Jesus Christus gescholten und nicht wieder schalt

In 1. Petrus 2, 23 lesen wir, dass der Herr Jesus Christus gescholten wurde und nicht wieder schalt. Wie oft lesen wir davon? Bitte um möglichst ausführliche, wenn möglich vollständige Antwort mit Nennung der Namen, der Örtlichkeiten, der Bibelstellen usw.

Sündige Menschen haben es oft gewagt, den Herrn Jesus Christus, den vollkommenen Sohn Gottes, der ihnen doch die Gnade Gottes verkündigte und viel Güte und Liebe erwies, zu schelten und Ihm Vorwürfe zu machen, weil Er nicht handelte und redete, wie es ihnen passte. Wenn wir, nicht bloß auf das Wort "schelten" abstellend, die nachfolgenden Schriftstellen betrachten, sehen wir, dass die Heilige Schrift eine ganze Anzahl Begebenheiten in sich birgt, bei denen der Herr von den Menschen Schelte und Vorwürfe empfing. Oft zwar handelt es sich nicht eigentlich um ausgesprochene Scheltworte, aber vor dem Auge des allwissenden Herrn sind auch unausgesprochene Gedanken soviel wie laut gesprochene Worte.

Vor allem waren es die Pharisäer, Schriftgelehrten und Priester, die Obersten des Volkes gewesen, die dem Herrn immer wieder etwas vorzuwerfen wussten. Sie warfen Ihm vor, dass Er, im Hause des Zöllners Levi-Matthäus mit Zöllnern und Sündern umging (Mt 9,11; Lk 5, 30) und unterwegs mit ihnen sprach (Lk 15, 1.2), und dass Seine Jünger am Sabbat unterwegs Ähren pflückten zum Essen (Mt 12,2; Mk 2, 24). Sie machten Ihm Vorwürfe, als Er Dämonen vermöge Seiner Autorität austrieb (Mt 12,24; Lk 11,15); weil Er am Sabbat Kranke heilte bei verschiedenen Gelegenheiten (Lk 13, 14; Joh 5, 10 indirekt); wegen Übertretung gewisser überlieferter Gebote, die Er allerdings nicht anerkennen konnte (Mt 15,1. 2; Mk 7,1-16). In Jerusalem, in Dalmanutha usw. verlangen sie ein Zeichen zu Seiner Legitimation (Mk 8, 10-13); in Kapernaum murrten sie in ihrem Herzen, weil Er gemäß Seiner göttlichen Autorität dem Gelähmten Sündenvergebung zusicherte (Mt 9, 4; Mk 2, 7; Lk 5, 21); desgleichen der Pharisäer Simon in seinem Hause wegen der Sünderin, die zu Ihm kam, und die Leute von Jericho, weil der Herr bei Zachäus eingekehrt war, um dessen Seele zu gewinnen. Die Obersten der Juden schalten Ihn wegen dem geheilten Blindgeborenen (Joh 9, 24-29); ebenso weil Er es geschehen ließ, dass die Kinder Ihn lobten und priesen bei Seinem Einzug in Jerusalem gemäß der Prophezeiung (Mt 21, 16), Ja, sie fuhren Ihn an, mit welchem Recht Er den Tempel gereinigt habe und im Tempel lehre (Mt 21,23; Mk 11,28; Lk 20, 2).

Aber auch das religiöse Volk im allgemeinen schalt Ihn öfter, nannte Ihn einen von einem Dämon Besessenen, einen Samariter, einen Lästerer, weil Er sich Gottes Sohn nannte (Joh 7,20; 8,48; 10,20.33), besonders aber, als sie Ihn wegen der wunderbaren Speisung zum König machen wollten und Er es nicht duldete, sondern zu verstehen gab, sie müssten Ihn als das Brot vom Himmel aufnehmen und zwar als den für sie Gestorbenen. Viele von denen, die bisher Ihm gefolgt waren, verließen Ihn darauf, bitter murrend, Seine Rede sei zu hart zum Annehmen (Joh 6; 41; 60-62). Seine Mitbürger von Nazareth ärgerten sich so an Ihm, dass sie Ihn sogar ermorden wollten, wobei sie auch nicht an Scheltworten gespart haben. Als der Herr vor dem Hohenpriester als Seinem Richter stand und Er sich einmal rechtfertigte, da schalt Ihn ein Knecht und gab Ihm einen Backenstreich (Joh 18, 19-22). Endlich haben sie Ihm vor Pilatus alles Mögliche, alle ihre eigenen Verschuldungen an den Kopf geworfen, obgleich der Richter selber immer wieder Seine völlige Unschuld feststellen musste.

Aber auch Seine damals noch ungläubigen Brüder machten Ihm Vorwürfe, weil Er zuerst nicht an das Laubhüttenfest nach Jerusalem gehen wollte, wenigstens nicht offiziell. Aber auch von denen, die Ihm nahestanden, ja Seinen Allernächsten, hat der Herr oft Scheltworte empfangen, weil sie Ihn nicht verstanden hatten. Einmal lesen wir, wie Seine Eltern Ihn als Zwölfjährigen schelten, weil sie nicht erfassten, warum Er im Tempel, dem Hause Gottes, zurückgeblieben war. Einmal schalten Ihn die Jünger, als ob Er sie verderben lassen wollte, als Er im Schifflein auf dem See während eines wütenden Sturmes einmal ermüdet eingeschlafen war. Petrus aber wies Ihn sogar einmal ernstlich zurecht, als Er von Seinem Todeswege sprach, zwar war es ja in guter, aber falsch verstandener Meinung; der Herr aber erkannte den wahren Urheber des Gedankens hinter ihm, Satan (Mk 8; 32; 33). Dreimal lesen wir von des Herrn Besuch bei den Geschwistern in Bethanien, auch da ging es nicht ganz ohne gewisse Vorwürfe an Seine Adresse ab: In Lukas 10,40 tadelt Martha zwar ihre Schwester, richtet den Tadel aber an den Herrn. Auch ihr Wort, als sie den Herrn empfing, als Er nach Lazarus Tode gekommen war; "Herr, wenn Du hier gewesen wärest, so wäre mein Bruder nicht gestorben", ist gewiss auch in tadelndem Sinne gemeint, weniger aber dasselbe Wort aus dem Munde Marias (Joh 11, 32). Als beim letzten Abendessen bei diesen Geschwistern Maria aus dem Impuls des Herzens ihre kostbare Narde über Jesus ausgoss, tadelte Judas - und ihm nach auch die ändern Jünger - zwar direkt Maria, indirekt aber auch den Herrn, dass Er die Verschwendung ohne Einwendung geschehen ließ. Endlich, als Johannes der Täufer seine Jünger mit seiner zweifelnden Frage zum Herrn sandte (Mt 11, 2-3 und Lk 7,19), war ohne Zweifel auch ein gewisser Vorwurf darin verborgen, warum Jesus nichts von sich hören lasse, noch etwas zu seiner (Johannes) Befreiung tat.

Diese Liste gibt uns eine ernste Belehrung, wie wenig menschlich logische Gedanken dem Herrn gerecht werden, wie wenig wir oft lernen für unsern Weg die Gedanken des Herrn, die eben höhere sind als unsere Gedanken, zu verstehen, denn auch uns passiert oft genug gleiches Versagen. O möchten wir uns mehr bemühen, die göttlichen Gedanken zu erfassen!


Beantwortet von: Adolf Küpfer
Quelle: A. Küpfer - 700 Fragen und Antworten, Frage Nr. 14