Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg?

Wie ist das Gleichnis in Matthäus 20,1–16 zu verstehen, wo der Herr für ungleiche Arbeitszeit den gleichen Lohn gibt?

Dieses Gleichnis muss in Verbindung mit dem letzten Abschnitt von Matthäus 19 gelesen werden und bildet mit diesem eine Episode. Es gehört mit zur Antwort des Herrn auf die Frage des Petrus: "Siehe, wir haben alles verlassen und sind dir nachgefolgt; was wird uns nun zuteil werden?" Die menschliche Tendenz möchte ihren zukünftigen Lohn in der Seligkeit nach der Grundlage ihres Verdienstes und ihrer Werke aufbauen. Der reiche Jüngling frug "Lehrer, was muss ich Gutes, um ewiges Leben zu haben?" (Mt 19,16). So auch die zuerst angeworbenen Arbeiter im Gleichnis, die als einzige zu einem festgelegten Lohn angestellt wurden. Demgegenüber zeigt der Herr:

1. dass in Bezug auf das ewige Leben nichts vom Verdienst des Menschen abhängig ist, sondern einzig und allein von der Gnade Gottes, die ja allein alles bewirkt, die Errettung, die Berufung und die Begabung, das ewige Leben selbst und auch den Lohn im Himmel. In dieser Beziehung macht Gott keine Unterschiede, denn alle Menschen sind gleicherweise auf die Gnade und das Erbarmen Gottes angewiesen. Was kann gegenüber dem, was der Herr den Seinen gibt, das Maß des Wirkens der so kurzlebigen Menschen ausmachen?

2. Gott rechnet überhaupt nicht nach der Menschen Maß und Gedanken. Er misst nicht die Menge, noch sonst das äußere Ansehen der Werke, sondern den inneren Wert derselben; das was für Ihn, d.h. aus Liebe für Ihn gewirkt worden ist. Wer könnte da noch nach Lohn fragen? Darum kann manch kurzes Tagewerk, oder scheinbar ganz kleine Gaben für den Herrn kostbarer sein, als manch großes Werk, das unter Menschen Ruhm und Ansehen genossen hat. So ist z.B. Paulus viel später zum Apostelamt berufen worden als die zwölf Jünger und doch konnte er schreiben, dass er viel mehr gearbeitet habe, als die anderen (1. Kor 15,8-10).


Beantwortet von: Adolf Küpfer
Quelle: A. Küpfer - 700 Fragen und Antworten, Frage Nr. 324