Antwort A
Der Epheserbrief enthält eine Fülle von Kostbarkeiten. Greifen wir darum etwas zurück, ehe wir zu der in dem ermahnenden Teile liegenden Frage kommen. Der Römerbrief betrachtet uns als „mitgekreuzigt, mitbegraben und in Neuheit des Lebens wandelnd”. Der Kolosserbrief geht weiter, indem wir „mitauferweckt sind, suchend, was droben ist”. Der Epheserbrief nun offenbart das Höchste bezüglich unserer Stellung: Wir sind nicht nur „mitlebendig gemacht” und „mitauferweckt”, sondern „mitsitzend in den himmlischen Örtern in Christo Jesu”. Diese höchste Stellung zeigt so recht die Herrlichkeit und Stellung der Gemeinde Christi. Es sei nur hingewiesen auf die Ausdrücke u. a. wie: „auserwählt in Ihm vor Grundlegung der Welt”; „gesegnet mit jeder geistlichen Segnung”; „zuvorbestimmt zur Sohnschaft”. Erhellt wird diese einzigartige Stellung noch durch die Gegenüberstellung des „Einst” und „Jetzt”, der Vergangenheit und Gegenwart. Obwohl aber der alte Mensch in Epheser als tot betrachtet wird und der neue als lebend, so ist dennoch eine Gefahr vorhanden. Denn wie die Israeliten das verheißene Land unter Kampf einnahmen mußten, so auch wir. Heißt es nicht: „Jeder Ort, auf den eure Fußsohle treten wird, euch habe Ich ihn gegeben!”? (Jos. 1,3) Doch sind wir wie jenes Volk Israel in steter Gefahr des Abfalls und der Sünde, wie das Buch Josua und Richter trefflich illustrieren. Alle gegebenen Ermahnungen erhalten somit ihren besonderen Wert und Wirkung durch die gezeigte hohe himmlische Stellung. „Seid nun Nachahmer Gottes ...”, d. h. wir sind als geliebte Kinder befähigt, Sein Wesen, d. i. Licht und Liebe, praktisch darzustellen. Die Liebe findet oftmals Erwähnung in verschiedener Form, so in Kap. 1,7; 2,4; 3,17.19; 4,3.15.16; 5,1.25 usw. Die Liebe ist notwendig zur Auferbauung der Gemeinde wie auch des einzelnen. Soll Liebe einerseits unsere Stellung kennzeichnen, so nicht minder das Licht. Einst waren wir Finsternis (5,8), verfinstert am Verstande (4,18), jetzt aber stehen wir durch Seine Gnade (2,8) als Licht inmitten der Finsternis. „In” der Welt, doch nicht „von” der Welt! Die Erwähnung des Lichtes und der Finsternis findet mit seine Begründung in der Tatsache, dass wir es im besonderen als Lichtträger nicht so sehr mit Menschen zu tun haben, als vielmehr mit Satan, dem Fürsten und Vater der Finsternis (6,12). Wir sind Mitwisser des Ratschlusses Gottes und offenbaren denselben den Menschen der Welt. Darunter fällt das Urteil Gottes über die Finsternis, welche ist Satan. Das Bestreben Satans war es von jeher, das Licht auszuschalten, und das gelang ihm am sichersten durch die Verweltlichung der Christen. Darum heißt es: „... seid nicht ihre Mitgenossen!” (5,7); 2. Kor. 6 beleuchtet insbesondere die Notwendigkeit der Absonderung.
