Jesaja 13:9-16 im Zusammenhang

Wie ist in dem doch sonst nicht so sehr schwer verständlichen Zusammenhang von Jes. 13,9-16 der Vers 12 (nach der Elberf. Übers.) zu verstehen?

Antwort

Wenn der Zusammenhang dieser Verse unschwer verständlich ist, dann ist der Sinn des 12. Verses doch noch leichter verständlich. Kostbar ist, was verhältnismäßig selten oder nur mit großen Kosten zu beschaffen ist. Beides trifft auf „pas”, d. i. gereinigtes, gediegenes Gold, und auf „Rethem Ophir”, d, i. Ophirgold, zu. Das gewöhnliche Gold, „sahab”, war nicht so selten. Der Sinn der Stelle ist: Es werden so viele Menschen umkommen, dass die Übrigbleibenden verhältnismäßig so selten sind wie beide Goldarten.

Das Übrigbleiben von Menschen, d. i. Männern, in geringer Zahl wird auch durch andere Vergleiche veranschaulicht. Kap. 4,1: Sieben Weiber hängen sich an einen Mann, dass er sie eheliche, weil die Mehrzahl der Männer durchs Schwert gefallen ist: 3,25. Die Frage macht es aber wahrscheinlich, dass der Zusammenhang des Kapitels doch nicht richtig begriffen wird, sonst würde der Vers verstanden werden. -

Die Weltreichsgeltung Babels, wie sie durch Nebukadnezar entstand, lag zur Zeit Jesajas noch im Schoße der Zukunft. Trotzdem muss Jesaja in den Kapiteln 13-23 seine zehn Gerichtsaussprüche über die Nationen, zuallererst über Babel, und in den Kapiteln 24-27 eine Ergänzung dazu vortragen.

Das ganze wird belichtet durch das Kennwort „Der Tag Jehovas”. (V. 6.9) Nun belehrt uns 1. Thess. 5,2 und 2. Thess. 2,2, dass der Tag Jehovas oder des HERRN nicht kommt, es sei denn, dass der Mensch der Sünde, der Anti-Christus, geoffenbart sei. Dass das in der Mitte der 70. Jahrwoche Daniels geschieht, ist bekannt. Ebenso bekannt ist, dass dies nach Off. 13 in Verbindung mit der letzten Phase des dann neuerstandenen Weltreiches Rom-Babylon geschieht. Als bekannt wird ferner vorausgesetzt, was es um das eine vierfache Nationen-Weltreich Babel-Medo-Persien-Griechenland-Rom-Babylon für eine Bewandtnis hat.

Das Merkwürdige in Jes. 13 und 14 bis Vers 23 ist nun, 1. dass die vorausgeschaute Zerstörung des Babel Nebukadnezars durch die Meder und Perser in Verbindung mit dem heute noch zukünftigen Tag des HERRN gebracht wird; 2. dass die endgültige Wiederherstellung Gesamt-Israels, von dem zur Zeit, da diese Aussprüche Jesajas getätigt wurden, erst die 10 Stämme, Juda überhaupt noch nicht, in die Gefangenschaft weggeführt waren, an den Fall Babels geknüpft wird. Diesen Fall zeigt deutlich an 13,1-5 und 14-22 sowie 14,21-23. Die Sprache von 13,6-13 und 14,3-20 lässt sich aber mit diesem Fall nicht deuten. Solche Aussprüche zeigen vielmehr, daß, weil Israel der Mittelpunkt der Wege Gottes mit den Nationen ist, Er den Abschluß Seiner Wege im Gericht an Israel und den Nationen an dem Tage vollführt, welcher „Der Tag Jehovas” heißt. Sie zeigen ferner an, dass Er auch vor dem offiziellen Beginn dieses Tages Gerichte an den Nationen übt, die auf der gleichen Linie liegen wie die des eigentlichen Tages und darum auch mit dem gleichen Namen belegt werden, so dass wir deutlich unterscheiden können: Die jetzige Zeit der Sammlung der Ekklesia (Gemeinde des HERRN) gehört nicht zu den Wegen Gottes mit Israel und den Nationen. Israels Fall und seine Gefangenschaft in Babel (bis heute) sind direkt mit der Endzeit verknüpft. Wir werden geheimnisvoll zu dem politischen Babylon dieser Endzeit und zu dessen Gericht geführt. Und da stehend ist es ein leichtes, zu begreifen, dass nach dem Wegraffen von Menschen, wie es die Endzeit-Gerichte bringen werden, in den von den Gerichten betroffenen Ländern Eurasiens (Europas und Asiens) Unmassen von Kriegsleuten umkommen, somit nachher Menschen, Männer, etwas Rares sein werden. Vgl. u. a. Jes. 24,6; Hes. 39,4.9.12.17-20; Ps. 110,6; Off. 14,19.20; 19,11-18 und 21.
F. Kpp.

