Umgang mit Geld

Ist Matth. 5,42 als ein bindendes Gebot für uns anzusehen, und welche Umstände sind bei Durchführung desselben zu beachten, damit man nicht sündiger Verwendung des event. gegebenen Geldes Vorschub leistet? - In welcher Beziehung steht dieses Gebot zum alttestamentlichen Gesetz?

Antwort A

Klar ist, dass dieses Wort, wie jedes Gotteswort, für uns ein unbedingt bindendes ist, das im Zusammenhang mit der ganzen Bergpredigt wie mit allen Stellen, die vom Geben reden, unsere vollste Beachtung verdient.

Welche Umstände bei der Durchführung zu beachten sind? Soweit ich Klarheit habe, gilt auch hier der Satz: „Eine aus der Schrift herausgenommene Wahrheit ist nicht die Wahrheit, sondern erst alle auf den betreffenden Gegenstand bezüglichen Schriftworte zusammengenommen und in Beziehung zueinander erklärt ergeben die Gesamtwahrheit.” Also es kommt zu mir ein Menschenkind, von dem ich weiß, dass es nicht arbeiten will, und bittet mich um Geld. Da denke ich an das Wort: „Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen!” (2. Thess. 3,10.) Ich ermahne den Mann ernstlich und gebe nichts. Oder es kommt jemand in unverschuldeter Not zu mir, und ich habe nur gerade noch, was ich unbedingt für meine Familie benötige. Da denke ich an das Wort: „Wer seine Hausgenossen nicht versorgt ...!” (1. Tim. 5,8) und gebe nichts. Kommt aber jemand, der unverschuldet in Not ist oder es mir zu sein scheint, und ich habe in der „Gabenkasse”, dann gebe ich eben. Wird die Gabe trotzdem mißbraucht, so ist es nicht meine Schuld.

Übrigens noch ein Wort der eigensten, oftmaligsten Erfahrung! So oft ich auch in allerlei Nöte kam, so bin ich doch nie zu Menschen bitten gegangen. Gottes Kinder sollen bedenken: „Euer Vater weiß, was ihr bedürfet” (Lk. 12,22-30.31!) und sollen, dürfen Ihn bitten, der da gibt „über Bitten und Verstehen”!
K. E.

Antwort B

Bei der vor uns liegenden Frage ist es zunächst von Bedeutung, dass wir die Person unseres Herrn Jesu unserem Auge näher rücken und hier insbesondere auf Sein Wirken achten.

Auch bei diesem Wort, das der Bergpredigt entnommen ist, finden wir, wie unser Herr Jesus Seiner großen Zuhörerschar des Gesetzes Erfüllung vorstellte. Wir wissen aus Mt. 5,17, dass Er nicht gekommen war, das Gesetz aufzulösen, sondern es vollkommen, d.h. ganz zu erfüllen. Er aber, der da sagt: „Ein neu Gebot gebe Ich euch, dass ihr euch untereinander liebet, wie Ich euch geliebet habe” (Joh. 13,34), wird nie im Rahmen des dem Volke Israel im 2. Buch Mose gegebenen Polizeigesetzes die Vollendung des Gesetzes bringen. In 2. Mose 21,24 und 3. Mose 24,19.20 wird uns des Gesetzes Lauf im Alten Bunde vor Augen geführt. Hier setzt der Herr Jesus im 38. Verse unseres Kapitels ein: „Ihr habt gehört, dass da gesagt ist: Auge um Auge usw., Ich aber sage euch, dass ihr nicht widerstreben sollt dem Übel usf.” Es liegt dem Herrn Jesu daran, dass die Seinen sich nicht unter das Mosaische Gesetz stellen, sondern über dasselbe. Überdenken wir, wenn Er sagt in Lk. 6,32: „Und so ihr liebt, die euch lieben, was für Dank habt ihr davon? Denn die Sünder lieben auch ihre Liebhaber.

