Antwort A
Der HERR tritt aus der Verborgenheit eines dreißigjährigen Lebens heraus. Maria musste lernen, dass der von ihr Geborene der Heilige - der Sohn Gottes war. 18 Jahre zuvor hörte sie schon die Worte: „Wußtet ihr nicht, dass Ich in dem sein muß, was Meines Vaters ist” (Lk. 2,49). Nun war die Zeit gekommen, da Er öffentlich auftrat, den Willen Seines Vaters zu tun, wie Er sagte: Der Sohn kann nichts von Sich Selbst tun, außer was Er den Vater tun sieht (Joh. 5,19.20). Sie hatte zu lernen, dass das Band der irdischen Verwandtschaft auf diesem Pfade zurücktreten musste (vergl. auch Mt. 12,48). Am Kreuze zeigt Er ihr zuletzt die gänzliche Lösung dieses Bandes, als Er in so zärtlicher Liebe spricht: „Weib, siehe dein Sohn,” und zu Johannes: „Siehe, deine Mutter.”
Das Wort „Weib” mag in unserer Sprache etwas Unehrerbietiges, Liebloses haben, aber nicht in der Sprache jener Völker und Zeit; und ebenso auch die Worte: „Was habe Ich mit dir zu schaffen.” Diese Redewendung finden wir öfter in der Schrift in dem Ausdrucke des Zurückweisens. Er konnte auf diesem Pfade, den Er jetzt ging, nicht Weisungen der Mutter verbinden mit der Ausführung der Worte und der Werke des Vaters. Wir können sicher sein, der HERR konnte das, was Er Maria zu sagen hatte, nicht in bessere Worte kleiden. Er ist der Meister. Welch ein Segen für uns, wenn auch wir in der Nachfolge Jesu mehr lernen, Fleisch und Blut zurücktreten zu lassen.
v. d. K.
Anmerkung des Herausgebers
Es würde gut sein, wenn wir jetzt noch ein wenig auf die symbolische Bedeutung dieser Geschichte eingehen könnten („Die Mutter Jesu”: im Bilde Israel! u. a. m.), aber es fehlt jetzt an Platz dazu. Bei einer anderen Gelegenheit wird, s. G. w., dieser Seite der Geschichte Rechnung getragen. - Maria musste hier frühzeitig lernen, welcher Platz dem „Weibe” gebührt, und dass sie für den Herrn Jesu, was Seinen Beruf anlangt, nicht Seine Mutter war. „Was ist dir und Mir gemein?” kann man das Wort auch übersetzen, und so verliert es nach unserem Sprachgebrauch an Härte und zeigt doch deutlich die Abweisung einer Gemeinschaft, die nach Beginn von Jesu Berufstätigkeit nicht mehr statthaben konnte. Wie köstlich dann, dass Maria sich zurückweisen läßt, willig und ohne wankend zu werden in ihrer Liebe, während ihr Glaube wohl jetzt erst wirklich in ihrem Herzen Wurzel zu fassen beginnt.
Die Maria der Bibel hat der - einen unbiblischen Marienkultus pflegenden - katholischen Kirche manches zu sagen mit ihrem herrlichen Wort: „Was Er euch saget, das tut!” (V. 5.)