Offenbarung Jesu Christi

Ist in den Stellen 1. Kor. 1,7; 2. Thess. 1,7; 1. Petr. 1,7.13 die Offenbarung Jesu Christi nach Offenb. 1,7 gemeint oder die nach 1. Thess. 4,13-17 für Seine Gemeinde?

Antwort A

Das Kommen des HERRN nach Off. 1,7 ist ein Herniederkommen auf die Erde mit den Wolken, entsprechend der Himmelfahrt des HERRN. Eine Wolke nahm Ihn auf vor ihren Augen weg (nach Apg. 1,9). So fuhr Er nach vollbrachtem Erlösungswerke vom Ölberge gen Himmel. (Apg. 1,12.) Sein Wiederkommen soll nach Apg. 1,11 in derselben Weise vor sich gehen wie Seine Himmelfahrt, d. h. Er wird auf den Ölberg herniederkommen (Sach. 14,4), in Wolken des Himmels. (Off. 1,7; Dan. 7,13; Mt. 24,30; 26,64; Mk. 13,26; 14,62; Lk. 21,27.) Dieses Wiederkommen des HERRN wird nach der großen Trübsalszeit vor sich gehen. (Mt. 24,29.30.) Es wird ein sichtbares Kommen sein, denn nach Off. 1,7 werden Ihn aller Augen sehen (Sach. 12,10), die Ihn durchstochen haben, und werden dann wehklagen, heulen alle Geschlechter der Erde (die 12 Stämme Israels?). Dann wird Christus das Königreich der Himmel auf Erden aufrichten, das Reich der Gerechtigkeit und des Friedens. In 1.Thess. 4,13-17 handelt es sich um das Kommen des HERRN zur Entrückung der Gemeinde. Christus kommt vom Himmel hernieder bis in die Luft. Die in Christo Entschlafenen stehen auf, die auf Erden lebende Generation von Gläubigen wird in einem Augenblick verwandelt (1. Kor. 15,51.52) dem Leibe nach, und in Wolken werden die auferstandenen und verwandelten Gläubigen Ihm in die Luft entgegengerückt, um dann allezeit bei Ihm zu sein. Diese Entrückung geht am Schlusse des Zeitalters der Gemeinde vor der großen Trübsal (1. Thess. 1,10) vor sich. Es ist der Beginn der Offenbarung Jesu Christi, aber noch nicht die ganze Offenbarung Jesu Christi. In 1. Kor. 1,7; 2. Thess. 1,7; 1. Petr. 1,7.13 ist m. E. in erster Linie die Offenbarung Jesu Christi zur Entrückung der Gemeinde verstanden. Ist es dann soweit, dass der HERR bis auf die Erde herniederkommen kann, Sich in Herrlichkeit zu offenbaren, dann werden wir nach Kol. 3,4 mit Ihm offenbar werden als Sein Leib, als Seine Fülle. Seine Offenbarung als König ist dann auch unsere Offenbarung, weil wir als Sein Leib doch ein Teil von Ihm sind und Er, unser hochgelobter HERR, ohne die Gemeinde nichts auszurichten beabsichtigt. (1. Kor. 12,21-23.)
A.C.

Anmerkung des Schriftleiters von Teil I

Leider sind auf diese mehrfach veröffentlichte wichtige Frage nicht mehr Antworten eingegangen.

Ohne obiger, das Kommen des HERRN mit den Wolken nach Off. 1,7 und das in Wolken nach 1. Thess. 4 so klar auseinanderhaltenden, schönen Antwort widersprechen zu wollen, glaube ich doch, dass in den Stellen 1. Kor. 1,7; 2. Thess. 1,7 und 1. Petr. 1,7.13 das Kommen des HERRN nach Off. 1,7 gemeint ist, obwohl dieses natürlich erst stattfinden kann nach dem Kommen des HERRN zur Entrückung der Seinen, somit gewissermaßen durch dieses eingeleitet wird. Ich möchte zur Begründung meiner Meinung, die ich nicht als Widerspruch gegen Antwort A, sondern mehr zu deren Ergänzung mit zur Prüfung vorlege, folgendes anführen: Das Wort, das in diesen Stellen im Urtext für „Offenbarung” im Blick auf die Zukunft gebraucht wird („Apokalypse”), ist das gleiche wie 1. Petr. 4,13, sowie als Zeitwort angewandt z. B. in Röm. 8,18, gleicherweise aber auch in 2. Thess. 2,3.8. Diese Stellen können sich nicht wohl auf das Kommen des HERRN zur Entrückung beziehen - die ja nur die Vollerfüllung der Gnadenabsichten in der Erlösung für uns ist, indem in ihr die Erlösung auch unseres Leibes stattfindet (Phil. 3,21) -, sondern sie stehen in Verbindung mit Gerichtszeit und daraus sich entwickelnder bezw. auf ihr beruhender Herrlichkeit. (Vgl. auch 1. Kor. 3,13, wo auch einmal das gleiche Wort steht.) Ich will nicht behaupten, dass Vorstehendes unbedingte Beweiskraft hat, ich lege es, wie gesagt, nur zur Prüfung vor. Aber nun noch eine Stelle, wo das Wort im Urtext ebenfalls im Blick auf Christi Zukunft angewandt ist: Off. 1,1! Nun ist die Offenbarung durchaus ein Buch der zukünftigen Gerichte. Daher fehlt auch in ihr ein Bericht über die Entrückung, die (vgl. oben!) eine Frucht der Gnade ist und gar nichts mit Gericht zu tun hat. (Wenn bekannte Gläubige aus dem Fehlen der Entrückung in der Offenbarung schließen, dass die Entrückung nicht vor der Trübsal stattfinde, sondern erst während derselben oder gar nach derselben bezw. mit dem Kommen nach Off. 1,7 zusammenzunehmen sei, so beweisen sie nur eine gewisse Unkenntnis des Buches der Offenbarung als des Buches der Gerichte. Die (entrückte) Gemeinde nimmt an diesen Gerichten teil als Mitrichter, und sie wird daher von Kap. 4 ab im Himmel gesehen! (Vgl. hierzu u. a. „G. H.” Bd. II, Frage 50 und IV, Frage 24! Kap. 1 zeigt den richterlichen Charakter des HERRN, 2 und 3, wie derselbe sich auswirkt in der Geschichte der Gemeinde Gottes auf Erden, und von Kap. 6 ab folgen erst die Gerichte über die Erde usw.)