Wie daher schon angedeutet, der HERR, der Erfüller des Gesetzes, lehnt an das Gesetz des Alten Bundes an. In 2. Mose 22,24 und 3. Mose 25,35ff. und ferner 5. Mose 15,7 wird bereits auf die Unterstützung der verarmten, hilfsbedürftigen Brüder hingewiesen. Jetzt jedoch sagt uns der Heiland Mt. 5,42: „Gib dem, der dich bittet” usw.

Unsere Frage geht nun dahin, inwieweit dieses Gebot zu beachten ist, und wenn ich recht sehe, liegt dem Fragesteller daran, zu erfahren, ob dieses Wort für unser alltägliches Leben in seinem ganzen Umfange anzuwenden sei.
Ich will versuchen, soviel der HERR Gnade gegeben hat, meine Gedanken darüber zu äußern.

In Lk. 6,33 und 34 finden wir eigentlich noch eine Verschärfung des vor uns liegenden Wortes: „Und wenn ihr euren Wohltätern wohltut” usw. und Vers 35 sagt uns: „Tut wohl und leihet, ohne etwas dafür zu erhoffen, und euer Lohn wird groß sein und ihr werdet Kinder des Allerhöchsten sein.” (Eigentlich wird uns hier der Lohn der Gerechten gezeigt, doch kommt das hier nicht in Betracht.)

Wir sollen und müssen als Christen uns der Bedrängten annehmen. Wir lesen in Hebr. 13,16: „Wohlzutun und mitzuteilen vergesset nicht” usw., doch glaube ich für meine Person nicht, dass dieses Wort so von uns gehandhabt werden soll, wie es uns beim ersten Lesen erscheint. Beachten wir, wenn der HERR sagt: „So dich deine rechte Hand ärgert” usw. Niemand würde darauf verfallen, dass hier im wirklichen Sinne von einer Entfernung eines Gliedes oder Körperteiles die Rede sein kann. So ist auch m. E. das uns zur Erklärung vorgelegte Schriftwort aufzufassen.

Unserer Pflicht den Armen und Bedrängten gegenüber sollten wir uns allezeit bewußt sein, und wir bezeichnen den als hart und gefühllos, der achtlos an dem Elend seines Nächsten vorbeigeht.

Jedoch würden wir ein solches Geben als zu Recht ansehen, wenn wir selbst bemerken, wie wenig das Dargebotene nutzbar angewendet wird, ja, wenn es sogar sündlichen Zwecken, verderblichen Trieben dient und dienen muß? Und weiter, würden wir uns an dem Buchstaben dieses Wortes festklammern, wir würden in manchen Fällen Tür und Tor zum Untergang eines Menschen öffnen, ja, wir würden dazu beitragen, dass Borgen vielen eine liebe Lust würde und ihnen so Vorschub geleistet würde zu einem Leben, bei dem wir uns als Christen nur bitterste Vorwürfe machen müßten, Helferdienste getan zu haben. Der Apostel Paulus schreibt den Thessalonichern: „So jemand nicht arbeiten will, der soll auch nicht essen,” und weiter lesen wir in Lk. 14,28: „Wer ist aber unter euch, der einen Turm bauen will und setzt sich nicht zuvor und überschlägt die Kosten, ob er's habe hinauszuführen?” Wir können nie blindlings drauflosleben, und es würde Sünde sein, würden wir dazu unsere Hand bieten.

Ich denke, dass wir hier unterscheiden müssen zwischen solchen Fällen, in denen Bitten und Borgen nur die Unüberlegtheit zutage treten läßt, und solchen, bei denen es seinen Ursprung in wirklicher, dringlicher, unverschuldeter Not hat. In solchen Fällen sollen wir mit Freuden geben und an dem Wort des HERRN Lk. 6,35 festhalten. Eigene Not entbindet uns gewiß von der Linderung anderer Not. Aber in allen Dingen ist es wichtig, dass wir des HERRN Wort beachten und uns von Seinem Geist regieren lassen. Er wird uns jeweils den für uns richtigen Weg bezeichnen. Wie mancher Bruder, manche Schwester, mancher Freund leidet Not; tiefe Trübsal hat ihn auf diese Straße gebracht, und wir achten sein nicht, ja, wir fürchten uns vor seiner Bitte! „Gib dem, der dich bittet, und wende dich nicht (lieblos) von dem, der dir abborgen will!
O. G.

