Jakobus steht nur scheinbar in Widerspruch zu Paulus (Röm 4). In Wirklichkeit fängt Jakobus da an, wo Paulus aufhört; denn er beschäftigt sich gar nicht mit dem Seligwerden, sondern mit der praktischen Verwirklichung des Errettetseins. Er stellt seine These dem leeren Kopfglauben, einer theoretischen Rechtgläubigkeit ohne wahren, wirklichen Herzensglauben gegenüber. Diese Art Glauben nennt er tot, genau wie der Herr im Sendschreiben zu Sardes sagt: "Du hast den Namen, dass du lebst und bist tot". Jakobus betont einen tatkräftigen Glaubensgehorsam, der sich in der Erfüllung des Willens Gottes und den Wirkungen des neuen Lebens aus Gott in unseren Handlungen, Wandel, Verhalten und Reden als solchen erweist. Alle Werke, die Abraham zur Gerechtigkeit gerechnet wurden, waren solche des Glaubensgehorsams. Der Glaube war zuerst da, und durch diesen Glauben führte er gehorsam aus, was Gott von ihm verlangte (siehe Heb 11,8ff.), und ohne diesen Glauben wäre es ihm nicht möglich geworden. Darum sagt Paulus mit Recht, dass Abraham aus Glauben gerechtfertigt wurde. Hier ist der springende Punkt der Frage. Heute verlangt Gott zur Errettung und Rechtfertigung der Seele nur ein einziges Werk: das Werk, das Gott in Seinem Sohn selbst am Kreuz vollbracht hat, und dass in bußfertiger Anerkennung des eigenen verlorenen Zustandes der verlorene Mensch dasselbe als ein Geschenk der Gnade aus Gottes Hand im Glauben annehmen möchte. Etwas anderes als das, weil es untauglich, unrein, aus sündigen Händen stammt, kann Gott gar nicht annehmen. Zudem sind alle diese Werke, womit man die Seligkeit verdienen will, ja von dem Menschen selbst als sogenannte "verdienstliche Werke" taxiert und nicht von Gott gewertet noch angeordnet. Sie gereichen darum nicht zu Gottes Verherrlichung und Ehre. Man hofft dabei selbst die Seligkeit zu verdienen, den Druck der Sündenlast und des unruhigen Gewissens los zu werden. Wer aber aufrichtig ist, muss gestehen, dass er damit nie zum Ziel gekommen ist, noch kommen kann. Diesen vollen Frieden erlangt man allein durch Glauben an das Kreuz von Golgatha.
Jakobus führt ferner aus, dass der Leib nur durch den Geist das Leben hat und ohne diesen nur ein Leichnam ist. Ebenso könne von einem wahren Glauben, bzw. Glaubensgehorsam nur dann in Wahrheit gesprochen werden, wenn er sich durch seine Früchte als lebendig und tätig erweist. Wo keine solchen vorhanden seien, da müsse man am wahren Glauben zweifeln, denn dieser sei eine lebendige Kraft, die den Willen Gottes tut.
Petrus verfolgt einen grundsätzlich gleichartigen Gedanken, nur etwas anders aufgebaut. Er beginnt ja seine Gedankenreihe in Vers 4 mit der Feststellung, dass die Leser dem Verderben entflohen seien, redet also wiederum nicht vom Weg der Errettung. Er mahnt vielmehr, weil wir entflohen sind, allen Fleiß anzuwenden, das göttliche Leben zu verwirklichen, damit diese von ihm genannten Früchte des Geistes (nicht Werke des natürlichen Menschen) reichlich und wahrhaft vorhanden sein möchten (Gal 5). Jemand, bei dem diese Früchte nicht vorhanden sind, muss als fragwürdiger und undankbarer Christ gewertet werden. Diese Dinge bringen es mit sich, dass sie die himmlische Berufung in den eigenen Herzen "festmachen"; denn sie setzen innige Gebetsgemeinschaft mit dem Herrn und einen Wandel im Geist voraus. Auch Petrus bespricht in seinem Brief mehr die Seite der Verantwortlichkeit der Gläubigen. Er redet vom Reich Gottes und dem Offenbarwerden vor dem Richterstuhl des Christus (vgl. 1. Kor 3 und 2. Kor 5,10.) Er sagt ja auch nicht einfach: "Auf dass ihr eingehen möget", sondern, dass euch "reichlich dargereicht werde", d.h. dass das, was wir bei unserem Offenbarwerden empfangen werden, reichlich ausfallen möge. Dies ist selbstverständlich von einer geistlichen Gesinnung und einem hingebenden Eifer in der Kraft des Heiligen Geistes abhängig.