Prophetische Hinweise in 2.Mose 9,31

Enthält die sozusagen eingeschobene Bemerkung 2. Mose 9,31.32 prophetische Hinweise und Beziehungen auf Israel oder die Nationen (oder beides) und wenn ja, welche?

Antwort A

In den Kapiteln 7-10 des zweiten Buches Mose wird uns von den neun Plagen über die Ägypter berichtet, die der Tötung der Erstgeburt vorangingen. Diese Plagen zerfallen in drei Gruppen, die jeweils durch einen „Morgen” eingeleitet werden (7,15; 8,20; 9,13). Die ersten beiden Plagen jeder Gruppe kündet Jehova durch Mose dem Pharao an, die dritte, letzte Plage jeder Gruppe bricht ohne Warnung über Ägypten herein. Darin finden wir eine Bestätigung der Worte Elihus, der in Hiob 33,14 sagt: „Doch in einer Weise redet Gott und in zweien, ohne dass man es beachtet”, und in Vers 29: „Siehe, das alles tut Gott zwei-, dreimal mit dem Manne, um seine Seele abzuwenden von der Grube.

Die erste Gruppe der Plagen, bestehend aus der Verwandlung des Wassers in Blut, dem Heraufkommen der Frösche und dem Hervorbringen der Stechmücken aus dem Staube, trifft nicht nur Ägypten, die Welt, sondern auch Israel, das auserwählte Volk. Israel und in der Anwendung der Gläubige unserer Tage lernt aus der Verwandlung des Wassers in Blut, dass in allen Lebensquellen der Welt der Tod ist. Das Wasser stellt uns in der Schrift stets die Kraft des Lebens dar, das Blut redet vom Tode. Die Frösche weisen auf die unreinen Einflüsse hin, denen die alte Natur des Menschen ausgesetzt ist. (Vgl. Off. 16,13) In dem dritten Zeichen entstehen aus dem Staub der Erde Stechmücken, aus dem Tode (1. Mose 3,19; Pred. 12,7) entsteht Leben, ein Bild der Auferstehungsmacht, das die Schriftgelehrten zu dem Ausruf veranlaßt: „Das ist Gottes Finger!” Wie ernst für die Menschen dieser Welt, einmal zum Gericht auferstehen zu müssen (Joh. 5,28.29), wie wunderbar andererseits für den Gläubigen, jetzt schon mit Christo auferweckt zu sein! (Kol. 3!) Die Erfahrungen, die Israel in diesen drei Zeichen macht, entsprechen in gewissem Sinn den Erfahrungen, die der Gläubige in Röm. 6, Röm. 7 und Röm. 8 macht.

Bevor die zweite Folge von Plagen über Ägypten hereinbricht, wird das Land Gosen, wo Israel wohnt, ausgesondert (Kap. 8,22). Der Stellung nach ist der Gläubige abgesondert von den Dingen, die die Welt in ihrem gegenwärtigen Zustand kennzeichnen. Die Hundsfliegen reden von den kleinen Dingen, die das Leben der Menschen zu einer Plage machen, Neid, Hader, Lästerungen, böse Verdächtigungen, Heuchelei, übles Nachreden. (1. Tim. 6,4; 1. Petr. 2,1) Die Plage des Viehes erinnert daran, dass der Mensch all seinen Besitz für sich verwendet, infolgedessen eine Wurzel alles Bösen entsteht (1. Tim. 6,10), während der Gläubige das ihm von Gott anvertraute Gut auch für Gott verwendet. (2. Mose 10,26) Die Geschwüre endlich sprechen von dem sittlichen Verderben der „letzten Tage”, in denen wir stehen, von denen der Apostel Paulus in 2. Tim. 3 eine so ernste Schilderung gibt.

