes. 38,15-20) Ja, wenn jedes Herz richtig nach dem himmlischen „Kammerton” gestimmt wird, so stiege die schmelzende Melodie der Anbetung empor als ein Wohlgeruch unserem Gott, und die erquickende Erbauung in der Liebe würde nachfolgen. Es ist ein hohes Ideal, und wenn wir immer wieder zu kurz kommen, wie tote Fliegen das Öl stinkend machen (Pred. 10,1), so wollen wir das uns gegebene Bild nicht ändern, sondern uns immer wieder danach ausstrecken, auch wenn wir uns dessen bewußt sind, dass dieses fehlerlos auf Erden niemals erreicht wird. -

Jetzt wird gefragt, ob in den Evangelisationsversammlungen, die im Raum der Gemeinde etwa regelmäßig abgehalten werden, dieses Wort in 1. Kor. 14,26 uns etwas zu sagen habe? Zunächst müssen wir klar konstatieren, dass die Evangelisationsstunde eigentlich keine Zusammenkunft der Gemeinde sei! Diese Behauptung mag wohl einigen befremdend vorkommen, doch sie ist richtig! Erstens bemerken wir bei genauer Betrachtung des Verzeichnisses der vom Heiligen Geiste ausgeteilten Gaben in diesem Abschnitt (1. Kor. 11,17 - 14,40), dass die Gabe oder der Dienst des Evangelisten keine Erwähnung findet, und das ist natürlich nicht bloß Zufall, sondern vom Geiste beabsichtigt! Wohl kommt diese Gabe in Eph. 4 vor, dort aber handelt es sich um den Leib Christi, d. h. um die ganze Gemeinde und ihr Herausgesammeltwerden aus der Welt, und nicht um die Erbauung einer Ortsgemeinde. Also dachte der Apostel nicht an Evangelisation, als er 1. Kor. 14,26 schrieb. Zweitens: eine Zusammenkunft der Gemeinde ist zur Erbauung der Gläubigen und nicht, um den Verlorenen die Heilsbotschaft zu verkündigen, dieses müssen wir scharf unterstreichen. In der Evangelisationsversammlung haben solche Brüder das Recht und die Pflicht, das Wort vom Kreuz zu predigen, die die notwendige Gabe dazu vom Heiligen Geiste empfangen haben. Brüder und Schwestern, die dieser Versammlung beiwohnen, gehen nicht hin in erster Linie, um erbaut zu werden (wenn sie auch erbaut werden, da die Verkündigung der großen in Christo geoffenbarten Liebe Gottes fürs Herz der Gotteskinder immer wohltuend und anregend ist), sondern sie gehen hin, um dem Evangelisten in der Arbeit Gemeinschaft zu erweisen und auch irgendwie mitzudienen und zu helfen. Vielleicht haben sie sich Mühe gegeben, einen unbekehrten Freund mitzunehmen, sie haben offene Augen, um zu sehen, wo sie nun auch Hand an die Arbeit legen können, sie nehmen ruhig Platz neben einer unbekehrten Seele, sie suchen, wenn nötig, die Lieder für sie, sie beten in der Stille während der Stunde für diese Seele, und nachher versuchen sie Gelegenheit zu finden, ein freundliches Gespräch anzuknüpfen, um alles auf das Eine, das not ist, zu lenken, vielleicht begleitet man dann diese Seele ein wenig auf dem Heimweg und bittet sie, bald wiederzukommen, und das alles tut man auf eine bescheidene und freundliche Weise. Gewiß, als Paulus sich täglich in der Schule des Tyrannus zu Ephesus unterredete, gingen auch viele Gläubige hinein, aber diese Unterredungen wurden sicher nicht nach 1. Kor. 14,26 geordnet. Nun, wenn man das alles betrachtet, so ist es klar, dass diese Anweisung, nämlich in 1. Kor. 14,26, hier keine Anwendung finden kann, ebensowenig in der Sonntagsschule, welche eigentlich eine Evangelisationsstunde für Kinder ist, aber hier würde wohl niemand fragen, ob diese Stelle uns etwas zu sagen habe! Besser ist es, wenn der Redner für die Evangelisation in dem Raum der Gemeinde vorausbestimmt wird (unter Gebet), und er wird vielleicht einen zweiten Bruder, bei dem diese Gabe zu „knospen” anfängt, bitten, Gemeinschaft mit ihm in der Verkündigung des Wortes zu haben, gerade wie der starke Stamm Juda den schwächeren Stamm Simeon bat, mit ihm hinaufzuziehen und wider die Kanaaniter zu streiten. (Richt. 1,3) Es ist uns nun wohl klar, dass man doch verschiedene Versammlungen in den Räumen der Gemeinde abhalten kann, die man nicht gerade unter die Kategorie „Zusammenkünfte der Gemeinde” bringen kann. Aber die Anweisung in 1. Kor. 11 bis 14 

