Antwort A
Die angeführten Schriftstellen beantworten die Frage bei genauer Betrachtung von selbst.
2. Mose 33,19: Jehova hatte Israel das Gesetz gegeben, damit sie Seiner Heiligkeit entsprechen möchten; „... seid heilig, denn Ich bin heilig.” Sie waren erlöst durch das Passah, indessen bedurften sie für ihren Wandel noch des Priestertums, mit dessen Einrichtung Gott eben beschäftigt war. Aber schon hatten sie sich verderbt durch die Anbetung des Kalbes. Demzufolge sagte Jehova zu Mose: Ziehet in das Land, das Ich Abraham, Isaak und Jakob geschworen habe; einen Engel werde Ich vor euch hersenden, aber Ich kann nicht mitziehen, dass Ich euch wegen eurer Hartnäckigkeit nicht vernichte auf dem Wege; ihr entsprecht Mir nicht. Jedoch du, Mose, hast Gnade in Meinen Augen gefunden. Mose aber, der das Priestertum bereits auf dem Berge kennen gelernt hatte, bittet für das Volk, sich zugleich mit ihm eins machend. Er findet auch Erhörung und erhält die Zusicherung, dass er die Güte Jehovas sehen und dass der Name Jehovas vor ihm ausgerufen werden soll. Im unmittelbaren Anschluß daran heißt es dann: „Und Ich werde begnadigen, wen Ich begnadigen werde, und werde Mich erbarmen, wessen Ich Mich erbarmen werde.” - Daraus geht hervor, dass Jehova begnadigt und Sich dessen erbarmt, der Ihm naht wie Mose, dass Er sich dagegen mit dem nicht verbinden kann, der sich verderbt wie Israel.
Apg. 13,48. Was Paulus vom HERRN auf dem Wege nach Damaskus und während der drei Jahre in Arabien gelernt hatte, das beherrschte sein ganzes Leben. Er verkündigte wie überall, so auch in Antiochien, den auferstandenen und verherrlichten Christus, der mit dem Fleische vollständig abgebrochen hatte. Für ihn bestand der Unterschied zwischen Juden und Nationen nicht mehr - alle waren dem Gericht verfallen. Die Glaubenden erlangten Rechtfertigung und ewiges Leben, dagegen erwartete die „Verächter” das Gericht. Das aber forderte den schrecklichen Widerstand derer heraus, die fleischlichen Gottesdienst übten. Als nun die aus den Nationen hörten, dass sogar ein israelischer Prophet Jesum als das Licht der Nationen und als das Heil bis an das Ende der Erde verkündigte, da glaubten, so viele ihrer zum ewigen Leben verordnet waren. M. E. sagt die Stelle, dass nur die zum ewigen Leben verordnet sind, die das Evangelium des Christus annehmen; die Verächter dagegen erwartet das Gericht.
Die Verse 29 und 30 in Römer 8 dürften als Stütze der Prädestinationslehre erst recht nicht in Betracht kommen. Der Schwerpunkt liegt in den Worten: denn welche Er zuvor erkannt hat, die hat Er auch zuvorbestimmt usw. Es handelt sich also um das „Zuvor-erkannt-haben”. Bei Gott ist ein Tag wie tausend Jahre and tausend Jahre wie ein Tag (2. Petr. 3,8). Vor Ihm stand vor Grundlegung der Welt alles in herrlicher Vollendung (Spr. 8,22-31 - Menschenkinder, Seiner würdig - Off. 21,1-4). Auch der Heilige Geist zeigt uns in David tausend Jahre im voraus das „schöne Erbteil des HERRN in den lieblichen Örtern” (Ps. 16). In gewissem Sinne ist das schon erfüllt laut Eph. 1,22.23; 5,22-33, tatsächlich aber erst, wenn Off. 19,7 eingetreten sein wird. Gott hat dich und mich zuvor gesehen, deine und meine Wege gekannt. David kannte etwas davon (Ps. 139, besonders V. 16). Du und ich persönlich standen sowohl einst vor Gott, als auch vor etwa 1900 Jahren vor dem HERRN, als Er nach Joh. 13 bis 16 zu den Jüngern und Joh. 17 zu dem Vater redete (besonders 17,20). Aus dem Leben des HERRN lernen wir, dass Er einen jeden Menschen als ein selbständiges und vollgültiges Mitglied der Gesellschaft betrachtete. Er zwang niemand, Ihm zu folgen. Er ließ aber auch keinen Zweifel darüber, dass Er ein Anrecht hatte auf einen jeden, und dass der, der Ihn verwarf, sich Ihm als Richter unterwerfen müsse (Joh. 5,17-30). Dasselbe sagt auch Paulus in Phil. 2,10.11. Einem jeden wird die Wahrheit rückhaltlos vorgestellt, und jeder kann sich nach seinem freien Willen entscheiden. Wie das auch ausfällt, vor Gott lag das schon vor Grundlegung der Welt klar und offen. Welche Freude ist ein solches Erkennen für ein vor Gott aufrichtiges Herz. „Du kennest mein Sitzen und mein Aufstehen, Du verstehest meine Gedanken von ferne. Du sichtest mein Wandeln und mein Liegen, bist vertraut mit allen meinen Wegen. Denn das Wort ist noch nicht auf meiner Zunge, siehe, Jehova, Du weißt es.” So wie Gott jemand zuvor erkannt hat, so hat Er auf Grund dessen zuvor bestimmt, dann berufen, gerechtfertigt und verherrlicht. Das lässt Paulus in Jubel ausbrechen (V. 31ff.). Nathanael lernte etwas davon kennen, und das genügte ihm, sich in die Arme des HERRN zu werfen (Joh. 1,45-51).
