Antwort A:
(Damit, dass wir diese Antwort aufgenommen haben (zum Vergleich mit anderen), erklären wir uns nicht etwa einverstanden mit derselben! Der Herausgeber.)
Ich meine, wenn man ohne Voreingenommenheit irgend welcher Art die Stellen nimmt, wie sie da stehen, so muss man sagen, dass Worte, wie etwa: „teilhaftig geworden sind des Heiligen Geistes”, „abfallen”, „mutwillig sündigen, nachdem ... empfangen”, „entflohen und wiederum überwunden”, klar zeigen: 1. es sind wirklich Bekehrte gemeint, 2. Bekehrte können wirklich wieder verloren gehen. Aber wie stimmt damit Joh. 10,28.29, wo von einer ewigen Sicherheit der Geretteten in Jesu Hand geredet ist? Sehr einfach: Bin ich in Jesu Hand, ist Er stark genug, mich gegen alle festzuhalten. Niemand, aber auch wirklich niemand kann mich herausreißen, und ich werde nimmermehr umkommen, wenn - wenn ich zu den Schafen gehöre, die dauernd Seine Stimme hören und Ihm folgen.
Nicht mechanisch und magisch bewahrt der HERR. Ich kann mich herauslösen aus der durch alles hindurch bewahrenden Hand. Meinen Willen respektiert (o wie unbegreiflich ist es, und doch wahr!) der allmächtige HERR, und wenn ich nicht mehr in Seiner bewahrenden Hand sein will, dann kann Er mich nicht mehr bewahren. So war es mit Demas, der die Welt lieb gewonnen, und mit Alexander und Hymenäus, die am Glauben Schiffbruch gelitten.
Für uns ergibt sich daraus die ernste Mahnung, immer treu Seine Hirtenstimme zu hören. Sind wir aber aufrichtig und gehört - und seien wir noch so schwach - unser Wille dem HERRN, dann gehört der Trost uns: Niemand soll sie aus Meiner Hand reißen.
K. E.
Antwort B
Die Frage umfaßt ein so großes und bedeutungsvolles Gebiet, dass es unmöglich ist, sie in der gewünschten Kürze allseitig befriedigend zu beantworten.
Die Heilige Schrift betont ebenso sehr die völlige Sicherheit des Geborgenseins in Christus wie den Ernst der größten Gefahr, wenn wir Ihn aus dem Auge und aus dem Herren lassen. Sie wendet sich ebenso sehr gegen den Leichtsinn einer falschen Einbildung, die mit der Gefahr spielen will, weil sie nicht bestehen soll, wie gegen den Unglauben, der dem HERRN nicht die volle Bewahrung zutraut. Beides ist Untreue und ein Abweichen von Ihm, der allein unser Leben ist, das eine in die offenbare Sünde, das andere in den Zweifel. Wie viele Schriftstellen mehr die eine Seite betonen, so wollen andere ebenso zahlreiche uns aufs ernsteste auf die andere aufmerksam machen. Paulus fürchtet, dass durch die Versuchungen des Versuchers seine Arbeit vergeblich sein könnte, wo die Betreffenden im Glauben Gott erkannt haben, ja von Ihm erkannt sind! (1. Thess. 3,5; Gal. 4,8-11.) Er spricht von der Möglichkeit des Umkommens des Schwachen, des Bruders (1. Kor. 8,11),
(Wir glauben, dass hier vom irdischen Leben die Rede ist. (Vergl. Frage 15!) Der Herausgeber Es gibt aber Leute, die nicht durch die Tür eingegangen sind (Joh. 10,7.8). Eine Zeitlang laufen sie mit der Herde, genießen alle die Vorrechte, den Regen (Hebr. 6,7.8), der über das Land kommt, sie kennen die Wahrheit, wie man errettet werden kann, sie schmecken die Segnungen, aber sie folgen nur eine Zeit, weil sie von den Broten gegessen haben (Joh. 6,26) oder weil sie die Zeichen gesehen und Worte gehört haben (Hebr. 6,5; Joh. 2,23; 8,30), die ihre Aufmerksamkeit gewannen. Der HERR, das Verborgene ihrer Herzen kennend, fällt über diese alle schwere Urteile (Joh. 6,30; Lk. 11,29; Mt. 12,39; Joh. 2,24; 8,44). Einmal kommt die Stunde, wo sie offenbar werden (Joh, 6,66), sie murren und schmähen den HERRN (Joh. 6,41; 8,48.52) und bringen damit an den Tag, dass sie unbekehrt, ungläubig geblieben sind (vergl. Lk. 8,13).)