soll unangetastet aufrechterhalten bleiben, denn der Herr will sicher vieles dadurch erzielen; wir meinen natürlich, wenn es sich wirklich um eine Zusammenkunft der Gemeinde handelt gemäß dem, wie die Schrift es beschreibt: „Wenn ihr als Versammlung (Gemeinde) zusammenkommet.” (1. Kor. 11,18) Der HERR soll zu Seinem Recht als Herr kommen und der Heilige Geist als Leiter; das Herz jedes Bruders und jeder Schwester soll geübt sein, innige Gemeinschaft mit dem Vater unseres Herrn Jesus zu pflegen. Nein, wir wollen nicht, auch nicht im geringsten daran rütteln! Amen.
F. Btch.

Bemerkungen des Schriftleiters

Diese Antwort wird, so darf man wohl hoffen, nicht nur den Fragenden, sondern vielleicht alle Leser erfreuen und befriedigen, wenngleich nun erst recht mancher sagen wird: Wie weit sind wir von diesem Ideal entfernt! Und da muss man wohl sagen: Ja, aber wir wollen streben danach, nach dem Ideal, das die Schrift uns zeigt, unsere Zusammenkünfte als Gemeinde geistlich gebildet werden zu lassen im wahrsten Sinne des Wortes. Unsere Gesamt„bildung” sollte mehr und mehr wachsen durch ein Hineingebildetwerden in das Wort des HERRN, so im Einzelglaubensleben, so im Leben der Gemeinde!

