Selbstbesserung

Läßt Matth. 5,29.30 und 18,8.9 nicht den Gedanken an eine Selbstbesserung zu?

Antwort

Ehe ein Wort gesagt werden soll über eine etwaige Möglichkeit einer Selbstbesserung, erst einige Ausführungen über den Sinn genannter Stellen!
Mt. 5,29.30: Die Kapitel 5-7 zeigen uns die Grundsätze des Reiches der Himmel. Der HERR stellt diese den harrenden Jüngern sowie der unkundigen Volksmenge vor. In Seinem Reiche müssen unbedingt andere Gesetze herrschen als in dem jüdischen Buchstabenreiche. „Gnade und Wahrheit” sind die Grundfesten dieses Reiches.

Als der Gesetzgeber in Person eines Menschen ohne Sünde zeigt Er das wahre Verständnis des Wesens Gottes. In Ihm wohnt die Fülle Gottes leibhaftig. Das Gesetz kam durch Mose, die Gnade und Wahrheit aber nur durch den Sohn. Das Gesetz ließ den Menschen so, wie er war - sündig. Nur das Fleisch wurde geheiligt. (Hebr. 9.) Darum, wegen seiner Nutzlosigkeit, wurde es abgeschafft. (Hebr. 7.) In diesem Zustande befand sich das Volk, als Er herniederkam. Das Gesetz ist für Gottlose bestimmt, aber Seine Worte für solche, die unter der Last ihres unvollkommenen Gewissens seufzten und nach Erlösung hungerten. Der Mensch im gefallenen Zustande war von Gott unter den günstigsten Verhältnissen erprobt worden. Auf mancherlei Art und Weise hatte Gott geredet; aber der Mensch blieb genau so verderbt wie ehedem. Nun redete Er zuletzt im Sohne, „Ihn höret.” Aber das Hören Seiner Worte allein tut's nicht! „... und sie tut!” heißt es in Mt. 7,24. Der Anfang zu dieser Ausführung ist in Mt. 7,13 gegeben. Getrennte Reiche, Menschen und Wege sehen wir. Nicht aber eine Vermischung von menschlichem und göttlichem Wirken. - Die Ehescheidung wurde in Israel als nicht ungesetzlich erfunden. (Mt. 19,7.) Er aber zeigt den Urgedanken Gottes, „... zu Anfang war es nicht so”. Wer nicht nach diesem göttlichen Willen handelt, kommt immer unter den Fluch seiner Tat. Folgt in diesem Leben keine Umstellung der Gesinnung, so bleibt nur das „Werfen in die Hölle” übrig. - Das Wort „ärgern” bedeutet auch „zum Fallstrick werden”. Warum sind im Textwort nun Auge und Hand erwähnt? Das Weib ist oft gleichsam die Augenlust des Mannes. (Hes. 24,16.) Diese ist aber oft sehr zum Fallstrick. Erwähnt sei Davids Fall! Wie leicht greift die Hand unter dem Einfluß des Auges nach einem anderen Weibe und vergißt, dass man schon einer anderen die Hand gereicht hat. Diese bösen Dinge herausreißen ist darum nützlicher für die Seele.
In Mt. 18,8.9 kann man wohl in prophetischer Weise die große Drangsal Israels erblicken. Die Kleinen, die an Ihn glauben, werden gehaßt werden. Den ihnen Helfenden aber wird großer Lohn. (Mt. 10,39-42.) Wiederum sind diese Worte allgemein (18,8.9) gehalten. Ein Kind Gottes kann durch diese Stelle veranlasst werden, das Hindernis zu beseitigen, um alle Geliebten zu lieben. Gerade die als schwach Erscheinenden umgibt Gott mit reichlicherer Ehre und Liebe. Jedoch der Mensch, der diesen Kleinen etwas in den Weg legt, wird gerichtet werden. Wie viele solch Letztere gibt es heute! Die Gnade ist wirksam genug, um solche Menschen zu überführen, wenn sie wollen. Da gilt es „herauszureißen”, was zum Fallstrick wird. Somit kann man also in „Auge, Hand und Fuß ausreißen” ein Ablassen vom Bösen verstehen. Dafür als Gegenwert ein In-Besitz-nehmen von geistlichen, göttlichen Werten.

Gottes Wort besteht nicht auf Verbesserung, wohl aber auf Neugeburt. (Joh. 3.) Folgende Stellen reden in sich selbst von dem Einst und Jetzt: Röm. 7,5-7; 8,6.7; Eph. 2,5; 5,8; Kol. 3,9.10. Wir aber wollen uns Tag für Tag an unserer Gesinnung erneuern lassen! Kol. 3,10; Eph. 4,23; 2. Kor. 4,16.
W. Wst.

