Matthäus 13,33 - Evangelium oder Bosheit?

Ist in Matth. 13,33 und auch V. 44.45f. das Evangelium oder die Bosheit (oder was sonst) gemeint?

Antwort A

Wir können wohl den Fragesteller in der Formulierung der Frage verstehen. Was ist nicht alles schon über diese Gleichnisse, besonders in der protestantischen Welt, geschrieben worden! Die größten, besten und selbst die letzten theologischen Bibelwerke haben fast durchweg die alte kirchliche Fabel, dass der Sauerteig hier etwas Gutes sei, weiter vertreten und verbreitet. Man lese nur die Bemerkungen in der Jubiläumsbibel über den hier in Frage kommenden Gegenstand! Christliche Systeme beeinflussen ungemein die sachliche Auslegung der Schrift, so dass man für Dinge wie Kindertaufe, allgemeine Abendmahlsfeier ohne Unterscheidung der Personen und Zustände, Weltkirche usw. eintreten kann, in scheinbarer Anerkennung biblischer Wahrheit. Es erübrigt sich, hier näher auf die Sauerteigfrage einzugehen, da jetzt erst einige Artikel in den „Handreichungen” über diesen ebenso wichtigen wie ernsten Gegenstand erschienen.

Um das eine oder andere Gleichnis verstehen zu können, muss man den Grundgedanken derselben haben. In Mt. 13, wo wir sieben Gleichnisse finden, liegt schon der Zahl wie auch der Anordnung derselben ein göttlicher Plan zugrunde. Wenn man berücksichtigt, dass sie nicht zu einer Zeit vom HERRN gegeben wurden, sondern bei verschiedenen Gelegenheiten - wie auch die Umstände und die Vorgänge des Kap. 12 besonders zum Verständnis der Gleichnisse beitragen -, so erkennt man, dass die Begebenheiten wie Gleichnisse ein bestimmtes prophetisches Gemälde darstellen. Darum tragen auch alle Handlungen des HERRN sinnbildlichen Charakter. Z. B. V. 1: Er geht aus dem Hause: Israel - löst das natürliche Band, erkennt es nicht mehr an (vgl. 12,46-50), aber unterstreicht das geistliche Verhältnis zu Sich in Seinen Jüngern: die Familie Gottes. Der See ist ein Bild der Völkerwelt, welche nun heimgesucht wird. Darum finden wir Seine Wege mit der Völkerwelt in diesen Gleichnissen vorgebildet. Ebenso deutet V 36 des HERRN jetzigen Platz in der Gemeinde an. Das Haus an dieser Stelle ist ein Bild der Gemeinde, wo Er die Seinen belehrt und unterweist. Doch müssen wir genau unterscheiden zwischen Reich und Gemeinde. Das Verwischen des Unterschiedes zwischen diesen beiden hat zu den verhängnisvollsten Folgen geführt. Reich ist dort, wo man das Wort vom Reiche vernommen hat, auf dem Acker, welcher die Welt ist. Die Gemeinde ist abgesondert von der Welt (Joh. 17,14), wo alles Seiner Heiligkeit entspricht und Zucht geübt wird, was im Reiche nicht geschehen kann (vgl. V. 28-30). Wohl ist die Gemeinde im Reiche, doch das Reich geht über die Gemeinde hinaus. Das Reich wird vom HERRN bei Seinem Kommen als Weltenrichter selbst gereinigt; die Gemeinde ist der Verantwortung der Gläubigen unterstellt, es wird dort Zucht geübt während der Abwesenheit des HERRN. Im Reich ist Herrschaft der Hauptgedanke, in der Gemeinde aber Leben. Dort sind wir Untertanen, hier Glieder der göttlichen Familie. Doch soll die Macht des Reiches in der Gemeinde sich offenbaren und gesehen werden.
Wenn wir nun zu den Gleichnissen selbst übergehen, möchten wir noch einiges über das 13. Kapitel bemerken. Man kann es wohl das Kapitel der Gleichnisse nennen, weil das Wort „Gleichnis” in keinem Kapitel der Bibel so oft vorkommt wie hier: zwölfmal. Auch kommt das Wort selbst im Neuen Testament hier zum ersten Male Vers 3 vor. Zugleich möchten wir noch erwähnen, dass auch „Geheimnis” in diesem Kapitel (V. 11) zum ersten Male vorkommt. Ganz abgesehen davon, dass es hier in der Mehrzahl gebraucht wird, was sonst selten vorkommt (vgl. 1. Kor. 4,1.2; 14,2, wo es ebenfalls in der Mehrzahl