Jephta gelobte dem HERRN: "Wenn du die Kinder Ammon wirklich in meine Hand gibst, so soll das, was zur Tür meines Hauses herauskommt, mir entgegen - wenn ich in Frieden von den Kindern Ammon zurückkehre -, es soll dem HERRN gehören, und ich werde es als Brandopfer opfern!" Jephta bezeichnete das Lebewesen, das ihm entgegenkommend zum Brandopfer erdacht war, nicht näher. Wie unüberlegt und verhängnisvoll! Jephta gleicht darin Herodes, der seiner tanzenden Tochter "bis zur Hälfte seines Königreiches" versprach, ein Gelübde, das dem treuen und gottesfürchtigen Herold des Herrn, Johannes dem Täufer, das Leben kostete. Es ist sogar nicht ausgeschlossen, dass Jephta in seinem Gelübde auch vor einem Menschenopfer nicht zurückschreckte, denn Israel hatte von den heidnischen Nationen vieles übernommen, was dem HERRN ein Gräuel war. Klare Einsicht und Erkenntnis war in der Zeit der Richter verloren gegangen: "Ein jeder tat, was recht war in seinen Augen".
Dieses Verhalten Jephtas müsste als völlig gottlos bezeichnet werden, andernfalls zum mindesten ganz unbedacht. Hierin mag der Grund liegen, dass in Hebräer 11 sein Name nach Simson genannt wird, obwohl er zeitlich vor diesem lebte und obwohl auch Simon große Mängel in seinem Verhalten aufwies. Wie traurig muss der Zustand des Volkes Israel gewesen sein. Dass Jephta seine Tochter - sie war das erste Lebewesen, das ihm über die Schwelle entgegen kam - wirklich geopfert hat, scheint aus den Worten "er vollzog an ihr das Gelübde" hervorzugehen. Wenn man an den starren Fanatismus der Orientalen denkt, kann man dies auch gut verstehen. Nach dem Gesetz müsste ein Gelübde unbedingt bezahlt, d.h. gehalten werden (5. Mo 23, 22-24), aber dass die Opferung eines Menschen von Gott niemals gewollt war, darüber besteht gar kein Zweifel (vgl. Jes 57,5; Hes 23,39). Hätte Jephta nicht besser getan, seine Kleider zerreißend sich zu demütigen und seine Schuld vor Gott zu bekennen, sicherlich würde Er ihm eine andere Lösung gestattet haben.