Praktische Anwendung von Jakobus 5,14-16

Ist die praktische Anwendung von Jak. 5,14-16 jetzt noch angebracht, und wo event. wird sie noch ausgeübt?

Antwort A

Wir befinden uns im Briefe des Jakobus vielfach auf dem Boden Israels. Im vorliegenden Falle wird der Schwerpunkt auf das Gebet des Glaubens gelegt. Der Glaube kennt Gott und rechnet mit Ihm. Wir wissen, dass wir einen Gott und Vater haben und dass wir durch den Sohn Gottes einen freien Zugang zu diesem Vaterherzen besitzen und dort alle unsere Bitten vorbringen können. Heute steht die Gemeinde des HERRN nicht mehr wie in jenen Tagen da, z. B. eine äußere Ordnung von Ältesten ist nicht mehr vorhanden; wo Gott einzelne Brüder aussondert, werden sie selbstverständlich anerkannt, aber für den einzelnen Gläubigen, auch für den einsamen und alleinstehenden, gibt es eine direkte Verbindung, den Zugang zum Vaterherzen Gottes, welcher immer offen steht. Hiermit soll nun nicht gesagt werden, dass man bei Krankheiten sich nicht an Ihn, den mächtigen Arzt, wenden soll; dies kann und soll in treuer Fürbitte einzeln und gemeinsam geschehen. Denn Gott wird Sich stets zu dem Gebet des Glaubens bekennen und irgend eine Antwort auf das Rufen der Seinen geben. Aber was oft in verschiedenen Kreisen angenommen wird, dass Krankheit unbedingt eine Folge der Sünde sei und dass Gott unbedingt jede Krankheit heilen müsse, das ist falsch. Auch in der Krankheit sieht der Gläubige die Erziehungswege und die Liebesabsichten Seines Gottes und Vaters und weiß, dass auch durch Krankheit Gott Sich oft verherrlicht. Jakobus betrachtet die Gemeinde als eine Fortsetzung von Israel und hält an den irdischen Segnungen für Israel fest, deshalb verbindet er die Krankenheilung auch mit dem Salben mit Öl, was in Israel ein Vorbild von der Salbung mit Geist war. Wir besitzen größere Segnungen und reichere Hilfsquellen, denn wir sind mit Christus in den himmlischen Örten gesegnet (Eph. 1,3.4). Und wenn Gott es für gut findet, uns auf das Krankenlager zu legen oder uns ein Leiden mit auf den Weg zu geben, wenden wir uns vertrauensvoll zu Ihm; sollte Er aber verziehen und Seine Hilfe nicht nach unseren Gedanken ausfallen, gilt auch für uns Sein Wort an Paulus: „Meine Gnade genügt dir, denn Meine Kraft wird in Schwachheit vollbracht” (2. Kor. 12,9).
Ph. W.

Antwort B

Der lebendige, der wirkende Glaube ist der Grundton des Jakobusbriefes. Auch in dieser Stelle liegt der Nachdruck auf dem Glauben: „Das Gebet des Glaubens wird den Kranken heilen”.

Es dürfte schwer sein, heute „die Ältesten „der” Gemeinde” zusammenzurufen. Welche von den uns umgebenden Gemeinden (die leider oft in Neid und Streit zueinander stehen) kann beanspruchen, „die Gemeinde Gottes” zu sein? Und wer und wo sind „die Ältesten der Gemeinde”, die nach der in der Schrift gefundenen Weise als solche bestimmt wurden? (Wir haben weder Anweisung noch Beispiel in der Schrift, dass Gemeinden sich Älteste selbst wählten.) Wohl aber finden wir heute Brüder, denen Gott die Sorge für Sein Haus ins Herz gelegt hat und die den Ältestendienst ausüben.

Ob wir in dem Zusammenruf der Ältesten der Gemeinde diesen Akt gleichsam als mit der ganzen Gemeinde verbunden erblicken können und ob wir in dem Salben mit Öl durch „die Ältesten der Gemeinde” „im Namen des HERRN” die Ausführung eines göttlich gewiesenen Auftrages in berufener Autorität (wie im Alten Testament) sehen können, mag dahingestellt sein. Deutlich aber sagt die Schrift, dass weder die Ältesten noch das Öl, sondern „das Gebet des Glaubens” den Kranken heilen wird. Wenn wir auch Schwierigkeiten finden, heute an dem Tage der Zerrissenheit des Volkes Gottes, „die” Gemeinde und „die Ältesten der Gemeinde” zu haben, so haben wir doch das „Gebet des Glaubens” und die Macht Gottes zu helfen, und ebenso haben wir die „zwei und drei”, die in einer Sache vereint im Gebet vor den HERRN kommen können. „Das inbrünstige Gebet eines Gerechten vermag viel.