Antwort C

Wir haben es hier mit einem einzelnen Gebot zu tun, welches im Zusammenhang der sogenannten Bergpredigt steht. Diese enthält nun noch eine Reihe anderer Gebote, die natürlich denselben Wert haben wie das in Vers 42 genannte. Ist das eine Gebot für uns bindend, so sind sie es alle. Wir müssen also zunächst die Frage stellen: Welche Bedeutung hat die Bergpredigt? Ist es eine Auslegung des Gesetzes, welche für die Gläubigen bestimmt ist?

Die Bergpredigt ist die Botschaft des Messias-Königs vom Königreich der Himmel; man kann sie das „Staatsgrundgesetz des Königreichs der Himmel” nennen. Sie enthält nicht das Evangelium der Gnade, den Weg der Errettung, die Vorrechte und Segnungen wahren Christentums. Wenn jemand lehrt, dass die Bergpredigt das Evangelium ist, so weiß er nicht, was das Evangelium ist. Es gibt drei falsche Anwendungen dieser Rede des Herrn Jesu.

1. Die Anwendung auf die Ungeretteten, als wenn in dieser Predigt der Weg zur Gerechtigkeit gezeigt werde, die der Mensch durch eigene Anstrengung erreichen könnte. Der HERR spricht von Geretteten, von Jüngern. Er zeigt in den Seligpreisungen den Charakter derer, welche als Erben in das Königreich eintreten. Nur die Gnade kann solche Charaktere hervorbringen, durch den Glauben an den Sohn Gottes. In dem Maße, wie die große Heilslehre von der Errettung durch den Glauben an Jesum Christum von der Namenchristenheit aufgegeben wurde, ist die falsche Anwendung dieser „Predigt” in allgemeinen Gebrauch gekommen. Man spricht nicht mehr von dem verlorenen und hilflosen Zustand des Menschen, von der Notwendigkeit der Wiedergeburt und der Gnadengabe des ewigen Lebens. An Stelle des wahren Evangeliums ist die Moralpredigt getreten, und die Bergpredigt wird als Grundlage dazu benutzt; durch diese falsche Anwendung wird sie als ein falsches Evangelium mißbraucht.

2. Die zweite falsche Anwendung ist die, die Bergpredigt nur auf die gläubige Gemeinde zu beziehen. Die Grundgesetze der Gemeinde finden wir in den Briefen des Apostels Paulus, welchem die ganze Offenbarung über die Gemeinde anvertraut war.

