Taufe des Kornelius

Darf man sagen, wie ich bei einer Diskussion hörte, dass Petrus mit der Taufe des Kornelius usw. in Eigenwilligkeit oder Eigenmächtigkeit gehandelt habe, denn diese Taufe sei nicht nötig gewesen? (Apg. 10,47.48.)

Antwort A

Die Antwort auf diese Frage wird dadurch bestimmt, ob für Petrus ein Auftrag zu dieser Taufe vorlag oder nicht.
Wirwissen, dass der Herr Jesus nach Seiner Auferstehung vor Seiner Aufnahme in den Himmel von Seinen Jüngern vierzig Tage hindurch gesehen wurde und mit ihnen über die Dinge redete, welche das Reich Gottes betreffen. (Apg. 1,3) Hierbei hat der HERR auch betreffs der Taufe Anweisung gegeben, wie uns Matth 28,19 und Mark 16,16 berichten. In Mt. 28,19 lesen wir, dass der HERR - auf Grund der herrlichen Tatsache, dass Ihm alle Gewalt gegeben ist im Himmel und auf Erden (V. 18) - Seinen Jüngern sagte: „Gehet nun hin und machet alle Nationen zu Jüngern, und taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehret sie ...”, und in Mk. 16,16: „Wer da glaubt und getauft wird, wird errettet werden ...”. In Mt. 28,19 finden wir die klare und bestimmte Weisung des HERRN an die Seinen, die zu Jüngern gemachten - also an Ihn gläubig gewordenen - Seelen zu taufen: „machet ... zu Jüngern, und taufet sie ...”; und Mk. 16,16 zeigt ebenso klar und bestimmt die von Ihm gewollte Ordnung, dass auf den Glauben die Taufe folgen sollte: glaubt - getauft! Der Zusatz: „wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden” lässt deutlich erkennen, dass für die Errettung es allein auf den Glauben ankommt, nicht auf die Taufe, die in diesem Zusatze eben deshalb nicht erwähnt ist (s. hierzu die Ausführungen in „Handreichungen” 13. Jahrb. - 1928 - S. 89-96); dass aber der HERR trotzdem im ersten Teil des Verses mit dem Glauben, der doch allein errettet, die Taufe verbindet, ist darum, weil nach Seinem Willen an das Gläubigwerden die Taufe sich anschließen sollte und deshalb für Ihn die Taufe eine selbstverständliche Zugehörigkeit zu dem Glauben war.

Wir ersehen aus dem Vorstehenden also den bestimmten Auftrag des HERRN zur Taufe derer, welche glauben, ohne irgendwelche Einschränkung.
Dass dieser Auftrag von den Aposteln und Jüngern des HERRN auch so verstanden worden war und ausgeführt wurde, können wir in der Apostelgeschichte überall sehen, wo uns von der Taufe berichtet wird: immer war es so, dass die, welche gläubig geworden waren, auch gleich getauft wurden. (Apg. 2,38.41; 8,12.36-38; 9,18; 10,47.48; 16,15.33; 18,8; 19,3-5)

