Antwort A
Der Zusammenhang dieses Wortes verbietet, an Sündopfer zu denken, zweifellos handelt es sich um vor der Tür lagernde „Sünde”. Bei „sein” und „ihn” ist ein und dasselbe gemeint.
Licht in diese Stelle dürfte die Tatsache bringen, dass unter gewissen Umständen („wenn du nicht wohl tust”) die Sünde nahe und lagernd sich bemerkbar macht. Es ist der Fluch der bösen Tat, dass sie nie allein bleibt, wenn man nicht Buße tut, sondern dass sie mit eiserner Naturnotwendigkeit eine andere Sünde nach sich zieht. Wenn jemand verstimmt ist, dann braucht es nicht großen Anlaß, um ihn zum Ärger zu bewegen. Die kleinste Geringfügigkeit kann ihn schon „aus dem Häuschen bringen”. Wenn der Unkeusche vor seinem Gott liegt, so ist die Unkeuschheit weit entrückt; hört er aber auf zu wachen, so wird er bald merken: die Sünde ist an der Tür, die Lust fängt an, im Herzen zu wühlen und zu siegen, und dann ist der Schritt zur wirklichen Tat gar nicht mehr weit.
So lagert die Sünde vor defr Tür! Als was denn? Als ein Lauerer! - Die Sünde ist hier als eine Person gedacht.
„Wenn du nicht wohl tust,” so wirst du von diesem Lauerer verfolgt, sein Verlangen wird nach dir sein. Und nach Röm. 3,12 „ist keiner, der Gutes tue, auch nicht einer”, - folglich wird sein - des Lauerers - Verlangen sich an alle richten. - Du aber wirst über „ihn” (den Lauerer) herrschen. Wann? Verbinde dich mit dem Herrn Jesus, und du wirst herrschen! Verbinde dich mit Seinem Tode, und du wirst erfahren: „Das Alte ist vergangen.” Verbinde dich mit Seinem Leben, und du wirst erfahren: „Siehe, alles ist neu geworden” (2. Kor. 5,17), d. h. die Macht dessen (des Lauerers), dessen Verlangen nach dir ist, ist gebrochen, du kannst über ihn (den Lauerer) herrschen. -
W. W.
Antwort B
Auch im Deutschen haben wir Worte mit doppelter Bedeutung, z. B. „Strauß”; der Zusammenhang zeigt erst, ob Blumen oder ein Vogel gemeint ist. Wenn hier in dem Zusammenhang mit Kain nur der Wortsinn „Sünde” Anwendung findet, so ist es doch nicht ohne Bedeutung, dass Gott gerade hier ein Wort mit doppeltem Sinn gebraucht.
Zum ersten Male wird hier in der Schrift von Sünde gesprochen. Ist es nicht köstlich, dass Gott zum erstgeborenen Menschen zum ersten Male von der Sünde in einem solchen Worte spricht, wodurch zugleich auch das Sündopfer berührt wird? Mußte dies Wort nicht Kain an das soeben von Abel dargebrachte blutige Opfer erinnern, durch welches er Wohlgefallen bei Gott gefunden? Welche Gnade und Liebe Gottes offenbart sich in diesem ersten Vorkommen des Wortes „Sünde” in der Schrift!
Es war mit der Schlange die Sünde da, Kain begehrend, und ebenso war auch ein Sündopfer mit Gottes Erbarmen, um Kain zum Herrschen über die Schlange zu führen. - Gott zeigt Kain den Weg zum Sündopfer, damit er nicht dem Satan unterliege, aber Kain beachtete die Stimme der Warnung und Gnade nicht. Auch wir haben ein Sündopfer, durch welches wir von der Herrschaft der Sünde frei werden. (Röm. 6,10-14.)
v. d. K.
Anmerkung des Herausgebers
Der Wortlaut dieser Stelle nach der (sonst empfehlenswerten) sogen. Elb. Übersetzung ist unklar. Besser würde übersetzt: „Wenn du aber nicht recht tust, so lauert die Sünde vor der Tür; und nach dir geht ihre Begierde, du aber sollst Herr werden über sie.” Was dies bedeutet, ist oben klar beantwortet. - Besonders beachtenswert ist noch, dass hier ein Unterschied gemacht ist zwischen „nicht recht tun” und „Sünde”. Es soll offenbar schon hier die in der Schrift so wichtige Verschiedenheit gezeigt werden: das einmalige Fehlen und die Sünde als Grundsatz oder Macht (Sünden und die Sünde)!