Unsere Frage führt in die Ewigkeit hinein, in die unergründlichen Tiefen der Gottheit. Voraussetzung alles Nachdenkens hierüber ist die Erkenntnis unserer eigenen Unzulänglichkeit. Gott ist im Himmel, und der Mensch ist auf Erden, und bei aller Begnadigung des Sünders bleibt der ewige Abstand bestehen. Nur mit tiefster Ehrfurcht können wir ein wenig über das Wesen des Unendlichen nachsinnen. Christus und Gott - in welchem Verhältnis stehen sie zueinander? Das ist, zum Teil erweitert, unsere Frage.
Bei den verschiedensten Gelegenheiten hat der „Sohn Gottes” Selbst einen deutlichen Unterschied zwischen Sich und „Gott” gemacht.
„Ihr glaubet an ‚Gott‘; glaubet auch an Mich.” (Joh. 14,1) „Dies ist aber das ewige Leben, dass sie Dich, den allein wahren ‚Gott‘, und Den Du gesandt hast, Jesum Christum, erkennen.” (Joh. 17,3) Darum nennt Er den Vater auch Seinen „Gott”. „Mein ‚Gott‘, Mein ‚Gott‘, warum hast Du Mich verlassen?” (Mk. 15,34) „Ich fahre auf ... zu Meinem ‚Gott‘ und eurem Gott.” (Joh. 20,17) Denselben Unterschied machen des öfteren Seine Apostel; zum Beispiel: Gott ist der „‚Gott‘... unseres Herrn Jesus Christus” (Eph. 1,3), „Christus ist ‚Gottes‘”. (1. Kor. 3,23) Was Christus lebt, „lebt Er ‚Gott‘”. (Röm. 6,10) „‚Gott‘war in Christo”, die Welt mit Sich Selbst versöhnend. (2. Kor. 5,19) Darum ist das Ziel der Erlösung auch der „Thron ‚Gottes‘und des Lammes”. (Off. 22,3)
In all diesen Stellen - und ihre Zahl ließe sich ohne Schwierigkeit wesentlich vermehren - wird das Wort „Gott”, gerade in einem Zusammenhang, wo auch von Christus die Rede ist (!), nicht auf den „Sohn” (Joh. 1,18; 3,16; 11,27; 20,31; 1. Joh. 4,9 u.v.m.), sondern auf den Vater angewandt! Daher der Gedanke mancher, dass der „Sohn” überhaupt nicht als „Gott”, sondern eben nur als „Sohn” Gottes bezeichnet werden dürfe. Alles andere sei theologische Spekulation und Ballast traditioneller Dogmatik. Die Bibel selber bezeichne den „Sohn” niemals als „Gott”, daher dürften auch wir dies nicht tun.
Dabei übersehen sie aber, dass dieser ersten Reihe von Schriftstellen eine zweite gegenübersteht und sich mit ihr harmonisch verbindet, die dies dennoch tut!
„Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott.” (Joh. 1,1) Dies ist das Wort, welches dann später in Christo Fleisch geworden ist. (Joh. 1,14) Also ist Christus „Gott”! Als solchen hat Er Sich auch in Seiner Menschwerdung Seinem Volke, wenn auch verhüllt, dargeboten. Darum lautet der Vorwurf Seiner Gegner nicht nur, dass Er Sich zu „Gottes Sohn” mache (Mt. 26,63), sondern zu „Gott”. „Wegen eines guten Werkes steinigen wir Dich nicht, sondern wegen der Lästerung, und weil Du, der Du ein Mensch bist, Dich Selbst zu Gott machst.” (Joh. 10,33) So sagt auch Paulus im Römerbrief, wo er die Vorrechte Israels aufzählt: „... Deren die Väter sind, und aus welchen, dem Fleische nach, der Christus ist, welcher über allem ist, Gott gepriesen in Ewigkeit.” (Röm. 9,5) Auch Johannes bezeugt: „Wir wissen aber, dass der Sohn Gottes gekommen ist und uns ein Verständnis gegeben hat, auf dass wir den Wahrhaftigen kennen; und wir sind in dem Wahrhaftigen, in Seinem Sohne Jesus Christus. Dieser ist der wahrhaftige ‚Gott‘und das ewige Leben.” (1. Joh. 5,20) Darum nennt der Apostel Paulus auch die Wiederkunft Christi „die glückselige Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Heilandes Jesus Christus”. (Tit. 2,13) Und in der Ewigkeit redet der Vater Selbst den Sohn klar als „Gott” an. Denn „in bezug auf die Engel zwar spricht Er: ‚der Seine Engel zu Winden macht und Seine Diener zu einer Feuerflamme‘; in bezug auf den Sohn aber: ‚Dein Thron, o Gott, ist von Ewigkeit zu Ewigkeit; ... Du hast Gerechtigkeit geliebt und Gesetzlosigkeit gehaßt; darum hat Gott, Dein Gott, Dich gesalbt mit Freudenöl über Deine Genossen.‘” (Hebr. 1,7-9)
So ist beides zugleich wahr: der Sohn ist „Gott”, und der Vater ist „Gott”; der Vater ist der Gott des Sohnes, „Sein” Gott. Wie dies aber zu erklären ist, weiß kein Mensch und kann nie einer wissen. Uns genügt die Tatsache des Schriftzeugnisses.
