Antwort A
Gott ist niemandes Gläubiger, und niemand darf mit Recht über Sein Tun murren. Denn Gott hat zu all Seinem Tun Seine Gründe. Das dürfen wir ruhig glauben. - Aber Seine Gnadenerweisungen richten sich nicht nach fleischlichen Bedingungen. Alles ist grundlose Gnade. Dass aber die Gnade dem einen zur Seligkeit und dem anderen zum Verderben gereicht, liegt nicht an Gottes Willkür, sondern darin, dass eben Gott ein Gott der Wahrheit ist. Und - V. 15, weil Er nicht auf Grund einseitiger Vorzüge, sondern aus Gnaden handelt. Das wird sonnenklar auch in V. 16 bezeugt. Da heißt es Gott die Ehre geben. Was Pharao anbelangt, so ist die Sache so: Er verstockte zuerst sein Herz gegen Gottes Wort. Das ist seine Sünde. Seine Strafe ist, dass er nun von Gott dahingegeben wird. Vielleicht ist es gut, darauf aufmerksam zu machen, dass fünfmal steht: „Pharao verstockte sich” und fünfmal: „Gott verstockte Pharao”. Der Mensch kann mit freiem Willen Gottes Gnadenerweisungen zurückweisen. Das ist, wenn ich es so nennen darf, sein Recht (oder besser: Unrecht). Nun aber kommt einmal der Moment, wo der sonst allbarmherzige Gott Seine Gnade entziehen muss und den Menschen dahingibt. Das ist doch einfach göttliche Ordnung. Und es ist auch göttliche Ordnung, daß, wenn ein Mensch dargebotenes Heil ausschlägt, Er dadurch andere desto mehr segnet.
Jedenfalls aber ist Gott souverän und weiß, wie Er zu handeln hat, wen Er begnadigt und wen Er verstockt. Immer aber ist festzuhalten, dass es sich um den Willen eines guten und gerechten Gottes handelt, der immer Licht und Liebe ist, auch da, wo wir Ihn jetzt einmal nicht verstehen. Es geht immer nach dem Vers: „Was Gott tut, das ist wohlgetan, und was Er tut und spricht, das nimmt der Glaube willig an, denn Gott ist Lieb' und Licht.”
Noch einmal, Gott, der uns geschaffen, kennt uns, Er, der an uns gedacht, ehe wir gemacht, geht am sorgfältigsten mit uns um, nachdem Er uns gemacht. Er heißt „gnädig und barmherzig”. Legen wir uns in Seine Hände.
K. E.
Antwort B
Gott ist ein wunderbarer Gott. In Seinem Reich geht es vollig anders zu als in einem irdischen. Er ist so viel höher als die Menschen, wie der Himmel über der Erde ist. Und dennoch dürfen wir kleinen Menschen Blicke in die gewaltige Regierung und wunderbare Weisheit Gottes tun, die allerdings vielen Menschen ungerecht erscheinen möchte. Deshalb heißt es im 14. Vers: „Ist Gott denn ungerecht?” „Das sei ferne,” lautet die Antwort. So wollen auch wir uns unter dies gewaltige Wort beugen.
Gott ist es, der aus nichts etwas geschaffen hat, der mit uns redet, da müssen wir schweigen.
V. 11 und 12 wird uns an Esau und Jakob bewiesen, daß, ehe die Kinder geboren waren, Gott schon bestimmt habe, dass der Größere dem Kleineren diene, damit der Vorsatz Gottes bestände. Ähnlich verhält sich's in bezug auf die ganze Menschheit.