gebraucht wird). Die Anwendung dieses Wortes in der Mehrzahl scheint uns die Andeutung nahezulegen, dass die Geheimnisse der Gleichnisse des Reiches der Himmel nicht gleichmäßig noch einlinig zu erklären sind, sondern vielseitig und mannigfaltig. Obwohl die Zusammengehörigkeit der Gleichnisse jedem Leser offenkundig ist, muss aber dennoch zugleich jedes Gleichnis in seinem ihm eigentümlichen Charakter erkannt werden. Man hat die Frage aufgeworfen: Warum hat der HERR in Gleichnissen geredet? War es zum besseren Verständnis, zur Enthüllung oder zur Verhüllung der in den Gleichnissen gegebenen Tatsachen? Wir glauben, dass es eine Enthüllung war für die Jünger, wie sich das Reich der Himmel in Zukunft gestalten sollte, also für diejenigen, welche vom HERRN eingeweiht wurden (vgl. V. 34-36). Uns scheint, dass der HERR nur das erste Gleichnis, welches keins des Reiches der Himmel ist und darum auch nicht so bezeichnet wird (vgl. dazu unsere Ausführungen in den „Handreichungen”, Jahrbuch 1927, S. 257-262), der Menge erklärt (V. 18-23), was seinen Grund darin hat, dass es sich in diesem Gleiches mehr um die persönliche Aufnahme des Wortes Gottes handelt. Dort werden ihnen die Hindernisse eines gedeihlichen, bleibenden Wirkens in der Verschmelzung mit dem Herzen des Aufnehmenden gezeigt. Es trägt ausgesprochen Entscheidungscharakter und ist eine Warnung für die Hörenden! Darum V. 18: „Höret ihr”. Das Gleichnis von den zweierlei Samen aber wird nur Seinen Jüngern erklärt, und zwar im Hause, welches - wie schon oben gesagt - ein Bild von der Gemeinde ist. Damit kommen wir zu einem der wichtigsten Grundsätze der Auslegung und des Verständnisses der Gedanken Gottes. Denn in dem Hanse erklärt Er nicht nur das zweite Gleichnis, sondern Er fügt ihnen noch drei hinzu, die uns mehr die innere Seite der Dinge geben. Wenn wir die Gemeinde nicht verstehen, werden wir vollständig irren in der Auslegung dieser Gleichnisse. Kein Wunder, dass sehr gelehrte Männer der Theologie in dem Baume die segensreiche Entfaltung des Christentums sehen und in dem Sauerteig die „Durchsäuerung” der Menschheit mit dem Wort Gottes. Und die Krönung dieser Irrlinie ist uns in der Auslegung des vorletzten Gleichnisses von dem Kaufmann und der Perle gegeben, indem man meint, dass der Kaufmann der nach Christo suchende Sünder sei, der alles aufgeben muß, um Christum, die kostbare Perle, zu gewinnen. Wir können hier diese Dinge nicht näher erklären, da dies uns viel zu weit führen würde. Nur möchten wir hier betonen, dass die drei letzten Gleichnisse ganz besonderen Gemeindecharakter tragen. Im Schatzgleichnis wird uns der Wert und die Vielgestaltung der Gläubigen gezeigt, im Perlengleichnis die Kostbarkeit und Lebenseinheit derselben und im Netzgleichnis ihre Unterscheidung und Sammelfähigkeit (V. 48). Die Engel befassen sich mit den Bösen (vgl. V. 41.42 und 49.50), nicht mit den Söhnen des Reiches; letztere sind anderen Händen und Herzen anvertraut - derer, welchen die Sorge für die Gläubigen obliegt, Seiner Heiligen.

Das zweite Gleichnis enthüllt Er nur Seinen Jüngern, nicht nur, weil es uns einen Überblick des Reiches der Himmel von Anfang bis Ende gibt - deshalb spricht der HERR auch in Verbindung mit demselben zweimal von der „Vollendung” (V. 39 und 40); Er zeigt, dass es bis zum Ende den Charakter beibehält -, sondern auch darum, weil uns auch das Werk des Teufels, Seines Feindes (ein ganz besonderer Ausdruck), gezeigt wird, was der Fernstehende gar nicht verstehen kann. Die inneren, unsichtbaren Vorgänge sind selbst den meisten Christen verborgen. Darum verhüllen diese besonderen Gleichnisse den Menschen das Tiefere in bezug auf das Werk Gottes (wie Schatz- und Perlengleichnis) und in bezug auf das Wirken Satans.