Nach allem dem erscheint es vollkommen dem Willen des HERRN gemäß, dass auch in dem Falle des Kornelius mit seinen mit ihm gläubig gewordenen Verwandten und Freunden Petrus die Taufe dieser Gläubiggewordenen anordnete und vornehmen ließ. Darüber, dass sie gläubig waren, konnte kein Zweifel sein, da „der Heilige Geist auf sie gefallen” war, „denn sie hörten sie in Sprachen reden und Gott erheben” (V. 44.46), so dass es also nur ein Ausführen des Befehles des HERRN war, wenn sie getauft wurden. Demnach kann keine Rede davon sein, dass Petrus mit der Anordnung dieser Taufe in Eigenwilligkeit oder Eigenmächtigkeit gehandelt habe.
Hiermit wäre im Grunde die Frage beantwortet. Aber die Begründung des Vorwurfes gegen Petrus in obiger Frage: „denn diese Taufe sei unnötig gewesen”, erweckt in uns den Gedanken, dass der in der Frage ausgesprochenen Auffassung vielleicht eine Lehre zugrunde liegen könnte, die nicht nur gänzlich unbegründet ist nach der Schrift, sondern dieser sogar entgegenläuft. Deshalb möchten wir versuchen, noch kurz die Irrigkeit dieser Lehre darzulegen. Wir meinen die von manchen vertretene Lehre, jeder Gläubige müsse „die Taufe mit dem Heiligen Geiste” - die „Geistestaufe” - erstreben und empfangen, und diese mache die Wassertaufe - um die es sich selbstverständlich bei dem Taufbefehl des Herrn Jesus und bei allen Taufbeispielen in der Apostelgeschichte wie auch Röm. 6,3.4 usw. handelt - überflüssig. Der erste Irrtum dieser Lehre ist die Auffassung über die Taufe mit dem Heiligen Geiste. Von letzterer als etwas zu Erwartendem, was mit den Gläubigen geschehen sollte, ist nur von Johannes dem Täufer und dem Herrn Jesus Selbst gesprochen worden, und zwar von dem HERRN zuletzt nach Seiner Auferstehung, ehe Er in den Himmel auffuhr, also vor Pfingsten. (Mt. 3,11; Mk. 1,8; Lk. 3,16; Joh. 1,33; Apg. 1,5) Was mit „Taufe mit Heiligem Geiste” gemeint ist, ergibt sich deutlich aus verschiedenen die Sendung des Heiligen Geistes und Dessen Wohnen iii den Gläubigen und Sein Wirken betreffenden Aussprüchen des HERRN, nämlich: das Herabkommen des Heiligen Geistes - nach geschehener Verherrlichung des HERRN bei dem Vater - aus dem Himmel auf die Gläubigen und Sein Einziehen in dieselben, um für immer in ihnen zu wohnen, mit all den Wirkungen und Folgen, von denen der HERR gesprochen hatte. (S. Lk. 24,49; Joh. 7,38.39; 14,16.17.26; 15,26; 16,7.13-15; Apg. 1,8.) Und diese große, wunderbare Tatsache geschah an jenem Pfingsttage, der auf die Himmelfahrt des HERRN folgte, wie uns Apg. 2,1ff. berichtet wird, in Übereinstimmung mit den Worten des HERRN an Seine Jünger vor Seiner Himmelfahrt, dass sie „mit Heiligem Geiste getauft” werden sollten „nach nunmehr nicht vielen Tagen”. (Apg. 1,5) Das, was an jenem Pfingsttage geschah, war die verheißene und damals der Weisung des HERRN gemäß von den Gläubigen erwartete „Taufe mit Heiligem Geiste”. Diese geschieht nicht wieder und wieder und kann auch nicht wieder geschehen, solange die Versammlung auf der Erde ist, weil der Heilige Geist seit jenem Pfingsten hienieden ist und in jedem einzelnen Gläubigen wohnt, die vielen einzelnen dadurch zu einem großen Ganzen verbindend, für das der Heilige Geist in 1. Kor. 12 das Bild eines Leibes gebraucht, um uns die so durch den Heiligen Geist geschaffene und bestehende wunderbare, unzerstörbare Einheit und die damit verbundenen Beziehungen der Erlösten zueinander usw. in lebendiger Weise vor Augen zu stellen.

