Stammbaum Jesu wird auf Josef zurückgeführt

Wie ist zu erklären, dass Ev. Matth. 1,1-17 der Stammbaum von Christus auf Joseph geführt wird und nicht auf Maria?

Antwort A

In Mt. 1,1-17 haben wir den Stammbaum Josephs; in Lk. 3,23-38 den der Maria. Lukas zeigt, dass Jesus der Sohn Gottes ist, darum führt er den Stammbaum Marias auf Adam zurück, wo es dann heißt „der war Gottes”. Matthäus dagegen führt den Stammbaum Josephs auf, um zu zeigen, dass Joseph, obwohl er vom Stamme Abrahams ist, doch nicht der Vater des Herrn Jesus ist, sondern Jesus ist der 1. Mose 3,15 verheißene Weibessame, in welchem sich Jes. 7,14 wörtlich erfüllt hat: „Siehe, die Jungfrau (so sollte übersetzt sein) ist schwanger und wird einen Sohn gebären, und sie werden seinen Namen Immanuel heißen, d. i. verdeutscht: Gott mit uns.” (Mt. 1,23.)

Man achte nun auf die Worte, die Matthäus gebraucht, um Jesus nicht als Sohn Josephs, sondern als Sohn Marias zu bezeichnen. Mt. 1,16: „Der Mann Marias, von welcher ist geboren Jesus, der da Christus heißt.” Wäre Joseph Vater, da müßte es heißen: „von welchem ist gezeugt”.

Mt. 1,18-21 wird gezeigt, dass Joseph um dieser Sache willen sein Verhältnis mit Maria auflösen wollte, eben weil er nicht Vater war. Der Engel des HERRN belehrte ihn, dass der Heilige Geist dies gewirkt habe; vergl. Lk. 1,34.35.37; weshalb Joseph sich entschloß, Pflegevater zu werden. (Lk. 3,23.) Mt. 2,11 wird nur Maria als Mutter erwähnt, Joseph gar nicht, obwohl er auch dort war. (Lk. 2,4.5.16.)

Mt. 2,13.14: Der Engel des HERRN sprach zu Joseph: „Nimm das Kindlein und seine Mutter, und er nahm das Kindlein und seine Mutter”, des Kindes Mutter wird gesagt, aber nicht „dein Kind und seine Mutter”, s. a. V. 20.21. Der Stammbaum in Mt. 1 ist also gar nicht der Stammbaum Christi, sondern einfach der Josephs.
Dass aber auch der Pflegevater des Herrn Jesus aus dem Samen Abrahams ist, nach dem Fleisch, hat wohl zunächst die Bedeutung, dass auch die Verbindung Marias mit Joseph keine ungöttliche Verbindung war, sondern innerhalb der von Gott gegebenen Grenzen. (4. Mose 36,6ff.) Dann auch, dass Jesus unter das Gesetz getan würde. (Gal. 4,4.5.) Endlich dass Er zuerst gesandt sei zu den verlorenen Schafen vom Hause Israel. (Mt. 15,24; 10,6.)
Jesus ist der Jungfrau Sohn, der Messias Israels - das ist das Zeugnis des Evangeliums von Matthäus.
F.Th.H.

Anmerkung des Schriftleiters F. K.

Eine Frage nach den zwei Stammbäumen ist schon früher gestellt gewesen, ohne dass es mir möglich war, die damals z. T. sehr ausführlichen Antworten in dem beschränkten Raum der „G. H.” zu veröffentlichen. Diesmal ging nur eine Antwort ein, die aber in ihrer Klarheit wohl genügen wird. Dazu noch einige Bemerkungen!
Das Mt.-Evang. ist in erster Linie für Juden geschrieben und in ihm Jesus als der verheißene Messias-König gekennzeichnet. Daher in diesem Evangelium auch die meisten alttestamentlichen Verheißungen! Der Herr Jesus nun mußte, sollte Er legitimer (gesetzlich erbberechtigter) Sohn sein, auch einen legitimen Vater haben, d. h. einen Vater vor dem Gesetz. Joseph wurde dieser Vater; aber er war es nicht in Wirklichkeit, wie die Schrift genugsam beweist (Mt. 1,18-21; Lk. 1,34f. u. a.), sondern nur der Adoptivvater, der Pflegevater des Herrn Jesus. Joseph hatte durch seine Einwilligung, sein angelobtes Weib, trotzdem es - und nicht von ihm - schwanger war, zu sich zu nehmen, die legitime Vaterstelle an dem Kind, das geboren werden sollte, übernommen. Das Ergebnis war, dass er als der Vater Jesu vor dem Gesetz galt für die, so an den HERRN gläubig werden (Joh. 1,45!), während er als Jesu echter Vater angesehen wurde von allen Nichtgläubigen, Zweiflern, Feinden (Lk. 3,23; 4,22; Joh. 6,42). - Wie kennen wir Ihn? Kennen wir Ihn als das Lamm Gottes und als den Sohn Gottes (Joh. 1,29.34.36) und sehen in Ihm darum auch den Sohn Josephs nur vor dem Gesetz, oder sehen wir in Ihm nichts weiter als den Sohn Josephs wie die Ungläubigen damals und heute? Gläubige sollen ängstlich wachen über ihre Ausdrücke, damit sie Ihn nicht verunehren, der Gottes „geliebter Sohn” ist (Mt. 3,17 u. a.). Für uns ist Er nicht Josephs Sohn im landläufigen Sinne, wohl aber eben in jenem besonderen Sinne.

Weil Er nun in den Augen der gesetzestreuen Juden der Sohn Josephs war, so musste in einem für die Juden geschriebenen Evangelium auch Seines gesetzlichen Vaters Stammbaum aufgeführt sein. Und so haben wir im ersten Evangelium den Stammbaum Josephs, des Nachkommens Davids; und zwar ist dieser Stammbaum der der königlichen Linie von David aus, während Maria von einer Nebenlinie aus Davids Geschlecht stammte. - So ist wunderbar göttliche Vorsorge getroffen worden, die gesetzliche wie auch die leibliche davidische Herkunft des Menschen Christus Jesus zu beweisen, während die Schrift keinen Zweifel darüber läßt, dass Er mehr war als Davidide (Davids Nachkomme väterlicher- und mütterlicherseits), nämlich von Gott abstammend (Lk. 3,38), und dass Er - das Wort - Fleisch ward und unter uns zeltete und in Ihm die Herrlichkeit als eines Eingeborenen vom Vater geschaut wurde voller Gnade und Wahrheil (Joh. 1,14) - Anbetung sei Seinem Namen!


Beantwortet von: Team Handreichungen
Quelle: Handreichungen - Band 6 (1918/19)