von einem Fallen aus der Gnade, von einem Abgetrenntwerden von Christus (Gal. 5,1-4), ja von einem Abfall vom Glauben (1. Tim. 4,1-3). Er ermahnt die, welche jetzt ein Licht in dem HERRN sind, dass sie sich nicht verführen und um ihr Erbteil bringen lassen sollen (Eph. 5,3-11). Er fordert die, welche den Christus Jesus, den HERRN, empfangen haben, auf, sich nicht als Beute wegführen (Kol. 2,6-8) oder um den Kaufpreis bringen zu lassen (Kol. 2,18). Diese ernsten Warnungen des Heiligen Geistes sollten uns abhalten, eine dogmatische Lehre aufzustellen, wie sie die Schrift nicht ausspricht. Wir sollten uns hüten, den Ernst der Gefahr der Sünde und des Leichtsinns schwächer zu machen als die Schrift es tut. Und umgekehrt darf keine Macht des Bösen uns je erschrecken oder verzagt machen (Röm. 8,31-39). Denn der Vater ist größer als alles. Und niemand kann sie, die Seine Stimme hören und Ihm folgen, aus Seiner Hand reißen. Sie gehen nicht verloren ewiglich, Joh. 10,27-29). Der göttliche Charakter derer, die ewig gerettet bleiben, ist der, dass sie auf Seine Stimme hören und Ihm folgen (Joh. 10,27).
E. A.
Antwort C
Solche erschütternden Stellen sind Prüfsteine für den Glauben, welcher, wenn er echt ist, daran gestärkt hervorgeht. Die wirklich Bekehrten sind solche, die durch wahre „Buße zu Gott und Glauben an den HERRN Jesum Christum” zu „eigenen Schafen” des Guten Hirten geworden sind (Apg. 20,21; Joh. 10,3). Er kennt sie mit Namen, Er hat sie mit Namen ins Buch des Lebens eingeschrieben, sie sind in Seiner Hand und in der Seines Vaters (Joh. 10,3.28; Lk. 10,20; Off. 20,15; 2. Tim. 2,19). Sind diese Hände zusammen nicht stark genug, um das, was darin ist, festzuhalten? Ist Satan nicht vollständig besiegt worden? Oder hat Gott nicht Gedächtnis genug, um alle, die Sein sind, zu kennen? Er hat auf einen jeden Sein Siegel gedrückt (Eph. 4,30).
In 2. Petr. 2,20-22 ist die Rede von falschen Lehrern (V. 1), Sklaven des Verderbens (V. 19), welche die Gestalt von Aposteln Christi annehmen (2. Kor. 11,13-15). Satan scheut sich vor keinem Mittel, um Seelen zu verführen.
Das „wenn wir mit Willen sündigen” in Hebr. 10,26 ist gerichtet an die bekennenden Gläubigen (V. 23), unter denen sowohl wahre als falsche sein können. Auf dem Wege werden sie offenbar. Judas hatte das Vertrauen der Jünger, den Beutel zu tragen, und bedurfte nicht wie andere, zurechtgewiesen zu werden (Mt. 16,23; Lk. 9,55). Niemand ahnte, dass er den HERRN überlieferte (Joh. 13,21.28; Lk. 22,23). Der HERR aber durchschaute ihn von Anfang. Er war ein Teufel, ein Dieb, der Sohn des Verderbens (Joh. 6,70; 12,6; 17,12). Judas ist ab gefallen.
Petrus aber in der Stunde, als er sich als einen Sünder erkannte, fand in dem HERRN das ewige Leben (Lk. 5,8; Joh. 6,68). Der HERR durchschaute auch ihn und gab ihm einen Namen, einem lebendigen Stein entsprechend (Mt. 16,17.18; Joh. 1,42; 1, Petr. 2,5). Petrus ist ge fallen. Sein furchtbarer Fall wurde zugelassen zur Bewährung seines Glaubens. Über den Ausgang seiner Versuchung wachte der HERR (1. Kor. 10,13; Lk. 22,31.32; 1. Petr. 1,6.7). Er lernte darin: „Du weißt alles”. Das wahre Kind Gottes wird nicht zur Leichtfertigkeit mit der Sünde geleitet, sondern dahin, sich allein auf Den zu verlassen, der allein fähig und willig ist, uns völlig zu erretten, was Er auch tun wird (Hebr. 7,25; 1. Thess. 5,24). Möge doch für uns alle eine ernste Prüfung nach 2. Kor. 13,5 dieses Wort auf unsere Lippen bringen: „HErr, ... Du weißt, dass ich Dich lieb habe!”