Die Unfruchtbarkeit und Sinnlosigkeit christologischer Spekulationen und Debatten haben die „trinitarischen” Streitigkeiten des 4.-6. Jahrhunderts zur Genüge bewiesen. In der Mitte des 19. Jahrhunderts tauchten sie in England unter den Gläubigen noch einmal auf, nur mit weniger Scharfsinn und geringerer philosophischer Logik. So verlor man sich in Spitzfindigkeiten, redete oft aneinander vorbei und betrieb Haarspaltereien mit - stumpfen Messern. Dasselbe sehen wir heute gelegentlich in Deutschland. Wahres Wissen aber weiß hier seine Grenzen, sein Nichtwissen.
Bei einer ganz präzisen Fragestellung müßte aus unserer obigen Frage das Wort „selbst” gestrichen werden. Es ist sowohl vor als auch nach dem Wort „Gott” undeutlich. Die Frage sollte nicht lauten: „Ist der Herr Jesus nicht nur Gottes Sohn, sondern Gott Selbst?”, sondern: „Ist der Herr Jesus nicht nur Gottes Sohn, sondern direkt Gott?” Denn bei ersterer Fragestellung denkt man bei „Gott” sofort an den Vater, und dann wäre sie allerdings mit „Nein” zu beantworten; denn der „Sohn” ist nicht der „Vater”. Wohl aber sind beide „Gott”!
Die beste Darstellung (nicht „Erklärung”) dieses ewigkeitlichen Verhältnisses hat der bekannte große Mohammedanermissionar Raimundus Lullus (gest. 1316) gegeben. Es ist ein Dreieck mit Schwerpunkt und Winkelverbindungslinien sowie sinnvoller Eintragung der Worte „Gott, Vater, Sohn, Heiliger Geist” und der Wörtchen „ist” bzw. „ist nicht”.
Das heißt: Der Vater „ist nicht” der Sohn; der Sohn „ist nicht” der Heilige Geist; der Heilige Geist „ist nicht” der Vater.
Aber: Der Vater „ist” Gott; der Sohn „ist” Gott; der Heilige Geist „ist” Gott.
Gott ist vollkommene Liebe. Aus dem Wesen der Liebe aber folgt notwendig Dreieinheit. Wie schon Augustinus sagte: „Wenn Gott die Liebe ist, dann muss in Ihm ein Liebender, ein Geliebter und ein Geist der Liebe sein; denn es ist keine Liebe denkbar ohne einen Liebenden und einen Geliebten.” Nun mag zwar bei Menschen ein Liebesbund schon in der Zweiheit der Personen - und gerade in ihr! - seine Genüge finden. Nichtsdestoweniger liegt es im idealen Begriff der Liebe selber, stets eine Dreieinheit zu sein:
ein Aus-sich-sein der Liebe, da sie aus dem Liebenden hervor geht,
ein Zu-sich-sein der Liebe, da sie zu dem Geliebten hin strebt, und
ein In-sich-sein der Liebe, da sie die beiden durch den gemeinsamen Geist der Verbundenheit ineinander verschlingt.