Viel Mißbrauch ist mit dieser Stelle getrieben. Gebetsheilstätten, Bekenntnisabnahmen, Ölsalbungen usw. haben auf Grund dieser Stelle ihre Verfechter gefunden. Den Gebrauch von Mitteln hat man verboten, und Gebet, Öl, Bekenntnis und den Glauben hat man zu einem Mittel gegen Krankheit herabgewürdigt. Wenn Gott Heilkräfte in die geschaffene Kreatur gelegt hat, so sind sie für uns gegeben. Es ist keine Frage, Gott kann uns ohne den Gebrauch von Mitteln heilen, wie es keine Frage ist, dass Gott uns ohne tägliche Speise erhalten kann. Die Schrift zeigt uns beides. Aber es ist die Frage, ob dies Seiner Bestimmung entspricht. Im allgemeinen, glaube ich, finden wir in der Schrift, dass Gottes Walten sich in den von Ihm gegebenen Mitteln offenbart. Er konnte Elias 40 Tage ohne Speise erhalten - aber zu einer anderen Zeit mußten ihm Raben solche bringen. Der HERR hätte die 5000 ohne die Hand voll Brot speisen können, aber Er gebraucht das Vorhandene. Er hätte Hiskia ohne die Feige heilen können, aber Er gebraucht die darin gegebene Heilkraft. Gott kann die Nationen an einem zukünftigen Tage heilen ohne Blätter der Heilung, aber Er gibt „Blätter der Heilung” für sie (Off. 22,2). Paulus hätte Timotheus in Ephesus schreiben können, die Ältesten, die in Ephesus waren, zu rufen, aber er sagt: „Gebrauche ein wenig Wein, um deines Magens und deines häufigen Unwohlseins willen” (1. Tim. 5,23).

Der Glaube vertraut nicht den Mitteln, sondern dem HERRN. Elia vertraute für die Erhaltung seines Lebens am Bache Krith nicht auf die Raben, sondern auf Gott. Hier liegt der Unterschied zwischen dem Glauben und dem Unglauben. Der Unglaube handelt wie Asa (2. Chr. 16,12ff.), der in seiner Krankheit nicht Jehova, sondern die Ärzte„suchte”. Er hatte den einstigen Glaubenspfad verlassen. Er stützte sich auf den „König” von Syrien und nicht mehr auf Jehova. Und als Gott Seine Hand in Krankheit auf ihn legte, da suchte er zwei Jahre nach Ärzten für seine Krankheit, aber nicht Jehova. Und so starb er. Welchen Wert hatte es, dass er sich seine Begräbnisstelle bereitet hatte und man seinen Leib auf kunstvoll bereitete Gewürz- und Spezereimischung bettete und man ihn bei seinem Begräbnis beweihräucherte mit „einem sehr großen Brand”? Er starb auf der Suche nach den Ärzten, aber an Jehova ging er vorbei. Ein armer Lebensabschluß! Eine Warnung für uns! Wie manche Kinder Gottes müssen an ihrem Leibe die Erfahrungen des Weibes in Mk. 5 machen, die sich immer schwereres Leid, immer Schlimmeres für ihr Geld erkaufte. Erst als das ihr anvertraute Gut so traurig verwandt war, da kam sie zu Jesu und erfaßte den Saum Seines Kleides. In solchen Unglaubenswegen bedarf es oft des Eingreifens Gottes, dass Er alles zu Ende kommen lässt und dann dem Glauben Seine Macht ohne Mittel offenbart. Da bedürfen wir oft wirklich der Erlösung mit dem kostbaren Blute Christi von den Ärzten und Arzneien, wie andere der Erlösung von dem überlieferten Wandel nach väterlicher Weise bedürfen, an dem man so oft Gläubige mit ganzer Seele hangen sieht (1. Petr. 1,18).

Krankheit ist nicht immer Gericht und Züchtigung, sondern auch Gottes Gnade in Erziehung und Bewahrung. Wir mögen nicht wissen, warum Leiden und Krankheit uns begleiten. Der lebendige Glaube aber sieht Gott in allen Dingen. Da ist kein Klagen, Murren und Auflehnen gegen Gott. Das Herz wendet sich an Ihn. Es kennt Seine Liebe, dass Er uns nur das Beste geben kann. Es vertraut Seiner Weisheit, dass Er den Weg besser zu wählen weiß als wir selbst. Der lebendige Glaube bekennt Gott die Lage und unterwirft sich Seiner Hand, ob, wann und wie Er Seine Hilfe und Macht offenbaren will. Da ist keine Hast. Der Glaube ruht in Gott, er nimmt nicht die Sache in seine eigene Hand, sondern legt sie in die Hand eines anderen - in Gottes Hand: er betet!

Wenn der Kranke so geleitet wird, mag er Brüder zu sich rufen und mit ihnen über seine Lage reden, und sie „mögen” über ihn beten. Da ist ein Sichgewißwerden. Da ist keine Form. Mit dem Rufen und dem Äußeren ist nichts getan. Für solches Gebet muss in jedem einzelnen Fall Glaubensabhängigkeit und Glaubensgewißheit vorhanden sein; ein Glaube, der für diesen Fall und diesen Akt von oben gewirkt ist. „Das Gebet des Glaubens wird den Kranken heilen,” dies ist eine Wahrheit, die heute noch gilt. Gott antwortet solchem Gebet, ob durch oder ohne Mittel.

