Zum richtigen Verständnis der alttestamentlichen Stellen über das Buch des Lebens müssen wir uns vor Augen halten, dass die Offenbarung des Alten Testamentes nicht über den Gesichtskreis der Belange Israels hinausgeht. Auch der Begriff des "ewig leben" geht nicht über die Erlangung eines - allerdings ewig während gedachten - Genusses der herrlichen Segnungen und Verheißungen Abrahams hinaus. Ferner ist das Volk Israel schon zum Voraus als Gottes Volk in Abraham erwählt worden. Es wird also in den genannten und manchen ähnlichen Stellen in seiner Gesamtheit als im Buche des Lebens eingeschrieben betrachtet, nicht aber die Nationen. Nun aber ist praktisch das Leben in der alttestamentlichen Haushaltung gemäß der unerbittlichen Forderung des Gesetzes vom Sinai vom Halten dieses Gesetzes, also vom "Tun" abhängig gemacht. Ebenso ist auch der Tod, bzw. der Verlust der Anwartschaft auf den Genuß des Lebens praktisch eine Folge der Übertretung desselben Gesetzes; man geht dadurch des Anrechtes der Einschreibung ins Buch des Lebens verlustig und wird somit wieder aus demselben ausgelöscht. Im Alten Testament wird also der Israelit nicht wie im Neuen Testament schon seiner sündigen Natur wegen als zum Voraus verloren betrachtet. Der Gedanke, dass etwa alle Menschen eingeschrieben seien, kann weder aus dem Alten noch aus dem Neuen Testament begründet werden. Der Name des wiedergeborenen Kindes Gottes steht ohne Frage im Buch des Lebens. Er ist eingetragen auf Grund des Werkes, das Jesus Christus am Kreuze vollbrachte, und kann nicht mehr ausgelöscht werden. Doch gibt es auch ein Buch des Lebens, das an Verantwortlichkeit gebunden ist. Der Charakter dieses Buches des Lebens ist darum auch ein anderer. Man kann aus diesem wieder ausgelöscht werden, analog dem Worte; "So komme Ich dir und werde deinen Leuchter aus seiner Stelle wegrücken, wenn du nicht Busse tust" (Off 2, 5).