Unterschiede: Geist, Seele und Leib

Ich bitte um eine Erklärung der Ausdrücke „Geist“, „Seele“ und „Leib“ sowie „Herz“ und „Gewissen“ bezw. des Unterschieden zwischen diesen Bezeichnungen. Oder sind die letzteren beiden nur verschiedene Ausdrücke für dieselbe Sache (vergl. z. B. Röm. 2,15; 1. Thess. 5,23; Hebr. 9,9 und 14, Hebr. 10,16 und 22 usw.).

Antwort A

In der Stelle 1. Thess. 5,23 ist von drei Teilen des Menschen, von Geist, Seele und Leib die Rede, während andere Stellen nur Leib und Seele unterscheiden, z. B. Mt. 10,28 u. a., Geist ist das Vermögen, Gott zu erkennen, Röm. 8,16, Eph. 1,17.18 u. a., die Seele belebt den Leib und empfindet mittelst der Sinne. Die heutige Wissenschaft kennt ja auch eine Tier- und Pflanzenseele. Der Leib ist das Hilfsmittel der Seele und Vermittler des menschlichen Innenlebens mit der Sichtbarkeitswelt. Das Gehirn ist nicht das Organ, welches die Gedanken hervorbringt, sondern nur das Instrument der Seele für die Sinnenwelt.

Nach 1. Mose 24,45 bringt das Herz die Gedanken hervor. Der Begriff „Herz” bedeutet eigentlich die Zentrale, welche das Blut durch den Körper treibt, um ihm Wärme und Leben zu geben, „Herz” wird auch auf den geistigen Teil, das Innenleben (1. Sam. 1,8.10.13.15b) übertragen, und diese Kraft äußert sich im Denken (5. Mo. 29,4; Lk. 5,22), im Fühlen (1. Mose 6,6; 34,3) und im Wollen (5. Mo. 17,17; Jos. 24,23).

Jeder Mensch (auch der Heide, Röm. 2,14) hat ein Gewissen, ein gewisses Wissen, welches ihm anzeigt, was er zu tun und zu lassen hat; es ist nichts anderes als das Herz, weil dessen Wirkungen im Herzen empfunden werden. 2. Sam. 24,10: „Und das Herz schlug David, nachdem das Volk gezählet war” (Luther), oder: „Aber nachdem David das Volk hatte zählen lassen, strafte ihn sein Gewissen” (Min.-Bibel). - Dieser innerliche Richter hält Rechnung über das Tun des Menschen. Jer. 17,1: „Die Sünde Judas ist aufgeschrieben ... auf der Tafel ihres Herzens”. Nach Röm. 2,15 sind die Gedanken abhängig vom Gewissen; aus diesen Gedanken zieht der Verstand Folgerungen, durch welche der natürliche Mensch seine Sünde verteidigt (1. Mose 3,12; Mt. 25,24.25).

Paulus übte sich (Apg. 24,16), ein gutes Gewissen zu haben, was für uns alle wohl die Hauptsache ist. Nach Hebr. 9,14 ist das Blut Jesu Christi das Mittel, um ein gutes Gewissen zu erlangen. Durch das Erlösungswerk auf Golgatha (Blut Christi) kann Gott durch Christus in Gnaden mit dem Sünder in Gemeinschaft treten. Mit dieser Gemeinschaft haben wir auch Vergebung der Sünden und darum auch das Schweigen des bösen Gewissens und Ruhe im Herzen. (Eph. 1,7.) Von unserer Seite ist Hingabe an den HERRN, d. i. Glauben nötig (Apg. 13,39).
C. L.

