Widerspruch?
Bileam ist ein Beispiel dafür, dass Gott dem Menschen manchmal seine Wünsche erfüllt, wenn er hartnäckig auf etwas besteht, auch wenn es nicht gut für ihn ist. Gott gab den lsraeliten zu ihrem Schaden, was sie so inständig begehrten: Fleisch statt des täglichen Mannas. Der Psalmist kommentiert das Geschehen: "Und sie wurden lüstern in der Wüste (...) Da gab er ihnen ihr Begehr, aber er sandte Magerkeit in ihre Seelen" (Psalm 106,15).
Als die Altesten von Moab zum ersten Mal zu Bileam kamen und ihm Balaks Bitte vortrugen, Israel zu verfluchen, antwortete Gott dem Seher unmissverständlich: "Du sollst nicht mit ihnen gehen; du sollst das Volk nicht verfluchen, denn es ist gesegnet" (V. 12).
Das hätte Bileam genügen müssen, um die zweite von Balak abgesandte Delegation von vornherein abzuweisen. Er tat es aber nicht, weil die Würde der Abgesandten und die Aussicht auf Belohnung ihn offen sichtlich blendeten und verlockten. Dass Bileam auf ungerechten Lohn aus war, sagt uns das Neue Testament ausdrücklich (2. Petrus 2,15; Judas 11). Er bemäntelte zwar sein innerstes Verlangen mit frommen Sprüchen (V. 18), aber die blosse Tatsache, dass er seinen Gästen sagt, sie sollten darauf warten, wie Gott ihm antworte - während er die Antwort doch längst kannte -‚ zeigt, dass er die Geschenke Balaks begehrte. Gott sah in Bileams Herz und wollte ihm eine Lektion erteilen. Er sagte ihm daher, er solle nur gehen. Darüber hinaus wollte Gott in seiner Weisheit einen geldgierigen Wahrsager - so wird er in Josua 13,22 genannt - als Werkzeug in seiner Hand benutzen, um sich selbst zu verherrlichen und seine Feinde zu beschämen. Daher durfte Bileam nichts anderes sagen, als ihm in den Mund gelegt wurde (V. 20). Auf diese Weise muss Bileam wider Balaks Erwartungen und zu dessen masslosem Ärger Israel segnen (4. Mose 23,11+25; 24,10). Aber Gott zeigt Bileam dennoch unmissverständlich, dass sein Weg ein verderblicher ist (V. 22).
Dass Bileams Gesinnung verwerflich ist, kommt in der Anweisung zum Ausdruck, die er Balak gibt, wie dieser Israel dennoch schaden könne: Er rät ihm, die lsraeliten durch Hurerei und Götzendienst zu kompromittieren und so dem Zorn Gottes auszusetzen (Offenbarung 2,14; 4. Mose25, 1 - 5; 31,16).
Quelle: Aus dem Buch 3 x 100 Fragen zur Bibel (Schwengeler Verlag, 2003)