Ist die Taufe nebensächlich

Wie ist das Wort 1. Kor. 1,17 zu verstehen, insbesondere, spricht hier Paulus von der Taufe als etwas Nebensächlichem oder gar Wertlosem?

Antwort A

In der Gemeinde in Korinth traten falsche Lehrer auf, die den Einfluß des Apostels zu untergraben suchten. Streitigkeit und Spaltungen entstanden, und man versuchte die hervorragendsten Lehrer unter ihnen, Kephas, Apollos, Paulus, ja selbst Christus zu Häuptern der Parteien zu machen. Diesem Treiben trat Paulus entgegen. Und die Waffe, die er gebrauchte, war die Schrift. Er fragt sie: „Ist der Christ zerteilt? Ist etwa Paulus für euch gekreuzigt oder seid ihr auf Paulus' Namen getauft worden?
Die Jünger des HERRN wurden nach Mt. 28,19 vom HERRN Selbst beauftragt, zu taufen. Paulus aber hatte solchen Auftrag nicht empfangen. Sein Auftrag war die Verkündigung des Evangeliums. Will er damit sagen, dass die Taufe etwas Wertloses, Nebensächliches ist? Sicherlich nicht! Wie könnte er solches! Von verschiedenen Orten des Dienstes des Apostels berichtet uns die Schrift, dass etliche getauft wurden (Apg. 16,15.33; 19,5), also ohne Zweifel in seinem Beisein, wenn die Handlung auch nicht von ihm vollzogen wurde. Die Taufe war das äußerliche Zeugnis der durch den Glauben an Christum empfangenen Gnade. Bekehrung, Buße und Glauben an den Herrn Jesum musste vorangegangen sein. Wenn der Apostel Vers 14 sagt: „Ich danke Gott, dass ich nicht jemand von euch getauft habe, außer ...”, so möchte man daraus wohl entnehmen, dass Paulus berechtigte Bedenken hatte, dass es ihnen in dieser Sache an der rechten Erkenntnis fehle.
F. B.

Antwort B

Wie leicht ist der natürliche Mensch geneigt, seinen menschlichen Maßstab anzulegen und seinen Lieblingsneigungen nachzugehen und sich für den Menschen mit seinen äußeren Gaben zu begeistern, statt in allen Dingen aufs Wort zu merken oder auf Christum zu schauen. So auch hier in Korinth. Man sah Paulus, Apollos, Kephas usw., und statt um Christus, das Haupt, hatte man sich in Einzelgruppen um Menschen geschart. Ein genaues Abbild der Zertrennung in unseren Tagen; nur mit dem Unterschied, dass die Spaltungen heute unheilbar erscheinen. Diesen Schaden erkennt Paulus als wahrer Diener Jesu Christi und wirft sofort die Frage auf: „Ist der Christus zerteilt? Ist etwa Paulus für euch gekreuzigt oder seid ihr auf Paulus' Namen getauft worden?” (V. 13.) Die weitere Schlußfolgerung für Paulus war dann die: Wenn es so unter euch aussieht und die Taufe für euch Selbstzweck wird und gar zu Parteiungen führt, dann danke ich Gott, dass ich niemanden getauft habe außer Krispus und Gajus usw., auf dass nicht jemand sage, dass ich auf meinen Namen getauft habe (V. 16). Apg. 16,15 und 33 sehen wir, wie Lydia und wie der Kerkermeister mit seinem Hause gläubig wird und es für Paulus mit seinem Gehilfen Silas selbstverständlich ist, dass die Taufe vollzogen wird, ebenso bei dem Synagogenvorsteher Krispus (Apg. 18,8) und auch Stephanas, der Erstling aus Achaja (1. Kor. 16,15.16). Klar und deutlich bespricht der Apostel (Röm. 6,3-6) das Wesen der Taufe und setzt dieselbe für jeden Gläubigen als selbstverständlich voraus. Jedoch betrachtet er es nicht als seinen speziellen Dienst, die Taufe zu vollziehen. Seinen speziellen Auftrag setzt er Apg. 26,15-18 auseinander: „den Nationen die Augen aufzutun, dass sie sich bekehren von der Finsternis zum Licht und der Gewalt des Satans zu Gott” (V. 18). So kam es, dass die meisten Gläubigen zu Korinth durch Paulus die Botschaft hörten, aber durch andere Brüder getauft wurden. Doch im Blick auf die Spaltungen und Trennungen, welche sich offenbar machten, tut Paulus diesen Ausspruch. Achten wir darauf, dass wir nicht die Taufe vor das Werk Christi stellen, sonst wird sie zum Dogma, und wir helfen mit an der Zertrennung. Aber ebenso verwerflich ist es, Glauben und Taufe voneinander zu trennen, beide gehören zusammen. (Apg. 2,41.)
Ph. W.

Antwort C

Immer wieder findet man Taufgegner, die sich mit überhebendem Lächeln auf das obige Wort berufen, um mit demselben darzutun, als wäre die Taufe dem Apostel Paulus nebensächlich oder gar wertlos gewesen.