So weit gelangt, tastend, das menschliche Denken, dass aber diesen drei Momenten der Gottesidee auch tatsächlich drei Personen oder, besser gesagt, Überpersonen entsprechen, das vermag nur die Offenbarung des ewigen Gottes Selber kundzutun. Der Vater ist der aus Sich seiende, der Sohn der zu Sich gelangende, der Geist der Sich in Sich bewegende Gott: der Vater ist der Liebende, der Sohn der Geliebte, der Heilige Geist der Geist der Liebe.
Der Vater ist als Vater der überzeitliche Urgrund der Taten des Sohnes und der Ausgangspunkt aller Offenbarungen der Gottheit. (Eph. 1,9.11) Alles, was der Sohn hat, hat Ihm der Vater „gegeben”. (Joh. 5,26; 6,37; Ps. 2,8) Der Sohn ist der vom Vater „Gesandte” (Mt. 10,40; Joh. 3,17; 4,34; 7,16; Gal. 4,4 u. a.), der von Ihm „Ausgegangene” (Joh. 16,27.28; 17,8), ja, die „Gabe” des Vaters an die Welt. (Joh. 3,16; 2. Kor. 9,15) So ist denn der Vater der Ausgangspunkt, der Sich aus Sich bewegende Gott.
Wenn aber der Vater als dieser Urgrund alles dem Sohne „gegeben” (Joh. 5,26), ja alles „für” den Sohn erschaffen hat (Kol. 1,16), so dass Dieser der „Erbe aller Dinge” ist (Hebr. 1,2), dann ist der Sohn in der Gottheit dasjenige Ich, zu Dem die Tätigkeiten des Vaters hin gelangen, also der zu Sich seiende Gott.
Der Geist ist dann der Sich in Sich bewegende Gott, der gleicherweise vom Vater (Joh. 14,16; Gal. 4,6) wie vom Sohne ausgeht (Joh. 16,7; Apg. 2,33) und darum sowohl „Geist Gottes” (Röm. 8,14) als auch „Geist des Sohnes” genannt wird (Röm. 8,9; Gal. 4,6), also in gleichem Verhältnis zum Vater und zum Sohne steht.
Drei Überpersonen und doch ein Gott, Hervorgehen aller Taten des Sohnes aus dem Vater und doch ewige Anfangslosigkeit wie Er, Wesensgleichheit mit Gott und doch freiwillige Unterordnung (1. Kor. 15,28), Ursache aller Ursachen und doch Selber unverursacht - wahrlich hier sind Geheimnisse über Geheimnisse. Hier steht der endliche Geist ewig vor dem Rätsel des Unendlichen. Selbst bis in endlose Ewigkeit gelangt raumzeitliches Denken niemals in die Sphäre der Überräumlichkeit und Überzeitlichkeit Gottes hinein. Denn Gleiches wird nur von Gleichem erkannt, also Gott nur durch Gott. In der Heilsgeschichte aber ist eine wunderbare Tatoffenbarung dieses ganzen, unendlichen Gottes:
Er verklärt Sich vor aller Zeit als der Ursprung der Schöpfung in der Hervorbringung der Welt und der Menschheit als ihrer Krone;
Er verklärt Sich im Ablauf der Zeit als Begründer des Heils im Menschwerden, Sterben und Auferstehen und
Er verklärt Sich am Ende der Zeit als Vollender des Heils in der Beseligung aller erlösten Geschöpfe.
Aber hinter dieser dreifachen Offenbarung Seiner ewigen Liebe steht Er Selbst, der ganze, dreieinige Gott, und zwar so, dass wohl in allen Offenbarungen der ganze Gott wirkt, dass aber beim Ursprung der Vater besonders hervortritt, bei der Erlösung der Sohn und in der Vollendung der Heilige Geist.
Der Vater ist Gott über uns, der Anfang und das Ziel;
der Sohn ist Gott bei uns, der ewige Mittler;
der Geist ist Gott in uns, der Verklärer und Vollender.
So aber wird die Heilsgeschichte eine dreifache Tat des dreieinigen Gottes und damit zugleich eine persönliche Selbstentfaltung des Ewigen.
