Die frühere scharfe Trennung zwischen anorganischer und organischer Chemie hatte einen gewichtigen Grund: In der unbeeinflussten Natur entstehen organische Verbindungen nur durch Aktivität der Organismen. Mit dem Tod des Organismus setzt der umgekehrte Prozess ein: Die organischen Stoffe zerfallen in ihre anorganischen Bestandteile. Als der Chemiker F. Wöhler 1828 das eindeutig anorganische Ammoniumcyanat in die organische Verbindung Harnstoff umwandelte, war dieser grundsätzliche Unterschied nicht mehr gegeben. Durch zielstrebige und planvolle Tätigkeit ist man heute in der Lage, zahlreiche organische Verbindungen zu synthetisieren. Unabdingbar ist dabei die Kenntnis von Chemie und Verfahrenstechnik, kurz: der Einsatz von Geist. Betrachten wir nun die Lebewesen, so stellen wir fest, dass es auf der physikalisch-chemischen Ebene in Pflanzen und Tieren und beim Menschen keine Prozesse gibt, die den physikalischen und chemischen Vorgängen außerhalb lebender Organismen widersprechen. Die bekannten Naturgesetze haben auch hier ihre volle Gültigkeit. Zwischen unbelebter Materie und der Materie in Lebewesen gibt es somit keinen prinzipiellen Unterschied auf der Ebene von Chemie und Physik. Die neodarwinistischen Ansätze über die Entstehung erster Lebewesen in der Ursuppenatmosphäre gehen über diese Erkenntnis hinaus und behaupten, dass es einen verhältnismäßig glatten und unproblematischen Übergang von unbelebter Materie zu lebenden Organismen gibt. Ein lebendiger Organismus darf aber nicht verwechselt werden mit Materie in Lebewesen. Die Gesamterscheinung des Organismus wird nicht angemessen verstanden, wenn man sie nur unter dem Gesichtspunkt der isolierten Erklärbarkeit ihrer einzelnen Teile betrachtet. Organismen enthalten als wichtige Zutat Information, jene geistige Größe, die die Materie nicht von selbst erzeugen kann. Sie ist dafür verantwortlich, dass jedes Lebewesen auf eine bestimmte Gestalt hinstrebt und in der Lage ist, sich zu vermehren. In der unbelebten Natur gibt es das Prinzip Vermehrung (Reproduktion aufgrund eingeprägter Information) nicht. Information wird damit zum kennzeichnenden Kriterium, um einen lebenden Organismus von unbelebter Materie deutlich zu unterscheiden. Ebenso hat die Entstehung einer individuellen Gestalt – im Gegensatz zur Kristallbildung – nichts mit einer physikalisch-chemisch bedingten Strukturgesetzlichkeit zu tun. Bei dem Phänomen Leben handelt es sich um eine Qualität, die jenseits von Physik und Chemie liegt. Gerade die sog. Evolutionsexperimente, die die Entstehung des Lebens als ein rein physikalisch-chemisches Phänomen belegen sollten, bestätigen unsere Aussage: Niemals kann Information in einem physikalisch-chemischen Experiment entstehen!
- Bei den vielzitierten Miller-Experimenten konnten einige Aminosäuren, die Grundbausteine der Proteine, synthetisiert werden; Information ist jedoch nie entstanden. Damit liegt dieser Versuch außerhalb dessen, was man als Evolutionsexperiment bezeichnen könnte.
- Der von M. Eigen entworfene Hyperzyklus ist ein reines Gedankenexperiment ohne die notwendige experimentelle Bestätigung. Mit Hilfe von sogenannten „Evolutionsmaschinen“ wollte Eigen die Evolution in den Stand des Experimentellen versetzen. Gegenüber „Bild der Wissenschaft“ (H. 8, 1988, S. 72) sagte er: „In einer unserer Maschinen haben wir Bakterienviren evolvieren lassen … Dieses Projekt hatte bereits Erfolg. In nur drei Tagen konnten wir eine Mutante isolieren, die die entsprechende Resistenz aufwies. Das Beispiel zeigt, dass es möglich ist, den Evolutionsprozess im Labor nachzuahmen.“ Solche Aussagen erwekken den Eindruck, als wäre hier ein Evolutionsexperiment gelungen. In Wirklichkeit wurde von bereits vorhandenen Lebewesen ausgegangen. Auch hier ist keine neue Information entstanden, sondern mit vorliegender werden Versuche ausgeführt, die somit keine Aussage über die Entstehung von Information liefern.
Es gilt als bedeutsames Faktum festzuhalten: In keinem Laboratorium der Welt ist es je gelungen, aus unbelebten organischen Stoffen lebendige Organismen „herzustellen“. Dies ist um so beachtenswerter, als die Biotechnik mit dem Lebendigen zahlreiche Manipulationsmöglichkeiten entwickelt hat. Bezeichnenderweise setzt Biotechnik immer bereits bei Lebendigem ein und versucht es lediglich zu manipulieren. Offenbar ist die Kluft zwischen chemotechnischen Verfahren und der Biotechnik unüberwindbar. Ja, selbst wenn es eines Tages nach unermüdlicher Forschertätigkeit und Einsatz aller Kenntnisse möglich sein sollte, würde damit bewiesen: Leben ist nur durch Einsatz von Geist und Schöpfertätigkeit erklärbar.
Quelle: Aus dem Buch: "Fragen, die immer wieder gestellt werden", CLV Verlag, 1996