3. Die dritte falsche Anwendung ist die, die Bergpredigt als absolut jüdisch hinzustellen, als wenn sie entweder nur den damaligen Juden gelte oder dem zukünftigen gläubigen Überrest Israels. Manche Christen weigern sich, diese Kapitel als eine Botschaft für alle anzusehen. Das ist das andere Extrem und gleichfalls falsch.
Wir wiederholen, die Bergpredigt ist die Botschaft des Königs von seinem Königreich. Dies Königreich ist nicht die Gemeinde, noch ist es ein Zustand der Gerechtigkeit auf Erden, der durch die Tätigkeit der Gemeinde hervorgerufen wird. Es ist das Königreich, welches der König in dem kommenden Zeitalter errichten wird. Während wir im Gesetz des Alten Bundes die äußerlichen Ordnungen des Königreichs finden, offenbart der HERR in der Bergpredigt die inneren Grundsätze des Himmelreichs. Wenn der Herr Jesus wiederkommt, werden die Verheißungen, welche im Gesetz und den Propheten vom Königreich enthalten sind, wörtlich erfüllt werden; es wird ein Königreich der Gerechtigkeit sein, aus lauter Gerechten bestehend, die dem in der Bergpredigt gezeigten Maßstab entsprechen. Jedoch schließt dies keineswegs die Anwendung auf uns aus, die wir als Miterben Christi auch Miterben des Königreichs sind (Röm. 8,17). - Zwar handelt es sich in der Bergpredigt um eine dem Gesetz nach göttlicher Auffassung entsprechende Gerechtigkeit. Der Gesetzgeber redet hier zu Seinem Volke, bestätigt das Gesetz, erklärt und ergänzt es. Wir befinden uns also hier auf jüdischem Boden. Diejenigen dagegen, welche an Jesum Christum glauben, haben mit dem Gesetz nichts zu tun. Sie sind nicht unter Gesetz (Röm. 6,14); sie sind dem Gesetz gestorben (Röm. 7,4; Gal. 2,19); sie sind nicht mehr unter dem Zuchtmeister (Gal. 3,25). Aber sie sind darum nicht gesetzlos (1. Kor. 9,21), sie sind vielmehr in dem Gesetz Christi, d. h. an Ihn in unbedingtem Gehorsam gebunden. Weil Er in ihnen lebt und sie durch Seinen Geist leitet, erfüllen sie das Gesetz, ohne dem Gesetz unterworfen zu sein. Denn Christus ist des Gesetzes Ende (Röm. 10,4), jedem Glaubenden zur Gerechtigkeit. Das bedeutet nicht: das Gesetz ist durch Ihn abgeschafft worden, weil es seinen Zweck nicht erfüllte, sondern: in Ihm hat das Gesetz sein Ziel und seine Erfüllung und darum sein Ende gefunden. Er war nicht gekommen, das Gesetz oder die Propheten aufzuheben, sondern sie zu erfüllen, d. h. sie voll zu machen, zu verwirklichen. Das Gesetz war ein Schatten Christi (Kol. 2,17; Hebr. 10,1), in Seiner Person aber haben wir den Körper selbst; da ist der Schatten überflüssig. Wenn ich von einer geliebten Person eine Photographie oder ein Schattenbild habe, werde ich mich daran erfreuen, solange ich von der Person selbst getrennt bin, wenn ich sie aber bei mir habe, werde ich sie selbst ansehen, nicht mehr das Schattenbild. Nach den Worten Jesu Mt. 5,17.18 soll das Gesetz in seinem ganzen Umfange, in allen seinen Bestimmungen bis zum kleinsten Buchstaben immer in Geltung bleiben, immer getan werden. Das ist nur verständlich, wenn der HERR meinte, in Ihm sei das ganze Gesetz in seiner wahren Absicht enthalten, vollendet, verwirklicht, erfüllt, wie in der Person eines Menschen sein Schattenbild enthalten, vollendet, erfüllt und verwirklicht ist. So sehen wir auch in der Tat an Christo in Seiner Erniedrigung alle die Dinge erfüllt, die Er in der Bergpredigt fordert. Wenn nun Christus durch den Glauben in mir ist, so werde ich denselben Charakter offenbaren wie Er. Er selbst ist dann in mir die Erfüllung des Gesetzes. Er lehrt mich dann so handeln, wie Er gehandelt hat und in jedem einzelnen Fall handeln würde. Die Bergpredigt und viele andere Worte, Gebote und Handlungen Jesu, wie überhaupt das Vorbild Seiner Person, geben uns eine Anleitung für unser Verhalten. Wir lernen daraus Seine Gesinnung. Je mehr wir Ihn als lernbegierige Schüler anschauen, werden wir durch Seinen Geist in Sein Bild umgestaltet (2. Kor. 3,18). Da empfangen wir auch Weisheit in der Erfüllung Seiner Gebote, wie z. B. Mt. 5,42. Wir können dann unter Umständen auch eine Bitte abschlagen, wenn die Liebe es erfordert. Aber die ängstliche, engherzige Selbstsucht wird nicht mehr mitzusprechen haben, sondern nur die Liebe. Ach, wieviel haben wir da noch zu lernen! Wie nötig haben wir solche Ermahnungen, wie Lk. 6,30-36; 12,14; 2. Kor. 9,6-15; Gal. 6, 9.10; 1. Tim. 6,17-19; Hebr. 13,16; Jak. 2,15.16; 1. Joh. 3,16-18! Wenn wir diese Stellen lesen, wie werden wir da beschämt, gedemütigt (aber nicht verdammt, wie wenn wir unter Gesetz ständen!)! Wie klein und eng und kühl ist unsere Liebe! Wie weit, wie großzügig, wie selbstlos, wie überströmend die Liebe unseres HERRN! Er will sie in uns und durch uns offenbaren, damit Er an uns gesehen werde. Dann fragen wir nicht mehr: Muß ich das? Wie weit darf oder muss ich gehen? - dann dringt uns Seine Liebe, vielleicht auch zu viel zu tun - besser, als zu wenig! Wenn's nur Ihm geschieht! Sind wir aber ganz in Seiner Hand, dann bewahrt Er uns auch vor verkehrtem Geben, vor verkehrtem Dienst usw. Wir werden dann in unserem Tun und Lassen mehr und mehr ein Segen für andere.
Chr. K.

