Antwort A
Noah lebte, nach der Schrift, um 2300 vor Christo, Mose um 1500, also lebte Noah ungefähr 800 Jahre früher. Im mosaischen Gesetz ist der Unterschied zwischen reinen (d. h. zum Genuß und zu Opfern tauglichen) und unreinen Tieren klar geoffenbart und genau beschrieben (bes. 3. Mo. 11). Wie konnte aber schon Noah Jahrhunderte vorher diesen Unterschied kennen und demgemäß handeln? Dass aber diese Kenntnis bei ihm vorausgesetzt wird, geht deutlich aus dem Befehl des HERRN an ihn hervor: „Von allem reinen Vieh sollst du sieben und sieben zu dir nehmen, ein Männchen und sein Weibchen; und von dem Vieh, das nicht rein ist, zwei, ein Männchen und sein Weibchen.” (1. Mose 7,2)
Wir antworten auf diese Frage folgendermaßen:
Der Unterschied zwischen „rein” und „unrein” an sich ist so alt, wie die Sünde alt ist. Er geht also über den Anfang des mosaischen Gesetzes, ja über die Zeit Noahs und sogar Adams hinaus und hat seine Urwurzel in dem vorgeschichtlichen Sündenfall Satans und seiner Engel. In der Menschheitsgeschichte war er zunächst als theoretische Möglichkeit in der anerschaffenen Willensfreiheit und dem im Paradiese von Gott den Stammeltern verordneten Gebot gegeben und dann als verhängnisvolle Wirklichkeit seit ihrem Fall vorhanden.
Mit dem Fall des Herrn der irdischen Schöpfung war aber auch diese selbst gefallen, und so entstand ein Parallelismus (zueinander in Beziehung stehendes Nebeneinander oder Gleichlaufen) zwischen Geist und Natur, der nicht wie ursprünglich nur im Sinne idealer, schöpfungsmäßiger Symbolik dastand, sondern auch im Sinne ethischer bzw. unethischer Abbildlichkeit. Auf diesem Parallelismus beruht auch die Unterscheidung „reiner” und „unreiner” Tiere. Dies ist der entscheidende Ausgangspunkt zur Beantwortung unserer Frage.
Das mosaische Gesetz hat also diesen Unterschied nicht erst zu schaffen gehabt. Er ist vielmehr von den Menschen schon von jeher empfunden worden, und so hat man schon von den ältesten Zeiten des Menschengeschlechts her in allen Völkern von „reinen” und „unreinen” Tieren gesprochen. Dabei haben die verschiedensten Gründe mitgewirkt:
1. der Unterschied zwischen zahmen und wilden Tieren,
2. der damit sehr verwandte Unterschied zwischen schädlichen und unschädlichen Tieren, weiterhin
3. die Überzeugung, dass das Fleisch gewisser Tiere ungesund sei, vor allem auch
4. der natürliche Abscheu schon vor der Berührung und noch vielmehr dem Genuß mancher Tiere; dann auch
5. das natürliche Gefühl und die in jedem Volk und Menschen sostarke, unbewußte Neigung zur Symbolik, indem der in der Urzeit in mancher Hinsicht noch nicht sodurch eine ungöttliche und unnatürliche Kultur getrübte menschliche Geist in manchen Tieren Abbilder der Sünde und des Verderbens erblickte, die ihn mit Widerwillen und Abscheu erfüllten. Außerdem musste auch
6. die enge Verknüpfung des Sündenfalls mit einem Gliede des Tierreichs (der Schlange) dazu mitwirken.
