Sendschreiben an Philadelphia

Was veranlaßt wohl den HErrn, im Sendschreiben an Philadelphia (Offenb. 3,8-13) keine Fehler zu erwähnen? Es steht wohI im innern Zusammenhang mit der Bewahrung des Wortes und Nichtverleugnung des Namens Jesu?

Antwort A

Philadelphia in Off. 3 steht im Gegensatz zur Gemeinde in Laodicäa, ähnlich wie die klugen den törichten Jungfrauen gegenüber stehen (Mt. 25,1-13). Der Gemeinde in Philadelphia gibt der HERR Seine Anerkennung: „Du hast Mein Wort bewahrt und hast Meinen Namen nicht verleugnet.” Laodicäa aber muss Er sagen: „Ich werde dich ausspeien aus Meinem Munde”, so wie Er auch die törichten Jungfrauen verleugnen muss mit den Worten: „Wahrlich, Ich sage euch, Ich kenne euch nicht” (Mt. 25,12). Treten uns da nicht Mt. 10,33 und besonders 2. Tim. 2,12 vor die Seele? Der Apostel ermahnt Timotheus im Zusammenhang mit dieser Stelle in Vers 8, den HERRN „Jesum im Gedächtnis zu halten”. Sein Wort und Sein Name sind miteinander verwachsen. (Off. 19,13, Siehe Frage 18, Bd. III.) In der Verleugnung Seines Namens ist auch die Verleugnung Seines Wortes mit enthalten (Siehe d. Anm. des Verlegers auf S. 218, Bd. IV), denn „wer Mich verwirft und Meine Worte nicht annimmt, hat den, der ihn richtet: das Wort, das ich geredet habe, das wird ihn richten an dem letzten Tage” (Joh. 12,48). Dagegen sehen wir die Gläubigen, die das Wort „Seines Ausharrens bewahren” und ausleben, sie suchen nicht das Ihrige, sondern „das, was Jesu Christi ist” (Phil. 2,21), d. h. sie machen Christi Interessen zu den ihrigen.

Wenn wir keinen Gebrauch machen von der Gnade Gottes (Tit. 2,11), die in Christo Jesu erschienen ist, „der uns geworden ist Weisheit von Gott und Gerechtigkeit und Heiligkeit und Erlösung” (1. Kor. 1,30), so werden wir einmal dafür verantwortlich gemacht werden. Der Gemeinde in Philadelphia brauchte der HERR nicht den Rat zu geben: „Ich rate dir, Gold von Mir (d. i. göttliche Gerechtigkeit) zu kaufen ...”, denn sie hatte durch das Blut Jesu eine „geöffnete Tür” (V. 8; Mt. 27,51) zum Eintritt in das Heiligtum (Hebr. 10,19).

Auf Grund dieser ihrer Stellung, und keine eigene Gerechtigkeit habend, war ihr praktischer Zustand ein dieser Stellung (Röm. 8,1) entsprechender, so dass dies wohl der Grund ist, warum der HERR im Sendschreiben an Philadelphia keine Fehler bei der Gemeinde erwähnt.
C. L.

Antwort B

In Philadelphia haben die Gläubigen der Endzeit inmitten der gottentfremdeten Namenchristenheit ihre Zuflucht und Stellung zu der Person des Herrn Jesus Christus und zu Seinem Worte genommen. Diese Gläubigen sind also inmitten des Verfalles und der toten bekennenden Christenheit ein lebendiges Zeugnis für die Person des HERRN, für Seinen kostbaren Namen und für Sein Wort, obwohl sie nur eine „kleine Kraft” haben.

Der HERR hat keinen Tadel für die Gemeinde in Philadelphia, denn sie waren in ihrer Stellungnahme auf Ihn Selbst und auf Sein Wort gegründet. Und Seinem Worte beugten sie sich in Gehorsam rückhaltlos.