In 1. Kor. 12 ist auch die einzige Stelle, wo wir nach Apg. 1,5 - bzw. nach dem in Apg. 2,1-4 uns berichteten Herabkommen des Heiligen Geistes - noch einmal von „Taufe” in Verbindung mit dem Heiligen Geiste lesen, indem dort der Apostel V. 13 darauf hinweist, dass das Verbundensein aller Gläubigen zu diesem einen - seit jenem Pfingsten bestehenden - „Leibe” auf dem „Getauftsein in einem Geiste” und dem „Getränktsein mit einem Geiste” beruht, wodurch uns zugleich gezeigt wird, dass die Wirkung der zu jenem Pfingsten geschehenen „Taufe mit Heiligem Geiste” eine fortdauernde, nicht nur alle damals vorhandenen, sondern auch alle seitdem hinzugekommenen und alle noch weiter hinzukommenden Gläubigen umschließende ist. Daraus folgt auch, dass es sich für alle seit jenem Pfingsten Hinzugekommenen und noch Hinzukommenden nicht mehr um ein Getauftwerden mit Heiligem Geiste, sondern um das Empfangen des Heiligen Geistes handelt und nur um dieses handeln kann: der Heilige Geist, der seit jenem Pfingsten in den jeweils den „Leib” auf der Erde bildenden Gläubigen wohnt, zieht in jeden neu hinzukommenden Gläubigen ein, und dadurch wird letzterer dem einen „Leibe” als Glied hinzugefügt und der zu jenem Pfingsten geschehenen „Taufe mit Heiligem Geiste” teilhaftig. So sagt Petrus Apg. 2,38 schon an jenem Pfingsttage nach erfolgter „Taufe mit Heiligem Geiste” seinen Zuhörern: „... und ihr werdet die Gabe des Heiligen Geistes empfangen”, und so finden wir es überall späterhin. (Apg. 5,32; 8,14-17; 10,44-47; 15,8; 19,2-6; Röm. 5,5; 1. Kor. 2,12; 2. Kor. 1,22; Gal. 4,6; 1. Thess. 4,8) Etwas anderes ist das „Erfülltwerden” mit Heiligem Geiste oder „voll Heiligen Geistes” sein, was vielleicht manche Gläubige in Wirklichkeit mit dem „Getauftwerden” mit Heiligem Geiste meinen. Wir finden in der Apostelgeschichte wiederholt Beispiele von „Erfülltwerden” mit Heiligem Geiste. (Apg. 2,4 - wo es in Verbindung mit der soeben geschehenen „Taufe” mit Heiligem Geiste selbstverständlich war -; 4,8.31; 6,3.5; 7,55; 9,17; 13,9.52) Dasselbe setzt das Empfangenhaben, Innewohnen des Heiligen Geistes voraus: „mit Heiligem Geiste erfüllt werden” oder „voll Heiligen Geistes sein” kann nur jemand, der den Heiligen Geist hat, in dem der Heilige Geist wohnt. Es bedeutet, dass der Gläubige vom Heiligen Geiste vollkommen beherrscht wird, der eigene Geist und Wille vollkommen zurückgetreten ist und nur der Heilige Geist in ihm Raum hat, was immer in dem Maße der Fall sein wird, in welchem Christus uns groß ist, denn das ist das Werk, die Aufgabe des Heiligen Geistes - „er wird Mich verherrlichen”, sagte der HERR. (Joh. 16,14) Deswegen werden wir ermahnt: „Werdet mit dem Geiste erfüllt.” (Eph. 5,18)

Der andere Irrtum der obenerwähnten Lehre ist der, dass die Wassertaufe überflüssig sei, wenn jemand den Heiligen Geist habe. Für eine solche Lehre gibt es nicht die geringste Unterlage in der Schrift und kann es auch gar keine geben nach dem, was die Wassertaufe bedeutet. Jene Behauptung zeigt nur, dass die Vertreter dieser irrigen Lehre nicht nur über die „Taufe mit Heiligem Geiste” eine falsche Vorstellung haben, sondern auch den Sinn und die Bedeutung der Wassertaufe nicht erfaßt haben (s. Röm. 6,4; Gal. 3,27; Kol. 2,11.12; 1. Petr. 3,21). Aber nicht nur das: Der HERR hat den Seinen die klare und bestimmte Anweisung gegeben, die Gläubiggeworbenen zu taufen, ohne irgendwelche Ausnahmen oder Einschränkungen, und Er hat dieses Gebot nie abgeändert oder aufgehoben, so dass dasselbe heute noch genau so besteht wie zu Anfang und demnach jene Lehre, die „Geistestaufe” mache die Wassertaufe überflüssig,die Beiseitesetzung eines klaren und bestimmten Gebotes des HERRN bedeutet.

Wohin kommen wir, wenn wir die klaren Linien des Wortes Gottes verlassen und menschlichen Gedanken Raum geben! Hüten wir uns vor jedem Abweichen und lassen wir nur das Wort Gottes über alle Fragen entscheiden! Das tat auch Petrus, als er die Taufe des Kornelius und der anderen mit diesem Gläubiggewordenen anordnete: er hielt sich nur an das Wort des HERRN, wie wir es Mt. 28,19 finden.
Th. K.

Antwort des Schriftleiters

Diese klare, umfassende Antwort unseres treuen Mitarbeiters bedarf in der Hauptsache wohl keiner Ergänzung mehr, aber da ist noch ein Punkt, welcher der Erwähnung würdig ist, da er möglichenfalls von Gegnern angeführt werden konnte. Auf diesen noch kurz einzugehen, halte ich für meine Pflicht.
Zunächst aber etwas Allgemeines!