Auch in der Wiedergeburt des einzelnen ist der ganze Gott wirksam: er ist geboren aus Gott dem Vater (1. Joh. 4,7), auf Grund des Werkes des Sohnes (1. Petr. 1,3), durch die Wirksamkeit des Heiligen Geistes. (Joh. 3,5-8)
„Sehet, welch eine Liebe uns der Vater gegeben hat, dass wir Kinder Gottes heißen sollen!” (1. Joh. 3,1)
Ihm aber, „dem Könige der Zeitalter, dem unverweslichen, unsichtbaren, alleinigen Gott, sei Ehre und Herrlichkeit von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.” (1. Tim. 1,17)
Er. Sr.
Zusätze des Schriftleiters
Der Verfasser dieser kostbaren Antwort schreibt in seinem Begleitbrief: „Ist Dir die Antwort zu lang oder stimmst Du manchem nicht bei, so kannst Du kürzen. Es lässt sich andererseits ja auch noch unendlich viel hinzufügen. Vieles müßte noch mehr begründet werden.” - Nun, ich habe nichts gekürzt, das durfte ich schon nicht wagen, um die Einheitlichkeit der Antwort nicht zu stören, aber ich würde es auch nirgends für nötig ansehen zu kürzen. Freilich - zum Erweitern lässt die Antwort Raum genug. Dennoch möchte ich nicht viel schreiben, um nicht ein „Buch” hinzuzufügen! Jedoch sei eins gesagt: Gerade solche „christologischen” Fragen scheinen mir sehr wichtig, und ich habe in den „Handreichungen” mich öfter mit solchen befaßt. Ich darf da u. a. erinnern an den Aussatz über „Seine Armut” in Jahrbuch 6; ferner an die über den „Sohn des Menschen” in Jahrbuch 6 und an die über Gal. 4,4 („Geboren von einem Weibe, geboren unter Gesetz”), in Jahrbuch 11, wo ich auch eingehend über Gegenstände vorliegender Frage schrieb, u. a. Aber auch andere Mitarbeiter haben sich in ähnlichen Aufsätzen über diesen köstlichen Gegenstand geäußert, so z. B. in Jahrbuch 9 über Mt. 11,27 (O. v. Br.); „Der Eingeborene und der Erstgeborene”, Jahrbuch 10 (Gr.), usw. Öfter hat auch Br. A. v. d. K. hierüber geschrieben, doch fehlt der Raum, um auf alle diese Aufsätze hinzuweisen. Nur noch einige Fragen führe ich an, die man nachlesen wolle im Blick auf oben berührte Gegenstände, u. a. auch die „Dreieinheit”: Jahrbuch 18/11 (Er. Sr.); Jahrbuch 1/10; 6/17 (K. O. St. †!); 13/22 (F. Kpp.); 9/4 usw. Auch Th. K. u. F. Btchr. schreiben über solche Dinge.
Solche Fragen nach der Person des Sohnes sind nicht selten, da ja dem Fürsten der Finsternis nichts wichtiger sein kann, als den Sohn anzutasten. Gelingt ihm dies, dann macht er es dem sich verführenlassenden Menschen unmöglich, errettet zu werden, steht und fällt unsere Errettung doch mit unserer Stellung zum Sohn (Joh. 3,16 u. a.), und außerdem unterbindet der Feind damit auch das Lob, die Ehre des Sohnes, was ihm vielleicht noch wichtiger ist als das Nichtgerettetwerden der Menschen. Über nichts aber wacht der Vater so eifrig, eifersüchtig, wie über die Ehre des Sohnes. (Joh. 5!)
