Zunächst für solche Geschwister, welche obenerwähnte Ausführungen nicht nachlesen können: Das V. 5.6.7 und 13 vorkommende Wort „bedecken” („unbedeckt”, „bedeckt”, „bedecken”) bedeutet im Urtext „ganz verhüllen”. Dieses „ganz verhüllen” des Hauptes eines Weibes geschah mittels eines Überwurfes, der über den Kopf gezogen wurde, und drückt die Anerkennung ihrer Stellung des Unterworfenseins dem Manne gegenüber aus. Das sehen wir bei Rebekka, als sie Isaak begegnete: Als der Knecht Abrahams auf ihre Frage, wer der ihnen entgegenwandelnde Mann sei, antwortete: „Das ist mein Herr”, da nahm sie den Schleier (richtiger: Kopfüberwurf) und verhüllte sich. (1. Mose 24,65c) Diese Stellung hat Gott dem Weibe gegeben, weil sie in ihrem Verhältnis zum Manne ein Bild von der Gemeinde, der Mann aber ein Bild von Christo ist.
Dieses Bild findet seine vollkommene Darstellung in der Ehe - s. 1. Mose 2,21-24 verb. mit Eph. 5,22-33 -; aber die in diese von Gott hineingelegte Ordnung in bezug auf Mann und Weib zueinander - dass der Mann das Haupt und das Weib ihm unterordnet ist - gilt nicht nur für die Ehe, sondern als Schöpfungsordnung überhaupt, und wenn auch die ungläubige Welt diese Ordnung nicht kennt und nicht anerkennt und dagegen verstößt, sollten doch die Kinder Gottes sie kennen und durch ihr entsprechendes Verhalten anerkennen. Das ist es, was der uns vorliegende Schriftabschnitt uns sagen will, in dem es sich nicht um Mann und Weib in der Ehe, sondern in dem allgemeinen Verhältnis zueinander nach der von Gott ihnen zugedachten vorerwähnten Stellung in Seiner Schöpfung handelt. Und dieses Verhältnis zueinander soll in der Gegenwart Gottes - beim Beten und Weissagen - in dem Unbedecktsein des Mannes und dem Bedecktsein des Weibes Ausdruck finden.
Wie schon gesagt, drückt das Bedecktsein des Hauptes hier sinnbildlich das Unterworfensein, das Anerkennen des Unter-einer-Macht-Stehens, aus. Darum soll das Weib „eine Macht auf dem Haupte haben” (V. 10) als Zeichen ihres Unterworfenseins, während es für den Mann ungeziemend wäre, beim Beten oder Weissagen etwas auf dem Haupte zu haben, da er „Gottes Bild und Herrlichkeit” ist. (V. 7) „Um der Engel willen” (V. 10), weil die Engel auf uns achtgeben, ob wir die Ordnung Gottes kennen und uns unter sie stellen. Und wie diese Schöpfungsordnung Gottes nicht aufgehoben ist, sondern heute noch und überall auf der Erde gilt, so gilt auch das in unserer Schriftstelle Gesagte heute noch und für alle Gegenden - solange die Gläubigen hier sind und wo irgend sie sind.
Es gilt auch nicht nur für die besonderen Gelegenheiten, wenn wir versammelt sind zum Mahl des HERRN, oder in Gebets- oder sonstigen Stunden der Gemeinde, sondern immer - auch daheim, auch wenn wir allein beten. Das möchten besonders die Schwestern verstehen und beachten bezüglich des Bedeckens ihres Hauptes beim Beten! Die Brüder sind es schon gar nicht anders gewohnt, als unbedeckten Hauptes zu beten, nicht nur in der Versammlung, sondern immer und überall, sofern es ausführbar ist. Warum nun meinen die Schwestern - d. h. manche, oder doch viele von ihnen -, das nicht tun zu brauchen, was ihnen in dieser Sache gesagt ist, dass sie ihr Haupt bedecken sollen, wenn sie beten?
Nun zu obiger Frage besonders: Da wird der Einwand gebracht, es handele sich doch wohl nur um öffentliches Beten oder Weissagen in der Gemeinde. Aber diese Annahme ist nicht nur unbegründet, da das Wort so etwas nicht sagt oder erkennen lässt, denn erst von V. 17 an wird von dem Zusammenkommen als Gemeinde gesprochen, sondern diese Annahme steht auch im Widerspruch zu dem in Kap. 14 Gesagten, aus dem sich klar ergibt, dass aller öffentliche Dienst nur den Brüdern anvertraut (s. bes. V. 26-32), den Schwestern aber Schweigen in der Gemeinde auferlegt ist. (Siehe V. 34.35) Mithin ist die Antwort auf den ersten Teil obiger Frage: Unsere Schwestern sollen ihr Haupt bedecken beim Beten, wenn sie auch nicht öffentlich in der Gemeinde beten oder weissagen.
Zur Frage über die Bedeckung selbst haben wir folgendes zu sagen: Nicht die Bedeckung als solche, sondern der Zweck derselben ist die Sache, um die es sich handelt. Darum handele es sich auch nicht um ein sklavisches Nachahmen einer der morgenländischen Sitte entsprechenden Bedeckung, so dass die Schwestern ihr Haupt „ganz verhüllen” müssten durch einen diesem Zwecke entsprechenden Überwurf, sondern darum, dass sie etwas auf dem Haupte haben als Zeichen der Anerkennung der ihnen von Gott zugewiesenen Stellung des Unterworfenseins, wie V. 10 sagt, und dieses geschieht an jedem Orte in Anpassung an die dort herrschende Sitte durch die dort für Frauen übliche Kopfbedeckung.
Das mit der angeordneten Kopfbedeckung nicht das Haar gemeint ist, liegt auf der Hand. Erstens schon hätte die Anordnung, dass das Weib ihr Haupt bedecken soll (V. 6 Schluss), überhaupt keinen Sinn, da sie ja schon immer bedeckt ist, wenn das lange Haar gemeint wäre. Und welchen Sinn hätten die Worte V. 6: „Wenn ein Weib nicht bedeckt ist, so werde ihr auch das Haar abgeschnitten” usw., wenn die Bedeckung das Haar wäre? Das Nichtbedecktsein könnte ja dann nur darin bestehen, dass das betreffende Weib kein langes Haar hätte; wie aber könnte ihr dann das Haar abgeschnitten werden? Dann widerspräche das in V. 6 Gesagte sich selbst. Nein, das lange Haar des Weibes ist nicht die hier angeordnete Bedeckung. Was in V. 15 von dem langen Haar des Weibes als „Schleier” gesagt ist, soll nur zeigen, wie schon von Natur dem Weibe die Stellung des Verborgenseins, der bescheidenen Zurückhaltung, gegeben ist. Das hier mit „Schleier” übersetzte Wort des Urtextes ist ein mit dem oben behandelten Wort „bedecken” gar nicht verwandtes Wort, welches den Sinn von „Umwurf” oder „Gewand” hat (wie wir es Hebr. 12 übersetzt finden: „... wie ein Gewand wirst Du sie zusammenwickeln”). - Dem sei noch hinzugefügt, dass auch das Halten der Hand auf den Kopf nicht das in unserem Schriftabschnitt angeordnete Bedecken des Hauptes ist.
Th. Küttner