R. W. D.
Antwort D
Das, worauf es in erster Linie ankommt, ist die Frage, ob ein wirklich Bekehrter - sagen wir ein Kind Gottes - verloren gehen kann. Deshalb wollen wir diese Frage zuerst prüfen. Es gibt Kinder Gottes, die diese Frage bejahen, indem sie die genannten Stellen aus Hebr. 6 und 10 und 2. Petr. 2 auf Kinder Gottes anwenden. Sie lassen dabei aber andere Schriftstellen außer acht, die uns klar und bestimmt bezeugen, dass ein Kind Gottes nicht verloren gehen kann. Mein Herz tut mir weh in dem Gedanken daran, wie die Herrlichkeit unseres teuren HERRN durch jene Annahme verdunkelt wird, denn sie bedeutet nicht weniger, als dass Er nicht imstande sei, das gesteckte Ziel zu erreichen, den Ratschluß Gottes vollkommen hinauszuführen, das, was Er so teuer erworben hat, auch zu bewahren, unabhängig von irgend etwas außer Ihm! Nein, Dank sei Ihm dafür, dass wir sagen dürfen: „Ich weiß, wem ich geglaubt habe und bin überzeugt, dass Er mächtig ist, das Ihm von mir anvertraute Gut auf jenen Tag zu bewahren” (2. Tim. 1,12). Dafür gibt uns das Wort Gottes selbst die unerschütterliche Grundlage. In Joh. 10,28 sagt der HERR, dass Er den Seinen ewiges Leben gibt und sie nicht verloren gehen ewiglich und niemand sie aus Seiner Hand rauben kann, ja, dass sie sogar in der Hand des Vaters geborgen sind, der größer ist als alles und alle, und niemand sie aus dieser allmächtigen Hand rauben kann. Dieses herrliche Wort ist mir von jeher vollkommen genügend und ein kostbarer Trost gewesen: niemand kann mich Ihm entreißen, auch der Satan nicht! Aber nicht nur das. In Röm. 8 im letzen Abschnitt lesen wir, dass niemand und nichts, was irgend uns begegnen mag in unserem Leben, uns zu scheiden vermag von der Liebe Christi, und dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Fürstentümer, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, noch Gewalten, weder Höhe noch Tiefe, noch irgend ein anderes Geschöpf uns zu scheiden vermögen wird von der Liebe Gottes, die in Christo Jesu ist, unserem HERRN! Wie kann da noch von einem Verlorengehen die Rede sein? Jeder Person und jeder Macht irgendwelcher Art - ja allem, was außer uns selbst liegt, ist hierin völlig begegnet! - Aber wie ist es mit mir selbst, meinem eigenen Herzen und Willen? Kann ich nicht selbst weggehen, meine Stellung aufgeben, das Verhältnis lösen? Nein, auch das nicht! In 1. Kor. 12,13 ist uns gesagt, dass wir Glieder Seines Leibes sind durch Seinen Geist, und es ist für ein Glied unmöglich, sich selbst von dem Leibe zu trennen, zu entfernen. Nur eine äußere Gewalt, größer als die Gewalt dessen, dem der Leib gehört, könnte eine Trennung herbeiführen, und eine solche Gewalt gibt es nicht. Also ist auch jede Möglichkeit ausgeschlossen, dass etwa von mir selbst aus das Band gelöst werden und ich verloren gehen könnte. Welch ein wunderbarer und unendlich köstlicher Trost ist dies, da wir wissen, wie verdorben und trügerisch unser eigenes Herz ist, und dass keiner von uns in der uns geschenkten herrlichen Stellung und Verbindung bleiben würde, wenn es von uns abhängig wäre. Unsere Errettung gründet sich aber nicht auf irgend etwas unsererseits, sondern auf den ewigen Ratschluß Gottes und auf die Person Jesu Christi, wie wir in Eph. 1,3-12 finden (s. besonders V. 4.5.11), und ist uns gewährleistet durch den Heiligen Geist, mit welchem wir, nachdem wir geglaubt haben, in Christo versiegelt worden sind und der uns als das Unterpfand unseres Erbes gegeben worden ist. (Eph, 1,13.14; 4,30; s. auch 2. Kor. 1,22 und 5,5). Also kommt die ganze Macht und die unverbrüchliche Treue Gottes hinsichtlich unserer ewigen Errettung in Frage; wenn auch nur ein einziges der Seinen verloren gehen sollte, müßte Seine Macht überwunden werden, und müßte Er Seine Treue brechen, und das ist unmöglich.
Könnte das Wort Gottes es uns deutlicher sagen, dass ein Kind Gottes nicht verloren gehen kann? Könnte es stärkere Beweise geben? Nein! Dank und Preis sei Ihm für diese wunderbare Gnade!