Bei den dem Götzendienst verfallenen Völkern spielten offenbar auch noch
7. magisch - mystische, astrologische und animistische Vorstellungen eine bedeutende Hauptrolle. Man glaubte, dass sich in den Tieren die verschiedenen guten oder bösen Gottheiten offenbarten. Die „unreinen” Tiere sind dann die natürlichen Hüllen schädlicher Geister. So ist Ariman, der persische Gott des Bösen, abwechselnd Schlange, Kröte, Fliege usw. Die bösen Geister gehen ihres mordlustigen Charakters wegen in fleischfressende Tiere über oder in Tiere, die ihrer Geilheit wegen berüchtigt sind. In dem ägyptischen Tierkult erhalten Schweine und Krokodile göttliche Verehrung, weil sich in ihnen der gefürchtete böse Geist Typhon offenbare. Dazu kommen oft astronomische und sonstige Beziehungen, die geradezu, besonders im alten Ägypten, zu einer organisierten Verehrung „heiliger” Tiere geführt haben. So ist es zum Beispiel weniger die Brauchbarkeit beim Feldbau, die den Stier heiligt, nicht die Nahrung spendende Milch, die die Kuh heiligt, sondern ihre Hörner, die an die Lichtstrahlen, insonderheit die Mondsichel, erinnern und sie so in Beziehung zur Mondverehrung bringen. Adler, Geier, Falke oder Sperber werden wegen ihres scharfen Blickes und ihres hohen Fluges sogar zum Sonnensymbol. Diese und ähnliche Ideen finden sich in Ägypten, Indien, Vorderasien und vielen Ländern der alten Welt.
Er. Sr.
So ist die Unterscheidung von „unreinen” und „reinen” Tieren nicht etwas nur Israelitisches oder Mosaisches, sondern etwas in dem Denken und der Sitte der Völker schon längst Vorhandenes und in ihrer religiösen Symbolik schon längst Empfundenes. An den in diesen Vorstellungen enthaltenen Wahrheitskern knüpft dann später, befreit von allem menschlichen Irrtum, die göttliche Gesetzgebung durch Moses an. So war es ja auch sonst mit vielen entscheidenden Hauptpunkten der mosaischen Einrichtungen. Sündenbewußtsein, Opfer, Altäre, heilige Handlungen gab es schon längst überall in der Völkerwelt, und zwar Jahrhunderte vor Mose. Das beweisen allein zur Genüge die Ausgrabungen in Vorderasien und Ägypten sowie die Kultur- und Religionsgeschichte der alten Inder, Chinesen und Perser. Das entscheidend Neue am mosaischen Gesetz war dann die Tatsache, dass alle diese Urelemente sinnbildlichen, zu großem Teil naturgemäßen Empfindens - von menschlichen Irrtümern befreit - zu einem göttlich autoritativen, genau abgegrenzten, planvollen System einer prophetisch-pädagogischen Erziehungsinstitution mitverwendet und dort eingebaut wurden, einer Erziehungsinstitution, deren leitendes Grundprinzip die Offenbarung der Heiligkeit Jehovas war. Sündenbewußtsein gab es schon vor Mose; aber es hatte noch nie eine planmäßige, objektive, göttliche Erziehungseinrichtung gegeben, um es zu stärken und zuverlässig zu entwickeln. Allein durch Gesetz kommt Erkenntnis der Sünde. (Röm. 3,20) Auch Opfer gab es schon vor Mose; man denke an Abel, Noah oder Abraham! Aber erst seit Mose gab es eine göttliche Opferinstitution, die nach genauen, göttlichen Regeln auf das eine Opfer hinführte, das am Stamme des Kreuzes, dem Altar von Golgatha, für die Sünden der Menschheit sterben sollte. Und so gab es auch den Unterschied von reinen und unreinen Tieren schon vorher; nur waren die Grenzen gar oft allzusehr verschwommen und unklar, oft widerspruchsvoll unter den Völkern. Dasselbe Tier, das dem einen Volk heilig und rein war, war anderen Völkern oft ein Greuel. Bei den Ägyptern war das sogar zuweilen innerhalb des eignen Volkes der Fall, indem die verschiedenen Gaue derselben Nation sehr verschieden darüber dachten, welches Tier heilig und rein sei und welches nicht. Aus all diesen Gründen muss auch dem Noah, der ja vor dem mosaischen Gesetz lebte, als die richtigen göttlichen Grenzen zwischen „rein” und „unrein” noch nicht geoffenbart worden waren, zwar nicht der Unterschied zwischen reinen und unreinen Tieren an sich, wohl aber die speziellere Begrenzung dieses Unterschiedes infolge besonderer Erleuchtung, wahrscheinlich sogar persönlicher Offenbarung von Gott her klargemacht worden sein.