Das Ziel unserer Betrachtung war ein Versuch, den Zusammenhang der Frage mit dem Epheserinhalt zu finden, denn „Licht und Finsternis” sind im Zusammenhang genannt, indem die Unmöglichkeit einer Wesensharmonie betont wird. Der Apostel Paulus offenbart uns den Ratschluß Gottes vor Grundlegung der Welt, der Apostel Johannes hingegen das Wesen Gottes, welches Licht und Liebe ist. Wer in Liebe wandelt, ist im Lichte. Ein Wandel in Liebe, als Frucht Opfer des Dankes und Lobes darbringend, würde genügen, um uns vor den Dingen in Kap. 5,3-14 zu bewahren. Die Praxis der gesamten Christenheit aber belehrt uns eines anderen; darum die Hinzufügung der Offenbarung des Lichtes. Vers 3-21 sind Reichsgrundsätze, denn sie legen Verantwortung auf, bekräftigt durch je fünfmaliges Vorkommen von „Licht” und „HErr”. Das Licht befähigt uns zur Prüfung, zwecks Unterscheidung dessen, was dem HERRN wohlgefällig ist (V. 10). Der Epheserbrief stellt somit höchste Anforderung an die Liebe, weil das Licht die höchste Offenbarung ist. Hohe Vorrechte bringen hohe Heiligkeit mit sich. Die Trennung der Finsternis vom Licht ist göttlichen Ursprunges und verlangt der Ehre Gottes wegen eine genaue Befolgung. So bestimmt wir „einst Finsternis” waren, so gewiß sind wir „jetzt Licht in dem HERRN”. Darum wollen wir uns aufmuntern und einmal ganz ernstlich prüfen, inwieweit ich und du dies auch praktisch sind. Sahen wir einerseits die ernste Darlegung der Offenbarung des Lichtes, so geschieht dies nicht minder bezüglich der Finsternis. Bei beiden Gegenständen handelt es sich um die Wirklichkeit des Wesens. In Galater Kap. 5 lesen wir von den „Werken des Fleisches”, in Epheser aber von den „Werken der Finsternis”. Im Galaterbrief ist das Fleisch das Werkzeug der Finsternis. Der Epheserbrief aber geht tiefer und behandelt das Wesen der Finsternis. Die Erklärung, was Werke der Finsternis bedeuten, ist nun unschwer zu finden. Sie sind die Tätigkeit der Finsternis in jeder Form. Nicht immer tritt der Charakter der Finsternis in ihren Werken zutage. Denken wir an kleine, unscheinbare Sünden wie Notlüge, Unehrlichkeit u. a. Ihr Wesen ist aber Finsternis, denn im Lichte kann solches nicht bestehen. Werke der Finsternis werden gezeitigt durch das Ausüben der Sünde, ganz gleich, ob dies durch das Fleisch oder durch die Söhne des Ungehorsams oder durch irgendeine Vertretung der Finsternis geschieht. Finsternis ist Ablehnung Gottes, ist Trennung vom Schöpfergott. Hervortretende Werke der Finsternis sind u. a. die Tötung des HERR und Seiner Zeugen, die Christenverfolgungen, die Erhebung des Christentums zur Staatsreligion, alle falschen Lehren, der Antichrist, die jetzige Regierungsform in Rußland und die Kunst in bestimmter Form als Förderer der Sünde. Wo immer wir im Worte Gottes das Böse in Tätigkeit finden, ist dies gleichbedeutend mit „Werken der Finsternis”, wenn auch die Bezeichnung des Bösen entsprechend des Charakters des Briefes eine andere ist. Im Lichte des Epheserbriefes ist alles Böse, Gott Verunehrende ein „Werk der Finsternis”. Niemals lesen wir da von einer Frucht der Finsternis, wohl aber von der „Frucht des Lichts”. Licht ist Leben; wo immer das Licht hinfällt, bringt es Frucht. Wo kein Licht ist, da ist auch kein Leben! Es ist eine Unmöglichkeit, dass Finsternis eine Frucht bringt. Die Finsternis ist der Tod; alles erstarrt und ist unfähig, Frucht zu bringen, denn das wärmende, lebendigmachende Licht fehlt. Dies gilt von der toten Materie wie von dem menschlichen Herzen. Welch ein Unterschied, ob es „Frucht” oder ein „Werk” heißt. Wir Erlösten sind durch das Licht Fruchtbringer; das ist göttliche Bestimmung. Alles, was durch das Licht geschieht, trägt Ewigkeitswert, ist bleibender Natur. Der den Heiligen Geist Besitzende weiß wohl, dass die Werke der Finsternis unfruchtbar sind. Beachten wir die Beurteilung der Finsternis durch das Licht, so ist die Eigenschaftsangabe „unfruchtbar” wohl am Platze. Die Finsternis erfährt hier im Epheserbrief eine grundsätzliche Erklärung. Die Finsternis wird einmal an einen von Gott bestimmten Ort gewiesen werden. Sie vergeht und mit ihr ihre Werke, denn sie waren „unfruchtbar”. „Darum wache auf, der du schläfst, und stehe auf aus den Toten” (du Christ, der du „Licht” bist), „und der Christus wird dir leuchten!” V. 14)