Seelen, die dieser kostbaren Gewißheit sich nicht erfreuen, meinen, so etwas sei geeignet, das Herz hochmütig zu machen oder gleichgültig werden zu lassen; alle aber, die sich ihrer erfreuen, wissen, dass das Gegenteil der Fall ist - sie bringt das Herz zur Anbetung und Hingabe an Ihn, dessen Liebe und Herrlichkeit darin in ihrer Unermeßlichkeit vor den Augen unseres Herzens enthüllt ist.
Es ist also völlig ausgeschlossen, dass in den betreffenden Schriftstellen in Hebr. und 2. Petr. von Kindern Gottes die Rede ist. Es ist aber auch nicht schlechtweg von unbekehrten Menschen die Rede, sondern von einer besonderen Klasse unbekehrter Menschen, nämlich solchen, welche „einmal erleuchtet waren” (Hebr. 6,4), „die Erkenntnis der Wahrheit empfangen haben” (Hebr. 10,26) und „den Weg der Gerechtigkeit erkannt haben” (2, Petr. 2,21), aber trotzdem nicht von Herzen geglaubt und daher auch kein Leben aus Gott empfangen haben. Sie sind eine Zeitlang mitgegangen und nahmen an allem teil (Hebr. 6,4.5), waren „geheiligt”, d. h. abgesondert (Hebr. 10,29), und waren „entflohen den Befleckungen der Welt” (2. Petr. 2,20) und schienen Kinder Gottes zu sein, aber die Bewährung fehlte: Sie sind „abgefallen”, „sündigen mit Willen” und sind „umgekehrt von dem ihnen überlieferten heiligen Gebote” (Hebr. 6,6; 10,26 und 2. Petr. 2,21), und ihr wahrer Herzenszustand kommt ans Licht, wie folgende Worte ihn kennzeichnen: „... indem sie den Sohn Gottes für sich selbst kreuzigen und Ihn zur Schau stellen” (Hebr. 6,6), „... der den Sohn Gottes mit Füßen getreten und das Blut des Bundes ... für gemein geachtet und den Geist der Gnade geschmäht hat” (Hebr. 10,29) und: „Es ist ihnen aber nach dem wahren Sprichwort ergangen: Der Hund kehrte um zu seinem eigenen Gespei und die gewaschene Sau zum Wälzen im Kot” (2. Petr. 2,22). Wie weit ein Mensch gebracht sein kann auf dem Wege zur Errettung, und wieviel ein Mensch empfangen haben kann von den Gaben göttlicher Gnade, ohne errettet zu sein, sehen wir gerade auch in den drei Schriftstellen. Besonders sind es folgende Worte, die dieses so weitgehend zeigen, dass manche meinen annehmen zu müssen, dass es sich hierbei um Kinder Gottes handele: „... und teilhaftig geworden sind des Heiligen Geistes” (Hebr. 6,4); „... wenn wir mit Willen sündigen, nachdem wir die Erkenntnis der Wahrheit empfangen haben” (Hebr. 10,26); „... und das Blut des Bundes, durch welches er geheiligt worden ist” (Hebr. 10,29), und „entflohen den Befleckungen der Welt durch die Erkenntnis des HERRN und Heilandes Jesu Christi” (2. Petr. 2,20). Die Annahme, dass es sich hierbei um Kinder Gottes handeln müsse, beruht aber auf einem Mißverstehen der eben angeführten Worte. In Hebr. 6,4 ist nicht von einem Empfangen und Innewohnen des Heiligen Geistes die Rede, sordern von dem „Teilhaben” an demselben in dem Sinne, wie ich z. B. der Sonne teilhaftig bin, wenn ich mich in ihrem Scheine befinde. Es handelt sich um die Wohltaten, die mit der Gegenwart und Wirksamkeit des Heiligen Geistes verknüpft sind. Das zeigen die Verse 7 und 8 deutlich. - Das „wir” in Hebr. 10,26 ist keineswegs im Blick auf die Kinder Gottes angewendet, sondern auf den Menschen, der „die Erkenntnis der Wahrheit empfangen hat”, ohne Rücksicht darauf, was die Wirkung von letzterer Tatsache ist, und das „geheiligt” in V. 29 spricht nicht von der Stellung, die den Kindern Gottes in Christo vor Gott geschenkt ist, sondern von der Stellung, in die ein Mensch durch sein Bekenntnis zu dem Gekreuzigten anderen Menschen gegenüber gebracht ist. - Und was die „Erkenntnis des HERRN und Heilandes Jesu Christi” in 2. Petr. 2,20 anbetrifft, so geht aus den darauffolgenden Worten und ganz besonders aus V. 22 deutlich hervor, dass diese Erkenntnis jene Seelen nicht mit dem HERRN verbunden, keine Umwandlung bewirkt und ihnen kein Leben aus Gott gebracht hat. Sie brachte jene Seelen dahin, sich äußerlich zu reinigen von den Befleckungen der Welt, weiter aber nicht, und sie wurden wieder in diese verwickelt und kehrten in sie zurück, weil sie in ihrem Inneren geblieben waren, was sie vorher waren.