In der Heiligen Schrift gibt es keine Widersprüche. Wenn die Auslegung der einen Stelle gegen eine andere verstößt, so ist das ein Beweis, dass die Auslegung einer Nachprüfung bedarf. Die ganze Wirksamkeit des Vaters und des Sohnes dreht sich um unsere Errettung. Der Sohn offenbarte den Vater auf Erden. lasst uns das Leben des HERRN studieren, um den Vater verstehen zu lernen. „Wer Mich gesehen, hat den Vater gesehen.” Für die einen war der HERR Hilfe in jeder Weise, „Er Selbst nahm unsere Schwachheiten und trug unsere Krankheiten” (Mt. 8,17), für die anderen ein Spiegel, der das Innerste ihres Herzens offenbarte (z. B. Joh. 8,1-11). Alles führte der HERR auf den Vater zurück, welcher der Mittelpunkt ist, während der Sohn Seine Gedanken ausführt. Der Vater zieht zum Sohne, und der Sohn befreit aus der Gefangenschaft Satans. Jeder Gläubige weiß, wie lange die Liebe des Vaters ihm nachgegangen ist, bis er sich endlich ihr auslieferte (Joh. 6,37-40). - Es gibt nur zwei Klassen: die eine besteht aus den Menschen von Natur; an diese richtet sich das Evangelium, welches gleichzeitig vorstellt, dass alle Menschen dem Gericht verfallen sind. Die sich nun herausretten lassen, bringt der HERR zu sich selbst; sie gehen bei Ihm ein uns aus und finden gute Weide; sie bewegen sich in Freiheit (Joh. 10). Diese letzteren bilden die zweite Klasse. Ein jeder hat volle Selbstbestimmung.
Wäre es nun denkbar, dass Gott jemanden, um den Er soviel bemüht, für den das Blut Seines Sohnes, des Menschen Christus Jesus, geflossen ist, der nach langem Einladen endlich kommt, nun zurückweisen sollte, weil er nicht zuvor auserwählt wäre? Unmöglich! Er geht dem Verlorenen nach, bis Er es findet (Lk. 15). „... welcher will, dass alle Menschen errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen” (1. Tim. 2,4; 2. Petr. 3,9). Alle, die kommen, und Gott hat sie zuvor gesehen und erkannt, die sind auch auserwählt. Als treffendes Bild wäre (nach Lk. 14) anzuführen: Der Hausherr lässt ein Schild an der Außenseite der Haustüre anbringen: Kommt, denn alles ist bereit usw. Die besonders Eingeladenen schlagen ab, er lässt die Einladung ausrufen und die Leute nötigen hereinzukommen (ein so großes Interesse hat Er selbst daran, vgl. Eph. 1,6.18; Joh. 17,10). Wer nun hereinkommt, findet an der Innenseite der Tür geschrieben: Auserwählt vor Grundlegung der Welt.
Wer ist es, der die Menschen von Gott entfernt und sie unter die Sünde verkauft hat? Wer betört sie, sät Mißtrauen gegen Gott? Wer hindert sie, andauernd das Heil auszuschlagen? Nun, wer ernstlich darüber nachdenkt, kann nicht zu dem Schluß kommen, dass Gott jemanden zur Verdammnis zuvor bestimmt habe!
