Taufe des Philippus

Ist die Taufe, auch wenn sie etwa von einem Philippus vollzogen wurde (Apg. 8,12.13 u. 18ff.), eine sichere Gewähr für die Gotteskindschaft eines Getauften?

Antwort

Diese Frage ist offenbar ein Zeichen unserer Zeit, denn wir leben in einer solchen, in der es kaum mehr mit Verfolgung und Spott verbunden ist, wenn man sich taufen läßt; jene Erfahrungen, die zu allen Zeiten die Gemeinde der wahren Gläubigen rein erhalten haben von Unaufrichtigen und Halben. Die angeführte Bibelstelle, die bei einer ähnlichen Frage auch schon im 3. Jahrgang der „Handreichung”, Seite 9-12, ausführlich behandelt worden ist, zeigt uns einen solchen Unaufrichtigen, dem es nicht auf die Umgestaltung seines Herzens, sondern auf Gewinn ankam. Und doch hatte ihn der Evangelist Philippus getauft. Als einst Juden zum Herrn Jesus kamen, die Ihm Glauben geschenkt hatten, nennt Er sie Kinder des Teufels. (Joh. 8,38.44) Der HERR hatte sie eben durchschaut, eine Fähigkeit, die Ihm nicht nur als Sohn Gottes eigen war, sondern die Gott auch dem Menschensohn verliehen hatte. (Joh. 3,34) Wohl wirkt der Geist unter den vielen Geistesgaben auch heute noch diese eine, die Gabe der Geisterunterscheidung, bei wem Er will (1. Kor. 12,10.11), aber darin erkennen wir ja schon die Tatsache, dass nicht jeder Knecht Gottes, dem eine Geistesgabe verliehen ist, auch die Gabe der Geisterunterscheidung besitzen muß. Dann aber kann er sich, wie jeder andere Mensch, in der Beurteilung eines Menschen irren. So ist es auch dem Evangelisten Philippus ergangen. Petrus dagegen konnte und musste in der Vollmacht dieser Geistesgabe sogar Ananias und Saphira dem Satan zum Verderben des Fleisches übergeben. (Apg. 5) Auch heute noch gibt es Männer Gottes, vor deren Geistesautorität unlautere Menschen offenbar werden; aber sie sind nicht immer und überall zur Stelle. Darum brauchen wir uns gar nicht zu wundern, wenn heute viele Menschen getauft sind und noch werden, deren Herzen nichts wissen von wahrem „Mitgestorbensein”, deren Leben nichts offenbart von „Auferstehungskräften”. Nicht als ob das eine magische Folge der Taufe ist, nein, aber es ist der Beweis dafür, dass ein wahres Kind Gottes, ein aufrichtiger Mensch, sich in den Tod des HERRN taufen ließ. Nie und nimmer können wir daher die Taufe eines Menschen als sichere Gewähr für seine Gotteskindschaft ansehen.