Gott hatte Adam und Eva mit freiem Willen erschaffen, in Seiner Ebenbildlichkeit; sie konnten sich entweder für das Böse oder Gute entscheiden. Sie wählten das erstere. Damit ging nicht allein ihre Freiheit, sondern die aller Menschen verloren. Gott wäre nun völlig gerecht, wenn Er die Menschheit in der Sünde und der darauffolgenden Verdammnis ließe. Nun ist Seine Barmherzigkeit und Gnade so gewaltig, dass Er aus dieser Masse Sich ein Volk - die Gemeinde der Heiligen - zubereitet, für das Er Seinen Sohn in den Tod gegeben, dass Er die Schuld und Strafe auf Sich nähme, damit Gott und die Menschheit wieder in Gemeinschaft treten konnten und der Tod - die Trennung von Gott - aufhörte. Das ist unverdiente Gnade, die der Mensch sich nicht von selbst aneignen kann. Er wird von Gott zur Annahme zubereitet. Erkenntnis seiner Sünde, Glauben an die Vergebung geht der dauernden Innewohnung des Heiligen Geistes vorher. Darauf erlangt der Mensch wieder die Freiheit des Geistes, wie es heißt: „Wen der Sohn befreit hat, ist recht frei.” Allerdings ist diese Freiheit noch unvollkommen, da er bis zu seinem Eingang ins ewige Leben im Kampf mit der Finsternis steht. Deshalb trachtet er fortan nach dem Ziel: der Vollkommenheit.
Die anderen bleiben in der Verstockung. Wozu das? Die Antwort steht V. 23: „Auf dass Er kundtäte den Reichtum Seiner Herrlichkeit an den Gefäßen der Barmherzigkeit, die Er bereitet hat zur Herrlichkeit.”
L. Th.
Antwort C
Diese Stelle handelt von der Begnadigung und zeigt uns Gott in Seinem Handeln mit den Menschenkindern. Unser Gott legt in die Hand eines jeden Gnade und Gericht, und der einzelne darf und kann frei wählen. So war es auch bei Israel, von dem diese Schriftstelle handelt. Dieses Volk hatte sich selbst durch seinen Unglauben ausgeschlossen und sich an Christus, als dem Stein des Anstoßes und dem Fels des Ärgernisses, gestoßen. Aber dennoch ist das Handeln Gottes einerseits wohl ein souveränes (unabhängiges), andererseits ein Handeln in Gnade. Sein Reichsgrundsatz bleibt der: Er will, dass allen Menschen geholfen werde und alle zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. Wenn nun Israel als Volk verstockt ist, so ist diese Verstockung nicht darin zu suchen, dass Gott ein Wohlgefallen daran hätte und das Verderben dieses Volkes wollte, sondern die Schuld liegt vielmehr auf seiten Israels, indem es die ihm angebotene Gnade, welche in der Sendung des Sohnes Gottes ihm erschienen war, ablehnte. Und wenn auf der anderen Seite dennoch etliche aus Israel errettet werden und diesen die Augen geöffnet werden, so zeigt sich hier wiederum die wunderbare Gnade Gottes, welche dem, der da will, in Gnade begegnet. Also auch hier sehen wir, wie Gott nach Seinem Plane arbeitet. Vers 7 sagt uns, nicht alle, die Abrahams Same sind, sind darum auch Kinder, vielmehr war es die mächtige Kraft Gottes, durch die Er das Tote lebendig macht, die diesen lebendigen Schößling hervorbrachte aus einem erstorbenen Volke. Denken wir an das völlige Versagen Israels als des Weinstocks, den Gott aus Ägypten geholt und an den Er so viel Treue gewandt hatte (Ps. 80,8-16), dann müssen wir uns tief einprägen, dass in allem, was die Erlösung der Menschheit angeht, in allem, wo es sich um Frucht für Gott handelt, Sein das Werk ist und Sein die Kraft, damit Ihm allein die Ehre gebühre. „Nicht aus Werken, auf dass sich nicht jemand rühme. Denn wir sind Sein Werk, geschaffen in Christo Jesu zu guten Werken, welche Gott zuvorbereitet hat, dass wir darinnen wandeln sollen.” (Eph. 2,9.10.)
Ph. W.
Antwort D
Wenn man das ganze Kapitel 9 und dazu noch die Kapitel 10 und 11 liest, kann man erkennen, dass es sich in dem uns vorliegenden Schriftabschnitte um die Auserwählung aus Gnade handelt, und zwar in den Versen 14-24 besonders um die Unumschränktheit Gottes in der Ausübung Seiner Gnade bei dieser Auserwählung. „Hat der Töpfer nicht Macht über den Ton?”