Man kann auch mit Recht fragen: Was bedeutet wohl „Gleichnis”? Man kann das Wort mit Psalm 49,4 und 78,2 erklären, wo es uns als eine „rätselhafte, verschlungene Rede” erklärt wird. Es ist nicht als Beispiel oder Illustration gebraucht, weil solche uns zeigen, was geschehen ist. Das Gleichnis aber zeigt uns in verhüllter Form etwas, was geschehen kann oder wird. Es ist darum nur gewissen Menschen verständlich und wird meistens nur von denen erkannt, welche persönlich damit verflochten sind (vgl. Mt. 13,51.52; 21,45.46).

Wenn nun gefragt wird, ob hier das „Evangelium” gemeint ist, so möchten wir hier gleich am Anfang erwähnen, dass der Ausdruck „Evangelium des Reiches der Himmel” im Worte Gottes überhaupt nicht erscheint. Wir haben in einer früheren Antwort bewiesen, dass „Reich der Himmel” mehr objektiv ist und „Reich Gottes” mehr subjektiv. Wir verweisen hierzu auf „Handreichungen”, Jahrgang 1928, Seite 256-260 (K. O. St.), und 1929, Seite 30-45 und 57-61 (Th. K.). Es handelt sich weniger um die Verkündigung des Evangeliums als vielmehr um die Wirkung des Wortes und die Tätigkeit des Feindes sowie um die göttlichen und geistlichen Werte in Seinen Heiligen.

In den ersten vier Gleichnissen wird uns mehr die äußere Seite gezeigt, in den drei letzten mehr die innere und darum mehr die göttliche Seite. Die vier ersten zeigen uns mehr die geschichtliche und menschliche Seite, aber ganz besonders das Wirken Satans, was in den letzten drei ganz wegfällt. Die faulen Fische fallen nicht unter diese Charakterisierung (des Wirkens Satans).

Im ersten Gleichnis sehen wir die Hindernisse und Lockspeisen Satans, um das Wort Gottes wirkungslos zu machen. Bei der ersten Klasse sehen wir die Hinwegnahme des Samens des Wortes Gottes durch den Bösen (V. 4 und 19), bei der zweiten Klasse die Wirksamkeit des Fleisches, bei der dritten Klasse die des Geistes der Welt. Die vierte Klasse zeigt uns das göttliche Werk. Im zweiten Gleichnis tritt Satan selbst als Christi Feind und als Fälscher auf. Im ersten Gleichnis haben wir vier Zustände, im zweiten zwei Klassen von Menschen. „Söhne des Reiches” und „Söhne des Bösen” (V. 38). Wir haben in diesem Gleichnis eine klarere Kennzeichnung, gleichsam eine Fortsetzung des göttlichen und des satanischen Werkes des ersten Gleichnisses. Das zweite Gleichnis, welches ganz besonders als das „Personengleichnis” bezeichnet werden könnte, ist in vieler Beziehung das wichtigste; darum erklärt es der HERR auch eingehender als das erste, denn nur diese zwei erklärt der HERR. Das erste als Einführung und Voraussetzung des Reiches, das zweite als Kennzeichnung der Tätigkeit des Feindes während Seiner Abwesenheit bis zur Vollendung des Zeitalters. Es erstreckt sich auf die ganze Zeit des apostolischen Zeitalters bis zur Erscheinung des HERRN.

