Antwort A
Gott redet zu den Menschen so, wie sie es verstehen können. Dazu benutzt Er vielfach Bilder aus dem menschlichen Leben. Ein solches Bild ist es auch, wenn Er in Beziehung zu unserem HERRN von einer „Braut” spricht.
Das Wort „Braut” deutet das Vorhandensein eines innigen Verhältnisses der Liebe an und zugleich das Bestehen einer Verbindung, die aber noch der Vollendung entgegensieht. Sicherlich gehört die Braut ganz und völlig dem Bräutigam ihrem Herzen und ihrer ganzen Person nach, aber noch ist die äußerliche Vereinigung nicht erfolgt, noch teilt sie nicht den Platz mit ihm. Letzteres ist erst von der Hochzeit an der Fall. - Eine besonders liebliche und vollkommene Darstellung des Brautverhältnisses, gekennzeichnet durch gegenseitige innigste Zuneigung und Hingabe, ist uns gegeben in dem „Lied der Lieder”, dem herrlichen Hohenliede.
Ein solches Brautverhältnis besteht ohne Frage gegenwärtig zwischen der Versammlung oder Gemeinde und dem HERRN. Dieses ist wunderbar zutreffend vorgebildet in der Rebekka, durch den Knecht Abrahams für dessen Sohn Isaak geworben und auf dem Wege zu ihm durch die Wüste, geführt durch den treuen Knecht, der ihr von ihm erzählt, für den sie sich entschieden und dem sie sich anvertraut hat für immer, obgleich ihr Auge ihn noch nicht gesehen hat (1. Mose 24). Eine Andeutung dieses Verhältnisses finden wir auch in 2. Kor. 11,2.3, während in Eph. 5,22-33 das Wort weiter geht und die Versammlung oder Gemeinde als das „Weib” betrachtet - dies spricht von einem vollendeten Zustande -, weil es sich dort um das Untertansein des Weibes, beziehentlich der Gemeinde einerseits (V. 22-24) und die Liebe des Mannes, beziehentlich des HERRN zu ihr andererseits (V. 25-28) handelt. Zugleich ist in dieser Schriftstelle an der Hand des gebrauchten Bildes das wunderbare Verbundensein oder Einssein des Weibes mit dem Manne, beziehentlich der Versammlung oder Gemeinde mit dem HERRN hervorgehoben (V. 29-32).
Ebenso redet aber das Wort Gottes - und zwar im Alten Testamente - von Israel als Braut; siehe Ps. 45,9b-11; Jes. 54,5-7; 62,4.5; Hos. 2,19.20. Auch das schon erwähnte Hohelied, dieses wunderbare Lied der Liebe, bezieht sich zunächst auf Israel.
Was die „Hochzeit des Lammes” in Off. 19,7-9 und das „neue Jerusalem” - „von Gott bereitet wie eine für ihren Mann geschmückte Braut” (Off. 21,2), „die Braut, das Weib des Lammes” (21,9) - betrifft, so sind die Auslegungen darüber sehr verschieden. Die einen sagen, es sei die Gemeinde, andere, es sei Israel, und wohl noch andere, es sei beides. Aus verschiedenen Schriftgründen ist mir persönlich bis jetzt keine dieser Auslegungen befriedigend, und ich warte noch auf Klarheit vom HERRN darüber. Das aber erscheint mir gewiß auf Grund des Wortes, und dahin möchte ich meine vorstehenden Darlegungen zusammenfassen:
Gegenwärtig ist die Versammlung oder Gemeinde die Braut des HERRN, die Er bald verherrlicht dort einführen wird, wo Er ihr die Stätte bereitet hat. Ihr Teil ist himmlisch, ihr Platz in der Herrlichkeit. Sodann tritt Israel hienieden an ihre Stelle. Dasselbe wird dann auf Ihn warten und nach Ihm sich sehnen, um dann, wenn Er kommt, eingeführt zu werden in die verheißenen Segnungen des Tausendjährigen Reiches. Israel ist die Braut Christi für diese Erde. Ihr Teil ist irdisch, ihr Platz auf dieser (dann wiedergeborenen) Erde.