Verfasser obiger Antwort sagt zum Schluß: „Wohin kommen wir, wenn wir die klaren Linien des Wortes Gottes verlassen und menschlichen Gedanken Raum geben!” Ja, so ist es! Aber noch weiter: Wohin kommen wir, wenn wir das Handeln eines Apostels zu kritisieren uns herausnehmen! - Wenn wir, die wir fast 1900 Jahre nach dem Wirken der Apostel Jesu Christi leben, uns für klüger halten denn sie! Verstehen wir etwa den HERRN besser als jene, zu denen Er unmittelbar redete? Von welcher Anmaßung zeugt diese Kritik an dem Verhalten des Petrus!

Ich weiß wohl, dass über die Handhabung der biblischen Wassertaufe unter den Gläubigen der Jetztzeit verschiedene Anschauungen herrschen, und es liegt mir fern, solche Kinder Gottes, die über diesbezügliche grundsätzliche Fragen anders denken als wir (Herausgeber und Mitarbeiter der „Handreichung”), hier jetzt öffentlich anzugreifen, aber wer sich nicht scheut, einem Apostel Jesu Christi bei einer derart in apostolischer Autorität vollzogenen Handlung wie der Taufe des Kornelius „Eigenwilligkeit oder Eigenmächtigkeit” vorzuwerfen, dem sei hiermit gesagt, dass er es sehr nötig hat, sich zu beugen und zu lernen, was Unterwürfigkeit unter die Schrift bedeutet! Für jemanden, der in dieser Weise über einen in Vollmacht vor dem HERRN handelnden Apostel zu urteilen wagt, kann man wirklich fürchten, dass er auf noch ernstere Abwege gerate! Hüten wir alle uns vor solcher und anderer Kritik am Worte Gottes! Ja, wohin kommen wir, wenn wir uns derlei erlauben!
Und nunmehr gehe ich über zu dem noch zu erwähnenden Punkte. -

Es könnte gesagt werden: wenn die Sachlage so einfach gewesen wäre wie beispielsweise bei dem Kerkermeister später (Apg. 16,30ff.), dann hätte Petrus doch keine Veranlassung gehabt zu dem eigentümlichen halb fragenden Satz: „Könnte wohl jemand das Wasser verwehren ...?” oder „es kann doch nicht (etwa) jemand ...!” (V. 47) Nach dieser halben Frage könnte es doch scheinen, als ob er sich selber nicht ganz sicher gewesen wäre in seiner Handlungsweise!? Und warum spricht er von „verwehren”? Wer hätte dazu den Versuch machen können? Klingen diese Worte nicht wie eine Art Verteidigung gegen irgendeinen vielleicht unsichtbaren oder sich, aus was für einem Grunde auch immer, nicht meldenden, aber scharf beobachtenden Gegner? Wenn Petrus als Apostel des HERRN wußte, was er zu tun hatte, warum dann diese anscheinende Abwehr gegen noch verstecke Vorwürfe oder Angriffe, von welcher Seite sie auch kommen mochten? Ein einfacher, knapper Befehl, die Taufe zu vollziehen, ohne erst eine solche halbe Fragestellung hätte doch die Sachlage wesentlich vereinfacht, und kein Mensch hätte je aus dieser Stelle falsche Folgerungen über die Wassertaufe ziehen können!

Ich gebe ohne weiteres zu, daß, wer solche Einwände macht, und zwar nicht, um Kritik zu üben, sondern aus innerer Not heraus, ein Recht hat, gehört zu werden sowie seine Einwände beantwortet zu sehen. Und das um so mehr, als ja auch diese und andere Erwägungen mit die Grundlage bilden zu einem Irrtum, der vor etlichen Jahren viele Gläubige beunruhigte: der, dass gegenüber den Heidenchristen Tauffreiheit bestünde, d. h. also, dass nur Christen aus Israel getauft werden müßten, solche aus den Heiden aber nicht unbedingt. Gewiß, wer obige Fragen hat und dann von solcher „Lehre” hört - besser: von solchem „Wind der Lehre” (nach Eph. 4,14), der ist leicht geneigt, für sich selber die Gläubigentaufe als überflüssig anzusehen. Aber allein schon die einfache Tatsache, dass in der Apostelgeschichte gerade auch die Heidenchristen unbedingt getauft worden sind (vgl. besonders Kap. 16,15.33 und 18,8), sowie die Lehre über die Taufe nach dem Römer-, Galater- und Kolosserbrief (Röm. 6; Gal. 3; Kol. 2) macht die Hinfälligkeit dieser Lehrmeinung offenbar. Indem ich von dieser „Lehre” spreche, greife ich mitten hinein in die Sache selbst. Denn hiermit in Verbindung steht der ganze obige Fragenkomplex, der sich an Petri Worte: „Könnte wohl jemand das Wasser verwehren ...” anschließt.