Das dritte Gleichnis zeigt uns keine Personen, sondern ein System, und zwar als Heimstätte der Agenten des Teufels („Vögel”). Es trägt mehr politischen Charakter. Das Weltverneinende des HERRN wurde das Weltbejahende in der Hand des Menschen: ein großes, mächtiges, von der Welt bestauntes System - genau das Gegenteil von dem, was göttlich ist. Wir denken vornehmlich an die römisch-katholische Weltmacht. Doch wer würde davon nicht eine Anwendung machen auf die drei Großmächte des Protestantismus: Deutschland, England und die Vereinigten Staaten von Nordamerika, welche die Lösung und Freiheit des Wortes Gottes vornehmlich zu ihrer eigenen Vergrößerung und Bereicherung und zur Verfolgung irdischer, politischer und materieller Ziele ausgebeutet haben? Wer dächte beim „Nisten der Vögel” (satanischer Geister) nicht an all das Abscheuliche der liberalen Theologie in der Bibelkritik und Schändung des Wortes, dem sie selbst ihre Verstandesschärfe erst verdanken? Und dies alles konnten sie tun unter dem Schutze der politischen Macht, genau wie die Vögel unter den Zweigen des Baumes Schutz und Heim fanden. Wie schauerlich! Wo die Wiege der Reformation stand, wird auch die Geburtsstätte der Bibelkritik gefunden.

Im vierten Gleichnis sehen wir in dem „Weibe” das Medium Satans und in dem „Sauerteig” das religiöse Verderben, nicht nur in sittlicher Hinsicht, sondern besonders auch im Hinblick auf die Lehre. Weltformigkeit (3. Gleichnis) ist die Vorstufe zu Irrlehren und zu sittlichem Verderben. Wie ernst ist das für uns alle!
In diesen zwei Gleichnissen (3. und 4.) etwas Gutes zu sehen zeigt uns nur, wie wenig solche Männer, die das tun, in die Gedanken der Schrift eingedrungen sind. Der HERR erklärt diese zwei Gleichnisse darum nicht, weil sie vollständig dem Vermittlungs-, Sprach- und Bilderschatz des Alten Testamentes entnommen sind.
Merkwürdig ist, dass meist Frauen gebraucht werden, um satanische Einfluß zu vermitteln, von Eva an bis Frau Eddy, der Gründerin der „Christlichen Wissenschaft”. Wir können dies hier nicht näher untersuchen, warum dies so ist; es würde uns vom Thema zu weit abbringen. Nur dies eine sei hier gesagt, dass das Weib sowohl satanischen als auch - dem HERRN sei Dank! - göttlichen Einflüssen viel eher das Herz öffnet als der Mann. Darum erschien der HERR erst den Frauen nach Seiner Auferstehung, wie auch ein Weib es war, die bei Pauli Missionstätigkeit zuerst in Europa bekehrt wurde (vgl. Apg. 16,13-15). Man könnte nun mit Recht fragen, warum der HERR auch die letzten drei Gleichnisse nicht erklärt. Dies scheint seinen Grund darin mit zu haben, dass es Dinge sind, die wohl erst später nach der Ausgießung des Heiligen Geistes richtig verstanden werden konnten.

Obwohl das fünfte Gleichnis vom Schatz im Acker viele alttestamentliche Züge hat (man vergleiche nur 2. Mose 19,5; 5. Mose 14,2; Psalm 135,4 usw.), trägt es doch ganz besonders einen neutestamentlichen Charakter. Wir sehen darin den Überrest Israels, der in der Gemeinde aufging. Man könnte auch sagen: die Gemeinde in alttestamentlicher Bewertung. Die Gemeinde ist die Fortsetzung des göttlichen Zeugnisses auf Erden, darum ein so wertvoller Schatz.