Solche Menschen, wie sie uns in Hebr. 6,4-6 und 10,26-29 und 2. Petr. 2,20-22 vorgestellt werden, sind keine Kinder Gottes, und wir haben kein Recht, jemand noch länger Bruder oder Schwester zu nennen und als Kind Gottes anzuerkennen, wenn bei ihm ein in jenen Schriftstellen gekennzeichneter Zustand sich offenbart.
Wir aber, die wir wissen, dass wir Kinder Gottes sind - welchen Eindruck empfangen wir im Blick auf die Tatsachen, die in den betrachteten verschiedenen Schriftstellen vor unser Auge treten? Werden nicht einerseits unsere Herzen überwältigt von der Größe der Gnade, die uns zuteil geworden ist, und wird nicht andererseits zugleich ein Gefühl für die große Verantwortlichkeit wachgerufen, die wir haben, uns als Kinder Gottes in allem zu erweisen, zur Ehre Seines Namens? Der HERR schenke uns allen Gnade dazu!
Th. K.
Antwort E
Viel Verwirrung über solche Fragen kommt dadurch, dass Schriftstellen aus ihrem Zusammenhang genommen werden und, ganz abgesehen von der Verbindung, in der sie gegeben sind, gebraucht werden, um aus ihrem Wortlaut Schlüsse zu ziehen. Es gibt schwer verständliche Stellen und auch sehr deutliche, bestimmte Aussprüche in der Schrift. Nie dürfen wir dunkle Stellen nehmen, um klare zweifelhaft zu machen. Der rechte Gebrauch einer Schriftstelle für eine andere wird das Schriftwort bestätigen und heller machen, aber nie kann eine Wahrheit die andere aufheben oder abschwächen.
So ein deutliches Wort aus dem Munde des HERRN Selbst ist das Wort in Joh. 10,28: „Meine Schafe ... gehen nicht verloren.” Wenn der HERR „nicht” sagt, wer wagt diesem „Nicht” ein „Wenn” und „Aber” beizufügen? Manchen Gläubigen scheint es eine gefährliche Sprache zu sein, und sie fürchten (im Gegensatz zum HERRN), dass damit der Sorglosigkeit und dem unheiligen Wandel Vorschub geleistet wird, und um ein Gegengewicht zu finden, greifen sie nach Stellen wie Joh. 15,6; Gal. 5,4; Hebr. 6,4-7 usw., um zu betonen, dass ewiges Leben verloren werden kann, wenn Wachsamkeit und Treue fehlen. An seinem Platze sind Wachsamkeit und Treue sehr wichtige Dinge, aber sie mit dem ewigen Leben zu verbinden (welches die Schrift nicht kennt) und dasselbe davon abhängig zu machen, macht, ganz abgesehen von anderem, das ewige Leben sehr fraglich und verbindet mit der Gnade die eigene Kraft.
Zu wissen, dass man ein Schaf Christi ist, ist zunächst eine ganz persönliche Sache. Ich muss die Kennzeichen des Schafes tragen (V. 26.27) und den Heiligen Geist und das Zeugnis des Heiligen Geistes haben, ein Kind Gottes zu sein (Röm. 8,9.16). Dieses Zeugnis empfangen wir nur auf dem Wege des Glaubens und der Nachfolge, nicht aber auf Wegen der Untreue.
In bezug auf andere erkennen wir die Schafe wieder an den gegebenen Kennzeichen. Wir haben kein Recht, jemand als ein Schaf Christi zu bezeichnen, der diese nicht trägt. Der HERR kennt, die Sein sind, ohne äußere Kennzeichen, aber wir kennen sie an dem „Abstehen von der Ungerechtigkeit” (2. Tim. 2,19). Er kennt sie dem Herzen nach, aber an den Früchten sollen wir sie erkennen. Jemand mag den Namen des HERRr be kennen, wenn er aber in der Ungerechtigkeit verharrt, so haben wir kein Recht, von ihm als von einem Schafe Christi zu reden, das nicht verloren geht.
Worte über einen solchen in einem einzelnen Falle wie: „Er ist errettet und wird selig” sind nicht nur traurig, sondern auch böse. Wir gebärden uns damit, als ob wir in das Geheimbuch Gottes Einblick getan hätten. Eine solche Sprache steht uns nicht zu, obgleich der Grundsatz immer bleibt: Seine Schafe - die Er als Sein kennt - gehen nicht verloren, auch wenn sie fallen! - Für uns selbst wie für jeden sind und bleiben die Kennzeichen des Schafes, dass es an Ihn glaubt (V. 26), dass es Ihn hört und Ihm folgt (V. 27), maßgebend.