Die dritte Gruppe von Plagen weist prophetisch auf die kommende Zeit der Gerichte hin, die über diejenigen kommen werden, welche auf der Erde wohnen. (Off. 3,10) Die Vorräte des Hagels sind aufgespart für die Zeit der Bedrängnis, für den Tag des Kampfes und der Schlacht. (Hiob 38,22.23) Beim Ertönen der ersten Posaune in Off. 8,7 kam Hagel und Feuer, mit Blut vermischt, und wurde auf die Erde geworfen. In 2. Mose 9,23 finden wir den Vorschatten dieser zukünftigen Ereignisse, die Stimmen Jehovas (wie die genaue Übersetzung lautet) Hagel und Feuer. Dennoch fürchteten sich der Pharao und seine Knechte nicht vor Jehova Gott (V. 30) So werden auch dereinst die Menschen, die den dritten Teil der Erde bewohnen und durch die Plagen der ersten sechs Posaunen nicht getötet werden, keineswegs Buße tun von ihren Werken (Off. 9,18.20f.), und der Ruf des ewigen Evangeliums, Gott zu fürchten (Off. 14,6.7), wird sie nicht erreichen. Gott macht offenbar einen Unterschied zwischen den Erdbewohnern im allgemeinen und denen, die den dritten Teil der Erde bewohnen. Diese letzteren stellen, wie wir annehmen dürfen, die Einwohner des Römischen Reiches dar, mit anderen Worten die bekennende Christenheit, die den Namen hat, dass sie lebe, und ist doch tot, deren sittlicher Zustand in den Sendschreiben an Thyatira, Sardes und Laodicäa zum Ausdruck kommt.

Damit gelangen wir zur eigentlichen Beantwortung unserer Frage. In Off. 8,7 verbrennt durch die Plage des Hagels und Feuers der dritte Teil der Erde, und auch die übrigen Gerichte richten sich vornehmlich gegen den dritten Teil der Menschen, gegen die bekennende Christenheit, die das Evangelium der Gnade gehört, aber verworfen hat. In Off. 16,21 wird noch einmal eine Plage des Hagels erwähnt, die sehr groß und jedenfalls schwerer ist als die vorher beschriebene. Dann wird das Gericht über Babylon, das ist Rom, geweissagt.

Viele der Menschen aber, die außerhalb der bekennenden Christenheit stehen, Heiden also, die in der Gnadenzeit die frohe Botschaft des Heils in Christo nicht vernommen haben, werden in den Gerichten nicht umkommen, sondern durch die Predigt des Evangeliums des Reiches und die Verkündigung des „ewigen Evangeliums” gerettet werden und lebend ins Tausendjährige Reich eingehen.

Auf diesen Unterschied deutet m. E. im Vorbild die Stelle in 2. Mose 9,31.32 hin: „Und der Flachs und die Gerste wurden geschlagen. Aber der Weizen und der Spelt wurden nicht geschlagen, weil sie spätzeitig sind.” Flachs und Gerste kennzeichnen also den dritten Teil der Menschen, die bekennende Christenheit, Weizen und Spelt die übrigen der Nationen, die nicht in den Gerichten umkommen. Weizen und Spelt sind spätzeitig: die Nationen hören das Evangelium des Reiches spät, nachdem das Evangelium der Gnade sein Ende gefunden hat. Und, wie schön: Diese von den Gerichten verschonten Nationen werden im Bilde des Weizen geschaut, der in der Schrift etwas Wertvolles darstellt (vgl. das Feinmehl im Speisopfer und Mt.13,24-30), die dem Gericht verfallenen Namenchristen aber gleichen der Gerste, die der Kennzeichnung menschlicher Ohnmacht dient. (Richt. 7,13; 2. Kön. 4, 42)

Mag sich die bekennende Christenheit heute groß in ihrem Fortschritt dünken, in Gottes Augen ist ihre Weisheit Torheit, gleichsam Gerstenbrot.
Zur Abrundung der Antwort sei noch erwähnt, dass auch die letzten beiden Plagen der dritten Gruppe, Heuschrecken und Finsternis, von den kommenden Gerichten reden, die Heuschrecken von der beherrschenden Gewalt böser Grundsätze (Off. 9,1-11), die Finsternis von der völligen Entziehung göttlichen Lichts, die darin gipfelt, dass die Menschen das Tier anbeten werden.
Welche solltet ihr dann sein in heiligem Wandel und Gottseligkeit!” (2. Petr. 3,11)
Th. Bu.