Vor mir liegt eine eben heute angekommene neue ähnliche Frage, die einen Zweifel verrät - nicht an der Ewigkeit des Sohnes Gottes, aber an der Berechtigung des Sohnestitels von Ewigkeit. Der Fragende weiß nicht, ob man vom „ewigen Sohne” reden darf. Nun, der Ausdruck steht wohl so nicht in der Schrift, aber die Tatsache, dass Er immer von Ewigkeit zu Ewigkeit der Sohn ist - „der Sohn Gottes” heißt Er als Mensch nach Lk. 1,35! -, die Tatsache wird in der Schrift so überaus deutlich bezeugt, dass ein Zweifel daran schon gefährlich ist, wenn er nicht gar schon auf einen Angriff des Feindes schließen läßt. Ich denke, dass obige Antwort dem Fragenden hilft. Und im übrigen sagen doch fast alle Stellen vom „Sohn” (zu unterscheiden vom „Sohn Gottes”), auch insbesondere die 5, die vom „eingeborenen Sohn” reden (Ev. Joh. 1,14.18; 3,16-18; 1. Joh. 4,9), dass Er stets der Sohn war. Wenn Er nicht stets der Sohn war, der in des Vaters Schoß ist (vgl. meinen Aufsatz über Gal. 4,4 oder Fußnote von Br. A. v. d. K. Jahrbuch 10, S. 168!), dann war der Vater einst auch nicht „Vater”, sondern es hatte einen Zeitpunkt geben müssen, an dem Er es geworden wäre. Grenzt das nicht an philosophische Irrlehre? (Gnostizismus, Bibelforscher sprich: -fälscher!)
Einige Stellen aber zeigen die gleiche Tatsache deutlich dem Nachdenkenden, so Joh. 8,35.54.59; Hebr. 1,1-5.8 (Spr. 8,30 [vgl. Jahrb. 9/4; Antworten von N. R...y; K. O. St. † u. mir]); Joh. 5! Hebr. 7,28; 13,8; Jes. 9,6 („Vater der Ewigkeit”)!! u. a. Er ist uns geoffenbart als der Sohn von Ewigkeit her, aber wie das Wort „Dreieinheit” nicht buchstäblich in der Schrift steht und gleichwohl die Tatsache der Dreieinheit unbedingt feststeht (und nicht nur für den Glauben, sondern auch für den bibelgebundenen Verstand!), so mag vielleicht, wie schon gesagt, der Ausdruck „der ewige Sohn” aus keiner Übersetzung hervorgehen, aber die Tatsache steht fest. Und sollte, wenn vom „ewigen Geist” die Rede ist (Hebr. 9,14), der Sohn gewissermaßen weniger ewig sein?! Aber mehr: Die Schrift zeigt uns den „Schoß des Vaters” als den Platz der vertrauten Gemeinschaft zwischen Vater und Sohn: Den Sohn etwa nicht als ewig ansehen hieße das Liebesband zwischen Vater und Sohn zerreißen oder es erst angeknüpft werden lassen in der Zeit! Aber „Gott ist Liebe” (1. Joh. 4,8.16), und zwar von Ewigkeit her (oder etwa nicht?!), und der Gegenstand Seiner Liebe war (ist und bleibt in erster Linie) der Sohn. Wenn der Sohn nicht von Ewigkeit her ist, dann die Liebe auch nicht. Zur Liebe aber gehören nicht nur zwei, sondern drei, wie oben in Antwort A so schön gezeigt ist, zum mindesten aber zwei. Woher wüßten wir, was Liebe ist, wenn wir sie nicht in jenem Urbild sähen?!
Ich habe diese Frage hier mit gestreift, um dem Bruder, dem an einer schnellen Antwort gelegen ist, gleich mitzudienen, da diese Frage ja mit in den Rahmen der vorliegenden Frage paßt. - Noch einmal aber erinnere ich daran, dass „der Sohn” und „der Sohn Gottes” - beides nur auf Jesus Christus bezüglich - in der Schrift unterschieden sind. „Sohn Gottes” heißt Er während Seines Menschseins (Lk. 1,33), und als „Sohn Gottes” ist Er durch Totenauferstehung erwiesen (Röm. 1,4), aber „der Sohn” heißt Er in Seinen ewigen Beziehungen zum Vater und in Seiner ewigen Wirksamkeit. (Vgl. Hebr. 1,1-5 u. a.) Neben „Sohn Gottes” tritt dann noch „Sohn des Menschen”.