Von dem Schafe Christi - dem Gläubigen - sagt die Schrift: „Er ist auserwählt vor Grundlegung der Welt” (Eph. 1,4), „mit Christo lebendig gemacht” (Eph. 2,5). Er ist „aus unverweslichem Samen”, „aus Gott geboren,” ja, „aus Gott”, und „der Same Gottes bleibt in ihm” (1. Petr. 1,23; 1. Joh. 5,18; 1. Kor. 1,30; 1. Joh. 3,9). Er ist mit „dem Heiligen Geiste versiegelt bis auf den Tag der Erlösung” (Eph. 4,30) usw. Unter einer solchen Fülle von Schriftstellen, wie hell ist da das Wort „Meine Schafe ... gehen nicht verloren” beleuchtet! Er Selbst ist das Leben des Gläubigen, und das ewige Leben ist in dem Sohne Gottes. So unmöglich kann ein Schaf Christi verloren gehen, als Christus kann vom Throne des Vaters entfernt werden.
Über Hebr. 6 nur einige Andeutungen. Es handelt sich hier um den Gegensatz von Juden- und Christentum. Die Hebräer werden auf dem Grunde des Bekenntnisses angeredet (Hebr. 3,1; 4,14; 10,23), des Bekenntnisses, dass sie Genossen einer himmlischen (nicht einer irdischen) Berufung seien. Aus diesem Grunde des Bekenntnisses gab es damals wie heute wahre und falsche Bekenner. In dieser Stelle handelt es sich nicht um ein Fallen in Sünde, sondern um das Ab fallen vom Bekenntnis des Christentums und ein Zurückgehen zum Judentum, womit sie gleichsam den Sohn Gottes für sich selbst kreuzigten, und daraus ergab sich die Hoffnungslosigkeit - die Unmöglichkeit der Buße. Diese Leute, von denen in Vers 4 u. 5 geredet wird, hatten Licht. „Erleuchtet” sein ist aber nicht Wiedergeboren sein! Denken wir an Judas und Bileam! (2. Petr. 2,20.) „Geschmeckt”: schmecken ist kein essen; was man schmeckt, mag man verweigern (wie der HERR den Essig verweigerte, nachdem Er ihn geschmeckt hatte). Sie schmeckten einst in Nazareth (Lk. 4) die Worte der Gnade mit Bewunderung, aber verweigerten Ihn. „Teilhaftig geworden” - äußerlich - sie kamen unter die Wirksamkeit und Kraft des Heiligen Geistes. In den Zusammenkünften kamen sie in die Gegenwart des Heiligen Geistes und wurden Seiner Wirksamkeit teilhaftig (vergl. Simon Apg. 8, Saul 1. Sam. 16). Sie „schmeckten” etwas von den Kräften und „Wunderwerken des zukünftigen Zeitalters” in der Befreiung von der Sünde und der Macht Satans, ohne damit Leben aus Gott zu haben (Mt. 7,22; Lk. 10,19.20).
Vers 7 u. 8: Ein Bild von einem Lande oder Ackerstück. Es empfängt den „Regen” von oben; der eine Teil des Ackers bringt Frucht hervor und empfängt Segen von Gott, der andere Teil bringt Dornen hervor, und das Ende ist Verbrennung. So mögen auch zwei Personen unter gleichen Gnadenerweisen Gottes stehen, der eine bringt Frucht, der andere bringt Dornen. Der Apostel war von ihnen überzeugt, dass sie mit den Dingen der Errettung verbunden waren (V. 9), aber sie standen in Gefahr, nicht festzustehen und waren am Ermatten (Hebr. 10,32-39; 12,12.13). Er zeigt ihnen solche, die Christum aufgegeben hatten und vom Christentums-Glauben abgefallen waren; wollten sie mit diesen zusammen gefunden werden?
Ängstliche, bekümmerte Seelen werden manchmal durch diese Hebräerstelle vom Feinde geängstigt. Würde man solche fragen: „Willst du Christus verwerfen und den Glauben an Ihn aufgeben”, so würden sie antworten. „O nein, ich möchte Ihn liebhaben und an Ihm festhalten im Glauben!” Oder: „Willst du Ihn öffentlich der Schmach preisgeben?” Ihr Herz würde erschrecken, und sie würden sagen: „Nie, nie, ich möchte Ihn gern verherrlichen!” Oder: „Willst du nicht durch Ihn und durch Sein Blut selig werden?” sie würden antworten: „Ich habe keinen anderen Grund, als Ihn allein!” Da ist Reue, Schmerz um Sünde oder Verfehlungen. Diese Stelle findet keine Anwendung für solche, im Gegenteil, die Hebräerstelle ist geschrieben zur Ermutigung, dass wir einen „starken Trost” und einen „sicheren und festen Anker der Seele” haben (6,18.19).