In voriger Lieferung behandelte die Frage 4 ähnliche Dinge, und ich kündigte da an, in der nächsten Lieferung (also der gegenwärtigen) mich vielleicht noch weiter mit diesen Fragen beschäftigen zu wollen. Doch angesichts obiger reichhaltigen Antwort glaube ich, dass es nicht mehr so nötig ist, denn der Gegenstand ist, zumal bei Mitheranziehung eben von Frage 4, sehr gründlich behandelt. Ich beschränke mich darum auf einige Bemerkungen und Unterstreichungen.
Sehr wichtig scheint mir, den Unterschied zwischen Zusammenkünften als Gemeinde (nach 1. Kor. 11,18) und allgemeinen Versammlungen zum Zweck der Evangeliumsverkündigung oder auch der Bibelbesprechungen im weiteren Rahmen zu betonen. Ich meine mit letzteren, die aber natürlich auch sehr gut Gemeindezusammenkünfte sein können, solche Versammlungen, in denen wohl der Charakter der Erbauung und Bekehrung vorherrschend sein soll, die aber durch die selbstverständliche (also nicht ausnahmemäßige, wie in 1. Kor. 14,23.24!) Anwesenheit von Ungläubigen, vielleicht sogar in großer Anzahl (die womöglich auch Fragen stellen können), nicht als ein Zusammenkommen in Gemeinde im strengen Sinne anzusprechen sind. Solche Versammlungen unter das Wort der Frage 1. Kor. 14,26 stellen zu wollen würde dieses seiner Kostbarkeit berauben, indem der Heilige Geist unmöglich so in Kraft wirken kann da, wo die Grundbedingungen der Gemeinde des HERRN nicht erfüllt sind - und die sind Abgesondertsein und Heiligkeit, vgl. Apg. 5,13.14; 2. Kor. 6,15: „Welches Teil hat ein Gläubiger mit einem Ungläubigen?” u. a. Wohlgemerkt: obige Antwort (und auch ich) sagt nicht, dass solche Zusammenkünfte nicht sein könnten - gerade Evangelisation, Kinderstunde, Jugendstunde, Missionsstunde u. a. können sehr gesegnete „Bemühungen der Liebe” (1. Thess. 1,3) sein - aber der Charakter der Gemeinde ist der einer „Ekklesia”, d. h. einer „Herausgerufenen”, nämlich aus der Umwelt, und wenn mit diesem Charakter, der sich in Joh. 21,1.9 in den „verschlossenen Türen” ausdrückte, wirklich Ernst gemacht würde auch heute noch - und Gott sei Lob, es geschieht doch an manchen Orten! -, dann würden (und werden) sich Wirkungen wie die von 1. Kor. 14. 23.24 auch heute noch offenbaren, wenn auch die ursprüngliche Geisteskraft nicht mehr so mächtig vorhanden ist, da von Apg. 5 an der Geist zu oft und zu schmerzlich betrübt ist. Wenigstens wissen wir und weiß ich von Fällen zu sagen, wo anläßlich jener herrlichsten Zusammenkunft der Gemeinde, beim Mahl des HERRN - bei dem von uns aus nie Ungläubige zugegen sein sollten, auch nicht zum Zusehen!! -, in Unkenntnis Eintretende, die nunmehr im Raume blieben, aufs tiefste innerlich von der Gegenwart des HERRN berührt wurden und dem auch hernach Ausdruck gaben. Und das wird sich stets heute noch zeigen, wo mit dem Wesen der Zusammenkünfte nach Seinem Willen, also mit dem Charakter der geheiligten Absonderung, möglichst Ernst gemacht wird, auch bei Versammlungen mehr allgemeinerer Art. Und ganz sicher wird der Heilige Geist auch heute noch, wenn auch nicht wie in den Tagen der Vollkraft, uns befähigen und „begaben” nach unserem Vers 26, wenn „die ganze Gemeinde an einem Orte zusammenkommt” (V. 23). Aber wie oft fehlen manche (ohne krank oder sonst entschuldigt zu sein!!) in solchen Zusammenkünften (Hebr. 10,25), und statt dass die übrigen nun so rechte Gefäße der Macht des Heiligen Geistes sein können, müssen sie in ihren Herzen trauern über die Untreuen, Schlafenden oder lau und träge Gewordenen, und so kann der Geist nicht Seine Kraft entfalten! Man sage nicht, dass es nur auf „die zwei und drei” ankäme (Mt. 18,20)! Wenn nur zwei oder drei vorhanden sind, so kommt es auf diese an, sind aber mehr Glieder in der örtlichen Gemeinde, so kommt es auf diese alle sehr an! Das zeigt uns die Schrift deutlich genug, und schon ein einziges Wort, wie Apg. 2,44: „Alle aber, welche glaubten, waren beisammen”, wiegt hier mehr als 100 „weise” Entschuldigungen. Aber wenn wir daran denken, wie zerspalten das Volk des HERRN ist, so brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn wir von der Kraft von 1. Kor. 14,26 wenig erfahren. Doch möchte auch ich nicht unterlassen, hier darauf hinzuweisen, dass wir heute, wo das Wort Gottes vollendet ist, nicht auf neue Offenbarungen, Zungenbotschaften, Zeichen und (sinnenfällige) Wunder (vgl. Mt. 12,39!) zu warten haben, sondern dass das, was der Heilige Geist den von Ihm Beauftragten, Begabten in der Gemeinde gibt, stets „nur” aus dem lebendigen Wort (Hebr. 4,12.13) entnommen ist, und was an diesem Prüfstein gemessen versagt, das ist nicht aus der Wahrheit, sondern stammt von unten! - So z. B., wenn Schwestern innerhalb der in Gemeinde Versammelten reden oder gar Zungenbotschaften bringen, so ist das nicht vom HERRN, sondern vom eigenen oder von einem Truggeist (V. 34ff.!). (Ich verweise hierbei auf frühere Arbeiten unseres werten Mitarbeiters [F. Btch.], vor allem auf Jahrb. 14, S. 49ff.; ferner möchte ich Jahrb. 13, S. 102ff. und 12, S. 233 dringend zur Beachtung empfehlen. Auch ist in 14, S. 169ff. ein wichtiger Aufsatz von einem anderen Mitarbeiter über einen ähnlichen Gegenstand!) Hier ließe sich noch viel sagen, sonderlich über den Schwesterndienst überhaupt. Denn wenn z. B. Evangeliumsverk ündigung keine Versammlung „in Gemeinde” ist, so könnte gefolgert werden, dass in solchen Zusammenkünften Schwestern doch öffentlichen Dienst tun konnten; aber zeigt uns etwa das Neue Testament, dass gläubige Schwestern öffentlich am Wort zu dienen haben? Zu dem bekannten Kinder-Sonntagsschul-Dienst eignet sich manche Schwester sicher sehr, aber solchen oft sehr lieblichen, herzlichen Dienst wollen wir doch wohl nicht vergleichen mit dem schwerwiegenden öffentlichen in gemischten Versammlungen?! Und wenn kürzlich einmal seitens eines bekannten Verfechters des Schwesternredens und -leitens in jeglicher Versammlung auf die alttestamentlichen Frauen Debora und die Prophetin Hulda hingewiesen wurde, so ist das nicht nur ein höchst gefährlicher Vergleich, da die Schwestern von heute doch wohl nicht behaupten können, Deboras oder Huldas zu sein, und dann ist doch auch der Dienst dieser alttestamentlichen Frauen kein Vorbild für die Ordnungen des Hauses Gottes auf neutestamentlichem Grunde! Was für eine geistliche Verwirrung herrscht in manchen Köpfen, und wie gern möchte man die Schrift benutzen, um eigene Unordnungen zu decken! Die ganzen religiösen Bestrebungen der Neuzeit in den Denominationen und „Kirchen” zeigen die gleiche Tendenz!