Wenn nun in unserer Frage der Wunsch nach Hilfe geäußert wird, wie der Fragende seinen Freunden nachweisen könne, dass der Herr Jesus nicht nur Gottes Sohn, sondern Gott Selbst, d. i. = „direkt Gott” (Er. Sr.), ist, so glaube ich, ist darauf zu antworten: Sind die Freunde gläubig? Wenn nicht, und das scheint fast so, dann gilt hier doch 1. Kor. 2,12-14 (vgl. Jahrbuch 15, Frage 6!). Es ist meines Erachtens kaum anzunehmen, dass ungläubige, wenn auch religiöse Leute, diese tiefen Dinge über Christus begreifen und sich zu eigen machen können; es ist aber auch nicht nötig, dass sie dieses vor ihrer Bekehrung richtig auffassen und annehmen. Gläubig müssen und können sie werden an den eingeborenen Sohn Gottes, ohne die Tiefe Dessen zu erfassen, der ihnen gepredigt wird als ihr Sünderheiland, „der Heiland der Welt”. (Joh. 4,42) Kamen sie zu Ihm, entstand durch das Hören der „frohen Botschaft” von Ihm in ihnen Glauben (Röm. 10) - denn das Wort schafft Leben! -, dann wird der Geist sie nach und nach in die ganze Wahrheit über den Sohn einführen (Joh. 16); aber es ihnen, wenn sie diesen Geist noch nicht haben, beweisen, das dürfte sich als unmöglich zeigen. Doch soll nicht verkannt werden, welch eine Überzeugungskraft darin auch Ungläubigen gegenüber liegt, wenn man ihnen gleichsam die absolute Totalität des Christentums, der Lehre von Christus und ihren Folgen, zeigen kann, indem man ihnen ohne Zaudern bezeugt: „Ja, Christus Jesus ist über allem Gott, gepriesen in Ewigkeit”. (Röm. 9,5) Er ist „der wahrhaftige Gott und das ewige Leben” (1. Joh. 5,20), und die Schrift bezeugt aufs klarste: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott” (d. i. 1. ewiges Dasein des Wortes = Christus n. V. 4 u. 14! 2. ewig Gott nebengeordnet; 3. ewig Gott gleich oder selbst Gott!) (Joh. 1,1) usw. Und wenn wir den Zuhörern bezeugen können, dass wir in unserem Glauben keine Schwierigkeit haben, das ganze Wort Gottes, die ganze Heilige Schrift anzunehmen und vor allem auch das, was sie sagt über den „Sohn Seiner Liebe” (Kol. 1,13), an dem Er, Gott, Wohlgefallen gefunden hat (Mt. 3), dann helfen wir „suchenden Seelen” mehr als mit langatmigen theologischen Erklärungen, für die ihnen jegliches Verständnis mangelt. „Die Wahrheit wird - freimachen!” (Joh. 8,32)
Bekennen sich die „Freunde” aber als gläubig, dann wäre noch zu vermuten, dass sie durch die Irrtümer irgendwelcher christologischer Irrlehren in Zweifel geraten waren, und dann kann ihnen nur eins helfen: Zurück zum einfachen, kindlichen Glauben an die Schrift! In solchen, aber auch in ersteren Fällen wird sich die Anwendung und Beugung unter Joh. 7,17 empfehlen: ein oft erprobtes, bewährtes Mittel aus dem Munde des HERRN Selbst!
Ich schließe meine „Zusätze”, die sich sozusagen zu einer „Antwort” ausgewachsen haben, mit der Bitte an die teuren Leser, dass sie (wie ich) mehr und mehr sich mit der kostbaren Person des HERRN beschäftigen möchten. (Joh. 5,39) Kein Gegenstand ist so köstlich, so befriedigend - man denke: da sieht man ganz und gar von sich, von Menschen im Fleisch, von unseren Schwächen und Gebrechen usw. ab! -, so herzerquickend und belebend, so auferbauend wie dieser, d. h. wie Er! Und ich glaube auch sagen zu dürfen: Auf keine andere Weise, durch kein anderes Mittel werden wir das, was wir sein möchten, oder kommen wir so in einen praktischen geheiligten Zustand hinein, wie wir ihn alle doch so sehr ersehnen, wie durch die innige Beschäftigung mit Ihm und Seiner Schönheit, Seiner Herrlichkeit! 2. Kor. 3,18!
lasst uns Ihn „betrachten”, bewundern, anbeten - wir werden dadurch immer mehr „reich in Gott”!
Hochgelobt und verherrlicht sei Sein kostbarer Name! „Das Wort ward Fleisch und zeltete unter uns!” (Joh. 1,14) Dank und Preis sei Ihm in Ewigkeit!
F. K.