1. Antwort: Ich vermute, dass Ihre Frage die ist, ob wir heute noch fasten sollen, denn das Fasten als solches bedarf ja keiner Erklärung. Die Frage ist aber unbedingt zu bejahen, obwohl wir selbstverständlich keine Fastentage und keine Vorschriften über das Fasten haben, noch festlegen wollen. Das Fasten ist heute etwas durchaus freiwilliges, aber nichtsdestoweniger etwas, das Gott wohlgefällt, wenn es in rechtem Sinn und Geist ausgeübt wird. Denken wir an den traurigen Zustand in der Christenheit! Wäre es nicht angebrachte, Fastentage einzuschalten? Freiwillig, persönlich in der Stille, oder mit ein oder zwei vertrauten Brüdern und in Flehen, Fasten und Gebet, sich von allem Weltlichen, Zerstreuenden absondern in einer ernsten, heiligen Widmung für den Herrn! Sollte es Gott nicht wohlgefällig sein?
2. Antwort: Fasten als bloße formelle religiöse, oder gar verdienstliche Übung, gehört zu den leiblichen Übungen, welche nach 1. Timotheus 4,8 "zu wenigem nützlich sind". Es hat ja in gewissem Sinn und Maß einen Wert als Mittel zu unserer Selbstzügelung, als Hilfsmittel zur Enthaltsamkeit, die uns empfohlen wird und den Christen wohl ansieht. Wenn im Neuen Testament auf Fasten hingewiesen wird, z.B. in Matthäus 17,21, dann ist der Hauptgedanke der der inneren und äußeren Konzentration auf den Herrn. Da ist die Rede von "Gebet und Fasten", welches beides in innerem Zusammenhang steht. Richtige intime andauernde Gebetsgemeinschaft mit dem Herrn, inniges zielbewußtes Gebetsringen und Flehen um große Dinge, sind immer mehr oder weniger mit Fasten - nicht nur Nichtessen und -trinken, sondern von allem, was die Widmung, Hingabe und Gemeinschaft unterbrechen und die Gedanken und Herzen ablenken kann - verbunden. Die in solchen Fällen nötige Konzentration, d.h. Kräftesammlung, ist das Maßgebende, nicht das Fasten als solches.