Dass die Möglichkeit des Rückfalles vorhanden war, das bezeugen die warnenden Worte des HERRN: „Halte fest, was du hast, auf dass niemand deine Krone nehme - und wer ein Ohr hat, höre, was der Geist den Gemeinden sagt” usw. Die Ermahnungen sowohl wie auch die Verheißungen, obgleich sie der Gemeinde gegeben sind, wenden sich doch auch an den Einzelnen persönlich.
F. B.

Antwort C

Philadelphia war gekennzeichnet durch die Verbindung mit dem Heiligen und dem Wahrhaftigen. Diese Verbindung war die nie versiegende Quelle inmitten des Abfalles, aus dieser Quelle strömte die kleine Kraft, welche das Wort bewahren konnte und keinen Teil an der Verleugnung des Namens Jesu hatte. Um dieser einfältigen, schlichten Treue willen bekennt Sich der HERR zu den Seinen; Er macht Sich eins mit ihnen, 2. Tim. 2,19 sagt Paulus: „Der HERR kennet, die Sein sind.” So steht Philadelphia nicht gewaltig und imponierend vor uns, sondern Schwachheit ist ihr Kennzeichen. Aber angetan mit der kleinen Kraft, beweist die Gemeinde eine um so entschiedenere Treue, und aus dieser gesegneten Verbindung heraus kam diese Stellung, welche das Wort als Sein Wort festhielt und bewahrte und den Namen des HERRN nicht verleugnete. So kommt bei dem HERRN immer die Stellung des Herzens zu Ihm und die persönliche Treue in Betracht, und Er erkennt jede, auch die kleinste Treue an. Diese Treue tut sich nicht durch gewaltige Werke und in die Augen fallende Taten kund, sondern zunächst in dem unverbrüchlichen Festhalten an Seinem Wort, wie in den ersten Tagen der Gemeinde, wo wir lesen: „Sie verharrten aber in der Lehre der Apostel” (Apg. 2,42). Alles andere, was sich auf menschliches Tun aufbaut, geschieht meistens in Verbindung mit der Verleugnung des Namens Jesu und zur größeren Verherrlichung des Menschen. So wird der, welcher ausharrt, gekrönt und zu einer Säule gemacht, während der, welcher sich in der Menge seiner Wege verzehrt und in seinen eigenen Werken abarbeitet, seinen Lohn dahin hat. Abraham, der in Treue seinen Weg ging und dem der HERR Sieg über äußere Feinde gab, lehnte jede Verbindung mit dem König von Sodom ab (1. Mose 14,21-23), und Belohnung folgte auf die Treue. Der HERR sagte ihm: „Fürchte dich nicht, Abraham, Ich bin dein Schild und dein sehr großer Lohn” (1. Mose 15,1). So sehen wir die Anerkennung des HERRN bei jeder Treue und die Belohnung als unverdiente Gnade.
Ph. W.

Antwort D

Die bereits in der Frage gegebene Antwort dürfte die richtige sein.
Bei dem Sendschreiben an die Versammlung zu Philadelphia wird ein Charakterzug ans Licht gezogen, der Charakterzug der Bewahrung des Wortes und des Nichtverleugnens des Namens Jesu, der auch der Charakterzug der Ehrerbietung und Unterwürsigkeit ist.
Es ist eine wahre Erquickung, die hinsichtlich der Gemeinde zu Philadelphia angeführten Worte zu lesen: „Du hast eine kleine Kraft, du hast Mein Wort bewahrt, du hast Meinen Namen nicht verleugnet”, und rührend, von den herrlichen Verheißungen zu hören, die sich unter solchen Charakterzügen bei einer Gemeinde über kurz oder lang verwirklichen werden.