Antwort D

Beim Lesen der „Bergpredigt” haben wir das Empfinden, dass es so recht Christi Geist ist, der in allem zum Ausdruck kommt. Dieser Geist sollte allezeit in uns, den Seinen, herrschen. Somit sollten wir auch im Geiste der genannten Schriftstelle handeln: „Gib dem, der dich bittet, und weise den nicht ab, der von dir borgen will.” Damit ist aber nicht gesagt, dass wir dieses Gebot immer buchstäblich ausführen müßten, da wir vor allem das wahre Wohl des anderen im Auge haben sollten und dieses nicht gerade immer darin besteht, dass wir ihm geben und borgen, so wie er will. Die Fälle sind in dieser Beziehung sehr verschieden. Wenn ich weiß, der Mann vertrinkt das ihm gegebene Geld nur, oder die Frau borgt nur, um Näschereien und Putz kaufen zu können, oder ein anderer will von mir nur haben, um sein liederliches Leben fortsetzen zu können - kann ich dann einfach geben und leihen? Nein! Oder jemand will von mir Geld leihen zu einer Sache, die ich nicht gutheißen kann - kann ich da seiner Bitte willfahren? Nein! So kann es mancherlei Fälle geben, wo ein einfaches Erfüllen der Bitte nicht zum Wohle des Bittenden und daher nicht nach dem Willen Gottes wäre. - Auch können wir nicht mehr geben oder leihen, als wozu wir nach unseren Verhältnissen imstande sind. Wir sollen nicht anderen geben oder leihen, wenn wir dann selbst wieder uns unterstützen lassen müssen oder von anderen leihen müssen, um unseren eigenen Verpflichtungen nachkommen zu können. Es kann hierin wohl Ausnahmen geben unter besonderen Umständen, in der Regel aber darf es nicht so sein, denn das Wort sagt uns: „Seid niemandem irgend etwas schuldig” (Röm. 13,8) und: „Wir ermahnen euch aber ..., auf dass ihr ehrbarlich wandelt gegen die, welche draußen sind, und niemandes bedürfet” (1. Thess. 4,10b-12). „Denn wenn die Geneigtheit vorliegt, so ist einer annehmlich nach dem er hat, und nicht nach dem er nicht hat” (2. Kor. 8,12).

Wir sehen, dass es in unserem Leben Fälle und Verhältnisse gibt, die eine buchstäbliche Ausführung jenes Gebots ausschließen, wiewohl der in demselben enthaltene göttliche Grundsatz allezeit gültig ist. Was wir in den verschiedenen Fällen und Verhältnissen zu tun haben kann hier nicht vorgeschrieben werden, aber Gott hat uns Seinen Geist gegeben, um uns zu leiten, in wahrer Liebe und in Weisheit von oben zu handeln.