Preis und Dank sei unserem Gott und Vater und unserem Heilande und HERRN für alle die Liebe und Gnade, die in diesem Gegenstande vor den Augen unseres Herzens enthüllt ist, Dank für das herrliche Teil, das uns geschenkt ist!
Th. K.
Antwort B
Wie uns Petrus in seinem Brief (1. Petr. 2) die Gemeinde als das geistliche Haus und den Herrn Jesus als den Eckstein zeigt, so zeigt uns in gleicher Weise der Epheserbrief die Gemeinde als Leib. Aber wir sind nicht als Einzelwesen errettet, Christus starb, um die zerstreuten Kinder Gottes in eins zu versammeln. So sind wir einerseits alle Glieder Seines wunderbaren Leibes (Eph. 5,30), unauflöslich mit Christus, dem Haupte, und miteinander als Glieder verbunden (1. Kor. 12,13). Diese Wahrheit von dem einen Leibe war ein Geheimnis (Eph. 3,4.5). Es war das Geheimnis des Willens Gottes, alles unter ein Haupt zusammenzubringen. Christus sollte als Haupt über alles nicht allein sein. Die nach dem Vorsatz Gottes Zuvorbestimmten, die Braut, das Weib des Lammes, sollten in Ihm ein Erbe erlangen und mit Ihm alles teilen (V. 6). So sehen wir, dass die Gemeinde der Leib genannt wird, und dieser Leib ist auch das Weib (Eph. 5,29-33). Wenn uns nun im Alten Bunde ebenfalls die Bezeichnung Israels als Braut begegnet, so dürfen uns solche Stellen nicht irre machen, denn diese Benennung gilt für Israel als das Volk Seiner Wahl auf Erden mit zeitlichen Segnungen. Zu jener Zeit, wo der HERR Seine Gemeinde entrückt, hat sich Israel noch gar nicht bereitet, folglich kann es nicht die Braut im neutestamentlichen Sinne sein. Während nun einerseits aller derer, die den Herrn Jesus nicht lieb haben, bei Seinem Kommen eine gerechte Vergeltung wartet, so liegt andererseits in dem Kommen des HERRN der süßeste Trost für diejenigen, die Sein Erscheinen lieb haben. Dies ist auch sehr einleuchtend, und hieraus verstehen wir auch am besten, wer die Braut sein muß. Dies Bild der Braut darf weder mit dem kommenden Reich Gottes verwechselt werden noch schließt es die alttestamentlichen Heiligen in sich, denn die Gemeinde wurde erst gegründet, nachdem Christus gekommen war (Mt. 16,18). An Pfingsten begann sie (Apg. 2), und bei der Entrückung wird sie vollendet sein (1. Thess. 4,17). Sie ist gleichsam eine Einschaltung in Gottes Handeln mit dem Volke Israel. Während dies seines Unglaubens wegen ausgebrochen wurde, hat der HERR die Gemeinde eingepfropft (vergl. Röm. 11!). Johannes der Täufer, als der letzte Vertreter des Alten Bundes, ruft aus: „Der die Braut hat, ist der Bräutigam; der Freund des Bräutigams aber, der da steht und ihn höret, ist hocherfreut über die Stimme des Bräutigams; diese meine Freude ist nun erfüllt” (Joh. 3,28.29). Ferner sagt uns der Prophet Maleachi Kap. 4,2, dass aufgehen wird für Israel „die Sonne der Gerechtigkeit mit Heilung in ihren Flügeln”; im Gegensatz hierzu wird uns in Off. 22,16 bezeugt: „Ich, Jesus, habe Meinen Engel gesandt, euch diese Dinge zu bezeugen in den Versammlungen. Ich bin die Wurzel und das Geschlecht Davids, der glänzende Morgenstern.” Nun geht aber dem Sonnenaufgang das Aufgehen des Morgensternes voraus, und zwischen der Zeit, wo der Herr Jesus als der glänzende Morgenstern kommt, und der Stunde, wo Er als die Sonne der Gerechtigkeit erscheinen wird, werden Gerichte die Erde heimsuchen, denen die Gemeinde entrückt ist. Wir sehen hieraus, dass die Braut in der Offenbarung himmlisch