Antwort A
„Wer zu Mir kommt, den will Ich nicht hinausstoßen!” Auf Grund dieses möchte ich die Frage zu 1. Thess. 4,14 beantworten; dazu kommt noch das Gewaltige, was Joh. 10,27-30 steht, wo es einmal heißt: „Ich gebe ihnen das ewige Leben,” zweimal aber: „Niemand wird (kann) sie aus Meiner Hand reißen.”
Demzufolge steht es fest, dass das Leben Seiner Kinder, zumal zur Zeit des Heimholens, ganz in der Hand des Vaters steht, daß, ob ein Kind Gottes in bewußter Glaubensverbindung stand oder nicht, ja, ob mit Verstand oder ohne Verstand, ob mit Gefühl oder ohne Gefühl, es vor allem auf Gottes Gnade ankommt, Dessen Arme weit offen stehen, um dasselbe, das von Engeln sicher hinaufgeleitet wird durch die Scharen der feindlichen Gewalten, die Ihm zuwider sind, aufzunehmen, dort, wo kein Leid ist noch Geschrei, wo der HERR Selbst die Tränen trocknen wird, wo Freude und Seligkeit sein wird immerdar.
„Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christum,” sagt Paulus 1. Kor. 15,19, „so sind wir die elendesten unter allen Menschen”. Denn es gibt kein Kind Gottes, das nicht gezüchtigt worden, das nicht durch große Trübsale, zumal in dieser schweren Zeit, gegangen wäre. „So ihr die Züchtigung erduldet,” wie es Hebr. 12,7 heißt, „so erweist Sich Gott euch als Kindern”. Und der Vater weiß, was Er Seinen Kindern tut, zumal wie Er dieselben heimzuholen hat (2. Tim. 1,12).
Allerdings geht Er bei manchen so wunderbare Wege, dass wir sie nicht verstehen, sondern dass unsere Augen zeitweilig gehalten werden, wie bei den Jüngern zu Emmaus, bis Er sie uns öffnet und wir Ihn Selber in Seiner Herrlichkeit erkennen.
Wie häufig ist es gerade in letzter Zeit vorgekommen, dass tiefgegründete Seelen, Zeugen Seiner Gnade in Wort und Werk, in der schwersten Heimsuchung, die eins Seiner Kinder treffen kann, hinaufgegangen sind, nämlich als sie sich in geistiger Umnachtung befanden. Da heißt es für uns: „Selig ist, wer sich nicht an Mir ärgert.” Gott hat Seine Ehre und das Wohl aller Seiner Kinder stets im Auge. Vielleicht geschieht letzteren solches, dass eins aus ihrer Mitte auf solche Weise heimgeht, damit sie sich nicht zu sehr an einen Menschen klammern, der ihnen das Wort übermittelt hat, sondern dass sie von demselben loskommen und allein auf Den schauen, der Sein Leben für sie gelassen hat, und für ersteren tut Er solches, um ihn im tiefen Tale der Demut zu erhalten und durch solchen Leidensweg Den zu verherrlichen, der ihm durch die größte Marter und Pein als das Lamm Gottes, das der Welt Sünde trug, vorangegangen ist.
Jedenfalls steht das Leben Seiner Kinder ganz besonders in der Hand des Vaters. Kann doch nicht ein Härlein von ihren Häuptern ohne Seinen Willen fallen, viel weniger können sie ohne Seinen Willen aus diesem Leben gerufen werden. Er, der in Seinem Sohne Menschen Sich zu Eigen machte, - weiß sie auch Sich zu erhalten.
„Niemand wird sie aus des Vaters Hand reißen.” Ihm sei Lob und Anbetung in Ewigkeit!
L. Th.
Antwort B
Bei der Beantwortung dieser Frage dürfte in Betracht zu ziehen sein, daß, nach manchen klaren Stellen der Schrift, es hinsichtlich der Errettung und des Lohnes eine verschiedene Sache ist.
Die Errettung geschieht selbstverständlich auf dem Boden der Gnade, jedes Tun des Menschen ist dabei ausgeschaltet. Der Lohn dagegen gründet sich auf die Treue im Glaubensleben, auf die Treue in der Zeit, die mit der Neugeburt beginnt und das ganze weitere
Leben einschließt. So ist beispielsweise in 2. Petr. 1,11 von einem reichlichen Darreichen hinsichtlich des Eingangs in das ewige Reich unseres HERRN und Heilandes Jesu Christi die Rede, und dies unter gewissen Bedingungen, die, wo sie fehlen, das reichliche Darreichen schmälern.
Insbesondere aber mag 1. Kor. 3,11-15 die hier schwebende Frage beleuchten. Dort ist folgendes festgestellt:
1. Es gibt nur einen Grund, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus, wie der HERR Selbst sagt: „Ich bin der Weg, die Wahrheit, das Leben. Niemand kommt zum Vater, als nur durch Mich” (Joh. 14,6).
2. Auf diesen einen Grund kann aber verschiedentlich gebaut werden; es kann ein Bau aufgeführt werden von Gold und Silber, ein solcher von köstlichen Steinen, aber auch ein solcher von Holz, Heu und Stroh. Alles, was nicht dem Bauplan, dem Worte Gottes, entspricht, ist minderwertig.
3. Jedes Bauwerk wird offenbar gemacht werden an jenem Tage, von dem die Schrift spricht als in Verbindung mit dem Richterstuhl des Christus (2. Kor. 5,10), an welchem jeder empfängt, was er in dem Leibe getan hat, nach dem er gehandelt hat, es sei Gutes oder Böses (ein Bau von Gold oder von Stroh).