Anmerkung des Schriftleiters

Diese Antwort zeigt die fraglichen Stellen in ihrem klaren schriftgemäßen Zusammenhang, und es ist nötig für uns, diesen zu beachten, dann fällt der Gedanke an Selbstbesserung ohne weiteres in nichts zusammen. Nicht mehr und nicht weniger erwartet Gott von denen, die zu Seinem Reiche gehören wollen, als eine Vollkommenheit, die Seinem Wesen entsprechend ist. (Mt. 5,48!) Alles, was dem entgegensteht, alles, was den Reichsgenossen oder denen, die es werden wollen, zum Ärgernis werden könnte, d. i. zum Fallstrick, zum Stein, über den sie fallen, der ihnen ewigen Schaden bringen könnte, muss restlos drangegeben werden, ob's nun (geistlicherweise verstanden) das Auge, die Hand oder der Fuß ist!

In solchen Dingen, wie sie die Zusammenhänge zeigen, müssen wir, die wir des HERRN sind, radikal, entschieden mit uns selber sein. Ich glaube jedoch, dass wir die Stellen auch außerhalb des Zusammenhanges überall da anwenden dürfen und sollen, wo irgendeines unserer Glieder, in sündige Tätigkeit gesetzt durch die Lust des Fleisches (Gal. 5; Jak. 1) uns Schaden bringen will. Insofern möchte ich freilich nicht dem, was man landläufig unter „Selbstbesserung” versteht, das Wort reden - aber ich möchte darauf hinweisen, dass wir, die wir errettet sind durch Gnade, die wir die „Hölle des Feuers” nicht mehr zu erwarten haben, wohl auch diese Stellen für uns wirksam werden lassen sollten; denn wir sollen in unserem praktischen Wandel „der Heiligkeit nachjagen” (Hebr. 12,14), sollen „heilig sein, wie Er heilig ist” (1. Petr. 1,15) - vgl. oben Mt. 5,48! - usw., und wie oft sind da die Augen, die Hände, die Füße, ja, wie in Mt. 5 gesagt ist, gerade die rechtsseitigen Gliedmaßen uns ein schweres Hindernis! Da heiße es für uns in unserem Wandel oftmals: Reiße aus das Auge! Haue ab die Hand, den Fuß!, nicht sowohl um uns selber zu bessern, aber um uns als solche, die in Christo Jesu geheiligt, abgesondert sind für Gott, erweisen zu können, ungehemmt durch solche geistlicherweise uns zum Fallstrick werdenden sündigen Dinge, denen wir gestorben sind, denen wir uns im Glauben für tot halten dürfen! (Röm. 6,12 [1-14].) Nicht Selbstbesserung im allgemein religiösen Sinne ist es, was uns solche Stellen zeigen, aber sie ermuntern uns, einen praktischen Wandel zu führen, angemessen dem, was wir in Christo Jesu geworden sind. Es ist sehr ernst für Gläubige, zu sehen, wie oft die Schrift uns (d. h. eben den Gläubigen, die mit Christo gestorben, begraben [in der Taufe]und auferstanden sind) ermahnt, unsererseits alles zu tun, was in unserer (geistlichen) Macht, in unserem (erneuerten) Willen liegt, um praktisch-wirklich zu sein, was wir in Ihm sind: „Geheiligte durch Wahrheit” (Joh. 17,14-19). Ich weise nur hin auf folgende Stellen, die uns unsere Verantwortung zeigen: 2. Kor. 7,1: „lasst uns uns selbst reinigen ...!1. Joh. 5,18b: „... der aus Gott Geborene bewahrt sich selbst ...1. Petr. 2,1: „Leget nun ab ...!” oder Kol. 3,1-17 und viele andere Stellen mehr! Im Lichte solcher Stellen gesehen, sind die beiden Stellen unserer „Frage” wunderbare Hilfsmittel für unseren Weg praktischer Heiligung, praktischer Reinigung, praktischen geistlichen Wandels im Licht. So wenig wie der natürliche Mensch ohne Gott sich durch das Ausreißelt des Auges usw. selbst innerlich „bessern” kann, um etwas für Gott zu sein - nein, wahrlich, Gott fordert Neugeburt! (vgl. obige Antwort am Schluß) -, so sehr ist von dem Wiedergeborenen, dem aus Gott Geborenen, zu erwarten, dass er nicht (etwa nur) sich selbst bessert, sondern dass er „im Lichte wandelt, wie Er im Lichte ist” (1. Joh. 1,7), und dass er dazu alles vermeidet und wegtut, was ihm darin hinderlich ist. Darum, Bruder, Schwester, lasst uns wachsam sein über unser Herz, über unser Leben, auf dass wir unseren Gliedern nichts erlauben, was nicht zur Ehre des HERRN ist - lieber sonst: weg mit ihnen! Der HERR gebe uns Gnade, zu wandeln im Geist (Gal. 5,25), nach Seiner Wahrheit!
F. K.


Beantwortet von: Team Handreichungen
Quelle: Handreichungen - Band 12 (1927)