Antwort des Schriftleiters

Haben wir nicht allen Grund, uns an der belehrend-erbaulichen Antwort unseres (neu hinzugekommenen) Mitarbeiters zu freuen, und ist durch diese nicht die Berechtigung der Frage (die dem einen oder anderen zunächst überflüssig erscheinen mag) völlig erwiesen?! Jedenfalls bekamen wir durch dieselbe, ganz abgesehen von der etwas knappen Beantwortung der eigentlichen Frage, eine kurze übersichtliche Darstellung der „Plagen”-Geschichte, was jedem forschenden Leser lieb sein muß. Noch einige Zusätze!

Zunächst gibt die gleichsam „eingeschobene Bemerkung” der Stelle uns ein ganz klares Bild von dem Ereignis und der Zeit desselben selbst, wie das Urquhart im zweiten Band seiner „Neueren Entdeckungen und die Bibel” im 22. Kapitel sehr kostbar ausführt. Auch Kinzler in seiner sehr empfehlenswerten „Biblischen Naturgeschichte” (Calw) sagt (S. 193) bezüglich unserer Stelle: „Der das geschrieben hat, muss die ägyptischen Verhältnisse genau gekannt haben.” Ja, denn in Ägypten wurde (und wird noch heute) die Gerste im Februar reif, der Weizen erst Ende März oder Anfang April, der Spelt noch später, während die Flachsernte etwa 2-3 Wochen nach der Gerstenernte lag! Jene genauen Angaben der Schrift zeigen also, wie sachlich-richtig das Wort Gottes, von dem unbesonnene Gläubige manchmal sagen, es sei kein Naturkundebuch - es ist natürlich viel mehr als nur das!! -, in den scheinbar geringfügigsten Angaben ist. Scheinbar geringfügig! Denn in Wirklichkeit ist jene Angabe von großer Bedeutung - warum? Weil wir aus ihr ersehen, wieviel Zeit verging bis zu dem Auszuge aus Ägypten, der doch mir dem ersten Passah zusammenfiel, am 15. des 1. Monats (nach der neuen Zeitrechnung, vgl. den Aufsatz „Die Feste Jehovas!”), dem Monat „Abib” = (später) Nisan. (1. Mose 12,2; 13,4) „Abib” aber heißt „Weizenähre”, somit „Ährenmonat” - in ihm, d. h. nach dem Passah, begann die Ernte, die Weizenernte! Es war ungefähr die Zeit unseres Monats April. Wir haben also in jener Angabe einen deutlichen Hinweis auf die Zeit und die Zeiteinteilung, in der alles im Blick auf die Zukunft des Volkes Gottes geregelt war.
Und darum glaube ich auch, dass in diesen Angaben mehr liegt als nur - so wichtig dies ist - eine Zeitangabe, und ich meine, die obigen Ausführungen der Antwort darüber, was jene Hinweise prophetisch zu bedeuten haben, zur Annahme empfehlen zu sollen, wenngleich vielleicht auch andere Deutungen möglich sein könnten. Denn bei der allegorischen (bildlichen) und symbolischen (sinnbildlichen) Anwendung von Bibelstellen kann man zu verschiedenen Ergebnissen gelangen, ohne dass man eine unbedingt verpflichtende Lehre darauf aufbauen sollte und dürfte.