Philadelphia erhält die Zusicherung, dass ihr aus der Synagoge des Satans gegeben werden solle, dass solche, die wohl längere Zeit als Religiöse mit dem Munde Bekenntnisse ablegten, die sagten, sie seien Juden und dabei doch logen, gezwungen werden sollen, gerade vor Philadelphia zu bekennen, gerade vor ihren Füßen zu huldigen, um zu erkennen, dass diese mit der kleinen Kraft, dass diese, die das Wort bewahrt und den Namen des HERRN nicht verleugnet haben, vom HERRN geliebt und mit den kostbarsten Verheißungen bedacht seien.

Dennoch stand Philadelphia bei den Synagogenleuten mit ihrem religiösen Bekenntnis in Verruf, und zwar in Verruf nur wegen ihrer Ehrerbietung und Unterwürfigkeit vor dem Worte, in Verruf wegen der Hochschätzung des Namens Jesu, wegen der Anerkennung des HERRN als ihres alleinigen HERRN und Gebieters, als des HERRN Seines Hauses, der in Seinem Hause nur die Ordnungen dulden kann, die Er gegeben hat.

Welch eine ernste Belehrung bietet das besprochene Wort, und wie werden wir durch dasselbe mitten in die gegenwärtigen Verhältnisse hineingestellt! -
Immer wieder wird auch heute Philadelphia angefochten, belästigt und behelligt wegen der Bewahrung des Wortes, dass es so gar nichts anderes neben dem Wort gelten lässt und dass es bei der Bewahrung des Wortes nicht dulden kann, wenn dasselbe zerlegt wird in wichtiges und unwichtiges Wort, in Zentrum und Peripherie. Das Philadelphia von heute ist bei den religiösen Bekennern in Verruf wegen des Nichtverleugnens des Namens Jesu, es wird nicht verstanden, noch weniger gewürdigt, ja vielmehr bekämpft, wenn es sich erlaubt zu reden und zu zeugen von der einen Gemeinde, dem einen christlichen Hause und von den feststehenden Ordnungen und Regeln in diesem Hause.

Welch eine Summe von Unehrerbietung und Leichtfertigkeit ist auch heute zu finden in den Kreisen derer, die sagen, sie seien „Juden” und sind es doch nicht, sind vielmehr aus der Synagoge des Satans, des Vaters der Lüge. O, möchte ein heiliger Schreck uns ergreifen, in dem jeder sich in Ernüchterung besinne, ob bei ihm der Philadelphiacharakter vorhanden ist!

Es liegt kein Grund vor, anzunehmen, dass die aus der Synagoge Satans, die vorgaben, Juden zu sein, und es doch nicht waren, moralisch tiefstehende Menschen waren. Vielmehr ist bei nüchterner und gewissenhafter Beurteilung fast mit Bestimmtheit anzunehmen, dass es sich um moralisch hochstehende Personen handelt. Der oberflächliche Bibelleser sieht in diesen Leuten Mörder und Ehebrecher. Dies ist nicht richtig, das waren sie sicher nicht. Ihr großes Defizit bestand einzig und allein darin, dass sie zu dem Worte eine falsche Stellung inne hatten, dass der Name des HERRN ihnen nicht zum Bewußtsein brachte, Er ist HERR. -
Soviel Widerspruch sich auch geltend machen, soviel Ärgernis es auch mit sich bringen mag, immer wieder muss es betont werden, dass das „Religiös-Böse” bei weitem schlimmer und verhängnisvoller ist als das „Moralisch-Böse”, so schrecklich das letztere auch ist. Davon zeugt die Schrift in ihrem Gesamtzusammenhang überwältigend.

Wer irgend sich einmal Zeit genommen hat, die Geschichten der Könige Saul und David mit Aufmerksamkeit zu lesen, wird das in erschütternder Weise bestätigt finden.