Das ist unsere Seite. Es wird aber auch noch die Zeit kommen, wo die buchstäbliche Ausführung jenes Gebotes am Platze und nach Gottes Willen sein wird. Das ist die Zeit der großen Drangsal nach der Entrückung der Versammlung oder Gemeinde des HERRN, wo das Kommen des Messias zur Errettung und die Aufrichtung Seines Reiches die Hoffnung des gläubigen Überrestes sein wird. Dann werden die mancherlei Umstände, die jetzt unserer Aufgabe gemäß für uns von Gewicht sind, nicht mehr in Frage kommen; im Blick auf die unmittelbar bevorstehende Einführung des Reiches und somit eines völlig neuen Zustandes auf dieser Erde kann dann der letzte Pfennig und das letzte Stück dahingegen werden ohne eine Frage danach, was der andere damit tut und wie es weiter gehen wird. Diese Zeit ist aber nicht jetzt, sondern für uns gilt es, unsere Aufgabe verstehend, dieser entsprechend auch im Geben und Leihen zu handeln, mit geistlichem Verständnis, in Liebe und Weisheit.
Die Beziehung des vorstehend besprochenen Gebotes zu dem alttestamentlichen Gesetz ergibt sich aus V. 17 und V. 38 und den Worten: „Ich aber sage euch” V. 39 desselben Kapitels.
Th. K.

Anmerkung des Herausgebers

Diese sich schön ergänzenden Antworten geben über den Gegenstand viel Licht.
Nur noch einige Bemerkungen! Es kommt, soweit wir sehen, in der fraglichen Stelle, wie in Lk. 6,30, dem Zusammenhang nach nicht in erster Linie auf das Geben selbst an, sondern auf die Gesinnung, in der man den Menschen begegnet, mögen sie was auch immer von uns wollen. Es handelt sich um unsere innere Stellung, aus welcher Werke folgen sollen, die unseres Meisters würdig sind (vergl. Phil. 2,5!). „Weise nicht ab!” zeigt, dass wir dem Bittenden oder Borgenden nicht in Schroffheit, Kälte, Härte, wie die Welt, sondern in Freundlichkeit, Milde, ja, in verstehender Liebe zu begegnen haben (vergl. Phil. 4,5!), auch abgesehen davon, ob es uns möglich oder recht erscheint, den Bitten zu willfahren. - Und es ist nicht gesagt, dass wir unter allen Umständen das geben sollen, was erbeten wird, aber unbedingt sollen wir geben! Was? In jedem Fall eben Liebe, der Bittende soll unsere ihm geneigte Gesinnung spüren, auch wenn wir ihm die Erfüllung seiner Bitte abschlagen müssen. Wir sollen den Bittenden keineswegs stets gerade das geben, was sie wünschen, wenn wir auch imstande dazu sind. Was wir im einzelnen Fall zu geben haben, wird uns der HERR durch Seinen Geist auf Grund Seines Wortes zeigen (Jak. 1,5), aber wie wir geben sollen, das zeigt uns unsere Stelle im Rahmen der ganzen „Bergpredigt”: im Geist und Sinn Dessen, der des Gesetzes Erfüller ist, im Geiste der Liebe Christi!- Für das „Was” können wir aus Apgsch. 3,1-8 lernen, manchmal wie Gott, Größeres zu geben, als der Bitte entspricht (natürlich in den uns angewiesenen Grenzen)! - Andererseits sollte uns Lk. 11,9-11 lehren, dass wir, wenn irgend möglich, keinen hungernden Bettler ohne Brot lassen dürfen (vergl Jes. 58,7!); doch vergessen wir auch nicht, ihm das uns zum Weitergeben anvertraute Lebensbrot (vergl. u. a. Mk. 8,6 geistlich verstanden) darzubieten! - In bezug auf das „Wie” des Mt. 5,42 entsprechenden Gebens, also im Geiste der Gesinnung Christi, weisen wir noch hin auf 1. Kor. 13,3ff. und 2. Kor. 9,7; dazu auf Mt. 6,1-4!


Beantwortet von: Team Handreichungen
Quelle: Handreichungen - Band 3 (1915)