Was war dann aber das diesbezüglich Neue seit der mosaischen Gesetzgebung? - Es wäre nicht genug gesagt, wenn wir das Neue, das in dieser Hinsicht von da an eintrat, nur in einer reinigenden Übernahme und Mitverwendung dieser alten Vorstellungselemente sähen. Das mosaische Gesetz geht ja in diesem Punkt gar nicht einmal auf physische, psychische, medizinische oder andere allgemein natürliche Gründe ein. Vielmehr erfährt diese ganze Unterscheidung seit der Gottesoffenbarung am Sinai eine durchgreifende mehrfache Vertiefung:
1. Eine göttlich-autoritative Abgrenzung, Richtigstellung und Festsetzung, welche Tiere im einzelnen für „rein” und für „unrein” zu halten seien, wobei auch alle heidnischen Beziehungen auf Naturverehrung ausgeschaltet und alles ganz allein auf den Grundgedanken der mosaischen Gottesoffenbarung, nämlich die Heiligkeit Jehovas, eingestellt wurde. Vgl. 3. Mose 11 (und siehe oben!).
2. Eine planvoll-systematische, durch Jahrhunderte laufende, symbolische Erziehungsinstitution zu vertieftem Verständnis des wesenhaften Unterschiedes zwischen „rein” und „unrein” an sich. In diesem Sinne werden die unreinen Tiere in der mosaischen Heiligkeitsoffenbarung zu Buß spiegeln für die Sünder, deren Sünden sich mannigfaltig in den betreffenden Tieren ausprägen, so dass uns die Unreinheit überall aus ihnen entgegentritt, die in uns selbst ist, und jeder in den verbotenen Tieren nun seine eigenen verderbten Eigenschaften erkennen kann. Auf diese Weise erinnern uns die unreinen Tiere an unsere eigene unreine Lust und sollen in uns das Verlangen nach Erlösung stärken. So ist das Schwein ein Bild des Schmutzes (2. Petr. 2,22), der Fuchs ein Bild hinterlistiger Schlauheit (Lk. 13,32), der Hund ein Hinweis auf Unreinigkeit (Spr. 26,11), der Esel ein Bild von Eigensinn und Dummheit (Hiob 11,12), die Schlange von Falschheit (Mt. 10,16) oder der Wolf von Wildheit (Joh. 10,12). Man vgl. auch das bekannte „Herzbüchlein” von Johannes Goßner.