ist, denn nur sie ruft täglich: „Komm!” (Off. 22,16.17.) Auch ist die Hochzeit nicht auf der Erde, wo Israel wohnt, ebenso ist die Braut nicht auf der Erde, vielmehr sie kommt vom Himmel herab mit dem Herrn Jesu (Off. 21,10). Und wenn uns Off. 19,7.8 gesagt wird: „Die Hochzeit des Lammes ist gekommen, und Sein Weib hat sich bereitet. Und es ward ihr gegeben, dass sie gekleidet sei in weiße Leinwand, glänzend und rein, denn die feine Leinwand sind die Gerechtigkeiten der Heiligen”, so sehen wir, dass Off. 21,10 nicht für Israel gelten kann, sondern für ein Volk oder eine Gemeinde, welche schon zubereitet ist. Demnach kommt der Herr Jesus mit Seiner schon geschmückten und schon bereiteten Braut vom Himmel herab zu Seinem noch nicht bereiteten Volke Israel. Diese bildlichen Bezeichnungen für unsere innigen und bleibenden Beziehungen zu Christo sollen uns ermuntern, auszuharren und zu wachsen an Christo, dem lebendigen Haupte, aus welchem der ganze Leib wohl zusammengefügt und verbunden ist usw. (Eph. 4,15-17). Christus als das Haupt und die Gemeinde als der Leib bilden gemäß Eph. 4,13 zusammen einen vollkommenen Mann (Mt. 19,4-6 und Eph. 5,31). Darum wird die Gemeinde ermahnt, den Heiligen Geist nicht zu betrüben, mit welchem sie versiegelt ist auf den Tag der Erlösung (Eph. 4,30), und mit den Worten 5,1-21, um verherrlicht dargestellt zu werden, ohne Flecken und Runzel, heilig und tadellos (Kap. 5,26.27). In V. 30 und 31 sehen wir, wie Leib und Weib als eins gekennzeichnet werden. Danach fährt Paulus fort Kap. 5,32: „Dieses Geheimnis ist groß; ich aber sage es in bezug auf Christum und auf die Versammlung.” Hier wird die Ehe vollendet. Braut und Bräutigam kommen zusammen. Kann es noch etwas Klareres und Köstlicheres geben als diese Linien der Schrift? In ihnen haben wir durch den Heiligen Geist ein Unterpfand, einen Vorschmack der himmlischen Freude. Wenn wir aber den Unterschied zwischen Gemeinde (Braut) und Reich (Israel) verwischen, so verlieren wir die lebendige Hoffnung dieser Wahrheit. Der HERR wird nicht über die Gemeinde herrschen, sondern sie soll mit Ihm herrschen (2. Tim. 2,12).
Ph. W.
Antwort C
Für diese Frage kommt besonders Off. 21 in Betracht. Die Meinungen teurer und schriftkundiger Brüder gehen über diese Frage auseinander. Alle stimmen überein, dass in Joseph, Mose und Boas, welche sich Weiber aus den Heiden nahmen, uns Vorbilder von der Erwählung aus den Nationen gegeben sind; und ebenso, dass die Ehe das Bild des innigen Verbundenseins der Gemeinde mit Christo ist. Etwas anderes aber ist es: Was bedeutet: „Komm her, ich will dir die Braut, das Weib des Lammes zeigen” (Off. 21,9)? Ist mit der Braut das Weib, Israel oder die Gemeinde gemeint?
1. Die Vertreter der Meinung, dass Israel die Braut sei, erblicken ein wichtiges Merkzeichen für ihre Auffassung darin, dass in Verbindung mit der Braut von Christum als dem Lamm geredet werde: „die Braut, das Weib des Lammes”. Sie sagen, dieser Titel sei jüdisch, er verweise auf das Passah und auf die Opfer. Johannes der Täufer, dessen Mission rein jüdisch war, weist das Volk Israel auf das Lamm Gottes hin. Der Titel „Lamm Gottes” wird nicht in den Briefen gefunden; er erscheint erst wieder in der Offenbarung. 1. Petr. 1,19 ist an Juden geschrieben. Der Ausdruck „Lamm” ist dort bildlich „als eines Lammes”, während der HERR mehr als zwanzigmal in der Offenbarung als „das Lamm” erscheint.