(V. 21.) Ja, weiter nichts als Gnade ist es, wenn du und ich „Gefäße zur Ehre” sind, „Gefäße der Begnadigung, die Er zur Herrlichkeit zuvorbereitet hat” (V. 23). Es ist nicht aus Werken (V. 11, Klammer; 11,6) und lag auch weder an unserem Wollen noch an unserem Laufen, sondern allein an dem begnadigenden Gott (V. 16). In Seiner unumschränkten Gnade hat Er uns zur Herrlichkeit zuvorbereitet - „auserwählt in Ihm”, dem geliebten Sohne, „vor Grundlegung der Welt” (Eph. 1,4).
Für das Kind Gottes ist dieses eine kostbare Tatsache, die sein Herz glücklich macht und mit Dank und Anbetung erfüllt. Es versteht diese wunderbare Gnade und weiß, dass es anders gar nicht sein kann.
Der unwiedergeborene Mensch aber versteht sie nicht - wie könnte er auch? - und wagt es einerseits, Gott zu beurteilen, indem er sagt, wenn es nur Gnade sei, dann sei es doch nicht gerecht, die einen zu begnadigen und die anderen nicht (V. 14), und andererseits benutzt er es, sich zu entschuldigen, indem er sagt: Ja, was kann ich dann dafür, wenn ich nicht begnadigt bin? (V. 19.) Der Mensch ist so sehr geneigt, andere - ja sogar Gott - anzuklagen, seine eigene Schuld aber zu leugnen. Aber „o Mensch, wer bist du, der du das Wort nimmst wider Gott?” (V. 20.) Die in den Versen 6-18 aufgeführten beiden Beispiele von Jakob und Esau und vom Pharao sind der beste Beweis dafür, dass die, welche nicht auserwählt sind und dem Gericht verfallen, selbst daran schuld sind: Esau hatte das Erstgeburtsrecht verachtet, indem er es für ein Gericht Linsen verkaufte (1. Mose 25,31-34) - und Gott wußte das selbstverständlich im voraus! -, und von dem Pharao heißt es wiederholt, dass sein Herz sich verhärtete (2. Mose 7,13 und 22), und dann wiederholt, dass er sein Herz verhärtete (2. Mose 8,15 und 32; 9,7), und dann erst, nach dieser Verhärtung nach seinem eigenen Herzen und seinem eigenen Willen, heißt es: „Und Jehova verhärtete das Herz des Pharao” (2. Mose 9,12). Der Mensch, der die wunderbare Gnade Gottes nicht erfährt und darum verloren geht und einst vom Gericht Gottes getroffen werden wird, ist also ganz allein daran schuld, denn er hat die Gnade verschmäht, hat nicht gewollt, hat dem Wirken des Geistes Gottes sich widersetzt und dadurch sich selbst sein ewiges Los bestimmt. Darum heißt es auch in Röm. 9,22 von den „Gefäßen des Zornes” nicht, dass Gott sie zubereitet habe zum Verderben, sondern einfach: „zubereitet zum Verderben”; es ist nicht Sein Werk, nein, Er hat sie sogar „mit vieler Langmut ertragen”. Von den „Gefäßen der Begnadigung” dagegen heißt es, dass Er sie zur Herrlichkeit zuvor bereitet hat! Er wußte „vor Grundlegung der Welt”, von Ewigkeit her, wie ein jeder Mensch sich gegenüber Ihm selbst stellen und gegenüber dem Wirken Seines Geistes und dem Werben Seiner Liebe und Gnade verhalten würde, und wenn - wie schon gesagt - keiner der Auserwählten sich auch nur des geringsten Verdienstes rühmen kann, sondern ein jeder nur die unermeßliche Gnade Gottes preisen kann, so ist ebenso gewiß, dass keiner von denen, die verloren gehen, je Gott einen Vorwurf wird machen können, sondern dass jeder wird erkennen und anerkennen müssen, dass er selbst nur daran schuld ist! - Dem Verstande mag dieses etwas Unfaßbares sein, der Glaube aber versteht es völlig und ruft bewundernd aus: „O Tiefe des Reichtums ... Ihm sei die Herrlichkeit in Ewigkeit! Amen.” (Röm. 11,33-36.)
Th. K.