T.
Antwort B
Die Vorbedingung aller Erbarmungen Gottes ist beim Menschen der Glaube (lies Hebr. 11). Gott hat alle diejenigen zuvor erkannt, welche an Ihn und an Jesum Christum glauben würden; welche Er zuvor erkannt hat, die hat Er auch zuvor bestimmt, dem Bilde Seines Sohnes gleichf örmig zu sein (Röm. 8,29), diese sind zum ewigen Leben verordnet (Apg. 13,48b). Es ist aber allein Gottes Gnade und Erbarmen, wenn Er unseren Glauben uns anrechnet zur Gerechtigkeit, darum steht 2. Mose 33,19b geschrieben: und Ich werde begnadigen, wen Ich begnadigen werde, und werde Mich erbarmen, wessen Ich Mich erbarmen werde. Die Größe dieser Gnade und des Erbarmens Gottes tritt uns besonders in Röm. 8,29-39 entgegen.
Gott will, dass allen Menschen geholfen werde und dass jeder zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen möchte, Er will nicht den Tod des Sünders, sondern dass der Sünder sich bekehre und lebe, Er weiß aber auch, dass viele Menschen Seine Gnade und Erbarmung ablehnen, und hat diese ebenso zuvor erkannt wie diejenigen, die Seiner Gnade und Seinem Erbarmen offen stehen. In diesem Sinne ist die Prädestinationslehre zu verstehen.
P.
Antwort C
2. Mose 33,19b. Gott ist souverän. Er kann handeln, wie Er will. Aber Sein Tun ist und bleibt in Übereinstimmung mit Seinem göttlichen Wesen und Seinen vollkommenen Eigenschaften (gerecht, allwissend usw.).
Es bleibt eine anbetungswürdige Tatsache, dass Gott schon vor Grundlegung der Welt für den Fall des Menschen Vorsorge traf zu seiner Rettung. Warum Er nich auch Vorsorge traf für den Fall Satans, hat Er uns nicht geoffenbart, und bleibt deshalb für uns ein Geheimnis. „Ich werde begnadigen, wen Ich begnadigen werde usw.” (2. Mose 44,6.7). Es genügt: Gott hat für jeden Menschen den Weg zur Rettung geöffnet, und der Grund liegt in Seinem Erbarmen. Niemals ist es Gottes Schuld, wenn Menschen verloren gehen. Solche wollen nicht auf dem von Gott ersehenen Wege begnadigt werden. Sie wollen Sein Erbarmen nicht. Der Mensch ist mit freiem Willen erschaffen.
Apg. 13,48b. Christus wurde ihnen verkündigt (V. 37-39). Durch den Glauben an Christus wurden sie gerechtfertigt, und so konnte man wissen, dass sie zum ewigen Leben verordnet waren.
Röm. 8,29; 9,13-18. Die Stelle bezeugt uns das Vorherwissen - die Allwissenheit Gottes. „So liegt es nun nicht an dem Wollen usw.” Viele wollen in den Himmel kommen; sie wollen, sie laufen, aber sie wollen nicht den von Gott gegebenen Weg benutzen. Es ist eigenes Laufen und Ringen. Es gibt keinen anderen Weg dorthin als Christus. „Ich bin der Weg”, „glaube an den Herrn Jesus!”
F. B. †.
Anmerkung des Herausgebers
Eine Lehre der Zuvorbestimmung zur Verdammnis kennt die Heilige Schrift nicht. Nirgends in der Schrift finden wir einen solchen Gedanken. Wohl spricht Röm. 8,29.30 von einer Zuvorbestimmung, dem Bilde Seines Sohnes gleichförmig zu sein auf Grund der Zuvorerkenntnis Gottes, aber nicht von einer Zuvorbestimmung zum Verderben. Aber Menschen können sich, wie Pharao, selbst zubereiten zum Verderben durch eigene Verhärtung, so dass sich die Gnade Gottes in Zorn über sie verwandelt. Aber Gott trägt solche Gefäße mit Langmut, „da Er nicht will, dass irgendwelche verloren gehen, sondern alle zur Buße kommen”.