Die Braut ist das Weib des Lammes. Jedenfalls eine Verbindung mit Jes. 62,5 und Jes. 61,10. Rebekka ist ein Vorbild von dem Weibe des Lammes. Im Gegensatz zu den heidnischen Weibern Josephs, Moses und Boas durfte Isaaks Weib nicht von den Kanaanitern genommen sein. Israel wird in der Zukunft die beiden Charaktere des Weibes und der Braut verbinden: Als Weib, weil es längst zuvor erwählt, geliebt und als Volk mit Jehova vermählt war; als Braut, weil es erneuert und geläutert in bräutlicher Liebe vor Ihm steht.
Die Gemeinde ist der Leib Christi, die „Stadt” (Off. 21,2) aber ist nach Jes. 60,14.18-20 Israel. Nirgends finden wir in den Briefen die Gemeinde als Stadt noch als Jerusalem. Als Tempel wird die Gemeinde gesehen; aber Off. 21,22 sagt, dass kein Tempel in der Stadt ist. Jerusalem droben wird unsere Mutter genannt (Gal. 4,26), weil wir das Wort Gottes, durch das wir neugeboren, von ihr empfangen haben. Sie kommt aus dem Himmel, um das Licht der neuen Erde zu sein, während die Gemeinde himmlisch ist und keine irdische Wohnstätte.
Die Mauern der Stadt weisen ebenfalls auf die Mauern der Umzäunung Israels hin, die jetzt zwar abgebrochen sind (Eph. 2,14), aber zu jener Zeit wieder gefunden werden, und die uns das Volk abgesondert von den Nationen zeigen. Und jedes Tor trägt den Namen eines Stammes Israels, welches zeigt, dass die Stadt Israel ist, da die Gemeinde keine Stämme hat.
Die Grundlagen der Mauern tragen die Namen der zwölf Apostel „des Lammes”. Wenn die Stadt die Gemeinde wäre, so dürfte der Name des Apostels der Gemeinde, Paulus, auf der Grundlage nicht fehlen. Der Geist und die Braut rufen: „Komm!” das heißt: heute ruft der Geist und an einem späteren Tage wird die Braut (Israel) rufen: „Komm!”
2. Diesen Auffassungen gegenüber steht die Meinung jener, die sagen, dass die Braut die Gemeinde sei, und diese Auffassung drückt auch meine Überzeugung aus.
Zunächst ist es wichtig, zu beachten, dass „Braut” und „Weib” Bilder sind, die die innige Verbindung der Gemeinde mit Christo ausdrücken. Wenn nach 2. Kor. 11,2 die Hingabe und Reinheit der Gemeinde wie die einer Braut sein soll, so hat das Bild doch nur einen Wert, wenn dem Brautstand auch die Vermählung folgt. Aus Ephes. 5 lernen wir, dass Christus Seines Leibes Heiland ist (etwas, was von dem Manne nicht gesagt werden kann), und dann, dass Er die Gemeinde geliebt und Sich Selbst für sie hingegeben hat, ... auf dass Er Sich Selbst die Gemeinde verherrlicht darstellte. Adam konnte nichts tun, um sein Weib zu erlangen, aber Christus gab Sich Selbst für sie und will sie Sich verherrlicht darstellen - ohne Flecken oder Runzel. Hat die Gemeinde kein Recht, nach diesem Tage ihrer Darstellung als Sein Weib, als mit Ihm verbunden auszuschauen? Gott „baute” im Anfang ein Weib und brachte es zu Adam, und sie wurden zu einem. Das, was dort geschah, ist ein Vorbild von Christus und der Gemeinde (Eph. 5,32). Das Vorbild: Adam und Eva im 1. Buch Mose - und die Vollendung Christus und Sein Weib am Schluß der Offenbarung!