Vergeblich suchen wir in dem Leben Sauls moralisch dunkle Punkte; er ist kein Ehebrecher und kein Mörder. Äußerlich ist bei ihm alles in Ordnung; wir finden ihn bei den Gottesdiensten Jehovas und beim Aussprechen Seines Namens. Man könnte sich sogar für Saul begeistern. Und doch - er stand unter dem Zeichen der Verwerfung seitens Gottes! Was war denn seine Sünde? Ungehorsam, Eigenwille, Unehrerbietung vor dem Worte Jehovas. Es kam ihm nicht so genau darauf an. Das und nichts anderes brachte diesen moralisch so hochstehenden Synagogenmann auf die abschüssige Bahn (vergl. 1.Sam.15,22.23).

Wie sah es dagegen in dem Leben Davids aus? Viele dunkle Punkte werden hinsichtlich seiner in ungeschminkter Weise ans Licht gezogen. Der Raum hier gestattet es nicht, sie alle aufzuführen. Es sei nur an seinen Ehebruch und an den Mordanschlag auf seinen treuen Untertan, den Urija. erinnert. Dennoch war er der Mann nach dem Herzen Gottes (1. Sam. 13,14), der Gesalbte Jehovas. Und warum dies? Einzig deswegen, weil bei ihm Ehrerbietung vor dem Worte Jehovas gefunden wurde, das ihn immer wieder zur aufrichtigen Beugung brachte, von dem er sich immer wieder korrigieren und sagen ließ; deswegen, weil der Name Jehovas im letzten Grunde bei all seinen Mängeln, Gebrechen und Sünden sein Herz und sein Leben beherrschte; er sah in Ihm seinen HERRN.

O möchte doch in diesen letzten ernsten Tagen in der Gemeinde Gottes der Philadelphiacharakter der Ehrerbietung und Unterwürfigkeit dem Worte gegenüber mehr gefunden werden und damit größere Hochschätzung des Namens und der Person des HERRN, der das Haupt Seiner Gemeinde und der HERR Seines Hauses ist.
W. W.

Antwort E

Andere mögen auf diese wichtige und zugleich köstliche Frage näher eingegangen und vor allem auf die unendlich hohe Bedeutung der beiden in der Gemeinde Philadelphia hervortretenden Punkte (Bewahrung Seines Wortes - Nichtverleugnen Seines Namens) gebührend hingewiesen haben - ich möchte nur einen ganz kurzen Hinweis geben, der mir nicht unwichtig zu sein scheint: In der Offenbarung Jesu Christi (Off. 1,1) wird die Gemeinde des Herrn Jesu in dem Bilde von sieben Einzelgemeinden gesehen, und zwar in ihrem irdischen, verantwortlichen Charakter - als Lichter? nein, als Leuchter, also als Lichtträger (Off. 1,20). Das muss m. E. unbedingt berücksichtigt werden. Sieh' unter diesem Gesichtspunkte die Sendschreiben an, und manches wird dir klarer werden, so auch vielleicht die vorliegende Frage. Siehst du die Gemeinden als Lichter - dann möchte auch in Philadelphia mancher Schatten, manches Zukurzkommen gewesen sein, siehst du sie aber als Leuchter, als Träger des Lichtes (d.i. Jesu Christi Selbst nach Joh. 12,46) - was ist dann an dem Charakter einer Gemeinde Tadelnswertes, die das Wort bewahrt und Seinen Namen nicht verleugnet? Solche Eigenschaften sind geeignet wie keine anderen, das Licht (Christus) ungehemmt auszustrahlen und somit zu Seiner Verherrlichung zu dienen, so wie Er es seitens der Gemeinden in ihrer Verantwortlichkeit als Leuchter wünscht.

Entsprechen wir in Gesamtheit und einzeln diesem lobenden Urteil des Herrn Jesu (in Seiner Eigenschaft als des Richters)? Sind wir solche Lichtträger, wie Er sie wünscht und gebrauchen kann zu Seines Namens Verherrlichung?
F. K.
(z. Zt. beim Militär.)


Beantwortet von: Team Handreichungen
Quelle: Handreichungen - Band 5 (1917)