Die dritte Bedeutung dieses Unterschiedes unter den Tieren besteht darin, dass er 3. ein tragisch-symbolischer Hinweis darauf ist, dass durch den Sündenfall der größte Teil der Erdgeschöpfe mit verderbt ist und sich nach der Offenbarung der Söhne Gottes sehnt (vgl. Röm. 6,18-22). Daran konnte der sinnende Israelit immer wieder bei der begrenzten Auswahl seiner Fleischnahrung deutlich erinnert werden.Zuletzt aber darf auch die allgemein heilsgeschichtliche Bedeutung dieses Unterschiedes nicht übersehen werden. Er ist
4. eine heilsgeschichtliche Darstellung der Sonderstellung Israels in der allgemeinen Völkerwelt im Zusammenhang mit der alttestamentlichen Zweiteilung der Menschheit in Israel und die Nationen (vgl. Eph. 2,11ff.). Wir lesen in 3. Mose 20,23-26: „Ihr sollt nicht wandeln in den Satzungen der Nationen, die Ich vor euch vertreibe ... Ich habe zu euch gesagt: Ihr sollt ihr Land besitzen, und Ich werde es euch zum Besitz geben, ... Ich bin Jehova, euer Gott, der Ich euch von den Völkern abgesondert habe. Und ihr sollt unterscheiden zwischen dem reinen Vieh und dem unreinen, zwischen dem unreinen Gevögel und dem reinen, und sollt euch selbst nicht zu einem Greuel machen durch das Vieh und durch das Gevögel und durch alles, was sich auf dem Erdboden regt, welches Ich euch als unrein abgesondert habe. Und ihr sollt Mir heilig sein, denn Ich bin heilig, Ich, Jehova; und Ich habe euch von den Völkern abgesondert, um Mein zu sein.” Beachten wir die Nebeneinanderstellung der Unterscheidung von reinen und unreinen Tieren einerseits, Israel und den Nationen andererseits, zwischen der „Absonderung” in der Tierwelt und der „Absonderung” in der Völkerwelt. Schon allein dieser Parallelismus legt den Gedanken nahe, dass die Unterscheidung zwischen reinen und unreinen Tieren nicht nur eine allgemein ethische Bedeutung habe, sondern auch eine heilsgeschichtliche, israelitisch-völkische; nicht als ob Israel in sich das eine „ reine” Volk sei und die anderen Völker etwa die von vornherein moralisch gesunkeneren! Nein, gerade das Alte Testament sagt, dass Gott Sein irdisches Bundesvolk nicht erwählt habe, weil es besser oder stärker sei als die anderen Nationen. Man lese 5. Mose 7,7.8! Wohl aber handelt es sich um die heilsgeschichtliche Absonderung, Reinigung und Erziehung Israels im Alten Bunde. Inmitten einer unreinen, heidnischen Völkerwelt sollte Israel als ein reines, Jehova hingegebenes Volk dastehen, gleichwie es auch im Neuen Testament von den Jüngern Jesu heißt: „Siehe, Ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe.” Israel hat diese hohe Berufung nicht erfüllt. Die Beiseitesetzung des Volkes durch den HERRN war die Folge. Aber die Aufgabe an sich war zunächst von Gott gegeben und auch durch diese Symbole ausgedrückt. Im Tausendjährigen Reich wird Gott mit Seinem alttestamentlichen Bundesvolke Seine Ziele erreichen. Dann werden auch die anderen Völker „reine” Völker sein und Ihn, den HERRN, mit reinen Lippen loben und anbeten. (Zeph. 3,9) Aber auch schon jetzt ist in der Beiseitesetzung Israels und der direkten Öffnung des Reiches Gottes für die glaubenden Glieder der Völkerwelt in der gegenwärtigen Haushaltung dieser heilsgeschichtliche Unterschied zwischen „rein” und „unrein” aufgehoben. Nachdem Christus an das Kreuz erhöht ist und die „Zwischenwand der Umzäunung” hinweggetan hat, will Er sie alle (ohne Unterschied, ob geborene Juden oder geborene Heiden) zu Sich ziehen (Joh. 12,32, vgl. Eph. 2,11ff.).