Dass die Gerste als das Bild von „menschlicher Ohnmacht” gedeutet wird, ist bei dieser damals wirtschaftlich als gewöhnlich angesehenen Feldfrucht nach den angegebenen Stellen ganz verständlich. Ich möchte zu den angeführten noch folgende beiden hinzusetzen: Hosea 3,2 und besonders Hes. 13,19; auch bei dem „Eifersuchtsopfer4. Mose 5 wurde statt Weizenmehls nur solches von Gerste genommen (V. 15!). Von dem Wert und der Wichtigkeit des Weizens und Spelts im biblischen Altertum (betr. Spelts vgl. Jes. 28,25) brauchen wir nicht weiter zu reden. Der Weizen gehört in die himmlischen Scheunen! (Mt. 3,12; 13,30 u. a.;) 5. Mose 32,14; Ps. 81,16; 147,14; Lk. 22,31 u. a. zeigen uns gleichfalls seine Bedeutung. - Also soweit stimmt die obige bildliche Anwendung vollauf. Gerste für das, was schwach, minderwertig und schließlich verwerflich ist, Weizen (Spelt) für das weit Wertvollere. Aber Flachs? Leinen? Mit Gerste zusammengenannt? Wo doch Flachs den Ägyptern und auch den Juden sehr wertvoll war? Wurden doch die ägyptischen Mumien in kostbare Leinen (Byssos) eingewickelt und Prachtkleider aus solchem gefertigt?! (Priestergewänder!) Gerade aus Ägypten wurde damals in viele andere Länder das feinste Leinen ausgeführt, so dass die Vernichtung der Flachsernte für das Land einen außerordentlichen Verlust darstellte! Wenn wir also die obige Deutung der „Gerste” auch auf den „Flachs” übertragen wollen, der ja unzweifelhaft mit der Gerste zusammengenannt ist, so dürfte die Parallelität (das Gleichlaufende) vielleicht darin gesehen werden, dass der Flachs (obwohl bezüglich des Gebrauchs wertvoll) doch so allgemein angebaut war - wie es tatsächlich der Fall war -, dass man trotz seiner qualitativen Bedeutung ihn um seiner quantitativen Verbreitung willen als etwas Gewöhnliches (wie die Gerste) angesehen habe; oder aber der Vergleich liegt in der Gebrechlichkeit desselben oder auch darin, dass er in geringerer Qualität auch die Kleidung der Volksmassen ausmachte. Bemerkenswert ist natürlich auch für uns, dass die jüdischen Kundschafter, als sie ins Land kamen, unter „Flachsstengeln” verborgen wurden (Josua 2,6), was uns zeigt, dass für Gott nichts zu gering ist, als dass Er es nicht zum Nutzen der Seinigen verwerten könnte. Denn etwas Geringes an sich war doch diese Bergungsart, noch dazu in solchem Hause, dem Hause der Hure Rahab! -

Nach obiger Deutung gehören also die nicht „christlichen” Nationen zum Weizen (oder Spelt); für sie gibt es ein „Später”, eine Zukunft, eine herrliche Erntezeit - ein Eingeerntetwerden in die himmlischen Scheunen! Oder gehört einer unserer Leser nur zum Flachs, zur Gerste? D. h. also (im Bilde) zu der nur „bekennenden”, nicht wahrhaft das Leben habenden Christenheit, die reif fürs Gericht ist? Eine ernste Frage! Was nützen alle Äußerlichkeiten, was auch das äußerlich liebliche Aussehen der blauen Flachsblume, wenn das Gericht über ihr schwebt? „Du” - du Christenheit! - „du hast den Namen, dass du lebest und bist tot!” (Sardes, Off. 3,2, Protestantismus, schließlich bekennende Christenheit im allgemeinen: Laodicäa, Off. 3!) „Sei nun eifrig und tue Buße!” (V. 19).

Wir Gläubigen der Jetztzeit, die wir vor den Gerichten der antichristlichen Periode bewahrt bleiben (Off. 3,10; 1. Thess. 1,10), haben die ernste Aufgabe, die abtrünnige, dem Gericht entgegeneilende Christenheit zu warnen, ob aus ihr noch der eine und andere sich herausretten lässt auf den „Felsen des Heils”, um dem Verderben zu entgehen! („Philadelphia!”) - Seien wir treu in diesem Dienste!
Der HERR gebe uns Gnade, aus obigen verschiedenen Ausführungen für uns geistlichen Nutzen zu ziehen zu Seiner Ehre!
Sein Wort ist lebendig!” (Hebr. 4,12)
F. K.


Beantwortet von: Team Handreichungen
Quelle: Handreichungen - Band 16 (1931)