Was im Hause des Kornelius geschah, war für einen solchen strengen Judenchristen wie Petrus schlechterdings neu und unvorhergesehen. Wenn Kornelius und die Seinen in solcher Weise zum Glauben, zur Bekehrung gekommen wären, wie es bei den Juden zu Pfingsten und danach (Apg. 2 usw.) geschehen war, dann hätte für keinen eine Frage vorgelegen, was geschehen solle; denn dann wäre die Sachlage klar und einfach gewesen, weil nichts Neues für die Sendboten Gottes darin gelegen hätte. Dass Petrus überhaupt in das Haus des Heiden kam, war ja aber schon etwas ganz Besonderes, nicht Selbstverständliches. Ich habe im vorigen Jahrbuch (14) auf Seite 151-158 in dem Aufsatz „Zehn Gesichtspunkte über die Apostelgeschichte” mich so eingehend mit diesem Gegenstand beschäftigt (unter dem Stichwort: „Die Apostelgeschichte als die Geschichte der großen Auseinandersetzung zwischen Judentum und Heidentum [Judenchristentum und Heidenchristentum ]”), dass ich davon absehen kann, hier diese ganze Sache wieder aufzurollen. (In dem in Antwort A von mir in Fußnote erwähnten Buche von Br. A. v. d. K. ist auch darüber manches gesagt.) Auf einem absonderlichen Wege musste der Judenapostel lernen, dass „vor Gott kein Ansehen der Person” und dass „Gott auch der Heiden Gott” sei (vgl. V. 28.29 u. 34, in Verbindung aber mit dem Wege [V. 9ff.], auf dem Gott Seinen Apostel überhaupt erst nach Cäsarea hinführt). Aber so absonderlich wie sein Weg zu Kornelius, so absonderlich seine Evangeliumsverkündigung und deren Ausgang. Er hatte kaum den Zentralpunkt des Evangeliums genannt (V. 43) - er hatte kaum erst „begonnen” zu reden (vgl. seine Verteidigung Kap. 11,15!!), da fiel der Heilige Geist auf alle Zuhörer, und zwar in Seinen Zeichen so unbezweifelbar, dass Petrus sofort wußte, diese Heiden sind schon jetzt gläubig geworden (was er gemäß 11,14 erwarten durfte!) und haben das Siegel ihres Glaubens vom HERRN erhalten, aber - und damit komme ich zu der Ursache, weswegen er m. E. seine fragenden Worte: „Könnte wohl ...”, ausspricht! - aber denken auch sie, die anderen, meine Brüder (nämlich jene 6 mitgenommenen Zeugen aus der Gemeinde in Joppe; V. 23, vgl. mit 11,12) - denken auch sie so? Dass sie „außer sich waren” über die Tatsache des unzweifelhaften Geistempfangs der Nationen (Heiden) (V. 45), das sah Petrus auch (und er mochte kaum weniger bewegt sein, wenn’s auch nicht dasteht), aber, aber, „verstehen auch sie diese Sache so wie ich? Sehen auch sie, was ich sehe, dass der HERR auf eine außergewöhnliche Weise die Heiden gerettet hat, und vielleicht gerade deshalb, damit wir Juden nicht denken, dass Gott nur eine - unsere - Weise hat, um Menschen zu erretten! - sehen auch sie, dass wir kein Recht haben, diese Gläubiggewordenen aus den Nationen auch nur noch eine Stunde länger von den Segnungen der Gemeinschaft mit der Lehre der Apostel (2,42) auszuschließen?” Ich bin überzeugt, dass in dem Apostel, der kraft Inspiration (göttlicher Beeinflussung) sofort klar sah, solche oder ähnliche Gedanken auftauchen mußten, denn er wußte doch, dass er, obwohl Apostel, doch in Einmütigkeit mit den übrigen stehen und handeln mußte. Sonst - wenn er diese 6 Zeugen gegen sich hatte, dann würde ihm die später selbstverständlich werdende Verteidigung vor der Muttergemeinde in Jerusalem wohl bitter schwer werden! Ich kann, angesichts der Szene in Jerusalem nach Kap. 11 durchaus zu keinem anderen Ergebnis kommen! Er, der Apostel, musste die anderen, die in ihrer Bestürzung vielleicht kaum fähig gewesen wären, einen klaren - d.h. verantwortlichklaren Gedanken zu fassen, jetzt gleichsam „mitreißen” und auf diese Weise jeglichem Gefühl der Nichtzusammengehörigkeit zwischen den älteren Judenchristen und den jüngeren Heidenchristen und umgekehrt vorbeugen. Er war Führer und hatte große, gottgegebene Führereigenschaften, als von Gott dazu bestellt, den Juden und den Heiden die Tür zum Reich der Himmel aufzuschließen. (Mt. 16,19) Hätte er aber hier als Führer versagt, so hätte ein nicht wiedergutzumachender Schade eintreten müssen (nicht nur können!), und ein Wort wie 11,18 hätte schwerlich je gesprochen werden können, d. h. von solchen, die es sprachen. Denn von diesen Verantwortlichen gesagt, war es gleichsam ein Programmwort, und mehr als das! Ein herrliches Wort - schlimm, wenn es nie gesagt worden wäre!

