Man schätzt, dass bereits mehr als drei Millionen Deutsche tätowiert sind. Tendenz steigend. Die Symbole variieren tausendfach, von Schlangen, Elfen, Totenköpfen bis Rosen. Diese Tattoos (moderne Bezeichnung für Tätowierungen) sind besonders bei jungen Leuten sehr gefragt. So schrieb eine Tageszeitung schon 1996 unter der Überschrift «Bilder, die unter die Haut gehen»: «Die Fans des Körperkults sind in den 2.000 Tattoo-Studios auf der Suche nach der neuen Herausforderung, nach dem ultimativen Kick. Erlaubt ist, was gefällt: Bodypainting, Nasenringe, Piercing-Metall an allen Körperteilen.»
Gleichzeitig werden immer bizarrere Formen angeboten, die zum Teil auch schmerzhaft sind. Im Trend liegt «Branding », bei dem die «Opfer» einiges aushalten müssen, wenn ein auf 1.000 Grad erhitzter Stempel auf ihre Haut gepresst wird. Für noch härtere Typen gibt es das «Tuckering», bei dem Metallklammern in die Haut geknipst werden. Fazit: Was früher als Strafe, Demütigung, Entstellung oder Kennzeichnung von Sklaven empfunden bzw. praktiziert wurde, gilt heute als «cool» und findet wachsende Anhängerschaft. So schreibt wiederum ein weltliches Blatt zum Thema Piercing: Ein Ring durch die Nase, den Bauchnabel oder im Intimbereich ist «in». Ringe im Ohr von jungen Männern sind auch immer wieder gefragt. Fraglich wird es, wenn auch Fromme sich derartig «outen»; vor allem vor dem Hintergrund, dass die Männer, die in den 1960er Jahren mit solchem «Schmuck» im Ohr auftraten, die Homosexuellen waren. Es war damals ihr Erkennungszeichen. Natürlich denken die gläubigen Teenager nicht daran und es hat heute längst nicht mehr diese Bedeutung. Doch kann man die Wurzel einer Entwicklung völlig ignorieren?
Ringe im Ohr und auch in der Nase der israelitischen Frau galten dagegen gemäss der Bibel als Schmuck (Hes 16,12); und besonders der Nasenring galt als Symbol der Unterwerfung der Frau unter die Autorität des Mannes bzw. eines anderen (1.Mo 24,47). Dieses Bild gebraucht die Bibel denn auch an anderer Stelle als Symbol für das Gericht, in diesem Fall über das Heer Assyriens. «Weil du denn gegen mich tobst und dein Übermut vor meine Ohren gekommen ist, so will ich dir meinen Ring in deine Nase legen …» (2.Kön 19,28; Jes 37,29). Zur Zeit des Alten Testaments wurde einem Sklaven, der bei seinem Herrn bleiben wollte, als Kennzeichen seiner freiwilligen Unterwerfung ein Pfriem durch sein Ohr gestossen, «und er sei ein Sklave für immer» (5.Mo 15,17; vgl. 2.Mo 21,6).
Darf hier eine Parallele (keine dogmatische Aussage) angedacht werden? Ist dies womöglich ein Kennzeichen dafür, dass man sich jemand anderem bewusst oder unbewusst als Sklave zur Verfügung gestellt hat? Die Bibel spricht davon, dass es einen unsichtbaren Sklavenhalter gibt, der die Menschen durch die Sünde an sich fesselt, und sie nennt ihn auch den Gott dieses Zeitalters (Joh 8,34 und 2.Kor 4,4).
Insider nennen die 1990er Jahre das Jahrzehnt der Homosexuellen. Vielleicht werden nachkommende Kirchenhistoriker das erste Jahrzehnt der 2000er Jahre das nennen, in dem sich die (westliche) Christenheit am rasantesten dem Zeitgeist angeglichen hat.
Tätowieren war früher das Markenzeichen der Halb- und Unterwelt und wurde bevorzugt von Strafgefangenen praktiziert. Diese Praktiken entstammten den Naturvölkern, die sich vor allem aus religiösen und kultischen Gründen solche Hautveränderungen beibrachten. In Gottes Wort verbietet der Herr Seinem Bundesvolk Israel das Einritzen oder Schnitte in die Haut – in gewisser Hinsicht Vorläufer der heutigen ausgefeilten Techniken und Praktiken – ausdrücklich (3.Mo 19,28; 21,5). «Ihr seid Kinder des Herrn, eures Gottes. Ihr sollt euch um eines Toten willen nicht wund ritzen noch kahl scheren über den Augen» (5.Mo 14,1).