In den fraglichen Stellen nun, von denen ich die letztere zuerst kurz betrachte, handelt es sich m. E. um die Offenbarung des HERRN, die mit Gericht in Verbindung ist, wie es z. B. aus dem Zusammenhang von Kap. 1 im 2. Thess. deutlich hervorgeht (V. 8!). Hierbei haben die Gläubigen Ruhe, keine Drangsal! Dass sie jetzt noch solche haben, sollte ihnen (den Thess.) der Beweis sein, dass „der Tag des HERRN” noch nicht gekommen sei, wie sie fürchteten (2,1.2). Dass die Gläubigen bei der Entrückung Ruhe haben, ist selbstverständlich, doch kommt es dabei gar nicht darauf an, aber ihre Ruhe bei der Gerichtsoffenbarung sollte für sie beim Vergleich mit ihrer gegenwärtigen Drangsal die Bestätigung sein dafür, dass „der Tag des HERRN” noch zukünftig sei. „Der Tag des HERRN” aber wird nicht mit der Entrückung in Verbindung gebracht, wohl aber mit Gericht, also nicht mit der Gnade wie jene.

Mit Gericht in Verbindung steht aber die Lohnfrage, worauf sich m. E. 1. Petr. 1,7 und 4,13 bezieht. Vor dem Richterstuhle (2. Kor. 5) wird offenbart, was wir hienieden waren, und da gibt's Lohn und - wenn auch nicht Strafe - so doch Beschämung. Damit hat aber die Entrückung als Frucht allein der Gnade nichts zu tun. Gleichwohl gibt's auch bei der Offenbarung des HERRN für die Seinen eine bestimmte Gnade (1. Petr. 1,13); es handelt sich hier, wie ich persönlich glaube, um die Gnade des uns aufbewahrten Erbteils (1,4; vgl. Kol. 3,24; Röm. 8,17). Man könnte diese Stelle auch auf die Entrückung beziehen, wenn es Anhaltspunkte dafür gäbe, dass die Entrückung auch dem Petrus, dem Apostel der Beschneidung, als Lehrgegenstand anvertraut worden wäre. Mir scheint es nicht so, doch will ich nicht streiten. Er zeichnet mehr das persönliche Glaubensleben hienieden mit seinem Vorbild (Christus), den Leiden (Seinen Leiden gemäß), der Herrlichkeit als Lohn für dieselben (Seiner Herrlichkeit entsprechend). Seine Herrlichkeit wird geschaut von dem ganzen Universum (vgl. 2. Thess. 1,10; vgl. Off. 1,7); davon ist aber nicht bei der Entrückung die Rede, die vielmehr nach der Schrift eine Angelegenheit nur zwischen Ihm und den Seinen ist.

1. Kor. 1,7 scheint mir persönlich am ehesten auf die Entrückung Bezug zu haben, denn auf dieses Kommen zu warten ist lieblich, und es wird in diesen letzten Tagen immer mehr ein Kennzeichen treuer Kinder Gottes, auf Ihn zu warten mit Ausharren. Dennoch möchte ich es beziehen auf das Erwarten Seiner herrlichen Offenbarung, in der die Heiligen die Welt richten werden (Kap. 6,2). Diese Offenbarung wird auch oft „Erscheinung” genannt, und diese lieb zu haben ist ein besonderes Stück treuer Stellung zu Ihm (vgl. 2. Tim. 4,8).

Ich habe um der Wichtigkeit der Frage willen weit ausholen zu müssen geglaubt, da nur eine Antwort eingegangen war. Ich hoffe zum HERRN, dass diese beiden Antworten vielen dienen werden und die Freude am Forschen in Gottes Wort über die herrliche Zukunft des HERRN und der Seinen erhöhen. Möge Er bald kommen, damit wir schauen, was wir geglaubt: Seine Herrlichkeit! (Joh. 17,24.)


Beantwortet von: Team Handreichungen
Quelle: Handreichungen - Band 7 (1920)