Eine nüchterne, besonnene, vor allem ehrerbietige Prüfung und Erforschung dieses Wortes zeigt uns gerade das Gegenteil.
Unmittelbar vorher (V. 15 u. 16) spricht Paulus davon, dass er Krispus und Gajus getauft habe, ebenso das Haus des Stephanas. Schon aus dieser Feststellung sollte zur Genüge hervorgehen, dass dem Apostel Paulus die Taufe weder nebensächlich noch wertlos war, wenn gleich V. 17 hierzu in scheinbarem Widerspruch steht.
Wie ist dieser scheinbare Widerspruch zu erklären?

Das Verhalten des Petrus in Apg. 10 dürfte hierzu einen Wink geben. Dortselbst verkündigt Petrus im Hause des Kornelius das Evangelium (V. 34-43). Unter dieser Wortverkündigung wirkt der Heilige Geist mächtig, es geschehen Bekehrungen und Wiedergeburten. Damit begnügte sich Petrus nicht als mit etwas Abgeschlossenem, sondern befiehlt, dass sie getauft würden in dem Namen des HERRN.

Daraus erhellt, dass dem Petrus die Taufe außerordentlich wichtig war, so wichtig, dass er nicht erst fragt: Begehrt ihr die Taufe, oder seid ihr reif dazu? wie es heute modern geworden ist zu fragen, sondern kurzerhand den Befehl hierzu erteilt. Hieraus wiederum erhellt, dass Petrus nicht selbst getauft, es vielmehr anderen überlassen hat. Petrus hat das Wort verkündigt, anderen befahl er, zu taufen. Genau so war es bei dem Apostel Paulus, er hat das Evangelium verkündigt, anderen hat er es überlassen zu taufen. Warum wohl?

Apostelgeschichte 6 gibt darüber Aufschluß. Anfänglich verkündigten die Apostel das Evangelium und versahen Diakonendienst, bedienten die Tische (V. 2). Als dies zu Unzuträglichkeiten führte, wählten sie sieben Männer, die das letztere Geschäft, den äußeren Dienst, versehen sollten (V. 3), während die Apostel im Gebet und im Dienst des Wortes verharrten (V. 4).

Bei der Taufe handelt es sich um dieselbe Sache, um einen äußeren Dienst, der von jedem Bruder besorgt werden kann, nicht aber der Dienst am Worte (Jak. 3,1), zu dem besondere Befähigung und Begabung vom HERRN nötig ist.

Unter diesem Gesichtspunkte und in diesem Lichte dürfte der scheinbare Widerspruch sich völlig gelöst haben, die Taufe war Paulus weder nebensächlich noch wertlos, ebensowenig wie Petrus, sondern etwas Selbtverständliches für jeden, der die Neugeburt erlebt und den Herrn Jesus HERR nannte (Mk. 16,16).
Möglich wäre auch, dass Paulus mit Rücksicht auf seinen körperlichen, schwächlichen Zustand, der fast von allen Bibelforschern angenommen wird (2. Kor. 12,7), wenig getauft hat. Dies soll jedoch nur als Möglichkeit ausgesprochen werden.
W. W.

Anmerkung des Herausgebers

Solche Folgerung ist mehr als töricht. Paulus taufte, aber es war nicht seine besondere Aufgabe. Wie wichtig ihm aber die Taufe war, das beweisen uns seine Briefe. Niemand bringt so viele Belehrungen über die Taufe wie Paulus. Auch seine Arbeit in Korinth selbst bestätigt dies. Wenn er auch nicht selbst taufte, so lehrte er doch die Taufe, denn die Korinther, die gläubig wurden, wurden getauft. Er hielt die Ordnung aufrecht, die in der Einsetzung des HERRN und in der Praxis der Apostel gesehen wird und die wir in Korinth nochmals klar niedergelegt finden: die, „welche 1. hörten, 2. glaubten, 3. wurden getauft” (Apg. 18,8). Seine Lehre war, dass die Taufe das Begräbnis des Gestorbenen sei. Und wie im Reiche der Welt nur Gestorbene begraben werden, so auch im Reiche Gottes. Die Schrift kennt weder eine „Groß-” noch eine „Kleintaufe”, wohl aber eine Taufe der Gläubigen.

Er erwähnt nur drei mit Namen, die er getauft habe, das sind Krispus, der an den HERRN glaubte mit seinem ganzen Hause, sodann Gajus und schließlich noch das Haus Stephanas. Dieses gehörte zu den Erstlingen, somit zu jenen Korinthern, die, nachdem sie gläubig wurden, sich taufen ließen und an denen die in Korinth gehandhabte Ordnung und Reihenfolge vollzogen wurde. Von diesem gläubigen Hause lesen wir später (1. Kor. 16,15), dass sie sich selbst zum Dienste der Heiligen hingaben.


Beantwortet von: Team Handreichungen
Quelle: Handreichungen - Band 5 (1917)