Noch über eine zweite Gefahr in bezug auf die Bewertung der Taufe möchte ich etwas schreiben. Nicht dass man die Taufe ebenso wie das Mahl des HERRN überhaupt zu hoch bewerten könnte, sondern dass man beides falsch bewertet, ist die Gefahr. Wir sind durch die Überlieferungen unserer Väter, durch den Sakramentalismus, die sogenannten Gnadenmittel, in unserer Gedanken- wie Vorstellungswelt so verbildet, dass wir bei diesen Symbolen unwillkürlich und nur zu leicht auf irgendeine magische Wirkung oder Veränderung in unserem Innenleben hoffen. Dadurch aber kommen wir in Gefahr, dass wir unserer eigenen Handlung, wenn wir uns taufen lassen oder am Mahl des HERRN teilnehmen, eine heiligende, ja Gott in gewisser Weise verpflichtende Wirkung beimessen, weil wir ja Seinem Wort, das wir uns zur alleinigen Richtschnur ersehen haben, „gehorsam” gewesen seien! Doch bei dieser Gedankenverirrung bleibt sehr oft das menschliche Herz nicht stehen, sondern versteigt sich zu einem gewissen Pharisäismus anders Denkenden gegenüber, ja man glaubt zu einer größeren Freiheit, um nicht zu sagen Zügellosigkeit, berechtigt zu sein, da man ja in den so wichtigen Forderungen der Schrift gehorsam sei! Ist es so, oder übertreibe ich? Mir sind jedenfalls solche Selbstentschuldigungen zu Ohren gekommen. Ich glaube, dass überall dort, wo die Zeichen Seiner Liebe - sicher ist auch die Taufe ein solches Liebeszeichen, wenn es auch nur individuelle Bedeutung, das heißt: ganz persönlich für mich hat - zur Form werden, die einen von anderen Gläubigen unterscheiden, ja vor anderen höher qualifizieren, dieser Gefahr Tür und Tor geöffnet ist. Aber was soll dann in unserem Leben Taufe und Abendmahl bedeuten? Im Neuen Testament haben wir nur eine umgestaltende Kraft, den Heiligen Geist, der Sich des Wortes Gottes bedient. Doch nicht des Wortes, das Geist und Leben, aber nichts mit unseren Sinnen Erfaßbares ist, bedient Sich der Geist allein, sondern Gott kommt in Seiner unendlichen Gnade unserer Schwachheit zu Hilfe, indem Er uns zu Seinem Wort auch noch Zeichen Seiner Liebe schenkt, die wir mit unseren Sinnen sehen, schmecken und fühlen können. Gott hat uns wahrlich genug gegeben, als Er uns nicht nur das Fleisch gewordene, sondern auch das geschriebene Wort schenkte. Aber Er kannte uns und wußte, dass wir nur zu vergeßliche „Hörer” sind. Darum gab Er uns zwei eindringliche Erinnerungszeichen, aus unserer Sinnenwelt genommen, nicht um durch sie in uns irgendeine magische Wirkung hervorzuzaubern, sondern um durch diese Zeichen uns immer wieder daran zu erinnern, was Christus für uns tat - im Mahl des HERRN - und wo eigentlich unser Platz ist, wenn wir Auferstehungskräfte in unserem Leben offenbaren wollen - in der Taufe. Und diese Erinnerung ist die göttliche Pädagogik, durch die wir zu Menschen erzogen werden sollen, die mehr und mehr sich mit der Person des HERRN beschäftigen, mehr und mehr es lernen, sich der Sünde für gestorben zu betrachten, damit Sein Leben sich in unserem Leben offenbaren kann. (Vgl. Röm. 6; Kol. 2) Darum ist natürlich ein großer Segen und Gewinn damit verbunden, wenn wir nach den Gedanken, ja nach dem Befehl des HERRN handeln, indem wir immer wieder den Tod des HERRN verkünden und durch die ein für allemal vollzogene Taufe uns als Todeswürdige bekennen, die der HERR zu neuem Leben erweckt hat. So bleibt bei diesen Handlungen nichts übrig für eine gewisse Werkgerechtigkeit, sondern nur ein Rühmen Seiner großen Gnade, die soweit uns in unserer Schwachheit entgegenkommt. Ja, das ist die nicht wegzuleugnende Tatsache, dass wir auch des HERRN, unseres Erretters, vergaßen, brächte Er nicht Selbst durch Seinen Heiligen Geist, Sein Wort und die Zeichen Seiner Liebe Sich immer wieder in Erinnerung. Wie oft vergessen wir aber auch trotz der Taufe, von welcher Art wir sind. Ja, ist es nicht wie eine Verhöhnung dieses Zeichens, wenn wir auf Grund unserer Taufe uns besser, weil gehorsamer, dünken als andere? Ich meine, einem, der wirklich bei seiner Taufe bezeugen wollte, was sie bezeugt, dem vergeht der Mut, sich mit anderen zu vergleichen! Wenn wir es uns daher zur Aufgabe machen, durch Wort und Wesen zu bezeugen, was die Taufe bedeutet, werden wir viel dazu beitragen, dass für unlautere Menschen dieses Zeichen (Symbol) gar nicht in Frage kommt, ebensowenig wie das Mahl des HERRN; denn der Unaufrichtige will, wie es das Beispiel des Simon so trefflich zeigt, bei diesen Zeichen nur für sich selbst etwas profitieren. Dazu aber ist kein Raum, weder bei der Taufe noch beim Mahl des HERRN!
H. K.