Antwort B

1. Mose 1,26 lesen wir: „Und Gott sprach: Lasset Uns Menschen machen in Unserem Bilde, nach Unserem Gleichnis”, und Vers 27: „Und Gott schuf den Menschen in Seinem Bilde”. Ferner 1. Mose 2,7: „Und Jehova Gott bildete den Menschen, Staub von der Erde, und hauchte in seine Nase den Odem des Lebens, und der Mensch ward eine lebendige Seele”. Hiernach ist der Leib der vergängliche Teil, ein Gebilde aus Staub, doch nicht der Staub einer Schöpfung, die unter dem Fluch seufzt, sondern paradiesisch reiner Staub. Er ist die irdische Wohnung Gottes. In Hiob 4,19 wird er mit einem „ Lehmhause” verglichen. 2. Kor. 5,1 erinnert Paulus die Gläubigen daran, „dass dieses irdische Haus, die Hütte, zerstört wird”. Diese Bezeichnungen deuten seine Gebrechlichkeit und Vergänglichkeit an. Durch Einhauchung des Odems des Lebens ward dieser Leib beseelt, d. h. er bekam Leben, so finden wir auch in zahlreichen Stellen der Schrift das Wort „Seele” mit „Leben” wiedergegeben (vergl. 1. Mose 2,7; 1. Mose 35,18; 1. Kön. 17,21; Ps. 33,19 usw.). Wir können sagen, dass die Seele das Bindeglied zwischen Leib und Geist ist, und das Leben in dem Körper, das ihn einen Leib sein läßt, ist seine Seele. So ist die Seele der Sitz des Fühlens und das Leben und der Geist der Sitz des Denkens. Auch der Geist ist ursprünglich der Hauch oder Odem, den wir von Gott haben. Beide, sowohl Seele und Geist, verlassen auch mit dem Tode den Leib und kehren zu Gott zurück. Das Herz dagegen ist das Innere des Menschen (Ps. 36,1; Ps. 44,21; 1. Kor. 14,25; 1. Thess. 2,4), ferner der Sitz des inneren Gefühls (1. Mose 6,6; 5. Mose 15,10; Ps. 73,21; Eph. 6,22; 1. Joh. 3,19 u. a.), ebenso des inneren Denkens (Ps. 14,1; Ps. 19,14; Eph. 5,19; 1. Kor. 4,5; Hebr. 3,10 usw.), und auch der innere Charakter (Apg. 2,46; Mt. 13,15; 1. Thess. 3,13; 2. Kor. 6,11.12; Röm. 2,5 usw.). Das Herz, welches sich für Gott öffnet, entfaltet sich gleich einer reinen Blüte, und die Entschlüsse des Herzens beeinflussen dann die Handlungen des Gläubigen, so dass er dann mit ungeteiltem Herzen dem HERRN folgt, deshalb auch schon die Mahnungen im Alten Bunde, 5. Mose 11,18, und ferner im Neuen Testament, Kol. 3,15; Phil. 4,7; 2. Kor. 3,2; Hebr. 10,22 u. a. Das Gewissen dann ist der feine Gradmesser, das Barometer, welches uns das feine Empfinden für gut und böse anzeigt, es ist das Schuldbuch des Menschen. Gott ist es, der durch das Gewissen unser Leben bestimmen und verpflichten will. Es mahnt, pocht, es schlägt und straft und zeigt uns, dass wir göttlichen Geschlechtes sind. Es empfindet die Freude an dem Guten, hat den Widerwillen gegen das Böse. So ist Herz und Gewissen eng verbunden, und von den Herzen gehen dann gewissermaßen die Entschlüsse aus, die das Gewissen vor seine Schranken fordert, um dann zu ermuntern oder zu strafen; darum kann es auch nur im vollkommenden Einklang mit dem Willen Gottes zur Ruhe kommen. Deshalb ist auch mitbestimmend, scheidend und entscheidend bei allem das Wort Gottes (Hebr. 4,12-13). So unterscheidet sich auch das Gewissen des Gläubigen von dem der anderen Menschen, dass es in Verbindung mit Christus sein Ziel und seine Bestimmung gefunden hat. Die Schrift zeigt uns klar, dass es jeder Mensch hat (Röm. 2,15; 2. Kor. 4,2 u. 5,11)und auch wie es seine Tätigkeit entfaltet (2. Mose 2,14.15; Röm. 9,1; Hebr. 13,18). Diese und andere Stellen bezeugen uns, dass das Gewissen ursprünglich eine Mitgabe der menschlichen Natur ist, aber als ein Stück des göttlichen Ebenbildes.