So verschieden auch von der Gemeinde geredet wird, sei es als Ackerfeld, als Bau, als Haus, als Tempel, als Leuchter usw., so vermissen wir bei diesen doch etwas, nämlich die Seite der Liebe. Diese findet ihren vollen Ausdruck in dem Bilde der Gemeinde als Braut und Weib des Lammes. In allen anderen finden wir Verantwortlichkeit - Wirksamkeit des Geistes - Rechte des HERRN usw. Auch in dem köstlichen Bilde der Gemeinde als Leib - als Glieder des Hauptes - finden wir wohl Einheit und Abhängigkeit, aber von der Liebe der Glieder zum Haupte kann nicht geredet werden. Die Seite der Liebe und die Entfaltung der Herrlichkeit Gottes finden wir in der Gemeinde als der Braut, dem Weibe des Lammes.
Warum soll eine Schwierigkeit darin liegen, von der Gemeinde als in Verbindung mit dem „Lamme” zu reden? Hat die Gemeinde nichts mit dem „Lamme” zu tun? Starb Er nicht am Schlachttage des Passah, um die zerstreuten Kinder Gottes in eins zu versammeln, und sagt nicht Paulus der Gemeinde in Korinth: Auch unser Passah, Christus, ist geschlachtet? (1. Kor. 5,7.) Und mit wem verbindet Johannes der Täufer das Lamm, mit Israel oder mit der Welt? „Siehe, das Lamm Gottes, welches die Sünde der Welt wegnimmt” (Joh. 1,29). Wenn das Lamm vor unserer Seele steht, so gehen unsere Gedanken sofort nicht nach Israel, sondern nach Golgatha, wo Er als der Verworfene wie ein Lamm zur Schlachtbank geführt wurde, und die Braut des „Lammes” ist die mit dem Verworfenen und Geschlachteten Verlobte (2. Kor. 11,2).
Wenn das Lamm„jüdisch” ist, dann kann man auch sagen, die Vorbilder, das Blut, der Hohepriester usw. seien jüdisch. Aber dem Lamme wird das Jubellied gebracht: „Du bist geschlachtet und hast für Gott erkauft durch Dein Blut aus jedem Stamm und Sprache und Volk und Nation” (Off. 5,9).
Ebenso ist es mit der „Stadt”. Ich finde keine Schwierigkeit darin, dass der Ausdruck „Stadt” in den übrigen Briefen nicht gefunden wird. Die Schreiber wurden vom Heiligen Geiste inspiriert, uns von verschiedenen Gesichtspunkten aus die Gemeinde zu zeigen. Wenn Paulus auch in anderen Weisen als Johannes von der Gemeinde spricht, so ist doch völlige Harmonie da. Wenn von uns als „Schafen”, als „Brüdern”, als „Gliedern Christi” gesprochen wird, wird dadurch, wie man sagt, die Harmonie gestört? Paulus spricht im ersten Kapitel des Epheserbriefes vom „Leibe”, im zweiten Kapitel vom Bau: „auferbaut auf” und von „Mitbürgern”; Johannes sagt dem Überwinder der Philadelphia-Gemeinde (Off. 3,12), dass auf ihn der Name der Stadt ... des neuen Jerusalems geschrieben werden soll. Ist da keine Verbindung mit der Stadt - dem neuen Jerusalem, das aus dem Himmel herniederkommt?
Nach dieser Stadt schauen wir heute aus (Hebr. 13,14), wie auch Abraham es tat (Hebr. 11,8-16). Es ist die Stadt Jerusalem droben, von welcher Paulus zu den Galatern redet als von unserer Mutter. Dies Jerusalem droben war schon damals eine gegenwärtige Wirklichkeit, die der Glaube sah und mit der die Galater verbunden waren. Wie kann damit das wiederhergestellte Israel der letzten Tage gemeint sein?!
Viele Stellen werden oft aus den Propheten angeführt, um zu beweisen, dass Israel das Jerusalem, die Stadt, die Braut ist. Diese Stellen aber reden von dem irdischen und nicht von dem aus dem Himmel herniederkommenden Jerusalem. Paulus redet vom Jerusalem „droben”, und Johannes betont immer wieder, dass er von dem Jerusalem spricht, das aus dem Himmel herniederkommt (Off. 3,12 und 21,2.10). Wie kann hier an das zurückgeführte Israel gedacht werden?! In der ganzen Schrift finden wir kein Wort, dass Israel gen Himmel genommen wird und von dort mit seinem Messias herniederkommt. Dies wird uns allein von der Gemeinde gesagt. Wie einfach ist alles, wenn wir in der Stadt die Gemeinde sehen!