In 2. Petr. spricht der Apostel von den „Befleckungen der Welt” und dem „Weg der Gerechtigkeit”. Die „Erkenntnis” des HERRN und Heilands ist eine Sache, aber das lebendige Glaubensband mit Ihm ist eine andere. Das Waschen macht eine Sau nicht zum Schaf, sie bleibt eine Sau, die Natur bleibt dieselbe, das Waschen verändert nicht die Natur! Sie geht wieder in den Kot, eben weil sie eine Sau ist! Für Kinder Gottes gebraucht die Schrift nie die Worte „Sau” oder „Hund”! - Eine Sau wälzt sich mit Behagen im Kot, ein Schaf kann hineinfallen, fühlt sich aber darin nicht wohl und verlangt, herauszukommen.
v. d. K.
Anmerkung des Herausgebers
Es ist uns tief schmerzlich, immer wieder sehen zu müssen, für wieviele teure Kinder Gottes diese Frage wirklich eine „Frage” ist und trotz der so deutlich redenden Schrift noch sein kann. Möchten denn manchen Lesern die Augen darüber aufgehen, welche Verunehrung des HERRN darin liegt, wenn ein Gläubiger die Möglichkeit des Verlorengehenkönnens wirklicher Kinder Gottes annimmt!
Ein lehrend auftretender Bruder antwortete mir vor Jahren auf meine Frage, ob er denn glaube, dass ein Glied vom Leibe Christi abgeschnitten werden könne: „Ja, das kann geschehen!” Wie betrübend ist solche Annahme! Dann also besteht das Wort Joh. 19,36, das von der Unverletzlichkeit des Leibes Christi redet, nicht zu Recht? Aber ebensowenig wie von unserem Leibe ein Glied abgenommen werden kann, ohne seine Vollkommenheit zu beeinträchtigen, ebensowenig vom Leibe Christi!
Es wird oft hingewiesen auf Hymenäus und Alexander (1. Tim. 1,18-20) und auf Demas nach 2. Tim. 4,10. Aber wo steht etwas davon, dass diese verloren gegangen sind? Sagen wir doch nicht mehr über diese, als das Wort sagt! Auf erstere einzugehen, führt hier zu weit; bezügl. Demas' steht da, dass er den Apostel (also einen Menschen!) verlassen und den jetzigen Zeitlauf liebgewonnen habe. Das letztere, gewiß noch schlimmer als das erstere, ist aber ja kein Beweis dafür, dass er verloren gegangen sei, sondern in Verbindung mit dem ersteren ein Beweis nur dafür, dass ihm der so schmale Weg, den Paulus ging, zu schwer geworden war. Das Verhalten des Demas enthält sehr ernste Belehrungen und Warnungen für alle Kinder Gottes, aber seinen Namen u. a. mit dem Schicksal derer von Hebr. 6,4-7 u. 10,26.27 wie auch 2. Petr. 2,20-22 in Verbindung zu bringen, das geht nicht an. - Wie klar redet doch 2. Petr. 2 von falschen Lehrern und stellt ihnen die „Gottseligen” gegenüber. In diesem Kapitel werden die Kinder Gottes deutlich unterschieden von den Ruchlosen (vergl. V. 13 am Schluß „mit euch!”). Ebenso ist in Hebr. 6 der scharfe Gegensatz zwischen V. 4-7 und V. 9.10 unverkennbar, und aus dem ganzen Zusammenhang in Hebr. 10 geht hervor, dass es sich um bloße „Bekenner” handelt, um Juden, die eine gewisse „Erkenntnis der Wahrheit” hatten, „geheiligt”, also abgesondert waren durch das Blut Christi, nämlich abgesondert von ihren übrigen Volksgenossen und deren Volksverband waren, solange sie mit den wahren Gläubigen mitgingen. Aber „der HERR wird Sein Volk (Israel!) richten”! (V. 30.) Es ist übrigens sehr bemerkenswert, wie vorsichtig der Verfasser des Hebräer-Briefes sich ausdrückt in dieser Stelle betr. der Personen, die gemeint sind: V. 22 „lasst uns”, vergl. V. 23 u. 24, V. 25 „ihr”, V. 26 keineswegs „ihr”, sondern ein ganz allgemeines „wir” (V. 26. 27 enthalten ja eine ganz allgemeine Wahrheit!); V. 28 aber „jemand”; im V. 29 werden sie („ihr”) deutlich unterschieden von dem „der”; V. 30 enthält wieder einen allgemeinen Ausspruch mit „wir”, und V. 32ff. steht wieder „ihr”, das sind die Gläubigen! Man vergl. hierzu die ebenso deutliche Unterscheidung in der oft, aber ebenfalls fälschlich für die Annahme des Verlorengehenkönnens von Kindern Gottes angeführte Stelle vom „Weinstock und den Reben” (Joh. 15,1-8). Obwohl diese Stelle nichts zu tun hat mit dem ewigen Leben, sondern von dem fruchtbaren Dienst hienieden handelt - zu dem sich bekanntlich auch äußere Bekenner hinzudrängen und lange, von Menschen unerkannt, daran beteiligt sein können! -, wird doch, um jeden Zweifel zu beseitigen, klar unterschieden zwischen „ihr” und „jemand”!! Wahrlich, die Schrift redet deutlich genug!