Solche Handlungen wurden in der heidnischen Welt gewöhnlich in Verbindung mit Trauer um einen Verstorbenen praktiziert. Die Warnungen der Schrift sind nicht ohne Grund, obwohl die Bibel eine tiefere Erklärung für dieses Verbot nicht gibt. Die Kommentatoren zu diesen mosaischen Stellen sind jedoch ziemlich einmütig in ihrer Interpretation. Der Wycliffe Bible Commentary meint zum Gebot von 3. Mose 19,28: «Es verbat irgendeine willentliche Entstellung der Person. Sowohl Einschnitte wie Tätowierung des Leibes wurden von den Heiden praktiziert.»
Ein anderer Kommentator schreibt zur gleichen Bibelstelle: «Die Praxis, sich Einschnitte in Gesicht, an Armen und Beinen zuzufügen als Ausdruck der Trauer, war universell unter den Heiden verbreitet. Es wurde als Kennzeichen des Respekts vor den Toten gewertet, wie auch als Versöhnungsopfer für die Götter gedacht, die über den Tod herrschen. Die Juden hatten diese Sitten in Ägypten gelernt, und standen in der Gefahr, darin wieder zurückzufallen (Jer 16,6; 47,5). Tattoos waren auch mit dem Namen von Dämonen verbunden und waren ein bleibendes Zeichen des Abfalls bzw. der Rebellion.»
Ob man solche Aussagen in dieser Schärfe treffen kann, vermag ich nicht zu beurteilen. Doch sollte nachdenklich stimmen, dass der Tätowierungsboom mit dem Aufblühen heidnischer, esoterischer Strömungen einhergeht. Von daher ist es bemerkenswert, dass die Bibel von dieser Praxis im Zusammenhang mit dem Gericht Gottes über die Völker redet (Jer 41,5; 48,37). Deshalb sollten Christen von jeglicher Form der Tätowierung Abstand nehmen. So schreibt ein Informationsblatt zum gleichen Thema: «Seelsorger wissen zu berichten, dass Menschen mit Tätowierungen, die zu Christus finden, immer wieder ‹instinktiv› spüren, dass ihre Hautbilder nicht zu ihrem neuen Stand als Gotteskinder passen.»
In Verbindung mit 5. Mose 14,1 schreibt derselbe Kommentator: «Obwohl diese Handlungen in sich selbst unschuldig erscheinen mögen, waren sie verbunden mit Praktiken und Glaubensvorstellungen, die Gott zuwider waren.» Schnitte in die Haut zur Steigerung der religiösen Verzückung schildert 1. Könige 18,28. Dieser Vers berichtet davon, wie die Baalspriester um ihren Altar tanzten und sich dabei in das Fleisch ritzten, bis sie bluteten und in Ekstase geraten waren. Der Wycliffe Bible Commentary bemerkt zur Technik, durch Tanz eine geistliche «Verklärung» zu erreichen: «Solche Praktiken sind auch heute nicht unbekannt bei gewissen tanzenden Derwischen.»
Manches christliche Festival bzw. Jugendtreffen erinnert in verblüffender Weise – was jedenfalls die Körperbewegungen anbelangt – solch einem Auftritt von Baalspriestern, wo man nach uralten heidnischen Methoden versucht, einen veränderten Bewusstseinszustand herzustellen. Die damit verbundene rauschartige Beglückung wird als Wirkung des Heiligen Geistes angesehen, denn, so wird argumentiert, es war ja ein christliches Konzert, das man besuchte. Bei der Warnung des Paulus in 1. Korinther 10,7 erwähnt die Bibel unter anderem, wie das Volk «spielte»: «Werdet auch nicht Götzendiener wie einige von ihnen!, wie geschrieben steht: ‹Das Volk setzte sich nieder, zu essen und zu trinken, und sie standen auf, zu spielen.›» Das im Griechischen gebrauchte Verb «paizo» für «spielen» heisst wörtlich, sich wie ein Kind benehmen; es kann auch mit Springen, Hüpfen oder Tanzen übersetzt werden.
Noch ein erschreckender Gedanke drängt sich auf. Im Buch der Offenbarung gibt es die berühmte Prophetie, wie am Ende der Tage jeder die Zahl des widergöttlichen Tieres annehmen muss. Es kommt also zu einer Art «globaler Tätowierung» bzw. einem «Massenpiercing » oder wie auch immer die Kennzeichnung der Menschen durchgeführt wird. Nach dem gegenwärtigen Stand der Entwicklung hat man den Eindruck, dass bei dieser Generation gegenüber solch einer «Brandmarkung» immer weniger Berührungsängste bestehen.
Quelle: Zeitschrift Mitternachtsruf, Oktober 2011, Seite 28