Die Stadt gibt uns das Bild einer Verwaltung. Die Bezeichnungen „Stadt”, „Braut”, „Weib” geben uns Charakterzüge, welche die aus dem Himmel herniedergekommene Gemeinde (mit dem HERRN in ihrer Mitte) in jener Zeit tragen wird. Über die Stadt wird gesagt (Off. 21,3), dass sie die Hütte, die Aufenthaltsstätte Gottes bei den Menschen ist. Die Gemeinde steht im Mittelpunkt der Verwaltung. Sie ist, wo Er ist. Christus und die Gemeinde sind untrennbar. Von der Stunde der Entrückung an sind wir „allezeit beim HERRN” (1. Thess. 4,17). Da ist kein Platz, wo Er ohne die Gemeinde wäre. Wo Er ist, sind wir, und wo wir sind, ist Er.
Manche meinen, die Namen der zwölf Stämme an den Toren der Stadt bewiesen, dass die Stadt Israel sei. Aber wo ist für solche ein Schriftgrund? Man kann nicht von den Toren eine Erklärung ableiten, abgesehen von der Mauer und den Grundlagen. Die Tore sind ein Teil der Mauer, und die Mauer mitsamt den Toren sind auferbaut auf die Grundlagen der Apostel, deren Namen sie tragen. Und Eph. 2,20 sagt uns, dass die Gemeinde (aber nicht Israel) auferbaut ist auf die Grundlage der Apostel ... Waren je die Apostel die Grundlage Israels? Denken wir da nicht vielmehr an Abraham usw.? Allgemein zeigt uns die Schrift, dass in den Toren der Sitz der Richter war; und hier, glaube ich, finden wir weiteres Licht über das Wort des HERRN zu den Aposteln (die zur Gemeinde gehören), dass sie auf zwölf Thronen sitzen sollten (gleichsam in den Stadttoren), richtend die zwölf Stämme Israels, und so zeigen uns die Tore den Verkehr und die Verbindung Israels mit der Gemeinde - der Stadt zur Zeit der Herrschaft Jesu.
Dann wird oft die Frage gehört, welchen Platz Paulus zu den zwölf Namen auf den Grundlagen einnimmt. Als Paulus zur Gemeinde kam, war gleichsam die Anfangsgrundlage schon da. Sein einzigartiger Dienst dürfte mehr mit der Gemeinde als einem Ganzen als in dem Rahmen dieser Stelle (Off. 21,14) betrachtet werden. In dem ganzen Zusammenhang tritt die Zwölfzahl hervor, aber nicht die Einzelnamen; über diese schweigt die Schrift, und was wollen wir reden? Wir würden Schwierigkeiten finden bei der Namenbestimmung der Stämme und auch der Apostel!
Immer wieder müssen wir beachten, dass die Offenbarung ein Buch der Zeichen und Gesichte ist. Dem Apostel wurden die zukünftigen Ereignisse gezeigt- „durch Zeichen kundgetan” (Off. 1,1). Wir sehen hier die ewigen Dinge der unsichtbaren Welt in dem Spiegel der vergänglichen Dinge der sichtbaren Welt. Wie wir nicht an ein „Lamm” denken im buchstäblichen Sinne des Wortes, ebensowenig können wir „Braut”, „Weib des Lammes” buchstäblich, materiell, nehmen. Damit schwindet die Schwierigkeit, dass von Israel in der Verbindung mit seinem Messias in dem Bilde einer Braut geredet wird, und dass Israel die „Vermählte” Jehovas ist, die für die gegenwärtige Zeit als eine Ehebrecherin verlassen, aber an einem späteren Tage als die Königin zur Rechten des Königs gefunden wird (Ps. 45).