So hat denn der Unterschied zwischen reinen und unreinen Tieren seit der mosaischen Gesetzgebung eine ganz besondere Beziehung auf das Reich Gottes bekommen. „Derselbe Unterschied, den Gott in heilsgeschichtlicher Hinsicht damit aufrichtet, dass Er ein Volk Sich erwählt und in ein besonderes Verhältnis zu Sich gestellt hat, während alle übrigen Völker der Erde ihren eigenen Wegen und der Entwicklung des sündigen Naturgrundes, der im Menschen liegt, überlassen sind, der sollte auf dem Gebiet der Natur durch die Unterscheidung von reinen und un-reinen Tieren zur Erscheinung kommen. Denn die Natur ist ja überhaupt dazu bestimmt, ein Sinn- oder Abbild dessen zu sein, was im Bereich des geistigen Lebens oder genauer des Reiches Gottes vor sich geht. Dass wir aber wirklich in den reinen Tieren eine Repräsentation Israels oder eine Versicherung seiner Berufung im Gegensatz zu den noch unreinen Völkern zu erblicken haben, das wird deutlich durch das Gesicht des Apostels Petrus in Joppe bestätigt, der eben daran, dass ihm reine und unreine Tiere ohne Unterschied zum Schlachten und Essen vorgeführt werden, erkennen soll, dass die von dem Alten Testament aufgerichtete Scheidewand zwischen Heiden und Juden nunmehr hinweggenommen sei.” Durch diese Reinerklärung aller bis dahin unreinen Tiere wurden auch alle Heidenvölker als mit Israel vor Gott gleichstehend erklärt, weil Christus auch für sie Sein Blut vergossen hat.
Diese Beziehungen gehören zwar erst der Zeit Jahrhunderte nach Noah an. Dennoch sind sie die Fortsetzung und Weiterbildung jener alten, schon in seinen Tagen und den Tagen der anderen Urväter vorhandenen Gedanken und gehören daher auch mit Recht in eine solche Betrachtung, wenn auch nur in weiterem Sinne, hinein.
Ein kurzes Schlußwort muss aber noch gesagt werden. Warum hat Noah von den reinen Tieren nicht nur drei Paare, sondern noch ein siebentes Tier mit in die Arche nehmen sollen? Der Hinweis auf die sinnbildliche Bedeutung der heiligen Bundeszahl Sieben, der unbedingt hierher gehört, ist zwar richtig, reicht aber nicht aus. Die Antwort liegt vor allem offenbar in der Tatsache, dass Noah nach der Flut dem HERRN ein Opfer darbrachte. (1. Mose 8,20) Für dieses Opfer brauchte er ein reines Tier von je den verschiedenen Arten. Und hierin liegt eine tiefe Wahrheit: Gott kann zu Seinen Opfern nur Reines gebrauchen! So war es bei dem einen, größten Opfer, dem Sohne Gottes, der als der Reine für uns, die Unreinen, Sein heiliges Leben und Blut dahingab. So ist es aber auch in unserem Heiligungsleben! Heiligung und Reinigung sind die Voraussetzung dafür, dass Gott unsere Opfer und den Dienst unseres Lebens annehmen kann! Unversöhnlichkeit, Sündengebundenheit, Weltsinn, Festhalten gewisser Dinge unserer Vergangenheit sind ein Hindernis, dass der HERR unser Leben und Dienen als heiligen Opferdienst annehmen kann! Darum: „Reinigt euch, die ihr die Geräte des HERRN tragt!” „Ich ermahne euch nun, Brüder, durch die Erbarmungen Gottes, eure Leiber darzustellen als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Schlachtopfer, welches euer vernünftiger Gottesdienst ist.” (Röm. 12,1)
Er. Sr.
Schlußbemerkungen des Schriftleiters
Zu dieser ausführlichen, schönen und sehr bemerkenswerten Antwort noch etwas sachlich Wesentliches anzufügen ist mir nicht gegeben, es ist auch kaum nötig. Aber etwas zu unterstreichen halte ich für gut.