Anmerkung des Herausgebers
Diese Antworten geben viel Licht über die unseres Erachtens mit Anrecht schwierig genannte Stelle und Anleitung zum Weiterforschen.
Wie gut, dass nicht von unserem Wollen und Laufen unsere Errettung abhängig ist! Wenn dem so wäre, so wären die Starken, Klugen, Reichen, die sich alle Möglichkeiten zum Wollen und Ausführen ihres Willens leicht beschaffen können, so im Vorteil, dass die Schwachen das Nachsehen hätten. Aber im Gegenteil, gerade „was schwach ist vor der Welt, hat Gott auserwählt, auf dass Er das Starke zunichte mache” usw. Wie lehrreich ist hier die Stelle: 1. Kor. 1,26-29! Gepriesen sei Gott für dieselbe!
Es handelt sich in Röm. 9-11 um das scheinbare Rätsel der gegenwärtigen Verwerfung Israels und in diesem Zusammenhang um die in unserer Stelle behandelte Frage der Gerechtigkeit Gottes. Wenn das Volk als Ganzes nicht verstanden hatte, dass das Gesetz ein Erzieher auf Christus hin (Gal. 3,24) sein sollte und darum sich an Christus stieß, statt Ihn anzunehmen (9,31-33), so blieb Gottes Gerechtigkeit doch völlig unverletzt, wenn Er, der alles dies natürlich voraussah, Israel beiseite setzte (wie einst Pharao, der sich erst selbst verhärtete, dann von Gott verhärtet wurde) und denen aus den Nationen die von Israel verschmähte Glaubensgerechtigkeit zuteil werden ließ (Vers 24-26.30). Aber in Seiner unumschränkten Gnade hat Er auch aus den das Heil in dem in Zion gegründeten Stein verachtenden Juden einen Überrest der Gnade errettet, um an ihm die Herrlichkeit Seiner Gnade kundzutun (V. 22.23.27). Wer will Ihn deswegen tadeln? Wer will Seine Gerechtigkeit anzweifeln, wenn Er Gnade walten läßt, wo Gerechtigkeit gänzlich verwerfen dürfte?! Wollen wir aus den Nationen Sein Tun kritisieren, wir, die wir „Fremdlinge der Bündnisse der Verheißung” sind? (Eph. 2,12.) Wie können wir es? Wollen die aus den Juden es tun, wo sie doch durch ihre eigenmächtige Verwerfung des Messias ihre eigene Verwerfung hervorgerufen haben? Gibt es überhaupt eine Stimme, die sich auflehnen und Gerechtigkeit fordern könnte, wenn die Gnade redet? - Gnade wirkt stets „ohne Verdienst und Würdigkeit” der Begnadigten; Gnade ist absolut unumschränkt, wenn der sie Ausübende in seiner Macht unumschränkt ist. Schon die Begnadigung eines Mörders seitens des Königs ist eine Tat, wo das Gerechtigkeitsgefühl der Menschen nichts zu fordern oder zu hemmen hat, wieviel mehr wenn Gott begnadigt!
O, der armselige Mensch, der arme Tor, der da in scheinbarer Gerechtigkeitsliebe auftrumpft und Gott Ungerechtigkeit vorwirft! Wenn Gott in Seinem geliebten Sohn die begnadigt, die Gott recht geben und als ohnehin sowieso unbedingt verlorene Sünder die Gnade annehmen, wer will da Gott Ungerechtigkeit vorwerfen, wenn die, welche die Bedingungen der Gnade nicht annehmen wollen, aber sich anstrengen, durch eigenes Wollen und Laufen das Heil zu erlangen, verloren bleiben in Ewigkeit?
O Geschwister, lasst uns mit heiliger Ehrfurcht an unserem schwachen Teile eintreten für Gottes unantastbare Gerechtigkeit in einer Welt, die Seine Ehre, Sein Recht, Seine Gerechtigkeit und auch Seine Liebe und Gnade in ihrer Selbstverblendung mit Füßen tritt! lasst uns Gott
die Ehre und Herrlichkeit geben, die Ihm gebührt! (Röm. 4,20; Phil. 1,11; Röm. 11,33-36; Röm. 15,17; 1. Tim. 1,17; 1. Petr. 4,11 u. a.)