So haben wir im Schatzgleichnis das geistliche Israel, im Perlengleichnis die Gemeinde, im Netzgleichnis die Heimsuchung der Nationen - dieselbe Reihenfolge, die uns in Mt. 24-25 gegeben ist (vgl. auch 1. Kor. 10,32). Der Schatz spricht - wie schon oben gesagt - von dem Wert und der Zusammengehörigkeit der Gläubigen, die Perle von der Kostbarkeit und Lebenseinheit der Gemeinde. Das eine Bild ist dem Mineralreich entnommen - aus der Tiefe der Erde (Israel ist der Ursprung) -, das andere der Lebenswelt in der Tiefe des Meeres. Besonders werden uns in der Perle und ihrer Entstehung in der Tiefe des Meeres die ganz besonderen Leiden Christi geschildert. (Vgl. Jona 2) Die Perle ist das einzige Juwel, das einem Lebewesen entstammt und auch Leben besitzt. Sie ist wohl das erhabenste Bild von der Gemeinde, welche ihre Entstehung den Leiden Christi in der Tiefe des Todes verdankt. Darum verfolgt in der Offenbarung der Geist Gottes dieselbe Ordnung (Off. 21,19.20). Erst die Edelsteine des Mineralreiches in Verbindung mit den Aposteln des Lammes, die alle wahre Israeliten waren, als Grundlage der Gemeinde (vgl. Off. 21,14); an zweiter Stelle die Perle, in den Perlentoren (Off. 21,21). Warum zwölf Perlentore? Niemand kann durch die Tore in die Stadt eingehen, der nicht die einzigartige Kostbarkeit, Berufung und Herrlichkeit der Gemeinde anerkennt. Die Tore lehren dies. Der Eingang lässt auf den Charakter der Stadt selbst schließen. Für uns ist dies einer der durchschlagendsten Beweise dafür, dass mit der Stadt die Gemeinde gemeint ist. Nie wird Israel mit einer Perle verglichen, wie es mit der Gemeinde geschieht. Israels Herrlichkeit ist stets dem Mineralreich entnommen (vergleichen wir das Brustschild des Hohenpriesters!), weil Israel selbst in Zukunft nie solch eine geschlossene organische Lebenseinheit wie die Gemeinde sein wird - darum nicht, weil Israel nie so eng in seiner Lebenseinheit mit Christo verbunden sein wird wie die Gemeinde. Und nun noch ein anderer Gedanke in Verbindung mit den Perlentoren der Stadt! Die Tore bilden die Öffnungen der Stadt und bestehen darum je aus einer Perle, weil die Gemeinde - die „Perle” - durch die Öffnung der Seite Christi allein ins Dasein gerufen werden konnte (vgl.1. Mose 2,21-25 und Joh. 19,34), genau so wie das Muscheltier durch das eingedrungene Sandkörnchen verwundet wird und es so durch das ständige Abgeben von Wundwasser zur Bildung der Perle kommt. Wie wunderbar! Jedes Tor - Zugang zu Gott - erinnert uns an die Öffnung Seines Herzens und an die besonderen Leiden, die Er (Christus) litt, um die Gemeinde mit Seinem Leben und Seiner besonderen Kostbarkeit und Herrlichkeit zu kleiden - sie fähig zu machen, Ihn Selbst, ihren sittlichen Schöpfer, widerzustrahlen.

In jedem Gleichnis wird uns vornehmlich des HERRN Gnadenfülle in Seiner Menschheit gezeigt. Im ersten als Säemann, im zweiten als der Mensch, im dritten wiederum als der Mensch, im vierten in den „drei Maß Mehl” als einem Bild von Seiner Menschheit, im fünften als der Mensch, welcher die Welt kaufte, um den Schatz zu besitzen, im sechsten wiederum als Kaufmann, aber in ganz neuer Weise, weil hier etwas ganz Neues vorgestellt wird. Hier kauft Er nur die Perle (vgl. dazu Eph. 5,25-27) - hier hat Er nur die Gemeinde im Auge, und im siebenten in Verbindung mit dem Netz. So sehen wir:

Im ersten Gleichnis ist Christus der Lebensvermittler,
im zweiten ist Er der Charakterbildner,
im dritten ist Er der Weltverneiner,
im vierten ist Er die vollkommene, göttliche Speise, welche durch den Sauerteig verfälscht wird,
im fünften finden wir Seine große Opferfreudigkeit,
im sechsten fügt Er ihr Seine hingebende Liebe hinzu, und
im siebenten bewundern wir Seine Anziehungskraft.

Vieles könnte noch hinzugefügt werden, weil der Gegenstand so sehr wichtig und belehrend ist, doch ist der uns zur Verfügung stehende Raum erschöpft. Der Leser vergleiche selbst die sieben Gleichnisse mit den sieben Sendschreiben in der Offenbarung! Hier das Reich, dort die Gemeinde. Er wird wunderbare übereinstimmende Linien finden, z. B. das Weib im vierten Gleichnis und im vierten Sendschreiben; das kostbare Bild von der Gemeinde im sechsten Gleichnis und die vorbildlichste Gemeinde im sechsten Sendschreiben, wo allein - von allen Sendschreiben - in der Verheißung auf die Stadt, das neue Jerusalem, namentlich Bezug genommen wird - auf die Stadt, welche besonders die Perlenschönheit der Gemeinde offenbart. Wie wunderbar ist doch das Wort Gottes und die Herrlichkeit unseres HERRN!
K. O. St.