Aber der Apostel versagte nicht! Er war auf der Höhe seiner apostolischen Berufung und Verantwortung. Wer hätte solch ein Jemand sein können, der jenen Jungbekehrten hätte das Wasser verwehren können? Nur einer jener 6! Aber, mag auch in einem solch ein Gedanke aufgetaucht sein, vielleicht, - ausgesprochen ist er nie, er konnte es nicht, denn mit seiner „Halbfrage” schnitt Petrus in apostolischer Vollmacht jeden Einwand ab, stellte mit dem „gleichwie auch wir” (kostbar!) jene Heiden auf die gleiche Stufe wie sich selbst mit den übrigen und „befahl”, dass jene getauft würden in der Autorität des Namens des HERRN. Er machte sich - als Apostel - eins mit dem HERRN, Dessen die oberste Verantwortung ist. Hätte er „das Wasser verwehrt”, dann hätte er „Gott gewehrt” (11,17). Das ist eines Apostels nicht würdig! - Aber, Geschwister, ist es unserer würdig, des Apostels Wort zu mißachten oder zu kritisieren? Gilt hier nicht auch die mahnende Belehrung von Apg. 2,42? Wollen nicht auch wir „verharren” in diesen Stücken?

Ich bin am Ende meiner Darlegungen, durch die, wie ich hoffe, dem möglichen Einwand begegnet ist, dass Petrus sich selber nicht sicher gewesen sei in dem, was er tun sollte. O ja, er war es, aber der eine oder andere von jenen 6 hätte wohl solch törichter, unverständiger „Jemand” sein können; jedoch ehe er dazu wurde, ward er durch die klare, unzweideutige Führung des Führers von der Wahrheit überzeugt, und wie glücklichen Herzens mögen dann diese 7 Boten Gottes auf den an Petrus gerichteten Wunsch der so entstandenen Hausgemeinde dort geblieben sein (V. 48b), um ihre jüngsten Brüder weiter in die Wahrheit einzuführen!
Der HERR sei gepriesen, der in jener Anfangszeit die „Steine des Anstoßes” zu entfernen wußte, ehe sie jemandem hinderlich werden konnten, zu „wachsen in der Gnade und Erkenntnis Jesu Christi”. (2. Petr. 3,18!) Möge es Ihm gelingen, auch uns, die wir dies gelesen haben, zu belehren durch Sein Wort und Seinen Geist, auf dass auch wir die Wahrheit erkennen und durch sie von aller Menschenmeinung und allen trügerischen Einbildungen unserer Herzen frei werden! Denn nur die Wahrheit macht frei! (Joh. 8,32)
Dein Wort ist Leuchte meinem Fuß und Licht für meinen Pfad!” (Ps. 119,105)
F. K.


Beantwortet von: Team Handreichungen
Quelle: Handreichungen - Band 15 (1930)