So ist der Leib die irdische Hülle und die irdische Wohnung des Geistes, der Geist der Sitz des Denkens und der Vernunft des Menschen, der lebendige Odem, den der Mensch von Gott bei der Schöpfung empfing; die Seele ist das Leben, das Bindeglied zwischen Leib und Geist, und das Herz bildet gewissermaßen den inneren Charakter, während das Gewissen das Organ ist, durch welches Gott unser Leben bestimmt und verpflichtet. Die klare und ungeteilte Verbindung zeigt uns Paulus, wenn er die Gläubigen daran erinnert, dass Geist und Seele und Leib tadellos bewahrt werden sollen bei der Ankunft unseres Herrn Jesus Christus (1.Thess. 5,23); ebenso sollen die Herzen befestigt werden, tadellos und in Heiligkeit (1. Thess. 3,13). Möge der HERR die Herzen all der Seinen durch die Gnade befestigen (Hebr. 13,9), und wir wollen uns auf dem Wege üben, „ein Gewissen ohne Anstoß zu haben” (Apostelgesch. 24,16).
Ph. W.

Anmerkung des Schriftleiters F. K.

Der geringe Raum lässt nicht zu, sich noch eingehender, als es schon in den beiden klaren Antworten geschehen ist, mit dieser wichtigen Frage zu beschäftigen. Nur wenige Bemerkungen füge ich an.

Der Vollständigkeit halber ist noch ein Organ des Menschen zu nennen: Der „Sinn” (die Gesinnung, auch Gedanken[welt]) als Sitz der Erkenntnis und des aus ihr entspringenden Willens (vgl. Röm. 14,5; Phil. 4,7; Eph. 4,23; 2. Thess. 2,2; Röm. 7,23; 1. Kor. 14,15).

Geist, Seele und Leib” bilden eine wunderbare Dreiheit entsprechend der göttlichen sogen. „Dreieinigkeit”; denn im Bilde Gottes sind wir geschaffen! Nicht so, dass jede der drei Erscheinungsformen des Menschen einer der Personen der Gottheit entspräche - aber wie hier Dreiheit in einem vereinigt, so auch in uns. Der Mensch in seinen Daseinsformen Leib, Seele, Geist und demgegenüber auch in seiner Fleischesnatur (auch Gott erschien im Fleische [1.Tim. 3,16; Joh. 1,14], aber wie anders als wir!) ist ein wunderbares Geheimnis, ein Geheimnis aus Gottes Hand geworden. Vielleicht sinnen wir viel zu wenig über dieses Geheimnis nach; schon dem Psalmisten war es kostbar, nur über die äußere Menschwerdung nachzusinnen (Ps. 139), wieviel mehr sollte unser wunderbares inneres Sein, unsere Seele und noch mehr der Geist, dem sich Gottes Geist mitteilt (Römer 8), dann aber auch das Herz, der persönliche Sammelort und Herd des ganzen Empfindungs-, Gedanken- und Willenslebens (vgl. dazu noch Mt. 12,34 und Mt. 15,19), zugleich der Ausgangspunkt unseres Personlebens (Sprüche Sal. 4,23; Mk. 7,21) usw. Gegenstand unseres Forschens und Sinnens an Hand der Schrift sein! Und wie groß ist es, dass die Menschen über sich selbst in ihrem Verhältnis zu Gott ein sittliches Urteil haben - in ihrem Gewissen! Hierüber wird vielleicht in einer späteren Nummer der „G. H.” einmal ein eigener Aufsatz erscheinen, denn dies Gebiet ist sehr wichtig und wird leicht gering geachtet. Welch ein Hilfsmittel bei der Verkündigung des Wortes ist dem Redner das Gewissen des Hörers! Dieses ist geradezu ein Bundesgenosse des Redners, wenngleich der Mensch sein Gewissen auch verhärtet haben kann! (1. Tim. 4,2!) Was für Geheimnisse liegen hier verborgen wie auch in dem Verhältnis von Gewissen und Herz! (Hebr. 10,22.) Da gibt's noch genug zu forschen für jeden gläubigen Schriftforscher, obwohl es sich um Gebiete handelt, die ganz alltäglich zu sein scheinen, Dinge, mit denen wir täglich umgehen! Der HERR gebe uns auch über diese Licht aus Seinem so reichen Wort durch Seinen Geist, damit wir geschickt sind, „den Glauben zu bewahren und ein gutes Gewissen” (1. Tim. 1,19, vgl. 2. Tim. 1,3; 1. Tim. 3,9 und auch 1. Petr. 3,16.21!) und „mit Herzensentschluß, ja, „mit ungeteiltem Herzen” (2. Chr. 16,9) beim HERRN zu verharren”! (Apg. 11,23.)


Beantwortet von: Team Handreichungen
Quelle: Handreichungen - Band 7 (1920)