Anmerkung des Schriftleiters

Durch diese deutliche Antwort ist sicher alles klargeworden, was den Fragenden zu seiner Frage bewog. - Aber ich möchte diesem doch noch in etwas das Wort reden. Denn so ganz einfach ist der Zusammenhang von V. 11 und 12 eben nicht für den der prophetischen Sprache nicht Kundigen. In V. 11 wird ernstestes Gericht verkündet, und in V. 12 wird auf einmal davon geredet, dass die Sterblichen kostbar, ja kostbarer als seltenstes Gold gemacht werden sollten? Da ist es doch verständlich, wenn ein weniger Kundiger hier sich verwundert und staunt: Wie kann im Gericht von irgendwelchem Wert der zu Richtenden geredet werden? Ja, wenn es sich um Erlösung handelt, dann ist der Kaufpreis unendlich viel höher im Wert als Gold und Silber (1. Petr. 1,18f.), aber bei Gericht, wenn dem „Tage der Zornglut” (V. 13) preisgegeben, was ist dann schon der Sterbliche, der Mensch, wert?! -

So, denke ich mir, ist die Frage entstanden! Nun aber wird der Fragende einsehen, dass es sich um Menschen handelt, die sozusagen das Gericht überdauern, die nicht hinweggerafft worden sind in den gewaltigen Gerichten, die mit dem Sturz des (zukünftigen) „Babels” der Prophetie zusammenhängen. Ja, da werden die Menschen kostbar sein, kostbarer als alle irdischen Schätze, eben weil ihrer so wenige Hinübergerettete sein werden.

Es liegt, wie ich glaube, also - wie so oft - an der prophetischen Sprache, dass unsere Stelle schwer verständlich schien. Die Sterblichen werden nicht etwa im Gericht so kostbar gemacht, sondern sie werden dann, von jenseits desselben geschaut, kostbar, d. h. wie Antwort A sagt, selten sein. Was für eine gewaltige Zeit wird die des zukünftigen „Tages des HERRN” sein! Wir können uns kaum recht hineindenken noch begreifen, was Gott alles vorhat zu tun. Aber dann wird auch eine andere Stelle, in der das Wort „kostbar” oder „wertvoll” eine besondere Rolle spielt, seine Erfüllung finden, so wenig es heute auch danach aussieht: Jes. 43,3-7: Völkerschaften werden anstelle dieses geliebten Volkes, weil es „teuer, wertvoll” ist in Jehovas Augen, dahingegeben werden! Kaum ausdenkbar, aber in der prophetischen Schau uns als Wirklichkeit dargestellt, weil ein Tun Gottes in der Zukunft Seines Ratschlusses. (V. 8-13.21) Wie wunderbar wird doch diese Zukunft sein, und zwar bei und nach den großen Gerichten! -
Die Ankunft des HERRN ist nahegekommen!” (Jak. 5,8)
F. K.


Beantwortet von: Team Handreichungen
Quelle: Handreichungen - Band 21 (1936)