W. Wst.
Antwort des Schriftleiters
Aus der „Frage”, die ich genau so gelassen habe, wie sie eingesandt war, geht in der Weise, wie sie gestellt ist, hervor, dass der Einsender in dem Ausdruck „unfruchtbaren” einen an sich überflüssigen Zusatz erblickt, der hätte fehlen können, ohne dass die Sache selber berührt oder verändert worden wäre. Infolge dieser Fragestellung sind wir beschenkt worden mit der obigen wirklich kostbaren Antwort, die in ihrem unbeugsamen Ernst hoffentlich tiefe Wirkungen auf alle Leser ausüben wird!
Aber ist denn die Hinzufügung jenes Eigenschaftswortes „unfruchtbar” wirklich unnötig? Ist es entbehrlich? Ganz abgesehen davon, dass die Schrift natürlich nie - das weiß der Fragende ebenso gut wie wir und würde es gegebenenfalls unbedingt betonen! - etwas überflüssiges sagt, womit ja die Frage sowieso beantwortet wäre (d. h. auch wenn wir den Grund der jeweiligen Sprache der Schrift nicht immer gleich verstehen) - ganz abgesehen davon ist die Hinzufugung doch eben nicht unnötig, wenn auch klar ist, dass die Werke der Finsternis an sich schon unfruchtbar sind. Solche (nur scheinbar) „selbstverständlichen” Zusätze hat die Sprache der Schrift des öfteren; ich erinnere an die „ glückselige Hoffnung ... der Herrlichkeit ...” in Tit. 2,13, an die „törichten Streitfragen ...” in 3,9, an die „wirksame Kraft des Irrtums” von 2. Thess. 2,11 (eine Kraft ist doch „selbstverständlich” wirksam) oder auch an den „duftenden Wohlgeruch” im gleichen Kap. Eph. 5,2 und in Phil. 4,18! Man kann solche „Tautologien” (d. h. Ausdrücke, wo z. B. in einem Doppelwort zweimal das gleiche gesagt wird) in der Schrift noch öfter finden! Es sind stets Verstärkungen, die dem betreffenden Hauptwort einen grundsätzlichen Charakter verleihen (vgl. die obige Antwort). Es wird nichts Neues, nichts anders Geartetes hinzugesetzt, sondern das, was das Hauptwort bedeutet oder sagt, wird grundsätzlich erweitert, oder mit anderen Worten, es wird als eine allgemein unbestreitbare Tatsache hingestellt, die sich nie verändert. Z. B. „Streitfragen” sind stets „töricht”, sie können nie das Gegenteil sein, nie weise, klug, weisheitsvoll!