Anmerkungen des Schriftleiters

Zu dieser nicht nur umfangreichen, sondern auch sehr tiefgründigen Antwort vermag ich nichts besonderes hinzuzufügen, wenn unser lieber Mitarbeiter es vielleicht auch wünscht. Nur einige Bemerkungen!

Zunächst zu den schon vom Verfasser obiger Antwort genannten Hinweisen auf frühere Aufsätze und Fragen noch die auf Frage 6 in Jahrbuch 3 und Frage 1 in Jahrbuch 11 (letztere beantwortet von K. O. St.!)

In gegebener Antwort ist schon betont, dass zur Zeit über den „Sauerteig” einige Aufsätze erschienen sind. Es sei mir erlaubt, auf diese, von mir verfaßten, noch einmal hinzuweisen, besonders auf die Vorbemerkungen in Lieferung 3, Seite 55-56! Es ist wirklich tiefbetrübend, dass selbst fromme, gläubige Theologen den „Sauerteig” in Mt. 13 für etwas Gutes halten (selbst Nösgen und Schlatter), und dies, trotzdem alle übrigen Stellen, die vom „Sauerteig” handeln, ihn in seiner verderblichen Machtentfaltung als unrein und böse hinstellen und davor warnen, wie ich es auf den oben angeführten Seiten in Lieferung 3 ausführen durfte (vgl. die eigentümliche Tatsache des zweimal sechsmaligen Vorkommens des Wortes „Sauerteig” im Neuen Testament!). Wenn man nun noch bedenkt, in was für Verbindungen der HERR in den Evangelien vor dem Sauerteig warnt (Pharisäer, Sadduzäer, Herodes - welch ein Dreigestirn von Bosheit!!), dann möchte es einem schier unfaßlich erscheinen, dass Gläubige - wenn auch kirchlich befangene Theologen! - bei einer einzigen Gelegenheit den Sauerteig etwas Gutes nennen können! Und zumal der HERR Selber mit keinem Worte andeutet, dass er hier in den Gleichnissen etwas Gutes bedeutete! Es kommt doch lediglich auf den springenden Punkt der Vergleichung an, also wie ich oben sagte, auf seine verderbliche (weil durchsäuernde) Machtentfaltung, die nicht im Verhältnis steht zu seiner ursprünglichen Geringheit an Masse gegenüber dem Mehl. Aber wenn man eben die Bedeutung der Gleichnisse nicht versteht, wenn man ferner die äußere, bekenntnismäßige (dabei aber im Kern faule, böse) sogenannte „Christianisierung” (die diesen Namen gar nicht verdient!) der Welt für etwas von Gott Gewolltes ansehen kann, wenn man schließlich die schriftgemäße Erklärung des Sauerteiges ins Gegenteil verkehrt, dann muss man zu Ergebnissen kommen, die dem vom HERRN so ernst Betonten direkt entgegengesetzt sind. Geht man aber davon aus, dass der HERR Sich doch nicht Selber widersprechen und also den Sauerteig nicht etwas Gutes nennen kann, während die ganze übrige Schrift, die doch nicht gebrochen werden kann, ihn als etwas Böses bezeichnet, dann kommt man zu anderen Erklärungen der Himmelreichsgleichnisse, statt zu solchen, als ob der HERR mit diesen Sauerteiggleichnis „die Seinen habe trösten wollen” (während Er doch gerade dies Gleichnis noch zu der Volksmenge sprach, vgl. V. 34 und 36!). Schauen wir aber den Zusammenhang an, in dem dies und das vorige Gleichnis in Lk. 13 (18-21) steht, so sehen wir noch deutlicher, dass sie nichts Gutes auszusagen haben!