Gottes Auserwählung ist kein willürliches, ganz beliebiges Herausgreifen. Die Schrift sagt uns: „Auserwählt nach Vorkenntnis Gottes” (1. Petr. 1,2) und in Röm. 8,29: „welche Er zuvorkannt hat, die hat Er auch zuvorbestimmt, dem Bilde Seines Sohnes gleichförmig zu sein.” Diese Zuvorerkenntnis umfaßt die ganze Person nach Geist, Seele und Leib, mit allen Eigenarten, Eigenschaften, Wesen usw. Auf diese Zuvorerkenntnis der Person gründet sich die Auserwählung; sie wird bestimmt durch das, was Gott zuvor sah.
In 2. Mose 31,19 handelt es sich nicht um die Auserwählung in Christo. Wohl aber offenbart Gott Mose Seine Souveränität, Seine völlige göttliche Willensfreiheit. Ein Grundsatz, der in der Auserwählung seine Betätigung findet. Aber die Unumschränktheit Gottes, zu tun, was Er will, kann nie im Widerspruch zu Seiner Liebe, Heiligkeit und Gerechtigkeit stehen. Nie kann damit der Gedanke der Willkür oder der Ungerechtigkeit verbunden werden. Liegt in dem Erweisen Seiner Gnade Unrecht? Wenn nicht die Feindschaft gegen Gott und der Wunsch, sich der Verantwortlichkeit dem Evangelium gegenüber zu entziehen und bei Gott die Schuld des Verloren gehens zu finden, dahinter stände, so müßte ein solches Wort das Herz des Menschen mit Freude erfüllen, denn Er will sich der gefallenen Menschen erbarmen.
Apg. 13,48b. Der Unglaube findet überall Schwierigkeiten und Schuld bei Gott. Dem Glauben genügt es, was Gott sagt. Er weiß, dass es keine Widersprüche in Seinem Worte gibt. Der Unglaube aber kommt mit der menschlichen Philosophie (Kol. 2,8) und sagt, wenn jemand nicht zum ewigen Leben verordnet sei, so könne er absolut nichts tun und sei schuldlos, verloren zu gehen. Aber die Vernunftschlüsse der Menschen lassen sich nicht auf Gott übertragen, sie beweisen nur, dass nicht allein ihr Verstand„verfinstert” ist (Eph. 4,18) und sie „in ihren Überlegungen in Torheit verfallen”, sondern auch ihr „Herz verfinstert” ist. Ein solcher Schluß ist gänzlich falsch. Ein paar Verse weiter lesen wir (Kap. 14,1), dass sie also redeten, dass eine große Menge glaubte. Das Evangelium wendet sich so (in einer solchen Weise) an den Menschen. dass er annehmend oder ablehnend ihm gegenüber Stellung nehmen muß. (Wie fast täglich jeder zu öffentlichen Ankündigungen sich annehmend oder ablehnend verhält.) Im wahren Grunde handelt es sich nicht darum, was man meint nicht glauben zu können, sondern wem man nicht glauben will, um die Person, die mit einer Verkündigung sich an mich wendet. Der Herr sagt: „Wenn jemand Gottes Willen tun will, so wird er von der Lehre wissen, ob sie aus Gott ist” (Joh. 7,17). Die Verkündigung der Buße und der Vergebung der Sünden an alle Menschen ist kein Betrug, als ob der Mensch nicht annehmen könne, was Gott ihm anbietet.
So wie der HERR einst Seinen Aposteln befohlen hatte, das Evangelium aller Kreatur zu verkündigen (Mk. 16,15), so handelte auch Paulus in Antiochien. Die Juden stießen es von sich (Apg. 13,46), viele aus den Nationen nahmen es an. Jeder aber, der die Botschaft Gottes über Seinen Sohn hörte, war verantwortlich für das, was er damit machte. Jeder Hörer musste entweder der Botschaft zustimmen und sie anerkennen oder verachten. Jeder Hörer hatte die Fähigkeit der Willensentscheidung, sie anzunehmen oder zu verwerfen, denn Gott macht ihn für sein Tun verantwortlich. Die Annahme der Botschaft Gottes ist kein Verdienst, wohl aber die Verwerfung eine Verschuldung. Die Annahme der Botschaft führt zur Buße und zum Glauben an den Herrn Jesus.
So hat der Arbeiter im Werke des HERRN das Evangelium allen Menschen zu verkündigen. Wenn er aber (wie in dieser Stelle) prüfend das Werk überblickt, so weiß und kann er mit diesem Worte sagen: „Es glaubten, so viele ihrer zum ewigen Leben verordnet waren”.
Es sei noch auf Frage 7, Band IV (1916) hingewiesen!