Als ich den Aufsatz das erstemal durcharbeitete, dachte ich, je weiter ich kam, dass es gut sein würde, die Weise des HERRN, wie Er den Petrus von seinen an sich biblischen Vorurteilen gegen die ehemals als „unrein” geltenden Tiere befreit, zu betrachten. (Apg. 10) Aber dann durfte ich diesen Hinweis in der Antwort unseres w. Mitarbeiters selber schon bemerken. Darum hier nur die „Unterstreichung”! Jedoch einen anderen Hinweis darf ich mir erlauben, das ist der auf 1. Kor. 8. Wieviel Mühe hat Gott doch, Menschen von ihren - jüdischen oder auch heidnischen! - zeremoniellen Hemmungen zu befreien! Gewiß waren solche Unterscheidungen einst gut und gottgewollt gewesen, „reine” und „unreine” Tiere mußten unterschieden werden, das gehörte mit zum Gehorsam gegen uralte göttliche Ordnungen, aber in Christo Jesu gibt es weder „Grieche noch Jude, Beschneidung noch Vorhaut” usw. (Kol. 3,11) und ebensowenig einen Gegensatz zwischen reinen und unreinen Speisen von Tieren! Wie ernst, wenn Gläubige heute noch Speiseverbote aufrichten zu können sich anmaßen! Kürzlich hörte ich von einem Manne, einem sich als „gläubig” ausgebenden Arzte, der eine Reihe von Sonderlehren schriftwidriger Art vertritt, er habe behauptet, Eva habe ihrem Manne im Paradiese nicht eine „Frucht” gereicht, sondern sie habe ein Schwein geschlachtet und ihm ein Stück Schweinefleisch präsentiert(!!). Das sei die Verführung zur Sünde gewesen! Diese mehr als nur schriftwidrige, völlig absurde, geradezu von einer gewissen Unnormalität zeugende „Anschauung” entspricht ganz den Vorstellungen der indischen und sonstigen orientalischen Religionslehren, die mit der Bibel nichts zu tun haben, ja, ihr meist brüsk widersprechen - und die im Grunde genommen als schwere Irrlehren, zumal, nachdem wir das Neue Testament haben, auf Selbsterlösung des Menschen hinauslaufen, und zwar ohne Blutvergießen! „Kräftige Irrtümer!”
Wie gut, dass wir in Christo frei gemacht sind von allen gesetzlichen Maßnahmen, die der Absonderung des Volkes Gottes dienen sollten! (3. Mose 11; vgl. Antw. A!) Darum sind wir ja von Speiseverboten befreit, wenn eine gewisse zeitliche Einschränkung auch aus bestimmtem Grunde in Apg. 15 enthalten ist (vgl. das „Denn” in V. 21! und siehe zu dieser Sache Jahrb. 1, Frage 36). Der Apostel Paulus hat sowohl persönlich die geistliche Freiheit am besten begriffen und geübt als auch durch Inspiration des Geistes am klarsten gegen solche Speiseverbote gesprochen und gelehrt. Wie deutlich lehrt er solches in dem obenerwähnten Kap.: 1. Kor. 8 im 8. Vers: „Speise empfiehlt uns vor Gott nicht; weder sind wir, wenn wir nicht essen, geringer noch, wenn wir essen, vorzüglicher.” Das ist doch sehr klar! Aber gerade weil er so frei ist, d. h. weil Gott den Unterschied zwischen „rein” und „unrein” aufgehoben hat, besser: als in Christo erfüllt ansieht, deswegen kann der Apostel den ungleich höheren Standpunkt predigen, der uns Gläubige auszeichnen soll: den, aus Liebe zu den Schwachen (vgl. Röm. 14-15,7!) auf „unsere Rechte” zu verzichten. Hierüber ließe sich viel sagen, doch will ich das Gebiet, als nur mittelbar zu unserer Frage gehörend, hier nicht mehr weiter besprechen. Es lag mir nur daran, die so ausführliche Antwort durch dieses Eingehen auf praktische Anwendung der vertretenen Lehre zu unterstreichen. Möge dies ein wenig gelungen sein!
„Für die Freiheit hat Christus uns frei gemacht; stehet nun fest und lasset euch nicht wiederum unter einem Joche der Knechtschaft halten!” ... „Denn ihr seid zur Freiheit berufen worden ..., dienet einander durch die Liebe!” (Gal. 5,1.13!) Der Herr gebe uns Gnade dazu, mehr und mehr, zur Ehre Seines herrlichen Namens!
F. K.