Ja, der äußerliche Bekenner („eine gewaschene Sau”, die ja nur äußerlich rein ist) wird verloren gehen, aber ein Kind Gottes, ein durch den Heiligen Geist versiegelter Gläubiger (Eph. 1,13.14) nimmermehr! Nicht deswegen, weil und insoweit Seine Schafe Seine Stimme hören, werden sie nicht verloren gehen, wie oft gesagt wird, sondern weil Er Seinen Schafen ewiges Leben gibt, deswegen gehen sie nicht verloren! (Joh. 10,28; vergl. Kol. 3,3.4.) „Wer an den Sohn glaubt, hat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht usw.” (Joh. 5,24). Willst du, Bruder, zu sagen wagen: „unter Umständen doch!”? „Soviele Ihn annahmen, denen gab Er das Recht, Kinder Gottes zu werden usw.” (Joh. 1,12). Willst du sagen, dass Gott Seine Kinder verstößt? Irdische Eltern, die ihre Kinder, die sie gezeugt haben, verstoßen, tragen das vernichtende Urteil der ganzen Welt (außerdem aber bleiben diese Verstoßenen immer die Kinder ihrer Eltern, deren Blut in ihnen ist, wenn die Eltern sie auch nicht anerkennen!). Und Gott sollte Seine, „durch das lebendige und bleibende Wort Gottes wiedergezeugten” Kinder (1. Petr. 1,23) verstoßen, verloren gehen lassen können?! Was würde die Engelwelt sagen, die sich bei der Bekehrung des Sünders gefreut hatte (Lk. 15,10), die Engelwelt, der durch die Versammlung, die Gemeinde (den Leib Christi, Eph. 1,23) „die gar mannigfaltige Weisheit Gottes kund gemacht wird” (Eph. 3,10) - was würden diese „Gewalten in den himmlischen Örtern” dazu sagen, wenn Gott eins Seiner Kinder verloren gehen ließe, wenn ein Glied vom Leibe Christi, an dem die Engel Belehrung empfangen über Gottes Weisheit, abgeschnitten würde! Gelobt sei der HERR dafür, dass dies nimmermehr geschieht! Es wird ja oft davon geredet, dass Kinder Gottes „aus der Gnade fallen” könnten. Aber wer die Stelle, wo dieser Ausdruck vorkommt, im Zusammenhang liest (Gal. 5,1ff.), wird finden, dass es sich in der ganzen Stelle nicht um ewigen Tod oder ewiges Leben handelt, sondern um das Sichstellen auf Gesetzesboden; das ist „aus der Gnade fallen”! Ähnlich ist es mit anderen aus dem Zusammenhang genommenen Stellen, deren keine als Beweis gebraucht werden kann, dass ein Schaf Christi verloren gehen könnte. Es müßte dann ja das Leben, welches Christus Selbst ist und das in Ihm ist (Joh. 14,6; vergl. 1,4 und 1. Joh. 5,11!), verloren gehen können!
Vieles büßen wir Kinder Gottes auch droben ein, wenn wir hier unten nicht in allen Stücken in Treue wandeln nach dem Wort (vergl. u. a. 1. Kor. 3,12-15), aber die Gotteskindschaft nie; dafür bürgt uns Sein Wort! Lasset uns Ihn ehren durch völligen Glauben an das Wort Seines Zeugnisses (1. Joh. 5,9-12) und durch ungeteiltes gehorsames „Wandeln in der Wahrheit”! (3. Joh. V. 3!) „Dein Wort ist Wahrheit (Joh. 17,17).
Gepriesen sei Sein herrlicher Name!