Außer der Gemeinde, der Braut, dem Weibe des Lammes, sind andere Heilige im Himmel, die nicht zur Gemeinde gehören, Genossen der ersten Auferstehung, Geladene zum Hochzeitsmahl des Lammes - Heilige, die mit Abraham nach der himmlischen Stadt ausschauten; alle diese, deren Namen im Buche des Lebens stehen, werden in ihrer Verbindung mit der Stadt gezeigt in Off. 21,27 und 22,14.15, ohne dass dadurch das Gepräge der Stadt, die Braut, das Weib des Lammes verändert würde.
Der Geist und „die Braut” sagen: „Komm!” Kann hier mit der Braut Israel gemeint sein? Wenn von Israel als Braut geredet wird, so ist der Tag des Frohlockens angebrochen, und es besitzt seinen Messias (Jes. 61,10.11 und 62,1-6). Kann es dann noch rufen: „Komm!”? Das Zeugnis des Rufes: „Komm!” ist an die Gemeinde gerichtet (Off. 22,16). Der Gemeinde offenbart Er Sich als der „glänzende Morgenstern” (nicht Israel, s. Mal. 4,2). Und an diesen sich als „glänzenden Morgenstern” offenbarenden Herrn richtet sich das „Komm” des Geistes und der Braut. Nicht nacheinander, sondern vereint rufen Geist und Braut „Komm!” Aber Israels Erwartung ist die „Sonne der Gerechtigkeit” und nicht der Morgenstern!
v. d. K.
Anmerkung des Herausgebers
Der in den vorliegenden Antworten nach allen Seiten beleuchtete Gegenstand scheint in der Gegenwart vielen Schwierigkeiten zu machen. Wir sind nun durchaus nicht gewillt, dadurch, dass wir drei im wesentlichen gleichgeartete Antworten aufgenommen haben, die darin vertretene Anschauung, (der wir uns allerdings aus langjähriger Überzeugung anschließen), als Dogma, d. h. unumstößlichen Lehrsatz aufzustellen. Wir hätten auch entgegengesetzte Anschauungen zu Worte kommen lassen, aber es wurden uns keine solche Antworten gesandt! - Ein Grund für die Meinung, Israel sei die Braut, das Weib des Lammes, liegt unseres Erachtens in dem, wie wir glauben, gänzlich ungerechtfertigten Bestreben, die Offenbarung und andere Bücher des Neuen Testaments als ausschließlich Israel gehörend anzusehen. Wir vergessen durchaus nicht, dass es verschiedene Haushaltungen Gottes gibt und dass Sein Wort nur, wenn man dies berücksichtigt, „recht geteilt” werden kann (2. Tim. 2,15; vgl. Seite 88 oben!), aber jenes Bestreben geht durchaus zu weit und beraubt die Gemeinde des HERRN köstlicher Worte und Bücher - ohne wirklich stichhaltigen Grund! Wer es nun fertig bekommt, sogar Off. Kap. 2-3 auf Israel (in der Zukunft) zu deuten, statt auf die Gemeinde des HERRN - somit Kap. 1,19 gänzlich außer acht lassend! -, der wird natürlich „Braut” und „Weib” in Off. 19-22 auch nur Israel zuschreiben. Wir persönlich können diese letztere Auffassung aber wahrlich nicht teilen und lehnen sie völlig und grundsätzlich ab.
Wer dieser letzteren absoluten Übertragung der Offenbarung auf Israel nicht beistimmt, dennoch aber meint, in Israel „Braut” und „Weib” des Lammes sehen zu sollen, dem dienen die obigen reichhaltigen Antworten vielleicht mit dazu, der anderen Anschauung Ohr und Herz zu öffnen. Dazu noch zwei kleine Winke: Wenn die abgefallene Christenheit, die Hure, unter dem Bilde des Weibes und der Stadt gezeigt wird (Off. 17.18), wie natürlich, in der himmlischen Stadt und dem Weib die himmlische Gemeinde zu sehen! - Die erste Erwähnung der Gemeinde in Mt. 16,18 (oder ist auch hier nur Israel gemeint?) ist ein Bau und die in der Offenbarung- eine Stadt! Wie wunderbar paßt dies zusammen!
Möge der HERR uns allen durch Seinen Geist das Verständnis mehren für Sein Wort und für das Seine nach Joh. 16,13-15!