Aber genug von solchen Dingen, genug auch der Bemerkungen und Unterstreichungen zu obiger feinen Antwort! Möge der HERR uns Gnade geben, die beherzigenswerten praktischen Unterweisungen auf uns und unsere Gemeindebetätigungen sowohl wie auf alle weiteren Dienste sinngemaß anzuwenden, indem wir in allem mehr der Schrift Raum lassen! Denn: „Dein Wort ist Leuchte unserem Fuß und Licht für unseren Pfad” (Ps. 119,105), und selbst da, wo die Schrift uns nicht buchstäblich sagt: „Dies ist der Weg, auf dem ihr gehen sollt!” (Jes. 30,21), da sagt sie es doch ähnlich durch Bilder und Beispiele, und je mehr wir „durch Gewohnheit geübte Sinne bekommen zur Unterscheidung” (Hebr. 5,14), desto mehr wird „das Wort der Wahrheit” unter uns zur Geltung kommen, während schriftwidrige Grundsätze, selbst wenn sie noch so alt und ehrwürdig sind, nach den „Grenzen der Väter” gezogen oder durch den „Wandel nach väterlicher Weise” (1. Petr. 1,18) bestimmt - mehr und mehr ihre verpflichtende und bindende Bedeutung für uns verlieren. - Der Herr Jesus sagte zu Seinem Vater: „Heilige sie durch die Wahrheit, Dein Wort ist Wahrheit!” (Joh. 17,17) Möchten wir dies mehr und mehr erfahren durch Seine Gnade!
F. K.


Beantwortet von: Team Handreichungen
Quelle: Handreichungen - Band 18 (1933)