Dies angewandt auf unsere Stelle besagt, dass „Werke der Finsternis” unbedingt, grundsätzlich „unfruchtbar” sind, sie können nicht Frucht bringen, die diesen Namen verdient. Wenn in der Antwort gesagt wird, dass wir nie von einer „Frucht der Finsternis” lesen, d. h. im Epheserbrief, so ist das im wesentlichen wohl auch allgemein richtig, aber es wird auch, soweit ich weiß, einmal von einer „Frucht” gesprochen, welche durch die Sünde hervorgerufen sein könnte; aber der ganze Zusammenhang dort zeigt, dass die Art dieser Frucht nicht die Bezeichnung „Frucht” verdient, also es wird in negativem Sinne davon geredet und nur im Gegensatz zur „Frucht der Heiligkeit”. Röm. 6,20-22: „Denn als ihr Sklaven der Sünde waret, da waret ihr Freie von der Gerechtigkeit. Welche Frucht hattet ihr denn damals von den Dingen, deren ihr euch jetzt schämet? denn das Ende derselben ist der Tod. Jetzt aber, von der Sünde freigemacht und Gottes Sklaven geworden, habt ihr eure Frucht zur Heiligkeit, als das Ende aber ewiges Leben.” Ja, grundsätzlich unbedingt, tatsächlich in Gottes Augen (objektiv) gibt es keine Frucht der Finsternis, also keine Frucht für Gott! Frucht ist stets etwas Organisches, etwas Wachsendes auf Grund eines Samenkornes oder einer Pflanzung. Werke sind etwas Gemachtes. Das göttliche Samenkorn (Sein Wort), die Pflanze, die der himmlische Vater gepflanzt hat (Mt. 15,13), bringt Frucht hervor, die dem lebenschaffenden Wesen des Samenkornes oder der Pflanze entspricht und die darum organisch ist und unter allen Umständen wirklichen Wert hat, so unscheinbar sie auch sein mag und für die Augen der Welt auch oft ist. Und aus solcher lebendigen Frucht wächst wieder neues Leben hervor, köstlich in Gottes Augen; Leben bringt Leben. Aber die „Werke der Finsternis”, finster wie ihr Urheber, der sie seinem Wesen entsprechend gebildet hat (der Feind, die Sünde), können nie ihre Natur verleugnen, sie bleiben, was sie sind, und sind in jeglichem, schön gemachtem Gewande für Gott stets ein Greuel. Das ist grundsätzlich, unbedingt so und unabänderlich. Wie ernst ist das für uns, die wir noch leicht geneigt sind, der Finsternis unsere Kraft, unseren Willen zu leihen! Gemeinschaft, Genossenschaft mit solchen Dingen zu machen heißt für Gläubige, auf für Gott wertvolle Frucht („Frucht des Geistes”, Gal. 5,22) zu verzichten und Werke zu tätigen, die den Heiligen Geist betrüben (Eph. 4,30). Erst wenn wir solche „unfruchtbaren Werke der Finsternis” „strafen”, d. h. zuerst bei uns selber, werden wir fähig, Frucht für Gott zu bringen, „Frucht, die da bleibt” (Joh.15,16) und die Leben weckt, weil sie selber lebendig ist, während „die unfruchtbaren Werke der Finsternis” Verderben (d. h. Verderben für diese Werke, sie verderben!) nach sich ziehen (Gal. 6,7.8, für Gläubige gesagt). „Die Werke der Finsternis”, unfruchtbar wie ihr Urheber, bringen, da sie uns unter Gesetz stellen, Tod mit sich, „die Frucht des Lichtes” wirkt Leben und Frieden.
Genug davon! Möge der HERR schenken, dass wir die ernsten Belehrungen obiger Antwort beherzigen, uns von den „unfruchtbaren Werken der Finsternis” lösen lassen und die „Frucht des Lichtes” tragen in Geduld, bis wir droben sehen werden, wie herrlich Gott diese gewertet hat zu Seines Namens ewigem Preis.
Wie wichtig also der Zusatz bei den Werken der Finsternis! „Habt nicht Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis!” d. h. mit den Finsterniswerken, welche uns grundsätzlich unfruchtbar für Gott sein lassen, und zwar vor allem dann, wenn einmal Er das unbestreitbare Werturteil über unser Leben fällt vor Seinem Richterstuhl! (2. Kor. 5,10; Röm. 14,10) „Wandelt darum als Kinder des Lichtes!” (5,8) Er gebe uns Gnade dazu!
F. K.