Wenn man aber bei der falschen Bedeutung ein wenig verweilen will, also dass mit dem Sauerteigsgleichnis die „gesegnete” Durchsäuerung der Welt mit dem Evangelium gemeint sei(!!), dann, bitte, lasst uns uns ein wenig schämen, einmal darüber, dass diese „gesegnete Durchsäuerung” nicht schon viel herrlichere Fortschritte gemacht hat - jedenfalls wirkt der Sauerteig an sich machtvoller und umfassender, ergiebiger bis ins kleinste gehend, als das Evangelium, dem größte Teile der Welt noch nahezu ganz verschlossen sind, während in anderen diese als gesegnet angesehene Durchsäuerung noch nur höchst oberflächlich, nicht in die Tiefe gehend (wie es beim natürlichen Sauerteig doch der Fall!) gewirkt hat! Wie wären sonst unter den „christlichen” Völkern solche Kriege und Verbrechen gegen die Menschheit möglich, wie sie unser „christliches” Zeitalter registrieren muß?! Ich könnte fortfahren, die Absurdität (Ungereimtheit) dieser Auffassung zu kennzeichnen, wenn mir nicht der Platz dazu zu schade wäre. Wenn diese theologisch-kirchliche Anschauung nicht so arg traurig und verderblich (eben auch sauerteigartig!) wäre, so könnte man sie angesichts ihrer sachlichen Mangelhaftigkeit (da der Sauerteig doch ganz anders wirkt!!) fast mitleidig belächeln! Wie ganz anders, wenn man dem Sauerteig seine wahre Bedeutung läßt! Wie erklärlich wird dann das schreckliche Verderben - moralisch und der Lehre nach -, das in der sogenannten Christenheit grassiert, ja, sie wirklich „ganz durchsäuert” hat! Es ist der Mund der Wahrheit, der diese Charakterisierung der Christenheit gibt: „ganz durchsäuert”! Und wir Gläubigen können dazu nur tiefbeschämt „ja” sagen! - Auf das zweite und dritte erfragte Gleichnis (V. 44-46) möchte ich angesichts der kostbaren Ausführungen unseres Mitarbeiters nicht mehr weiter eingehen. Nur die eine Frage erlaube ich mir gegenüber der so oft geäußerten Meinung, der Kaufmann sei der Sünder, der alles aufgäbe, was er habe, um das Evangelium zu gewinnen: Was haben wir denn als Äquivalent (Gegenwert) dranzugeben, um etwas so unendlich Kostbares zu gewinnen??! Wir, die wir „kraftlos” sind nach Röm. 5,6 (usw.), was hätten wir denn „dranzusetzen”, um so etwas Herrliches zu kaufen? Ein „Kaufmann” hat wirkliche Gegenwerte einzusetzen (sonst wäre er kein „Kaufmann”), wir Armen haben nichts Entsprechendes! Aber Er, der in Seiner Gemeinde, die Er Sich herrlich machen will („ohne Flecken und Runzeln”, Eph. 5,27), einen unendlichen Wert sieht, Er hatte etwas dranzusetzen! Gepriesen sei Er - „Er gab Sich Selbst für uns”! (Eph. 5,25)
Zu dem wunderbaren Vergleich der sieben Gleichnisse mit den sieben Gemeinden in Off. 2 und 3 möchte ich noch hinzufügen, dass wir in der Schrift noch oftmals die Zahl „7” als die Darstellung der Vollkommenheit in Gottes Wegen haben und dass sich da vielleicht noch öfter Verbindungslinien oder Vergleichungspunkte oder vergleichende Gegensätzlichkeiten finden lassen. Ich erwähne nur die sieben Feste Jehovas (vgl. den durchlaufenden Aufsatz ds. Js. über dieselben!), ferner die sieben Worte des HERRN am Kreuz und das siebenmalige „Ich” in Off. 22 (bezüglich des HERRN. V. 7.12.13.16[zweimal].18.20) - das mittelste Wort am Kreuz „Mein Gott, Mein Gott, warum ...?”, das mittelste „Ich”: „Ich Jesus” (Off.22,16), das mittelste Gleichnis, das vom Sauerteig (vgl. in obiger Antwort die Charakterisierung: „Im vierten ist Er die vollkommene göttliche Speise, die durch den Sauerteig verfälscht wird”)!

Und damit genug der Bemerkungen meinerseits! Möge der HERR uns Gnade schenken, Sein kostbares Wort mit mehr Aufmerksamkeit und hingebender Liebe zu durchforschen! Wieviel Segnungen enthält es doch für uns, wie belebt und erquickt es unser Herz!

Die Worte Jehovas sind reine Worte - Silber, das geläutert in dem Schmelztiegel zur Erde fließt, siebenmal gereinigt.” (Psalm 12,6) Sein Name sei gepriesen!
F. K.


Beantwortet von: Team Handreichungen
Quelle: Handreichungen - Band 16 (1931)