Anmerkung des Schriftleiters

Diese Antwort eines neugewonnenen lieben Mitarbeiters unseres Blattes wird für jeden aufmerksamen Leser ein Gewinn sein. Möchten wir alle uns den ernsten Gegenstand zu Herzen gehen lassen! lasst uns den Leuten in Beröa gleichen! (Apg. 17,11.)
Der im Ausland unter schwierigen Verhältnissen lebende Fragesteller schrieb in seinem Briefe, dass doch heute die Wirksamkeit des Heiligen Geistes nicht mehr so stark sei wie damals und dass darum doch ein Irrtum heute noch leichter möglich sei als fruher zur Zeit der Apostel. Damit hat er zweifellos recht. Und darum sollten wir Heutigen vielleicht manchmal vorsichtiger und abwartender zu Werke gehen. Denn nichts vermag das Christentum mehr in Mißkredit zu bringen als ein schlechter Wandel solcher, die als Getaufte bekennen, wahre Christen zu sein, während sie entweder gar keine Geburt aus Gott erlebt haben, gar nicht Christi Geist haben (vgl. die vorige Frage!), oder wenn auch, so doch in ihrem geistlichen Wachstum zurückgeblieben oder gar in das Fleisch zurückgefallen sind (Gal. 5!), und zwar infolge vermeintlicher „Freiheit”, die, wie sehr ernst in Antwort A gesagt wurde, Zügellosigkeit ist. Es gibt auch sogenannte Gläubige, die bei jeder Gelegenheit betonen, dass sie „in Christo” seien, dass sie zur christlichen Gemeinde oder Versammlung gehörten und die dabei ein Leben führen, dass es eine Schande ist. Die Welt zeigt mit Fingern auf sie, ihre Mitgläubigen im gleichen christlichen Kreis können kaum ein Zeugnis vor der Welt ablegen, ohne dass man sie höhnisch auf jene aufmerksam macht, und tatsächlich scheinen jene das Wort Röm. 2,24 wahr machen zu wollen. Ermahnt man sie, so schelten sie über Gesetzlichkeit und Selbstheiligung oder weisen auf Korinth hin usw. usw. und - lassen sich nicht sagen! Ja, das sind manchmal Zustände, die dem wahren, treuen Christentum schädlich sind, aber man kann auch das Wort anwenden: „es müssen ja Ärgernisse kommen, aber wehe dem Menschen, durch den sie kommen!” (Mt. 18,7) Andererseits wollen wir auch selber demütig bleiben und „auf uns selber sehen, dass nicht auch wir versucht werden”! (Gal. 6,2)

Wenn nun aber jemand sagen würde - und auch das geschieht leider oft! -: „Ich lasse mich nicht taufen, denn man sieht an den Gläubig-Getauften oft auch kein anderes praktisches, geistliches Leben als an den Ungetauften oder den als Kinder Getauften” - dann wäre das grundverkehrt und nur gar zu leicht ein Ruhekissen für Ungehorsame oder gegen Gottes Wort Gleichgültige. Denn wenn auch Irrtümer möglich und tief bedauerlich sind, so entheben sie uns Gläubige gleichwohl nicht des Handelns nach Seinem Wort „... und taufet sie ...”! (Mt. 28,19) oder „... und er befahl, dass sie getauft würden ...” (Apg. 10,48; vgl. Frage 2 des Jahres!) usw. Wer aber dennoch durch den manchmal leider ungeistlichen Wandel der Getauften sich abhalten läßt, sich taufen zu lassen, den haben wir nicht zu richten, aber wir möchten ihn fragen, ob er nicht ein wenig Ähnlichkeit mit solchen Unbekehrten hat, die da sagen: „Warum soll ich mich bekehren? Die ‚Bekehrten‘ sind auch nicht ohne Sünde, und diese und jene offenbaren Sünden sind unter denen vorgekommen, die ich kenne; da bleibe ich lieber, wie ich bin, und diene Gott, so gut ich kann und weiß, und Er wird schon meine Gründe, weswegen ich mich nicht bekehrt habe, einst anerkennen!” Wird Er? Du weist es: Er wird nicht! Wird Er aber deine Gründe anerkennen, weswegen du - wenn du ihn erkannt hast - den Weg des Gehorsams gegen die Wahrheit nicht gegangen bist? Frage das Wort, aber nicht dein trügerisches Herz!

Doch lasst uns alle mehr, was wir sind, auch sein, statt es mit Worten zu behaupten, ohne es durch den Wandel zu beweisen! „Wenn wir durch den Geist das Leben haben, so lasst uns auch durch den Geist wandeln!” (Gal. 5,25) Wie wichtig ist dieses!
F. K.


Beantwortet von: Team Handreichungen
Quelle: Handreichungen - Band 15 (1930)