4. An jenem Tage wird als feststehende Tatsache ans Licht gezogen werden, dass etlicher Werk bleiben wird, und im Gegensatz dazu, dass etlicher Werk verbrennen, also als nichtig und wertlos erscheinen wird.
5. Das bleibende Werk bringt Lohn mit sich, das verbrannte Werk zieht Schaden nach sich.
6. Der Schaden Leidende wird gerettet werden, doch so wie durchs Feuer, dass heißt, er kommt mit leeren Händen an, und von Lohn kann bei ihm keine Rede sein.
Damit ist der Schwerpunkt der gegenwärtigen Frage berührt. Die Schrift redet von der Möglichkeit einer vollen und ganzen Errettung (auf Grund des Werkes Christi, auf Grund der Gnade), wobei jedoch der Gerettete Schaden leiden kann, d. h. keinen Lohn empfängt (infolge seiner persönlichen Untreue). Ein Mensch „in Christo” wird auf jeden Fall „in Christo entschlafen” (wenn er überhaupt vom Tode erreicht wird). War aber dieser Mensch „in Christo”, oder dieser „in Christo Entschlafene” nicht treu, so ist das eine Sache für sich, die an dem Tage des Richterstuhles des Christum ihre Erledigung findet.
W. W.
Anmerkung des Herausgebers
Die obigen Antworten beleuchten die Frage nach verschiedenen Seiten hin. Es ist gut, dass unser „in Christo Entschlafen” nicht abhängt von unserem Zustand im Augenblick des Todes, sondern von unserer objektiven, von Gott aus gesehenen Stellung in Christo (vergl. Eph.-Brief!), d. h. also davon, ob Gott uns als Sein Eigen in Seinem Sohn anerkennt. Wäre das Entschlafen in Ihm abhängig von unserem jeweiligen Zustand, wie schrecklich wären dann unsere Brüder im Felde daran, die, wie wir von manchen wissen, in Augenblicken furchtbarster Kämpfe und höchster Todesgefahr durchaus nicht immer imstande sind, bewußt an den HERRN zu denken oder sich in Ihn zu versenken im Gebet oder in Freude des Heiligen Geistes, sondern die eben Kämpfen und im Dienst des Vaterlandes wirken mit ganzer Kraft, wie die Stunde es erheischt. Aber sie sind darum nicht weniger in Seiner Hand, auch wenn Er sie plötzlich abruft, wie jene, die durch göttliche Zulassung als Gläubige in der Nacht des Irrsinns sich ein Leid antun, oder wie wir alle, wenn wir im leiblichen Schlaf liegen und also auch kein bewußtes Leben führen. Wer Sein Eigen, ein Schaf Seiner Weide ist, bleibt Sein Eigen in der Stunde des Todes sowohl wie in jenem seligen heißersehnten Augenblick, da der HERR die Seinen ohne Tod heimholt bei Seinem Kommen, das wir täglich erwarten dürfen, das aber nicht abhängig ist von unserem Zustand, auch nicht dem der Gemeinde, sondern, als Abschluß der Erlösung, von Ihm allein (vergl. Frage 24!)! - Es ist natürlich sehr traurig, wenn ein Kind Gottes nicht Seiner Berufung gemäß wandelt (vergl. Frage 27!), aber das hindert nicht, dass es, wenn es stirbt, in Christo entschläft; aber wie Antwort B schon sagt, sein Lohn vor dem Richterstuhl wird geschmälert. Wer errettet ist durch die Gnade mittels des Glaubens an den gestorbenen und auferstandenen Heiland (Eph. 2,8; 1. Thess. 4,14!), hat schon jetzt einen Sitz in den himmlischen Örtern in Christo Jesu (Eph. 2,5.6). Das ist sein ewiges Teil, unabhängig von seinem späteren mehr oder minder treuen Verhalten, so wichtig dies in anderer Hinsicht auch ist. - Augenblick für Augenblick auch in strammster Berufstätigkeit in „bewußter” Glaubensverbindung mit dem HERRN stehen wollen könnte übrigens leicht zu Gesetzlichkeit und Unfreiheit führen - Kennzeichen einer unbiblischen Heiligung, d. h. Selbstheiligung. Wohl aber kann und soll jeder Gläubige sein Leben „aus Glauben” führen, in Glaubenverbindung mit dem HERRN leben (Röm. 14,8.23). Ein treues Kind Gottes wird morgens und abends, auch oft im Laufe des Tages bewußt mit dem HERRN verkehren, viel innerliche Gemeinschaft mit Ihm pflegen und dabei Gnade bekommen zur rechtzeitigen Hilfe (Hebr. 4,16) und somit in ungetrübter Glaubensverbindung mit dem HERRN stehen, und wenn sie durch eigene Schuld getrübt ist, das Hindernis schnell aus dem Wege räumen (1. Joh. 1,9). Aber ebensowenig wie man sich in jedem Augenblick bewußt sein muß, dass man lebt, künstlich Atmungsbewegungen zu machen bestrebt usw., ebensowenig soll man sich künstlich in jedem Augenblick in bewußtes Glaubensleben hineinsteigern. Vor allein ist das Entschlafen in Christo nicht von dem bewußten Glaubensleben abhängig, sondern von dem Glauben, d. h. dem im Glauben an Christo Stehen, dem „in Christo Sein”! Gott sei Preis, dass es so ist!