Antwort A
Das Alte Testament ist ursprünglich in der hebräischen Sprache geschrieben gewesen und das Neue Testament in der griechischen Sprache. Es wurde bald notwendig, Übersetzungen in andere Sprachen zu machen. Die Septuaginta ist die älteste Übersetzung des Alten Testamentes aus der hebräischen in die griechische Sprache. Sie ist im dritten Jahrhundert vor Christi Geburt gemacht worden, wahrscheinlich in Alexandrien in Ägypten. Der Name „Septuaginta” bedeutet Siebenzig und ist dieser Übersetzung gegeben worden, weil nach einer Überlieferung 70 Gelehrte dieselbe gemacht haben sollen. Durch die allgemeine Verbreitung der griechischen Sprache als Umgangssprache in der zivilisierten Welt zur Zeit, wo die Septuaginta ausgegeben wurde, und auch bis einige Jahrhunderte später diente diese Übersetzung dazu, dass viele aus den verschiedensten Nationen dadurch den wahren Gott kennen lernten. Auch ist der Weg für die spätere Verbreitung des Evangeliums dadurch wesentlich vorbereitet worden. Die Übersetzung selbst ist nur teilweise genau, und es sind Abweichungen vom hebräischen Text, welche einige zu dem Gedanken geführt haben, dass die Übersetzer vielleicht ältere hebräische Handschriften besaßen, als jetzt vorhanden sind. Das Haupt-Interesse für uns an der Septuaginta liegt darin, dass die große Mehrzahl der angeführten Stellen aus dem Alten Testament, welche in dem Neuen Testament angeführt sind, nicht aus dem hebräischen Text genommen sind, sondern aus der Septuaginta. Also, der HERR und die Apostel sowie die übrigen Schriftsteller des Neuen Testamentes, obwohl sie die Kenntnisse und die Gelegenheit hatten, vom ursprünglichen hebräischen Text Gebrauch zu machen, wählten gewöhnlich die griechische Übersetzung, und das auch in einigen Stellen, wo die Übersetzung vom Urtext ziemlich verschieden war. Das geschah nicht nur, weil die Redner oder Schreiber und ihre Zuhörer die Gewohnheit hatten, griechisch zu sprechen, sondern auch als Beispiel, uns zu zeigen, dass durch Gebrauch einer Übersetzung Menschen die Grundwahrheiten und sogar viele kostbare Einzelheiten des Wortes Gottes begreifen können und in Besitz nehmen, ohne dass sie Kenntnisse des Urtextes besitzen. Die ganze Heilige Schrift ist von Gott inspiriert, aber der Wortlaut von allen Übersetzungen ist nicht notwendigerweise inspiriert. Wenn göttliche und gelehrte Männer unter Gebet die Heilige Schrift in Aufrichtigkeit übersetzt haben, dann haben sie die Führung des Heiligen Geistes gehabt, wovon die vielen vortrefflichen und gesegneten Übersetzungen den Beweis liefern. Wo durch menschliche Schwachheil Fehler in einer Übersetzung vorhanden sind, haben wir jetzt Mittel, dieselben zu entdecken. Es ist ein Zeichen der Güte Gottes gegen die Menschen, dass trotz aller Fehler im großen ganzen die Verschiedenheiten der verschiedenen Übersetzungen nicht solche sind, dass sie suchende Seelen verhindern könnten, die Offenbarung Gottes und das Heil in Christo aufzunehmen. Wir haben z. B. die lutherische und die Elberfelder und viele andere deutsche Übersetzungen der Heiligen Schrift, wovon der Wortlaut oft ziemlich verschieden ist; weil sie aber alle Übersetzungen derselben Heiligen Schrift sind, so ist der allgemeine Sinn derselbe. Das Wort im 2. Tim. 3,16-17 „Alle Schrift ist von Gott eingegeben (inspiriert)” bleibt also ungeschwächt durch die Kenntnis der Tatsache, dass die Heilige Schrift zu den meisten von uns durch eine Übersetzung kommen muß! –
E. H. Br.
Antwort B
1. Es ist ein großes Unrecht, der griechischen Übersetzung „Septuaginta” den Vorzug vor dem hebräischen Urtext zu geben. Die in den letzten Jahren vielfach gemachte Behauptung, die griechische Übersetzung sei aus einer besseren Vorlage des hebräischen Testes geflossen als der, den wir besitzen, ist reine Willkür.
2. Haben die Apostel nicht immer die griechische Übersetzung benutzt, sondern wichen von ihr vielfach ab und verbesserten sie teilweise.
3. Die alttestamentlichen Stellen im Neuen Testament zeigen an verschiedenen Orten eine Abweichung vom hebräischen und griechischen Text.
4. Dieser Umstand lässt sich nur daraus erklären, dass der inspirierte Schreiber durch die Abweichung gerade den Gedanken ausdrückte, den Gott Selbst mit dieser Abweichung beabsichtigte. Wir haben demzufolge in den neutestamentlichen Schriftstellen eine geistgewollte Bereicherung des alttestamentlichen Gotteswortes.
N. R-y.
Anmerkung des Herausgebers
Die „Septuagintafrage” ist eine Frage der Theologie, und zu ihr ist eine Fülle von Schriften geschrieben. Glücklicherweise gehen uns Gläubige diese theologischen Meinungen gar nichts an. Wir dürfen sicher sein einerseits, dass Gott der Welt mit der griechischen Übersetzung, der Septuaginta, die 2-3 Jahrhunderte vor Christi Geburt entstand, eine wunderbare Gabe schenkte: Sein Wort in verständlichen Worten, und andererseits, dass die scheinbaren Fehler, Ungenauigkeiten und Abweichungen, die in den aus der Septuaginta übernommenen Schriftstellen des Neuen Testaments sich finden, nur durch Seine Führung hineingekommen sind. Darum aber sind wir berechtigt zu sagen, dass da, wo die Zitate (Belegstellen) übereinstimmen mit dem Text der Septuaginta, diese richtig übersetzt hatte, während da, wo Abweichungen sind, die Septuaginta nicht richtig übersetzt hatte. In keinem Falle braucht irgend ein Gläubiger sich zu beunruhigen über verschiedene Übersetzungen. „Des HERRN Wort bleibt in Ewigkeit”, und wir wollen Ihm danken, wenn Er uns durch gute Übersetzungen Seinen ewigen Willen immer klarer macht.