Wir bedürfen aber der Wachsamkeit, das Gebet nicht zum Heilmittel gegen die Krankheit zu machen, das nun auf jeden Fall helfen muß. Gott wird den Glauben nicht ohne Antwort lassen. Wir werden glücklich sein auf diesem Wege, auch wenn die Antwort wie auf das dreimalige Gebet Pauli lautet: „Meine Gnade genügt dir” (2. Kor. 12,9).

Jakobus beleuchtet dann den Krankheitsfall von einer anderen Seite. Die Krankheit kann die Folge von Sünde sein. In diesem Falle muss Vergebung erlangt werden, und diese macht das Bekenntnis nötig. Da sind Sünden, da sind Verfehlungen, da sind Härten im Leben. Diese treten vor das Auge des Gläubigen. Der Geist Gottes bringt es ihm zum Bewußtsein, dass diese Dinge geordnet sein müssen, die als Hindernisse der helfenden und heilenden Hand Gottes im Wege stehen.
Das Böse soll nicht verborgen, sondern aufgedeckt und gerichtet werden. Die Wahrheit fängt an, in der Seele zu wirken und der falsche Schein der Schuldlosigkeit wird zerrissen. Demut, brüderliche Liebe und Vertrauen fangen an, in der Seele zu. wachsen, und Bekenntnis und Vergebung folgen. Die Sünde wird „gelöst” und das Hindernis und die Zucht beseitigt.

Aber auch hier ist die Gefahr, das Bekenntnis zum Mittel gegen die Krankheit zu machen. Wie traurig, wenn man heute von Stätten reden hört, wo Brüder oder Schwestern Sündenbekenntnisse abnehmen! Solche Dinge kennt die Schrift nicht. Nicht der Wunsch zum Gesundwerden soll das Bekenntnis hervorbringen, sondern der Heilige Geist, der das Licht auf unser Verhalten fallen läßt. Solche Bekenntnisse sollen nicht vor „den Ältesten” oder „Brüdern” geschehen, sondern es heißt: „Bekennet einander”, d.h. einer dem anderen, worin er gegen ihn gefehlt hat!
v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Wie klar ist dies alles nach der Schrift, und was wird demgegenüber in vielen Kreisen von Gläubigen hin und her aus dieser Stelle gemacht! Und dann, wenn andere so mancherlei Unwesen in dieser Hinsicht nicht mitmachen können und für sich bei Krankheiten Mittel anwenden, dann wird von jenen teuren Geschwistern, die nur „Gebets” - und „Glaubensheilung” usw. gelten lassen, über den vermeintlichen Kleinglauben der anderen oft ziemlich schroff abgeurteilt. Manche solcher Geschwister fragen in Punkten der praktischen Absonderung von der religiösen Welt und deren Systemen gar nicht so sehr danach, was das Wort sagt (vgl. z.B. Joh. 14,21ff. und 2. Kor. 6,14ff.), dagegen bezüglich Krankheit und Heilung, auch Sündenbekennens vor Menschen, sind sie leicht geneigt, ihren Standpunkt zum Maßstab des Glaubens zu machen und den schlichten Absonderungsweg des Glaubens etwa nach Hebr. 11,24-28 und 13,13 gering zu achten oder gar zu verurteilen! lasst uns uns hüten, teure Geschwister, vor ähnlicher Stellungnahme bez. Krankheiten und Mittel! Gott hat auch die Ärzte gegeben, schon einen Lukas! Und wer keinen Arzt und kein Mittel anwenden zu sollen meint, der handle gemäß seines Glaubens, aber er mache sich nicht zum Gewissen anderer, und er prüfe lieber noch einmal recht gründlich, was die Schrift sagt!

Nach diesen Ausführungen wird es dem Einsender dieser Frage nicht verwunderlich sein, wenn wir ihm keine Stätten angeben, wo Jak. 5,14-16 systematisch gehandhabt wird. Wir können es nicht, da wir ein solches planmäßiges System der Krankenheilung nicht für schriftgemäß halten können. Ob und wie man aber im einzelnen Fall auf Grund dieser und anderer Stellen handeln darf und soll, darüber ist oben genug gesagt. – Auch in dieser Frage wie in anderen gilt Röm. 14,23: „Alles, was nicht aus Glauben ist, ist Sünde,” d. h. das ganze Leben des den HERRN liebenden Kindes Gottes in allen Dingen, auch bei Krankheiten, ob ohne oder mit Arzt oder Mitteln - es muss ein Leben der Abhängigkeit von Ihm und Seinem Wort sein in Glauben und Gehorsam! Das lehrt uns auch der Jakobusbrief (vgl. z. B. Jak. 2,14ff.; siehe auch Röm. 14,7ff.!).


Beantwortet von: Team Handreichungen
Quelle: Handreichungen - Band 3 (1915)